Mar 8, 2021


TRAFFIC - On The Road (Island Records ISLD 2, 1973)

Traffic wurden im April 1967 von Steve Winwood, Jim Capaldi, Chris Wood und Dave Mason gegründet. Sie begannen als psychedelische Rockgruppe und diversifizierten ihren Sound durch den Einsatz von Instrumenten wie dem Mellotron und Cembalo, Sitar und verschiedenen Rohrblatt-Instrumenten und durch die Einbeziehung von Jazz und Improvisationstechniken in ihre Musik. Traffic's Sänger, Keyboarder und Gitarrist Steve Winwood war bereits im Alter von 14 Jahren Leadsänger der Spencer Davis Group. Die Spencer Davis Group veröffentlichte vier Top Ten Singles und drei Top Ten Alben in Grossbritannien sowie zwei Top Ten Singles in der Vereinigte Staaten. Der Schlagzeuger, Sänger und Texter Jim Capaldi und der Gitarrist Dave Mason waren zuvor bei den beiden Bands Hellions und Deep Feeling, während Woodwinds Spieler Chris Wood von der Gruppe Locomotive kam. Winwood, Capaldi, Mason und Wood trafen sich, als sie im 'Elbow Room', einem Club in Aston, Birmingham, zusammen jammten. Nachdem Winwood im April 1967 die Spencer Davis Group verlassen hatte, gründete das Quartett Traffic. Capaldi kam spontan auf den Bandnamen, während die vier Musiker an einer Ampel darauf warteten, die Strasse in Dorchester zu überqueren. Bald darauf mieteten sie ein Cottage in der Nähe des ländlichen Dorfes Aston Tirrold in Berkshire, um neue Musik zu schreiben und zu proben. Die Nutzung dieser Hütte würde sich als wichtig für die Entwicklung der Band erweisen.

Traffic unterzeichneten kurze Zeit später einen Plattenvertrag bei Chris Blackwell's Label Island Records, wo Winwood's älterer Bruder Muff, ebenfalls ein Mitglied des Spencer Davis Group, der später als Produzent in Erscheinung trat, arbeitete und Traffic's Debütsingle "Paper Sun" produzierte. Die Single wurde ein Nummer 4 Hit, die zweite Single mit dem Titel "Hole In My Shoe" konnte diesen Erfolg sogar noch toppen und das Stück wurde zu einem ihrer bekanntesten Titel. Die dritte Single "Here We Go Round The Mulberry Bush" wurde für den Soundtrack des gleichnamigen britischen Spielfilms von 1967 verwendet. Ihr Debütalbum war "Mr. Fantasy", produziert von Jimmy Miller und wurde, wie die Singles, ein Hit in Grossbritannien. Dave Mason verliess die Gruppe wegen künstlerischer Differenzen, als "Mr. Fantasy" veröffentlicht wurde, kehrte jedoch für ein paar Monate im Folgejahr lange genug zurück, um bei einer knappen Mehrheit der Songs auf ihrem zweiten Album "Traffic" mitzuspielen. Veröffentlicht im Jahre 1968, enthielt es die Originalversion von Masons "Feelin' Alright", die später mit grossem Erfolg von Joe Cocker und Three Dog Night aufgenommen wurde.

Winwood, Wood und Capaldi wollten die Gruppe in eine andere Richtung führen und entschieden sich eher für einen Folk- und Blues-Stil als für ihren früheren psychedelischen eklektischen Rock-Sound, während Mason sich auf psychedelischen Pop konzentrierte. Dave Mason äusserte sich erneut über sein persönliches Unbehagen in Bezug auf die musikalische Ausrichtung von Traffic und zog sich immer mehr zurück, um sich auf seine eigene Karriere zu konzentrieren. Ende 1968 tourte die Band als Trio durch die USA, was zur Veröffentlichung des nächsten Albums "Last Exit" führte, von dem eine Seite live aufgenommen wurde. Im Jahre 1968 spielten Steve Winwood und Chris Wood oft auch mit Jimi Hendrix, und beide sind auf dem Jimi Hendrix Experience Album "Electric Ladyland" zu hören. Die Band Traffic wurde überraschend aufgelöst, als Steve Winwood Anfang 1969 aus der Band ausstieg, ohne sich zuvor gegenüber Capaldi und Wood diesbezüglich geäussert zu haben. Winwood gründete daraufhin die Supergroup Blind Faith, die weniger als ein Jahr existierte, lediglich ein Album aufnahm und eine US-Tournee absolvierte. Die restlichen Mitglieder von Traffic begannen ein Projekt mit Mick Weaver (auch bekannt unter dem Pseudonym Wynder K. Frog), die ebenfalls nur kurzlebige Gruppe Mason, Capaldi, Wood And Fro' (später abgekürzt zu Wooden Frog), die ein paar Live-Dates spielte und einige BBC-Sessions aufnahm, die aber wieder auseinanderfiel, noch bevor irgendwelche offiziellen Aufnahmen veröffentlicht wurden.

Nach der Auflösung von Blind Faith im Jahre 1969 begann Winwood an einer Solo-Aufnahme zu arbeiten und holte sich Chris Wood und Jim Capaldi dazu, und das Projekt wurde schliesslich zu einem neuen Traffic-Album mit dem Titel "John Barleycorn Must Die", ihrem bisher erfolgreichsten Album. Traffic erweiterte sein Personal Ende 1970 und fügte Winwoods ehemaligen Blind Faith-Bandkollegen Ric Grech am Bass hinzu. Die Gruppe expandierte 1971 weiter mit Schlagzeuger Jim Gordon von Derek And The Dominos und dem ghanaischen Perkussionisten Rebop Kwaku Baah. Das Live-Album "Welcome To The Canteen" wurde im September veröffentlicht. Es trug nicht den Namen Traffic auf dem Cover und wurde stattdessen den einzelnen Mitgliedern der Band zugeschrieben, einschliesslich Dave Mason, der zum dritten und letzten Mal zur Band zurückkehrte. Das Album endete mit einer Version des Spencer Davis Group Songs "Gimme Some Loving", die zu einem kleinen Hit wurde.

