THE DEL-LORDS - Based On A True Story (Enigma Records D2-73326, 1988)
Der Name Eric "Roscoe" Ambel fällt mir erstmals Ende der 70er Jahre auf, als ich an eine Single der Band Dirty Dogs mit dem Titel "Sonority Girl" gelange, die musikalisch in etwa dem entspricht, was ich zu der Zeit am liebsten höre: Punkig trashiger Power-Pop. Ich behalte den Namen einigermassen in guter Erinnerung und werde dadurch auf die Band Accelerators aufmerksam, die in Wirklichkeit nur die Vorgänger-Band unter neuem Namen ist. Von ihnen kaufe ich mir eine LP, die mir zwar in punkto Gitarrenarbeit (Eric Ambel) sehr gut gefällt, aber die Songs sind nicht unbedingt das Gelbe vom Rock-Ei, weshalb ich die Band ad acta lege. Zeitgleich mit seinen Accelerators arbeitet "Roscoe" auch als Gitarrist in Joan Jett's Blackhearts, und bei Joan Jett überzeugt mich das Gitarrenspiel von Eric Ambel auf dem Album "I Love Rock'n'Roll".
Anfang der 80er Jahre gründet Eric Ambel die geniale Band The Del-Lords zusammen mit Scott Kempner, der zuvor bei den Dictators schon abrockte, und die mir natürlich auch ein Begriff waren. Die Del-Lords waren eine unglaublich tolle Roots Rock Band, die leider ziemlich übersehen wurde. Ihr Album "Based on a True Story" gehört für mich zum Besten, was in den 80er Jahren erschienen ist, und gänzlich ohne synthetische Mittel auskam. Der Band gehörte auch der spätere Drummer von Cracker an (Frank Funaro). Die Songwriter-Qualitäten von Scott Kempner waren enorm. Er schrieb für die Platte vom taffen Wüstenrock ("Crawl in Bed"), über leidenschaftlich vorwärtspreschende Blues-Rocker ("A Lover's Prayer", "River of Justice") bis zu ohrwurmigem Power-Poprock ("I'm Gonna Be Around" oder "Whole Lotta Nothing Going On") hervorragende, zeitlos gute Songs und mit der Ballade "Poem of the River" im Duett mit Pat Benatar ein Akustik gewordener Traum der absoluten Ausnahmeklasse. Auf dem Album darf sich auch Reverend Mojo Nixon am Rande etwas austoben und die Platte profitiert zusätzlich durch Gast-Contributions von Jimmy Powers, Curtis James, Syd Straw und Lenny Castro. "Roscoe" hat später weiter Roots-Rock gemacht, aber die Klasse dieses Albums hat er meiner Meinung nach nie mehr ganz erreicht.
Noch als er die Band Del-Lords am Leben erhielt, spielte Eric Ambel schon mit einer weiteren Band, seiner "Roscoe's Gang" zusammen. Mit dieser Band spielte er mehrheitlich Roots Rock der eher gemässigten Sorte, sprich: eher countryinfiszierter Americana Sound. Da er sich inzwischen auch als Produzent unter anderem für die Bottle Rockets, die Blood Oranges oder Nils Lofgren einen Namen gemacht hatte, konnte er die Sache mit der eigenen Mucke natürlich lockerer angehen. So erstaunt es nicht, dass Eric Ambel immer mal wieder ziemlich nicht-chartsorientierte Songs aufnahm, mit dener er unter Insidern natürlich einen hohen Status erreichte, kommerziell aber in der Regel immer floppte. "Loud And Lonesome" ist zum Beispiel ein absolutes Klasse-Album (mit seiner "Roscoe's Gang"), aber leider ging die Platte völlig unter. Da halfen nicht mal ausgezeichnete songs aus den Federn von Dan Baird (Ex-Georgia Satellites), Terry Anderson oder Greg Trooper. Es folgten Produzenten-Jobs für Freedy Johnston (einen hervorragenden Songwriter, von dem ich praktisch alles besitze), Blue Mountain, The Backsliders (total geniale Band!!), Go To Blazes (texanisch angehauchter Roots-Rock - toll!!!), Tammy Faye Starlite und Mary Lee's Corvette.
1996 dann der Ueberhammer: Eric Ambel gründet zusammen mit dem ehemaligen Satellites-Frontmann Dan Baird die Haudrauf-Kapelle "The Yayhoos", Bassist Keith Christopher und Drummer Terry Anderson sind auch dabei. Die Band veröffentlicht ein hervorragendes, staubig-trockenes Holzfäller-Rockalbum, betitelt "Fear Not The Obvious", das ebenso wie fast alle Vorgänger-Alben von Eric Ambel, bei uns leider praktisch überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wird (Bloodshot Records, 2001). 1999 baut er mit "Cowboy Technical Services" sein eigenes Tonstudio und gelangt damit - sowie seinem Ruf als hervorragendem Produzenten - zu grossem Erfolg. Zu seiner aufnehmenden Klientel gehören etwa Ryan Adams, Robert Randolph & The Family Band, Steve Wynn, Marshall Crenshaw, Laura Cantrell, The Silos, The Damnwells und Martin's Folly. Im darauffolgenden Jahr tourt er mit der Band von Steve Earle ("The Dukes") und ist zu einem Grossteil verantwortlich für den Erfolg von Earle's Album "Jerusalem". Zu absoluten Produktions-Highlights von Eric Ambel zähle ich auch die Alben "Perfect City" von Florence Dore und das Klasse Rock-Album"The Knitter" von Cheri Knight. Diese beiden Ladies-Alben gehören eigentlich in jede Sammlung. Für mich gilt daher: Wo Eric "Roscoe" Ambel draufsteht, ist immer tolle Mucke drin! Denn überall, wo Eric "Roscoe" Ambel produziert, spielt er in der Regel auch Gitarre, komponiert und singt mit.
Meine persönlichen Eric Ambel-Empfehlungen, ausser der "Based On A True Story" mit den Del-Lords:
ERIC AMBEL & ROSCOE'S GANG - Loud And Lonesome (1994 Survival Records)
11 Songs, Anspieltipps: "Song for The Walls", "Way Outside", "Downtown At Midnight", "Autumn Rose"
THE YAYHOOS - Fear Not The Obvious (2001 Bloodshot Records)
12 Songs, Anspieltipps: "What Are We Waiting For", "Monkey With A Gun", "Bottle And A Bible", "For Crying Out Loud", "Oh Chicago!" und das Abba-Cover (!!!) "Dancing Queen".
Zwei empfehlenswerte Platten, die Eric Ambel produziert hat:
CHERI KNIGHT - The Knitter (1995 East Side Digital Records)
11 Songs, Anspieltipps: "The Knitter", "Monolith", "Wishing Well", "Very Last Time"
FLORENCE DORE - Perfect City (2002 Slew Foot Records)
10 Songs, Anspieltipps: "Easy World", "No Nashville", "Framed", "Postcard".