Bucky
Halker ist einer der vielen namenlosen Americana-Musiker aus Amerika,
die in regelmässiger Folge Album um Album veröffentlichen - eines besser
als das andere, die es nie bis zu unseren Gehörgängen schaffen. In der
Regel ist das so - im Falle von Bucky Halker gab es 2006 - über ein
Jahrzehnt, nachdem diese Aufnahmen entstanden waren - immerhin die
Chance, eine Platte in der kleinen Schweiz beim feinen Brambus
Plattenlabel exklusiv für den europäischen Markt zu veröffentlichen.
Wäre diese glückliche Fügung nicht eingetreten, hätte ich bestimmt nie
ertwas von diesem wunderbaren Musiker gehört, der sich selbst auf seiner
Webseite als Folksänger, Schreiber, Rocker, Lehrer, Gesangsarbeiter
("Labor Songster") und Alt-Country Twanger bezeichnet.
Nachdem
Halker bereits einige Platten auf kleinen Independent Labels
veröffentlicht hatte, zum Teil mit nur lokalem Vertrieb, zog es ihn 1993
erst an die kanadische Grenze, wo er innerhalb eines Jahres neue Songs
schrieb, die er bei einem erneuten Umzug 1994 nach Chicago mitnahm, und
sie dann endlich, im Sommer 1995, in einem kleinen Tonstudio auch
einspielen zu können. Es fehlten ihm auch bis dahin schlicht die
finanziellen Mittel für eine Studioaufnahme und er konnte den
Aufnahmeleiter des Studios, Steve Yates, auch gar nicht bezahlen. Dieser
ging das Risiko eines finanziellen Desasters trotzdem ein und stellte
nicht nur sein Studio zur Verfügung, sondern halt auch noch bei der
Rekrutierung der mitwirkenden Musiker. Am Ende nahm Bucky Halker eine
bunte Mixtur an Songs auf, die ein weites musikalisches Feld absteckten,
so etwa Countryrock, Blues, Rockabilly, Honky Tonk und verschiedenste
Folkrock-Varianten. Mit von der Partie waren unter dem Pseudonym "The
Complete Unkowns" folgende Musiker: Gordon Patriarca am Bass, der später
Stephen Ellis bei SURVIVOR ablöste, der Ex-FREAKWATER Gitarrist Brian
Dunn, Phil
Levin von den YELLOWHAMMERS am Schlagzeug und die SONS OF THE NEVER
WRONG-Sängerin Sue Demel für den Background Gesang, sowie in Gastrollen
T.C. Furlong an der Pedal Steel und Don Stiernberg an der Mandoline. Der
sehr bekannte Jazz Bassist Jim Cox und der gefeierte Tuba-Spieler Dan
Anderson schauten ebenfalls für einige Aufnahmen im Studio rein. "Great
players and stunning
performances" resümierte Bucky Halker damals.
Indes
gestaltete sich das Werben für diese Aufnahmen äusserst schwierig.
Halker hatte immens Mühe, das ausgezeichnete Songmaterial irgendeiner
Platttenfirma verkaufen zu können. Scheinbar sah keines der vielen
Labels eine reelle Möglichkeit, mit diesen Songs Geld zu verdienen,
weshalb sich Absage an Absage reihte. Halker entschied sich, vorderhand
selbst CDs davon zu pressen, wenn er mit den neuen Songs auf Tour ging,
nur, um sie vor Ort auch verkaufen zu können. Er verschuldete sich
massiv - glaubte aber dennoch an die Songs und tatsächlich wurde seine
Hartnäckigkeit letztlich belohnt, wenn auch nicht wirklich nachhaltig,
und schon gar nicht finanziell zählbar. Denn das Label ZenMan Records,
das die CD übernahm, ging kurz darauf pleite. Halker stand also wieder
mit leeren Händen da. Einige Monate später fand sich dann in der Firma
Whitehouse Records doch noch eine Plattenfirma, welche das Album
offiziell und US-weit veröffentlichtne mochte. Damit aber nicht genug:
Dank der Kontakte des Labels zu europäischen Firmen fand sich im
Schweizer Unternehmen Brambus Records über eine Dekade später sogar ein
Partner, der die Veröffentlichung in Europa übernahm. So war "Passion
Politics Love" die erste Platte von Bucky Halker, die nicht nur
regional, überregional oder gar amerikaweit erschien, nein, sie wurde
sogar weltweit veröffentlicht. Für Bucky Halker ein unglaubliches
Ereignis, über das er sich extrem freute und seinen Fans auch treu
ergeben war, indem er nach Möglichkeit auf dem ganzen Globus zu tingeln
begann, um die in den Plattenläden liegende neue CD auch konzertmässig
promoten zu können und viele neue Fans dazuzugewinnen.
Schliesslich
wurde die CD in Europa wesentlich stärker beachtet als in Amerika, wo
der Markt einfach übersättigt ist mit Musikern wie Bucky Halker: Die
Konkurrenz ist schlicht zu gross, als dass er in seinem Heimatland einen
Erfolg in einem grösseren Rahmen hätte anstreben können. Hierzulande
aber hat Bucky Halker noch heute treue Fans, und sie alle hatten ihre
erste Berührung mit diesem fabelhaften Sänger und Musiker mit dem Album
von 1996, das es erst 10 Jahre später auch hierzulande zu kaufen gab.
Vor
allem textlich sind die 14 Titel der Platte echte Highlights,
widerspiegeln sie doch ungefiltert und ungeschönt den realen Alltag, der
von allerlei Entbehrungen und Frustrationen geprägt sein kann.
Herausragend diesbezüglich etwa "Poverty's Lament" oder "Color Outside
The Lines". Auch politische Texte bietet Halker, so in "Don't Let The
Bastards", "Democratic Blues" und "Mr. Who's That Guy". Und natürlich
ist auch in Bucky Halker's Songtexten die Liebe ein tragender Faktor,
nachzuhören im wundervollen Longtrack "Too Far Gone" mit nicht enden
wollendem traumhaft schönen Gitarrensolo, oder bei "Heaven In Milwaukee"
und "Big Rock Candy Mountain". Musikalisch extrem vielfältig, aber
immer eine homogene Einheit bildend, erinnert das Werk in seinem Ganzen
ein bisschen an die grossen Singer/Songwriter mit klarem Strassenbezug,
wie Mark Germino, John Cougar Mellencamp und Bruce Springsteen.
"Passion,
Politics, Love" - Leidenschaft, Politik und Liebe. Die drei zentralen
Themen - nicht nur auf dieser einzigartig schönen Americana-Platte, die
mir seit vielen Jahren ein ständiger und treuer Begleiter ist.
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Mar 6, 2024
BUCKY HALKER AND THE COMPLETE UNKNOWNS - Passion Politics Love
(Brambus Records 199683-2, 2006)
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