Nach dem Abgang von Mason veröffentlichten Traffic das Album "The Low Spark Of High Heeled Boys" (1971), das ein Top 10 Album in den USA wurde, aber in Grossbritannien nicht die Charts erreichen konnte. Die LP war auch für ihre gestanzte Hülle bekannt. Erneut wurde die Band von Personalproblemen geplagt, als Grech und Gordon im Dezember 1971 die Band verliessen und im folgenden Monat brachten Winwoods gesundheitliche Probleme mit Peritonitis Traffic zum Erliegen. Jim Capaldi nutzte diese Pause, um ein Soloalbum aufzunehmen, "Oh How We Dance", das der Beginn einer langen und erfolgreichen Solokarriere bedeuten sollte. Das Album enthielt eine überzählige Aufnahme von "Open Your Heart" von "The Low Spark Of High-Heeled Boys" und neue eigene Songs, die Capaldi unter anderem zusammen mit dem Schlagzeuger Roger Hawkins und dem Bassisten David Hood von der Muscle Shoals Sound Studio House Band einspielte. Capaldi brachte sie danach zu Traffic, um Rick Grech und Jim Gordon zu ersetzen.

Die neue Besetzung (Winwood, Capaldi, Wood, Kwaku Baah, Hawkins, Hood) tourte Anfang 1972 durch Amerika, um die LP zu promoten, und ihr Konzert wurde am 21. Februar im Santa Monica Civic Auditorium im Multitrack-Verfahren aufgezeichnet und auf Farb-Videoband mit mehreren Kameras aufgenommen. Die 64-minütige Performance wird als einziges erweitertes Live-Material der Gruppe angesehen. Zu dieser Zeit wurde es offenbar nicht im Fernsehen ausgestrahlt, sondern später auf Heimvideos und DVDs veröffentlicht. Nach Winwoods vollständiger Genesung von seiner Bauchfellentzündung traf Traffic's sechstes Studioalbum "Shoot Out At The Fantasy Factory", das 1973 veröffentlicht wurde, auf eine kalte, kritische Aufnahme, aber im Verkauf war es ein weiterer grosser Erfolg. Es folgte kurz darauf eine grosse Welttournee, aus der das Doppel Live-Album "On The Road" hervorging. Es durchbrach die zurückliegenden britischen Misserfolge der Band und erreichte Platz 40 in den UK Album Charts. Dieser Erfolg wurde jedoch durch den Abgang von Hawkins, Hood und Kwaku Baah am Ende der Welttournee und durch Chris Woods zunehmenden Probleme mit Drogenkonsum und Depressionen getrübt.

"On The Road" erschien erstmals im Oktober 1973. Das Album wurde während der Auftritte der Deutschlandtour mitgeschnitten. "On The Road" erschien ursprünglich als Doppel-LP und die enthaltenen Songs sprengten die üblichen Laufzeiten der Studioversionen teils deutlich. Bereits der Opener "Glad / Freedom Rider" umfasste eine komplette LP-Seite und es wurde in bester Fusion-Tradition gejammt, getrickst und auf höchstem Niveau improvisiert. Ein Merkmal, das auf alle Songs dieses Albums zutraf. "Shoot Out At The Fantasy Factory" konnte die Studioversion noch toppen und Capaldi konnte auch als Sänger seines Songs "Light Up Or Leave Me Alone" überzeugen. Hier waren echte Könner am Werk, die den Rock genauso beherrschten, wie sie gekonnt im Jazzbereich wildern konnten. Das Album führte den Zuhörer von einem Höhepunkt zum nächsten, auch wenn ich persönlich den 17minütigen Song "Low Spark Of High Heeled Boys" als absoluten Höhepunkt der Platte ansehe. Der Sound war genial, die Liveatmosphäre wurde relaxed und abgeklärt herüber gebracht, hier stimmte einfach alles.

Der Bassist Rosko Gee ersetzte in der Folge David Hood, während Capaldi wieder zum Schlagzeug wechselte. "When The Eagle Flies", das nächste Album, das 1974 veröffentlicht wurde, erreichte erneut die Top-Ten in den USA war und mässig erfolgreich in Grossbritannien. Eine anschliessende Tournee durch die USA, die im Hinblick auf den Ticketverkauf erfolgreich war, war jedoch für die Band emotional anstrengend. Capaldi erinnerte sich später: "Rosko Gee und ich waren die einzigen, die eine normale Form hatten". Letztendlich übertraf Winwood seinen Siedepunkt, als er inmitten eines Auftritts in Chicago von der Bühne ging. Am nächsten Tag verliess er die Tour ohne ein Wort an irgendjemanden und liess den Rest der Band am Veranstaltungsort für die geplante Aufführung auf ihn warten. In der Ueberzeugung, dass Winwood integraler Bestandteil von Traffic's Musik war, entschieden sich die restlichen Mitglieder, die Band ohne ihn nicht fortzusetzen.










DONNY HATHAWAY - Live (Atco Records SD 33-386, 1972)

"Er hätte Mozart sein können", sagte Roberta Flack über ihren Duettpartner Donny Hathaway. "Mozart hatte eine Menge Donny und Donny eine Menge Mozart in sich: Beide waren sie übermässig begabt und dabei äusserst unsicher, wie sie ihr Talent mit dem Rest der Welt teilen könnten". Der schwarze Mozart-Bruder wurde nur 34 Jahre alt. Am 13. Januar 1979 stürzte sich Hathaway aus dem fünfzehnten Stock des Essex Hotels in Manhattan und schnitt der an Tragödien nicht armen Soulmusik eine weitere tiefe Narbe ins Herz. Otis Redding kam ein gutes Jahrzehnt früher bei einem Flugzeugabsturz um, Jackie Wilson war 1975 auf der Bühne ins finale Koma gefallen, Marvin Gaye sollte vom eigenen Vater erschossen werden. Sie alle hinterliessen zumindest ein umfangreiches Opus.

Donny Hathaway dagegen erlaubte den Musikfans weltweit leider nur einen flüchtigen Blick auf sein Genie. Das hatte wenig mit seinem Erfolg, aber viel mit persönlichen Abgründen zu tun: Als er sich das Leben nahm, kam der gefeierte Songwriter, Arrangeur, Produzent und Musiker gerade von einer Aufnahmesession - zu dem postum erschienenen Album "Roberta Flack featuring Donny Hathaway". Nach Hits wie "You’ve Got A Friend" oder "Love, Love, Love" in der ersten Hälfte der 70er Jahre hatte Donny Hathaway immer seltener den Weg ins Studio gefunden; ihn plagten schwere Depressionen. Vom einstigen Selbstbewusstsein des Showmans schien nichts mehr übrig. Donny vertraute seiner eigenen Stimme so wenig wie der Begeisterung seiner Kollegen. Den Fans hinterliess er am Ende nur vier Studioalben, einen Livemitschnitt und ein Kompendium von Duetten mit eben jener Roberta Flack. Der begnadete Musiker, phantasievolle Arrangeur und kraftvolle Sänger hinterliess in nur drei Jahren Musikkarriere eine äusserst beeindruckende Sammlung von Pop- und Rhythm'n'Blues-Hits. Jahrzehnte später prägte sein unverwechselbarer Gesangsstil R&B-Grössen wie Alicia Keys und R. Kelly, aber auch den Indie Folk-Sänger Justin Vernon.

