WARHORSE - Red Sea (Vertigo Records 6360 066, 1972)
Die Hard Rock Gruppe Warhorse war das Bandprojekt des ehemaligen Deep Purple Bassisten Nicholas John "Nicky" Simper, das in der Blütezeit des aufkeimenden Hard Rocks für leider nur knapp vier Jahre von April 1970 bis Anfang 1974 existierte, in dieser Zeit aber zwei hervorragende Alben produzierte, die noch heute zu den Pionieralben dieses damals neuen Musikstils gehören. Zum Zeitpunkt der Gründung von Warhorse war Nicky Simper längst ein alter Hase, der in den 60er Jahren bereits mit etlichen Musikern und Bands zusammengearbeitet hatte, die sehr erfolgreich unterwegs waren. Den Anfang machten Buddy Britten & The Regents, mit denen er die Single "She's About A Mover" einspielte, die nur knapp die Charts verfehlte. Seine nächste Station waren Johnny Kidd's neu formierten Pirates, denen er beitrat, als diese auf dem Höhepunkt ihrer Karriere standen. Dieser Höhepunkt erhielt ein jähes Ende, als Johnny Kidd am 7. Oktober 1966 bei einem Autounfall starb, bei welchem auch Nicky Simper Verletzungen davon trug, aber überlebte.
Eine zeitlang spielten die Pirates noch weiter ohne ihren Frontmann, bevor Simper dann zum exaltierten Screaming Lord Sutch wechselte, wo er bereits mit späteren Deep Purple Musikern erstmals in Kontakt kam. Er blieb indes nicht lange beim dekadenten Lord, wechselte zu den Flowerpot Men und feierte dort seinen bis dato grössten Hit "Let's Go To San Francisco" im September 1967. Bei den Flowerpot Men spielte der ehemalige Keyboarder der Artwoods, Jon Lord, mit. Nach einer Tournee im Februar 1968 stiegen Simper und Lord aus und gründeten eine experimentelle Band namens Roundabout, aus welcher nach dem Zuzug von Gitarrist Ritchie Blackmore im darauffolgenden Monat März die erste Inkarnation von Deep Purple, bekannt als "Mark I", entstand. Obwohl schon deren erste Single "Hush" ein grosser Erfolg wurde, blieb Nick Simper nicht lange in der Band und stieg schon nach wenigen Monaten aus, zum selben Zeitpunkt übrigens wie Sänger Rod Evans, die beide dann ersetzt wurden durch Roger Glover und Ian Gillan, dem Line-Up, das Deep Purple danach zu einer der berühmtesten Hard Rock Bands machen würde.
Nick Simper spielte in der Folge in der Begleitband von Marsha Hunt und betrieb nebenbei seine eigene noch namenlose Band. Die Zusammenarbeit mit Marsha Hunt endete, als diese schwanger wurde und ihre Bandaktivität auf Eis legte, was Nick Simper dazu nutzte, seinen Hauptfokus nun auf seine eigene Band zu legen. Er komplettierte diese mit den Musikern Ged Peck und Mac Poole aus Marsha Hunt's Band sowie mit dem Sänger Ashley Holt zur ersten Stammbesetzung der nun neu benannten Formation Warhorse. Im April 1970 empfahl Sänger Ashley Holt den Keyboarder Rick Wakeman für die ersten Aufnahme-Sessions, welche zum Debutalbum führen sollten. Dieser konnte jedoch wegen anderer Verpflichtungen nicht bei den gemeinsamen Sessions teilnehmen und nach nur einem kurzen Studio-Intermezzo (das später auch nicht auf dem ersten Album der Gruppe zu hören war) wurde er durch Frank Wilson ersetzt. Nachdem die erste LP "Warhorse" im August 1970 erschienen war und gute Kritiken, aber mangelhafte Werbung seitens der Plattenfirma erhielt, tourte die Band über ein Jahr lang intensiv in ganz Europa, was dazu führte, dass Gitarrist Ged Peck infolge des permanenten Tour-Stresses die Band verliess. Er wurde ersetzt durch den exzellenten Peter Parks kurz vor einer weiteren Europa-Tournee, welche kurz darauf in die Aufnahmen zu diesem zweiten Album mündete.
Als erfahrene Tour-Band und mit dem hervorragenden neuen Gitarristen Peter Parks spielten Warhorse im Frühjahr 1972 das exzellente Album "Red Sea" ein, das den neuen Gitarristen als versierten Songschreiber auswies und ihm entsprechend viel Freiraum bei den Song-Arrangements bot, ohne dass der Gruppensound jedoch zu gitarrenlastig wurde. Im Gegenteil: Die auf dem Debutalbum über weite Strecken dominierenden Orgel-Sounds kamen auch hier wieder zum tragen und drückten manchem Song wie beispielsweise "Back In Time" oder "Sybilla" (mit Twin Guitar Sounds) den Stempel auf. Von den sieben ausgezeichneten Stücken auf der LP ist auch der Coversong "I (Who Have Nothing)" von Shirley Bassey ein Highlight.
Mit dem Album entstand in den Augen mancher Kritiker so etwas wie eine Blaupause des Heavy Metal, denn einige für den späteren Metal typische Merkmale im Sound von "Red Sea" weisen darauf hin, was vor allem an Peter Parks attackenartigen Gitarrensalven liegt, die bei späteren Metal-Platten etwa von Judas Priest typisch waren. Neben all dem Hard Rock, den Nicky Simper's Warhorse spielten, gab es doch auch immer wieder sehr melodiöse Momente, nachzuhören etwa beim Stück "Feeling Better", einer Band-Komposition, die stark an ähnliche Songs etwa von Elton John aus jener Zeit erinnert. Auf der anderen Seite aber gibt es auch mit "Mouthpiece" einen fast 9-minütigen Hard Rock Ueberflieger, der mit einem energetischen und speedigen Schlagzeug-Solo in etwa eine Brücke bildet zwischen Buddy Rich und Ian Paice. So gesehen ist "Red Sea" auch ein ungemein vielseitiges Hard Rock Album.
Mit dieser tollen Platte waren Warhorse mit den damaligen Helden des Hard Rocks wie Deep Purple oder Black Sabbath jederzeit auf Augenhöhe. Was fehlte, war Werbung und ein zündender Single-Hit, der den Musikern leider verwehrt blieb. Weil die Verkäufe des Albums unter den Erwartungen der Plattenfirma zurückblieben, bot sie der Band keinen weiteren Vertrag an und in der Folge verliess Schlagzeuger Mac Poole die Band, um bei der Hippie-Band Gong mitzuspielen. Nick Simper versuchte, mit Warhorse und dem neuen Schlagzeuger Barney James eine etwas mehr funkige Richtung einzuschlagen, was jedoch nicht den gewünschten Kick brachte. Die Band fiel dann auseinander, als Rick Wakeman für sein zweites Soloalbum "Journey To The Center Of The Earth" die beiden Warhorse-Musiker Ashley Holt und den neuen Drummer Barney James rekrutierte, was Anfang 1974 das Ende für Warhorse bedeutete.
Nick Simper und Peter Parks blieben weiterhin zusammen, gründeten erst die Band "Nick Simper's Dynamite", mit welcher sie eine Single veröffentlichten, um 1977 mit dem ehemaligen Warhorse Schlagzeuger Mac Poole die Band Fandango zu gründen. Nick Simper ist bis heute aktiv, spielt seit einigen Jahren mit einer österreichischen Band namens Nasty Habits zusammen und hat mit dieser 2015 das Album "De La Frog Conspiracy" veröffentlicht.