JACKIE LYNTON - Jackie Lynton's Pinboard Wizards
(A New Day Records AND CD 14, 1998)
Jackie, der letzte echte Rock'n'Roll-Haudegen und der vielleicht humorvollste Musiker auf dem Planeten rief, und alle kamen sie: Rick Parfitt, der Status Quo Gitarrist, Ian Anderson, Clive Bunker und Martin Barre von Jethro Tull, Big Al Hodge, Dick Taylor von den Pretty Things, Mick Moody von Whitesnake, Big Jim Sullivan sowie Mick Abrahams und Mike Summerland (Blodwyn Pig).
Rock'n'Roll, Boogie, Blues, etwas bierseligen Pubrock und jede Menge Spass nahm der Musiker mit seiner Begleitband und den illustren Gästen auf und man hört die pure Freude am gemeinsamen Abrocken aus jeder gespielten Note. Ob Eigenkompositionen, oder Nummern etwa von Chuck Berry ("Let It Rock") oder Delbert McClinton ("Blues As Blues Can Get"): Jackie's Musik sprüht vor guter Laune und mit seiner tollen, rauchigen Stimme rumpelt er sich kernig und in allerbester Holzfäller-Manier durch sein Repertoire, nicht ohne immer wieder seinen typischen halb derben, halb ironischen Humor durchschimmern zu lassen. Etwa im Stück "Shut Up, I'm Playing Me Guitar!", einer genialen Rock'n'Roll Instrumentalnummer, die fünf absolut knallige Gitarrensoli aneinander reiht, und bei der Jackie am Ende dieser Tour de Guitar Force vom Aufnahmeraum aus den Tontechniker anpöbelt, wo denn verdammt nochmal sein Gesang wäre, er hätte ihn überhaupt nicht hören können, worauf ihm der Tontechniker entgegnet, dass das doch eine Instrumentalnummer wäre! Ach so... Herrlich!
Für mich ist der Name Jackie Lynton untrennbar mit der britischen Blues Band Savoy Brown verbunden, deren Leadsänger der Brite für eine kurze Zeit von 1972 bis 1974 war, und mit welcher er die Platte "Jack The Toad" aufgenommen hat, ein Album, das zum Besten aus dem reichhaltigen musikalischen Oeuvre von Savoy Brown gezählt wird. Auch Savoy Brown drückte Jackie seinen ureigenen Stempel auf, was sich vor allem in den teils sehr humorvollen Texten manifestierte. Alleine das Blues Stück, dem Jackie den Titel gab "Just 'Cos You Got The Blues, Don't Mean You Gotta Sing" sagt da eigentlich schon alles. Nach seinem Weggang bei Savoy Brown veröffentlichte er noch im Jahre 1974 sein vermeintlich erstes Soloalbum, das "Jackie Lynton Album", ein launiges, gut produziertes Bluesrock Album, das seine verschiedenen musikalischen Facetten erneut fabelhaft in Szene setzte, was nicht zuletzt an den ausserordentlich tollen Songs lag, die er dafür geschrieben hatte, aber auch das Verdienst der beteiligten Musiker war, die allesamt klasse spielten, so unter anderem Bob Young, der Mundharmonika Spieler und Texter von Status Quo, Paul Raymond, der Keyboarder von Savoy Brown und später UFO, sowie Chas Hodges, der seinerzeit gerade mit Albert Lee in der Band Heads Hands & Feet spielte.
Jackie Lynton war aber davor bereits praktisch die gesamten 60er Jahre hindurch aktiv und spielte schon früh mit späteren Top-Stars wie Jimmy Page, Ritchie Blackmore oder Albert Lee zusammen, und zwar sowohl an Konzerten wie auch als beteiligte Musiker seiner Singles, die er in den Sechzigern veröffentlichte, und die aufgrund dieser mitspielenden Topstars heute sehr gesucht sind. Das erste Vollzeit-Album aber war in der Tat erst 1974 das "Jackie Lynton Album", dem 1979 ein weiteres Highlight in Sachen kernigem Rock'n'Roll folgte: Das nur in Deutschland, der Schweiz und in Portugal (!) erschienene Album "No Axe To Grind", für welches Jackie wiederum eine Armada an brillianten Musikern rekrutieren konnte, wie zum Beispiel erneut den Status Quo-Gitarristen Rock Parfitt, Clem Clempson von Humble Pie, Paul King von Mungo Jerry, Colin Pattenden von Manfred Mann's Earth Band und Chris Slade von AC/DC.
Eine weniger interessante Platte gibt es von Jackie Lynton nicht, sie sind alle richtig gut und sehr empfehlenswert. Etwas schwierig ist es indes, das eine oder andere Album heute noch zu finden, da sie zum Teil auf doch sehr kleinen Plattenlabels erschienen sind und wohl auch nur in relativ geringer Stückzahl hergestellt wurden. Es empfiehlt sich wenn immer möglich, nach einer seiner Live-Platten umzusehen, denn ein Konzert von Jackie Lynton ist einfach trockenen Auges nicht zu erleben. Kein Anderer verbindet knallgeilen Rock'n'Roll so cool mit urtypischem britischen Humor wie er. "A Bit Near The Mark", "Live In London 1987", "Alive At The Bleak House" oder "Till We're Blue In The Face" sind Live-Granaten, bei denen jedes profane Wohnzimmer zum ausgeflippten Partykeller mutiert. Von seinen Studiowerken sind neben dem hier vorgestellten "Jackie Lynton's Pinboard Wizards" und seinen beiden ersten Solowerken "Jackie Lynton Album" (1973) und "No Axe To Grind" (1979) auch die tollen und abwechslungsreichen "White Line" von 1983 und "Quick As A Roof" von 1995 sehr empfehlenswert. Jackie Lynton kann am besten über seine Facebook-Seite "The Jackie Lynton Band" erreicht werden, auf welcher sich seine Frau Vanessa seit Jahren schon liebevoll um sämtliche musikalischen Belange ihres alten Haudegens kümmert.