Einige dieser frühen Klassiker entstanden als Solokünstler, andere in freundschaftlicher Zusammenarbeit mit seiner alten College-Kommilitonin, der Sängerin Roberta Flack. In den frühen siebziger Jahren jedoch erlitt seine höchst vielversprechende Karriere einen schweren Bruch. Hathaway, bei dem Depressionen und paranoide Schizophrenie diagnostiziert wurden, verzichtete immer wieder auf die notwendige Medikamentation. Seine Ehefrau Eulaulah und seine drei Töchter litten unter den Stimmungsschwankungen des Künstlers genauso wie die Freundschaft zu Roberta Flack. Nach dem international gefeierten und mit einem Grammy ausgezeichneten Duett "Where Is The Love" im Jahre 1972 dauert es geschlagene sieben Jahre, bis die beiden erneut ein Duettalbum aufnahmen. Schliesslich sollte Hathaway den Kampf gegen die Depression verlieren: Als man seinen toten Körper im Januar 1979 vor einem New Yorker Luxushotel fand, schloss die Polizei umgehend auf Selbstmord. Doch auch wenn er nur wenige Jahre lang seine Kreativität und Produktivität voll ausleben konnte, besass die Musik von Donny Hathaway bis heute enormen Einfluss. Schon früh formte er sein vom Gospel geprägtes Crooning, das seidige romantische Verse ebenso vorzutragen vermochte wie politisch aufgeladene Protestinhalte. Entscheidend dafür war der Einfluss seiner Grossmutter in St. Louis, bei der Hathaway aufwuchs. Sie war es, die den kleinen Donny bereits im Alter von drei Jahren mit in den Kirchenchor nahm. Auch lernte er noch im Kindesalter, Klavier zu spielen. Die frühen Investitionen in die musikalische Ausbildung rentierten sich, als der Junge ein Stipendium für ein Musikstudium erhielt.

1964 brach er an die Washingtoner Howard University auf. Noch im College gründete Hathaway die Cocktail Jazz Combo Ric Powell Trio. Dank zahlreicher Jobangebote aus der Musikindustrie endeten seine Lehrjahre nach sechs Semestern vorzeitig. Zunächst agierte der spätere Sänger als Produzent und Songwriter vorrangig hinter den Kulissen. Arbeiten mit Aretha Franklin, Jerry Butler und den Staple Singers verschafften ihm innert kurzer Zeit bereits ein enormes Renommée. Er stieg bei den Mayfield Singers ein, den Background-Sängern von Curtis Mayfield. Bald schon erhielt er den Posten des Hausproduzenten bei dessem Plattenlabel Curtom Records. 1969 veröffentlichte Donny Hathaway sein erstes Single-Duett "I Thank You Baby" mit June Conquest. Nach der Vertragsunterschrift bei Atlantic Records als Solokünstler folgte die Solosingle "The Ghetto, Pt. 1", die wiederum die Bühne für die LP-Premiere "Everything Is Everything" bereitete. 1971 veröffentlichte Atco Records das selbstbetitelte Folgewerk, das bis auf eine Ausnahme aus Coverversionen berühmter Pop- und Gospelsongs bestand. Im selben Jahr begann der Sänger, an einer gemeinsamen LP mit Roberta Flack zu arbeiten. Der bereits erwähnte Grammy war das Resultat. Doch die Krankheit Hathaway's legte ihm immer häufiger Steine in den Weg. Regelmässig musste der Produzent und Popstar ins Krankenhaus eingeliefert werden. Bald scheute er das grosse Rampenlicht: Bis in die ausgehenden 70er Jahre erfolgten lediglich sporadische Auftritte in kleinen Jazzclubs.

1972 erschien Donny Hathaway's drittes Album, der Konzertmitschnitt "Live" mit dem Zusatz "Recorded Live At The Troubadour In Hollywood And At The Bitter End In New York". Dieses ebenso stimmungsvolle wie emotionsreiche Live-Album zeigte die ganze Klasse dieses Ausnahmekünstlers. Sowohl gesanglich, wie an seinem Electric Piano war hier ein Künstler der Extraklasse in absoluter Höchstform zu hören. Was dieses Album so einmalig machte, war die kleine Audience, das nicht allzu grosse Publikum, das eine wunderbare Club-Atmosphäre schuf, indem es praktisch bei allen Songs mitsingen durfte, was der Aufnahmeleiter auch auf dem Band verewigte und später auch beim Mixing nicht mehr herausschnitt. Dadurch hörte und fühlte sich dieses Album wie nur ganz wenige Live-Platten so an, als würde man selbst in dem Club dabei gewesen sein. Die nur acht Songs, welche es auf das Album schafften, waren wohl ausgewählt und zeigten eine relativ grosse stilistische Bandbreite. Donny Hathaway als Crooner der grossen Gefühle, als bellender Zeitkritiker ebenso wie als improvisierfreudiger Instrumentalist, der auch seinen Mitmusikern viele Freiräume zum solieren bot, sodass zwei Stücke weit über die 10 Minuten-Grenze hinaus gingen.

Eine lockere und stilsichere Version von Marvin Gaye's "What's Goin' On" eröffnete das Livealbum, gefolgt vom ersten Highlight nicht nur dieser Platte, sondern generell in Donny Hathaway's Repertoire: "The Ghetto". Der Longtrack geriet zum Groovemonster, das nicht nur das anwesende Publikum, sondern auch den Hörer gleich packen musste. Diese ausgedehnte Version, welche die 10 Minutenmarke knackte, bot einige herausragende Soli, insbesondere natürlich jenes von Hathaway selbst, doch auch das Congas-Solo von Earl DeRouen war rhythmisch einfach anmachend. Ausserdem war hier die Einbindung des Publikums phantastisch, eine einzige riesige Party. Das nachfolgende, von Earl DeRouen geschriebene "Hey Girl" schraubte wieder ein bisschen zurück, und mit Carole King's "You've Got A Friend" folgte der nächste Höhepunkt. Wiederum sang hier das Publikum den Song mit, und Donny Hathaway verzichtete passagenweise sogar selbst auf seinen Gesang. Das gab diesem wunderschönen Titel eine beeindruckende Atmosphäre.

