Feb 27, 2017

THE SENSATIONAL ALEX HARVEY BAND - Framed 
(Vertigo Records 6360 081, 1973)

Leider wurde der Sensational Alex Harvey Band nie der Heldenstatus in der Rockgeschichte verliehen, der ihr eigentlich zugestanden hätte. Der Bandleader und Sänger Alex Harvey hatte vor der Gründung der Sensational Alex Harvey Band bereits eine Solokarriere hinter sich gebracht. Die von ihm angeheuerte Band bestand aus deutlich jüngeren, nichtsdestotrotz jedoch hochkarätigen Musikern. Die beiden ersten LPs "Framed" und "Next" gingen beim Publikum nahezu unter, die folgenden Alben verkauften sich dann aber doch recht ordentlich, nur um ab 1977 wieder rapide an Verkaufszahlen zu verlieren. Die Vermarktung von Alex Harvey als Punk-Vorreiter funktionierte nicht, und nach dem Auseinanderfallen der Sensational Alex Harvey Band brachte der exaltierte und bisweilen recht provokante Musiker bis zu seinem frühen Tod 1982 keinen Fuss mehr auf die Erde.

Gerade die ersten beiden Alben der neu formierten Gruppe waren meiner Meinung nach das Beste, was Alex Harvey je aufgenommen hatte. "Framed" bot einen zeittypischen, sehr kernig-erdigen, kräftigen 70er Jahre Bluesrock, der von Zal Cleminson's ausgezeichneter Gitarre und dem Klavier von Hugh McKenna geprägt war. Zal Cleminson, der später zeitweise bei Nazareth mitspielte, setzte dabei die stilbestimmenden Elemente, während der Keyboarder Hugh McKenna oft dieses herrlich rumpelnde Bluespiano beisteuerte, welches die Songs vor allem auf der "Framed" LP immer wieder mit einem bodenständigen bluesigen Grundfundament ausstattete. Die Rhythmusgruppe aus dem Bassisten Chris Glen, der später Mitglied der Michael Schenker Group wurde und dem Schlagzeuger Ted McKenna, später ebenfalls bei Michael Schenker und auch in der Begleitband von Rory Gallagher tätig, groovte absolut solide und schnörkellos. Alex Harvey's Stimme war dabei dermassen prägnant, dass jeder, der zwei, drei Songs von ihm kennt, sie sofort wiedererkennen kann. Der grösste Hit fand sich dann allerdings erst auf dem Nachfolgeralbum "Next", das gut ein Jahr später, genauer gesagt im November 1973 erschien: "The Faith Healer".

Es gibt eine schöne Anekdote unter Rockfreunden, die da lautet: Was haben Alex Harvey und Elvis Presley gemeinsam ? Zunächst einmal, dass beide Anfang 1935 geboren wurden. Beide waren Rockmusiker und starben sehr früh. Elvis 1977 und Harvey 1982. Und beide waren natürlich herausragende Musiker. Es gibt aber auch gravierende Unterschiede. Elvis war schon in jungen Jahren erfolgreich und ist ein Klassiker des Rock'n'Roll. Alex Harvey war hingegen ebenfalls schon früh musikalisch aktiv, was aber den Erfolg anbelangt eher ein Spätzünder. Und im Hinblick auf den Erfolg konnte er natürlich nie an Presley anknüpfen. Erst mit 37 kam Alex Harvey in die Erfolgsspur, als er mit Musikern der eher wenig erfolgreichen Formation TEAR GAS die seine Sensational Alex Harvey Band gründete. Zuvor hatte er zwar auch schon Platten veröffentlicht und war vor allem auch in Musicals aktiv, aber grösseren Bekanntheitsgrad konnte er nicht erreichen. Gerade sein Engagement in Musicals schimmerte später in seinen Werken immer wieder mal durch - ein leicht theatralisches Element war immer grosser Bestandteil der Sensational Alex Harvey Band und prägte vor allem auch seine Live-Auftritte, die bisweilen in richtige Musical-ähnliche Shows mündeten.

Das Erstlinsgwerk war "Framed". Und dieses Album war eine kreative Explosion und auch aus meiner Sicht das beste Studioalbum der Band, wenngleich man das diskutieren kann, da die Band doch auch danach zahlreiche hervorragende Alben einspielte. Das Besondere an "Framed" war letztlich, dass es einerseits tollen klassischen Rock'n'Roll und Rhythm'n'Blues enthielt, wie auch das Tor zu vielen modernen Formen des Rock aufstiess. Es ist eigentlich unverständlich, dass dieses Album nicht genannt wird, wenn die jeweils besten Rockplatten der 70er Jahre irgendwo proklamiert werden. Das Titelstück "Framed" stammte aus der Feder von Leiber/Stoller aus den der ersten Hälfte der 50er Jahre. Es war ein klassischer Rhythm & Blues, der von Alex Harvey und seinen Musikern genial und extrem dreckig interpretiert wurde. Nicht umsonst wurde das Stück Pflichtteil bei den Konzerten der Band. Zu Lebzeiten von Alex Harvey gab es ein Live-Album der Gruppe. Posthum wurden diverse weitere Live-Aufnahmen veröffentlicht. Auf allen diesen Live-Werken war der Titel "Framed" stets in grandiosen Versionen vertreten. Das Faszinierende dabei: Jede Version war anders. Am extremsten wurde das auf der "British Tour '76" deutlich. Dort wurde auch der Text massiv geändert.