Das von Earl DeRouen und Edward Howard gemeinsam geschriebene "Little Ghetto Boy" eröffnete die B-Seite der LP mit einem groovy Titel, der das Prädikat 'laidback' im wahrsten Sinne des Wortes verdiente. Wiederum waren es die Congas von Earl DeRouen, welche diese im Tempo reduzierten Rhythm'n'Blues veredelten. Es folgte eine sehr zurückhaltende, beinahe besinnlich wirkende Nummer von Donny Hathaway, eine der seltenen Perlen aus seinem eigenen Schaffen: "We're Still Friends". Das nachfolgende Cover von John Lennon's "Jealous Guy" traf dann wieder direkt in die Herzen des Publikums und der rhythmisch absolut phantastische Schluss-Jam, der sich über fast eine Viertelstunde erstreckte, war die Krönung des Abends. Auf "Voices Inside (Everything Is Everything)" zeigten alle Musiker ein Solo, angefangen von Donny Hathaway selbst, gefolgt von den beiden Gitarristen Mike Howard und Cornell Dupree. Danach folgte ein wundervolles, stellenweise fast schon mystisch anmutendes Bass-Solo vom grossartigen Willie Weeks, und selbstverständlich präsentierte auch der Congas-Spieler Earl DeRouen wieder ein einmalig groovendes Solo-Feuerwerk. Dieses Stück wurde vom Jazz-Gitarristen Phil Upchurch mitkomponiert, der auch auf einigen Stücken hier zu hören war, jedoch kurioserweise nicht auf diesem. Der Grund war simpel: Während Phil Upchurch beim Auftritt im Troubadour in Hollywood mit dabei war, fehlte er beim Konzert im Bitter End in New York.

Nach einer kurzen Erholungsphase, in der das zweite Duettalbum mit Roberta Flack entstand, nahm sich der grossartige Musiker und Sänger für die Musikwelt letztlich überraschend das Leben. Kurz zuvor verkündete er allerdings, wohl seinen Wahnvorstellungen folgend, weisse Leute würden nach seinem Leben trachten und hätten sein Gehirn an eine Maschine angeschlossen, um seine Kreativität abzuzapfen. Bis heute lebt Donny Hathaway nicht nur in seinen oft gecoverten Songs weiter, sondern auch als grosse Inspiration für nachwachsende Generationen zwischen Soul und R&B. So unterschiedliche Künstler und Bands wie Amy Winehouse, Nas, Common, Justin Timberlake und Fall Out Boy hatten ihm auf die ein oder andere Weise Tribut gezollt. Seine Duette mit Roberta Flack, "You Are My Heaven" und "Back Together Again", standen 1980 posthum in den Charts, letztgenannter Titel erreichte sogar die britischen Top 3. Das dazugehörige Album "Roberta Flack Featuring Donny Hathaway" enthielt neben diesen beiden Duetten nur Soloaufnahmen von Roberta Flack. Das Rolling Stone Magazine listete Donny Hathaway 2008 auf Rang 49 der 100 besten Sänger aller Zeiten. Hathaways Tochter, Lalah Hathaway, folgte ihrem Vater ins Showgeschäft und gewann für ihre R&B-Aufnahmen bisher drei Grammys.













 A-II-Z - The Witch Of Berkeley (Live) (Polydor Records 2383 587, 1980)

Im Bezug auf das Album "The Witch Of Berkeley" konnte man in der Vergangenheit, und eigentlich auch bis heute, alle möglichen stilistischen Bezeichnungen lesen. Es wurde als Meisterwerk bezeichnet oder gar als Meilenstein geadelt. Beide Bezeichnungen halte ich für ein stückweit übertrieben, vor allem weil Ende der 80er Jahre kaum noch jemand die Platte oder die Bandmitglieder kannte. Ich persönlich würde dieses Album eher als vergessenes Juwel der sogenannten NWOBHM, also der New Wave Of British Heavy Metal, bezeichnen.

A II Z's "The Witch Of Berkeley" erschien erstmals im Oktober 1980 und wurde in der Besetzung Dave Owens (Gesang, Gary Owens (Gitarre), Cam Campbell (Bass) und Karl Reti (Schlagzeug) eingespielt. Gegen alle Gewohnheiten handelte es sich bei diesem Debütalbum um eine Live-Produktion. Genau gesagt um das Paradebeispiel eines treibenden Live-Werkes, das stark schwitzend aufgezeichnet wurde. Die Band gab alles und hatte mit ihren neun Original-Songs die besten Argumente auf ihrer Seite: Heavy Metal ohne Schnick-Schnack und ohne die Barrieren eines sterilen Tonstudios.

Herauspicken muss man keinen der neun Titel, was bei der durchgehend hohen Qualität der Songs auch kein Wunder ist. Dazu gesellen sich präzise handwerkliche Fingerfertigkeiten und ein weit mehr als überdurchschnittliches Songwriting. Die rohe Energie des Konzertes ist immer noch spärbar und macht Songs wie "Fun After Midnight", "Glastonbury Massacre", "Witch Of Berkeley" oder "The Romp" noch immer zu einem handfesten Vergnügen.

Die unbedingt empfehlenswerte Ausgabe dieser tollen Platte ist die Edition auf Krescendo Records: Diese packt zu den originalen Konzertaufnahmen zehn weitere Songs auf eine Doppel-CD. Enthalten sind fünf Stücke, die im Jahre 1981 auf Singles veröffentlicht wurden. Besonders den Song "Treason" halte ich für ein weiteres Highlight, sowie "Valhalla Force" und "Ringside Seat", die zwar nicht ganz die Power der Live-Songs aufweisen, aber dafür mit gutem Spielwitz punkten. Ein Erfolg wollte sich scheinbar aber nicht einstellen und so kann der kurze Mitschnitt "BBC Live in Concert" auf CD 2, mit neuer Rhythmusgruppe, durchaus als letztes Lebenszeichen der Band gewertet werden.

Hier werden nochmals die Stücke "The Witch Of Berkeley", "Walk In Distance" und "Danger U.X.B." zum besten gegeben, genauso wie die beiden neuen Stücke "S.O.S." und "Rest In Peace", die erahnen lassen, was von A II Z noch alles an hoher musikalischer Qualität hätte kommen können. Gary Owens Ausstieg im Jahre 1982 besiegelte das Ende der Truppe, die zwar versuchte, mit dem neuen Bandnamen Aurora weiterzumachen, aber sich nach einer Single unwiederbringlich auflöste, als Polydor Records den Plattenvertrag kündigte. Die Musiker verschwanden schliesslich fast alle im luftleeren Raum. Einzig der nur kurzzeitig engagierte Schlagzeuger Simon Wright konnte sich einen Namen machen. Er war zur Stelle als zum Beispiel AC/DC oder Dio den Platz hinter der Schiessbude neu besetzen mussten.





MOUNTAIN - Twin Peaks (Columbia Records PG 32818, 1974)

Die Geschichte von Mountain in den 70er Jahren muss man in zwei Phasen aufsplitten. Zum ersten in die erfolgreiche Phase in der Original-Besetzung der Band, bestehend aus Leslie West, Corky Laing, Felix Pappalardi und Steve Knight von 1970 bis 1972, die vier Alben hervorbrachte. Diese Phase endete mit dem erstklassigen Live-Album "The Road Goes Ever On". Es folgte das kurzlebige Projekt West, Bruce & Laing mit drei Alben und schliesslich die 2/4-Reformierung der Gruppe im Jahre 1974, deren erstes Werk das als legendär gehandelte Live-Album "Twin Peaks" war.

Mit den Legendstatus von Platten möchte ich mich nicht weiter beschäftigen, seien sie gerechtfertig oder auch nicht. Kurios erschien mir aber immer, dass bei Mountain, trotz kurzzeitigem Split, immer zwei Live-Alben in Serie veröffentlicht wurden. Des weiteren war es immer kurios für mich, dass eine Band, die aus drei Leadern (West, Pappalardi, Laing) und einem Indianer (Knight) bestand, sich plötzlich mit zwei Hauptakteuren (West, Pappalardi) und zwei Statisten (Bob Mann, Alan Schwartzberg) wieder reformierte. Dass Corky Laing bei Mountain mehr als nur der Schlagzeuger war, bewiesen zum einen seine unbestrittenen Qualitäten als Songschreiber und zu anderen sein charakteristisches, lockeres Schlagzeugspiel.

"Twin Peaks" deckte die Stimmung die ersten Alben perfekt ab. Es war alles vorhanden, was sich auf einer Live-Platte von Mountain befinden musste und verwies (zumindest in punkto Songauswahl) den Vorgänger in die zweite Reihe. Der musikalische Vortrag konnte hunertprozentig überzeugen. Es kam eine immense Power hinüber, das Konzert wirkte äusserst dynamisch und verlieh allen Songs eine grosse Power. Das Kernstück war zweifellos die sich über ganze zwei LP-Seiten erstreckende Liveversion des Titels "Nantucket Sleighride". Auf "Twin Peaks" präsentierte sich dieser Klassiker von Mountain während knapp 32 Minuten als wahre Jam-Orgie und dürfte bis heute das Aushängeschild dieser Band geblieben sein, insbesondere in dieser Live-Version. Das von Jack Bruce verfasste "Theme Of An Imaginary Western" wirkte auch von Felix Pappalardi gesungen ausgesprochen romantisch, sowohl in seiner Studio-, wie auch der Live-Version auf "Twin Peaks". Ein grossartiger Song, der auch von Colosseum gecovert worden war.

"Twin Peaks" wurde 1973 in Osaka, Japan aufgenommen und war Mountains zweites Live-Album in Folge, allerdings mit der neu formierten, etwas neu gestalteten Version der Gruppe, bestehend aus Leslie West (Gitarre , Gesang), Felix Pappalardi (Bass, Gesang), Bob Mann (Gitarre, Keyboards) und Allan Schwartzberg (Schlagzeug). Es überschnitt sich mit seinem Vorgänger "Mountain Live (The Road Goes Ever On)" mit zwei Titeln, nämlich "Crossroader" und "Nantucket Sleighride". Am besten performten Mountain neben den beiden bereits erwähnten Titeln "Theme Of An Imaginary Western" und "Nantucket Sleighride" insbesondere die Stücke "Mississippi Queen", "Never In My Life" und "Roll Over Beethoven".

Mountain wurden aus der Musikexplosion der 60er Jahre geboren. Der Gitarrist Leslie West kam von The Vagrants, einer East Coast Power House Band, die sich einen Namen machte. Corky Laing stammte von der Band Energy, die von Felix Pappalardi produziert wurde. Felix hatte umfangreiche Produktionserfahrungen, bevor Mountain im Jahre 1969 gegründet wurde. Er war ein klassisch ausgebildeter Musiker, der an der Hochschule Dirigieren und Musikunterricht studierte. Seine Fähigkeiten führten ihn schliesslich zur Gruppe Mountain Mountain. Er produzierte Creams legendäres Album "Disreali Gears" und arbeitete mit vielen anderen prominenten Künstlern der Folk-Szene in Greenwich Village zusammen. Steve Knight wurde von Felix Pappalardi wegen früherer musikalischer Affiliationen in die Band gebracht. Letztendlich brachte dieses kleine Netz der Musikszene diese vier erstklassigen Musiker zusammen. Mountain debütierten 1969 im Fillmore und spielten später beim Musikfestival in Woodstock. Sie etablierten sich als eine der besten Rockbands ihrer Zeit.

Mountain war eine dieser magischen Musik-Kollaborationen, die nicht dupliziert werden konnten. Genau wie Cream, die Beatles, Led Zeppelin, The Who, die Jimi Hendrix Experience, die Rolling Stones oder jede andere grossartige Band war es ein einmaliger Schicksalsschlag, der Individuen zusammenbrachte, um die Musikgeschichte zu prägen. In ihrem kurzen musikalischen Leben produzierten sie drei Alben, die Gold-Status erlangten und schufen mit dem Stück "Mississippi Queen" einen der bekanntesten Rocksongs überhaupt. Das Gitarrenspiel von Leslie West inspirierte zahlreiche nachfolgende Rock-Gitarristen. West hatte diese seltene Gabe, einen eigenen Sound und einen eigenen Stil zu haben, was den typischen Mountain-Sound erst definierte.







Mar 4, 2021


JOHN LENNON - Walls And Bridges (Apple Records EAS-80065, 1974)

Während der Aufnahmen zu seinem Album "Mind Games" im Juli und August 1973 liess John Lennon sich wegen Eheproblemen auf eine zeitweilige Trennung von seiner Frau Yoko Ono ein. Yoko Ono bat anschliessend May Pang, deren Sekretärin und Presseagentin, John Lennon zu begleiten. John Lennon und May Pang hatten während des sogenannten 'Lost Weekend' (deutsch: 'Verlorenes Wochenende'), das 18 Monate dauern sollte, eine Affäre. Im September 1973 verliessen John Lennon und May Pang New York und begaben sich nach Los Angeles. Diese Zeit war geprägt von selbstzerstörerischen Alkoholexzessen, die Lennon unter anderem mit den Musikern Harry Nilsson und Keith Moon (The Who) unternahm. John Lennon begann gemeinsam mit Phil Spector vom Oktober bis zum Dezember 1973 mit der Arbeit an einem weiteren Album mit dem Titel "Rock'n'Roll". Die Arbeit an diesem Werk stagnierte allerdings aufgrund mangelnden Engagements der Beteiligten. Schliesslich eskalierte die Situation, als Phil Spector im Studio seinen Revolver abfeuerte. Die Aufnahmen wurden dann schliesslich abgebrochen.

Im März 1974 erfolgte ein Verweis aus dem Troubador Club von John Lennon und Harry Nilsson, die im angetrunkenen Zustand einen Auftritt der Smothers Brothers gestört hatten, dieser Vorfall sowie das Verhältnis zu May Pang wurde durch die Presse öffentlich gemacht. Danach beschloss John Lennon wieder musikalisch aktiv zu werden, indem er das neue Album "Pussy Cats" von Harry Nilsson produzieren wollte. Die Aufnahmen erstreckten sich von Ende März 1974 bis in den April 1974. Während dieser Aufnahmen kam es am 28. März 1974 zur einzigen bekannten musikalischen Zusammenarbeit mit Paul McCartney nach der Trennung der Beatles. McCartney, der mit seiner Ehefrau Linda kurzzeitig Los Angeles besuchte, wurde von Lennon zu einer ganztägigen Jamsession eingeladen, der unter anderen auch Stevie Wonder beiwohnte. Bei den Aufnahmen sang Lennon die Hauptstimme und spielte Gitarre. McCartney sang die Nebenstimme und spielte Schlagzeug. Eine von John Lennon angedachte weitere musikalische Zusammenarbeit mit Paul McCartney wurde jedoch nicht mehr realisiert.

John Lennon kehrte für die Aufnahmen zum nachfolgenden Album "Walls And Bridges" das im Oktober 1974 erscheinen sollte, nach New York zurück. Wie schon einige Zeit zuvor bei "Mind Games" produzierte John Lennon das Album erneut selbst. In Los Angeles hatte Lennon den britischen Musiker Elton John kennengelernt, der Lennon auf dem Album bei den Songs "Whatever Gets You Thru The Night" und "Surprise, Surprise (Sweet Bird Of Paradox)" unterstützte. Neben der Single "Whatever Gets You Thru The Night" erreichte auch das Album die Nummer 1 Position in den amerikanischen Billboard Charts und war somit das zweite und letzte Nummer 1 Soloalbum zu Lebzeiten von John Lennon. Aufgrund einer verlorenen Wette mit Elton John (Lennon glaubte nicht, dass "Whatever Gets You Thru The Night" die Spitze der Charts erreichen würde) trat er am 28. November 1974 als Überraschungsgast bei einem Konzert von Elton John im Madison Square Garden auf. Neben "Whatever Gets You Thru The Night" spielten John Lennon und Elton John die Beatles-Stücke "Lucy In The Sky With Diamonds" und "I Saw Her Standing There". Ende August 1974 nahm Elton John mit John Lennon das Lied "Lucy In The Sky With Diamonds" auch in einer geplanten Neufassung in den Caribou Ranch Studios in Colorado auf. John Lennon sang die Hintergrundstimme beim Refrain, weiterhin spielte er Gitarre.

"Lucy In The Sky With Diamonds" erschien schliesslich tatsächlich im November 1974 als Elton John Single und erreichte letztlich doch eher überraschend Platz eins der amerikanischen Charts. Ebenfalls im August 1974, im Anschluss zu den Aufnahmen zum Album "Walls And Bridges" sang John Lennon das Stück "Only You (And You Alone)" während der Aufnahmen zum Album "Goodnight Vienna" von Ringo Starr ein, im April wurde schon die Lennon-Komposition "(It’s All Da-Da-Down To) Goodnight Vienna" als Demo aufgenommen, beide Lieder wurden im November 1998 auch auf dem Kompilationsalbum "John Lennon Anthology" veröffentlicht. Im Oktober 1974 entschied sich John Lennon mit den Studiomusikern der Aufnahmen für "Walls And Bridges" erneut ins Studio zu gehen, um das mit Phil Spector begonnene Album "Rock'n'Roll" fertigzustellen, das im Februar 1975 veröffentlicht wurde. Das Album enthielt Coverversionen bekannter Stücke aus Lennons Jugendzeit.

Am 20. Dezember 1974 trafen sich John Lennon und George Harrison letztmals in New York. Im Januar 1975 wirkte Lennon bei den Aufnahmen zu David Bowies Album "Young Americans" in den New Yorker Sigma Sound Studios bei zwei Liedern mit, auf denen er Gitarre spielte und sang. Die Singleauskopplung "Fame" war eine Zusammenarbeit der beiden und erreichte in den US Charts den ersten Platz. Ende Januar, Anfang Februar 1975 zog John Lennon wieder mit Yoko Ono in das Apartment im Dakota Building zusammen. Am 8. April 1975 wurde John Lennon von Tom Snyder in seiner Fernsehsendung 'Tomorrow' interviewt, die Fernsehausstrahlung erfolgte am 28. April 1975 in den USA. In späteren Jahren erfolgte eine Veröffentlichung des Interviews auf VHS-Kassette, im Mai 1981 und auf DVD, im April 2008. Am 18. April 1975 hatte John Lennon seinen letzten Liveauftritt während der Fernsehshow 'Salute to Sir Lew - The Master Showman', wo er die Songs "Slippin’ And Slidin’", "Stand By Me" und "Imagine" sang, am 13. Juni 1975 erfolgte die Fernsehausstrahlung in den USA.

Am 9. Oktober 1975, an Lennons 35. Geburtstag, wurden Lennon und Ono Eltern ihres gemeinsamen Sohnes Sean Taro Ono Lennon. Am selben Tag erhielt John Lennon nach vierjährigem Kampf gegen die US-Behörden die Green Card. Ono kümmerte sich fortan um die geschäftlichen Belange der Familie, während Lennon zu Hause blieb, um sich um seinen Sohn zu kümmern. Lennon distanzierte sich zunehmend von seiner Rolle als Rockstar und stellte seinen Sohn in den Mittelpunkt seines Lebens. Während Lennon sich vorwiegend um den Haushalt kümmerte, übernahm Yoko Ono Lennons Management, das mangels neuer Veröffentlichungen überwiegend die Rechte an alten Songs verwaltete.

JOHN DUMMER'S OOBLEEDOOBLEE BAND - Oobleedooblee Jubilee
(Vertigo Records 6360 083, 1973)

Die originell genannte Oobleedooblee Band des Schlagzeug spielenden Bandleaders John Dummer war bereits die vierte Inkarnation dieser Band, die ursprünglich dem British Blues Boom entstammte, mit dem Debutalbum "Cabal" im Jahre 1969 den grössten Achtungserfolg verzeichnen konnte, sich danach kontinuierlich weiter- und weg vom Blues entwickelte, um 1973 für dieses Bandprojekt beim Folkrock zu landen. Mike und Jo Ann Kelly waren die prominentesten Bandmitglieder, die noch übrig geblieben waren von dem ehemaligen Blues-Outfit der John Dummer Blues Band, und die hier auf diesem letzten offiziellen Studioalbum der Gruppe alles andere als Blues beisteuerten.

Aufgenommen in den Rockfield Studios in Monmouth unter der Leitung von Toningenieur Fritz Fryer und veredelt von Kingsley Ward, fällt vor allem die exzellente Klangqualität dieser Platte auf, die unter Sammlern vor allem deswegen bekannt ist, weil es die allerletzte Platte war, welche im Frühjahr 1973 auf dem Vertigo Swirl Label erschienen war, bevor dieses Progressiv-Unterlabel von Philips Records zu einem ziemlich gewöhnlichen Pop- und Rock-Label mit verändertem Logo mutierte, das später die Heimat von unter anderem Status Quo, Thin Lizzy oder der Dire Straits wurde.

John Dummer gründete seine erste Blues Band im Jahre 1967 und war damit einer der ersten Protagonisten, der vom sogenannten British Blues Boom profitieren konnte, deren klassische Vertreter damals vor allem Fleetwood Mac, Savoy Brown und Chicken Shack waren, die Aushängschilder, die aus dem Erfolg vor allem von John Mayall profitierten und äusserst erfolgreich wurden. Neben zahlreichen weiteren Gruppen war auch die John Dummer Blues Band zu dieser Zeit recht angesehen in der Szene, und sowohl das 1969 erschienene Album "Cabal", wie auch die nachfolgenden "John Dummer Blues Band" (ebenfalls 1969) und "The Famous Music Band" (1970) folgten dem typischen Blues- und Blues Rock-Gemisch, waren gemessen an den vielen weiteren Bands in dieser Zeit eher eine der Besseren und verblüfften 1972 mit einer weiteren Platte, die allerdings schon recht weit vom Blues entfernt war: "Blue", veröffentlicht auf dem Vertigo Swirl Label bot eine musikalische Mixtur, die man bestenfalls mit progressivem Folkrock bezeichnen konnte. Der Blues-Anteil geriet zunehmends in den Hintergrund. Die Band versuchte, wie so viele andere auch, vom abebbenden Blues Boom sich musikalisch neu ausgerichtet, nach einem neuen Publikum umzusehen. Viele ehemalige Protagonisten des British Blues Booms blieben auf der Strecke, selbst die Bekanntesten unter ihnen wie zum Beispiel die bereits erwähnten Fleetwood Mac richteten sich komplett neu aus und wurden später zu einer der erfolgreichsten Pop-Bands der 70er Jahre.

Nicht so John Dummer, der nach dem nächsten Album "Oobleedooblee Jubilee" die Reissleine zog und sich später einer Rock'n'Roll Band - den Darts - anschloss, die zu dem Zeitpunkt auf einem Rock'n'Roll-Revival mitschwammen mit Bands wie Sha Na Na, Fumble, Daddy Cool oder Long Tall Ernie & The Shakers. Zum Zeitpunkt der Aufnahmen zum "Oobleedooblee Jubilee" Album hatten sich schon etliche hervorragende Musiker bei John Dummer die Klinke in die Hand gedrückt, so zum Beispiel Tony McPhee (Groundhogs), Bob Hall und John O'Leary (Savoy Brown) und etliche weitere, die aber mit der Soundveränderung weg vom Blues nichts zu tun hatten. Der Hauptverantwortliche hierfür war Nick Pickett, der für Dave Kelly zum Zeitpunkt der Aufnahmen zum Album "Blue" zur Band stiess, der für frischen Wind sorgte. Zum Zeitpunkt der 1973er LP war er dann allerdings bereits wieder ausgestiegen. Dave Kelly kam zurück und die Band nahm zusammen mit den neuen Musikern Adrian "Putty" Pietryga, Iain "Thump" Thompson und Mike Evans spielte die Gruppe 9 hervorragende Somngs ein, von denen der allüberstrahlende fast 10 Minuten lange Coversong "I've Been Scorned" aus der Feder von Pops Staples das herausragendste war. Ein herrlich groovender Folkie-Jam mit fluffigem Arrangement und exquisiten Soli von Dave Kelly mit der Bottleneck Guitar und Adrian "Putty" Pietryga an der elektrischen Gitarre.

Neben weiteren Coversongs wie dem Chuck Berry-Titel "Too Much Monkey Business" und "Hello L.A. Bybe Bye Birmingham", komponiert von Bramlett Davis überrascht vor allem der von Bassist Iain "Thump" Thompson geschriebene Titel "Fairy Tale", der durch einen äusserst funky ausgelegten Folkrock-Stil gefällt. Insgesamt wirkt die Platte besonders vielseitig und auch klanglich absolut überzeugend, vielleicht auch deswegen, weil einerseits neben Iain "Thump" Thompson auch Adrian "Putty" Pietryga mit "Sometimes" einen gelungenen Song beisteuerte, Dave Kelly ebenfalls mit tollen Songs aufwartete ("Passing Through" und "The Monkey Speaks His Mind") und auch die gesamte Aufnahme perfekt aufgenommen und abgemischt wurde.

Nach diesem Album spielte John Dummer noch eine weitere Platte ein, die jedoch nicht veröffentlicht wurde, obwohl sie mit einer wiederum weitgehend komplett ausgewechselten Band einige hochkarätige und sehr bekannte Musiker präsentierte, wie zum Beispiel den legendären Graham Bond, den späteren Dire Straits-Schlagzeuger Pick Withers, sowie der singende und Piano spielende Colin Earl von Mungo Jerry, der ältere Bruder des Foghat-Schlagzeugers Roger Earl. Diese ebenfalls sehr interessanten und lohnenswerten Aufnahmen wurden allerdings unter dem Titel "The John Dummer Blues Band - The Lost 1973 Album" 2008 beim Label Angel Air Records offiziell als CD veröffentlicht.




THE LOAD - Load Have Mercy 
(The Laser's Edge LE1023, 2005 - Originalaufnahmen von 1977)

Ich persönlich würde die Symphonic Progressive Rock Band The Load als vergessene Perle der 70er Jahre betrachten, da nur sehr wenige diese wundervolle Gruppe überhaupt kannten. Selbst mir fiel diese Platte damals eher zufällig in die Hände, als ich sie in meinem bevorzugten Plattenladen sah und die info des Verkäufers erhielt, dass diese Platte damals, als sie aufgenommen wurde, aufgrund verschiedener negativer begleitumstände gar nicht offiziell veröffentlicht werden konnte - eine Tatsache, die sich angesichts der absolut herausragenden Qualität dieser Musik kaum nachvollziehen lässt. The Load waren eine Band, die im März 1973 in Columbus Ohio, gegründet wurde und ihre Karriere 1980 in Kalifornien nach einer langen Odyssee quer durch Amerika wieder beendeten. Sie waren mitfinanzierende Partner der Owl Recording Studios, was ihnen 1976 die Aufnahmen ihres ersten Albums "Praise The Load" ermöglichten, der einzigen offiziell erschienenen Platte während die Gruppe aktiv war. "Load Have Mercy" war dann das relativ kurz darauf aufgenommene zweite Album der Band, das erst im Jahre 2005 vom kleinen und feinen Prog-Label The Laser's Edge offiziell auf CD veröffentlicht wurde.

The Load präsentierten eine qualitativ hervorragende Mixtur aus Procol Harum, Uriah Heep, Emerson Lake & Palmer, Kansas und Rick van der Linden (Trace). Es waren streckenweise starke Einflüsse der klassischen Musik auf diesem Album auszumachen und als quasi Gegenpol klassische Rockmusik, die sich durchaus am progressiven Rock der frühen 70er Jahre orientierte. Diese Stileinflüsse verwoben The Load auf einzigartige Weise, weshalb ich diese leider viel zu unbekannt gebliebene Gruppe durchaus zu den Favoriten der damaligen Underground Tipps zählen würde. Die relativ spärlichen Käufer der damaligen LP wussten sofort um den Wert dieses Geheimtipps - leider waren es zu wenige, als dass sich das für The Load aber im Endeffekt zu wenige, weshalb die Gruppe diesen Geheimtipp-Status zwar hartnäckig behielt, jedoch nie los wurde durch einen etwaigen grösseren Bekanntheitsgrad.

Der Titel "Mobilised" eröffnete das Album mit einem exzellenten Rock-Instrumental mit elektrischer Gitarre, welche hier die Hauptrolle spielte, kombiniert mit Hammond Orgel und einem brillianten und sehr passenden Clavinet D6. Die Melodie begann mit der weichen Hammond Orgel von Sterling Smith, begleitet von akustischen Gitarren-Fill In's. Der Stil von Sterling war eine Mischung aus Ken Hensley und Matthew Fisher. Die Einbeziehung von Clavinet D6 Sounds in einigen Übergängen konnten diesen Opener absolut bereichern und gaben ihm eine völlig eigenständige und interessante stilistische Note. Die atemberaubende Gitarrenarbeit von Dave Hessler erinnerte ebenfalls an den Stil von Procol Harum, allerdings wesentlich rockiger und durchaus an Robin Trower erinnernd. Es gab gar ein kurzes Segment, in welchem man zum Beispiel auch den Einfluss von "I Want You" von den Beatles heraushören konnte. Insgesamt war dieser Opener ausgezeichnet und ein idealer Einstieg in dieses Album.

Es folgte mit "One Is Gone" ein sehr kurzer Song, der nicht einmal die 2-Minutenmarke erreichte, aber trotzdem sehr schön durchkomponiert wirkte. Er wurde in mittlerem Tempo mit kraftvollem Gesang und Backing Vocals in fröhlicher Stimmung dargeboten, die durch den Hammond-Sound ausgezeichnet hervorgehoben wurden. Das kurze Solo, das Hammond und Klavier kombinierte, klang sehr angenehm. Ausserdem folgte es keiner bekannten Prog-Note, sondern war einfach sehr eigen und sehr angenehm arrangiert. Die rein instrumental gehaltene "Something Suite" startete mit einem gemeinsamen Thema, das dem Hörer in den Ohren durchaus vertraut sein könnte, da es von vielen Bands gespielt wurde, etwa von Marillion bei der Eröffnung des Live-Tracks "Margaret". Danach nahm diese fulminante Suite rasch Fahr auf und präsentierte sich als eine Art Musikervorstellung, weil innerhalb der Suite jeder Musiker seine Solo-Fähigkeiten unter Beweis stellte. Die Hammond Orgel bekam in diesem langen Jam erneut eine grosse Fläche. Auch die Gitarre präsentierte ein wunderbares Solo. Am Ende dieses virtuosen Gitarrensolos präsentierte auch Tom Smith ein phantastisches Schlagzeug-Solo, das genauso überzeugen konnte.

Mit Versatzstücken aus der klassischen Musik und teilweise improvisiert wirkend konnte auch das nachfolgende "Richter Scale" absolut überzeugend. Auch hier gewann das Stück nach und nach an Dynamik, was in einem erneuten Schlagzeug-Solo gipfelte. Das instrumentale "Interstellar Debris" erinnerte stellenweise an die Band Babe Ruth, besonders an deren "First Base" Album. Ebenfalls instrumentals war "The Narrows", dass mit einem Bass-Solo startete, das im ersten Takt fast zur ersten Basslinie von "I Am A Camera" von Yes und deren Album "Drama" erinnerte. Das Clavinet-Solo während des Interludiums präsentierte hier jazzige Anleihen. Die Kombination von Schlagzeug und Gitarre war auch hier absolut phantastisch. Das nachfolgende "Choices" eröffnete mit einer Kirchenorgel, gefolgt von einer Stimme und Schlagzeug. "Choices" war wieder nur eine weitere Einleitung, die in das opulente "Too Much To Believe" mündete. 

"Too Much To Believe" war ein Epos, das mit einer sanften Orgeleinleitung begann, sich kontinuierlich steigerte und schliesslich stark an ähnliche Orgelspielereien des Uriah Heep Musikers Ken Hensley erinnerte. Stellenweise erinnerte der Titel auch an die Band Kansas. Wenn dann später auch noch ein von Orgel und Clavinet gespieltes Solo mit klassischen Einflüssen folgt, erinnert einen das zum Beispiel an die Arbeiten von Rick van der Linden (Trace). Ein in sich sehr stimmiges und sehr abwechslungsreiches Epos. Das instrumental gehaltene "Eitel's Lament" präsentierte eine sanfte Marsch-Trommel. Die nachfolgende Gitarrenarbeit erinnerte stark an Procol Harum's "Repent Walpurgis" und bedeutete ein eindrucksvolles Schlussbouquet dieser hervorragenden Platte, bei der ich mich seit ich sie kenne immer wieder fragte, warum die damals nicht veröffentlicht wurde. Gut, es war vielleicht 1977 nicht mehr die grosse Zeit des porogressiven Rock, aber aufgrund der Qualität der Songs und der Musiker hätte dieses Werk bestimmt viele Käufer gefunden. Schön, dass es später dann doch noch das Licht der Musikwelt erblicken durfte. Ein Album, das sich zu entdecken lohnt.