"Isobel Goudie" hingegen war der Titel des Albums, der das Tor in die Neuzeit aufstiess. Was war das für Musik? Progressive Rock-Elemente, früher Art Rock vielleicht oder gar düsterster Metal ?. Ein geniales Werk jedenfalls, das damals kaum eingeordnet werden konnte. Aber das war typisch für den Musiker Harvey: Düster und irgendwie verrückt. Zum Headbangen war das Stück natürlich nicht geeignet. Es wirkte einfach nur verstörend düster und präsentierte eine neue, dem Blues letztlich sehr weit abgewichene geniale Musik. Wer die Band TYPE O NEGATIVE mag, wird mit Sicherheit von diesem Titel entzückt sein. Und wie sollte man den "Hammer Song" stilistisch einordnen ? Vielleicht von der Gesangsleistung der beste Song von Alex Harvey. Er kotzte sich hier schlicht und einfach die Seele aus dem Leib. Genial. Aber schwierig in eine Schublade zu stecken. Auf der ersten LP-Seite war dann noch das Stück "Midnight Moses" zu hören. Das wurde auch zu einem Live-Klassiker der Band. Wie der "Hammer Song" wurde dieser Song von Alex Harvey bereits auf einem Soloalbum im Jahre 1969 veröffentlicht. Der Song startete mit den Worten "Hey, hey, hey, hey". Harvey sang das nicht, er schrie es förmlich in die Welt hinaus. Auch hier war es faszinierend, die Live-Aufnahmen zu hören, denn auch bei diesem Song variierte jede Aufnahme. Ein typischer Song wie später "Vambo" oder "Vambo Marble Eyes", die auch in differenzierten Versionen einfach nur begeisterten.


Auf der zweiten Seite der LP ragte aus meiner Sicht "There's No Light On The Christmas Tree Mother, They're Burning Big Louie Tonight" heraus. Ein abgedrehtes und damit für die Alex Harvey Band ein absolut typisches Stück, das schon mit seinem völlig schrägen Titel begeisterte und neugierig machte. Manchmal wurde Alex Harvey als einer der Vorreiter des Punk bezeichnet. Hinsichtlich seiner Einstellung mag das auch durchaus richtig sein. Hinsichtlich seiner musikalischen Fähigkeiten und Vielfältigkeit hingegen halte ich das doch für ziemlich unpassend. Dann war auf der zweiten LP-Seite noch der dreckige Song "St. Anthony" zu finden. Auf dem Album konnte der Track irgendwie eher nur bedingt überzeugen. Auf den "BBC Tapes" hingegen zeigte sich einmal mehr, dass die Alex Harvey Band ihre Titel absolut phänomenal auf die Bühnen bringen konnten. "St. Anthony" gehört trotzdem zu meinen Lieblingstiteln von Alex Harvey. Der anschliessende "Buff's Bar Blues" war wieder einer dieser herrlich schunkeligen Bier-Bar Rumpler der Band, der einfach nur gute Laune machte und zum Partymachen einlud. Der Willie Dixon-Klassiker "I Just Want Make Love To You" zeigte wiederum die Wurzeln von Alex Harvey im Rhythm'n'Blues. Und er zeiget auch seine Fähigkeit, geniale Cover-Versionen abzuliefern. Denselben Titel coverten auch FOGHAT, die das jedoch wesentlich erfolgreicher machten und den Titel kurzerhand zu einem ihrer Erkennungssongs auf der Bühne machten.

Das Schlussqouquet bildete der Track "Hole in Her Stocking". Auch dies wiederum ein herausragender Song, der gute Laune pur versprühte. Und hier wurde bei der Produktion in die Vollen gegriffen. Da spielte nicht nur die Band, da gab es auch einen prägnanten Saxophon-Einsatz und viel Verve. Dieser Song zeigte letztlich vor allem Harvey's Verwurzelung von Harvey im klassischen Rock'n'Roll, den er bereits in den 60er Jahren in seiner Alex Harvey Soul Band überzeugend und kompetent kredenzt hatte. "Framed" war ein bahnbrechendes Album, das die Begriff Blues und Rock'n'Roll um sehr viele musikalische Facetten erweiterte, ohne die eigentlichen Wurzeln zu verraten. Nicht vielen Künstlern gelang dies so überzeugend wie Alex Harvey, der leider viel zu früh verstarb. "Framed" gehört meines Erachtens in jede anspruchsvolle Musiksammlung.






Feb 26, 2017

LITTLE FEAT - Dixie Chicken (Warner Brothers Records BS 2686, 1973)

Dass Little Feat zu Beginn der 70er Jahre trotz zweier herausragender Alben keinen leichten Start hatten, war zwar leider nicht schön, schmälerte die Zuversicht der Musiker aber keineswegs. Dass der Band aber das finanzielle Wasser in dieser Zeit oftmals bis zum Halse stand, war ebenso präsent. Es gab also tatsächlich eine hochkarätige Band, die bis dahin zwei wirklich hochkarätige Alben ("Little Feat" und "Sailin' Shoes") hingelegt hatte und dafür von der gesamten Branche fast gänzlich ignoriert wurde. Eine Situation zum Haare raufen und eine Ignoranz, die heute wohl nicht mehr nachvollziehbar ist. Dass damals nicht alle Bandmitglieder das Handtuch warfen, war vor allem Lowell George zu verdanken. Er glaubte hundertprozentig an die Gruppe, wusste, dass die Band fantastisch war und er wusste auch, dass seine Songs überdurchschnittlich waren. Damals machte er sich als Admiral, der sein Flaggschiff zusammenhielt, einen Namen. Ein Mann, der an sich glaubte und der vor allem ein Ziel hatte: Die damals schon etwas eingetrocknet wirkende, manchmal schlappe Veranstaltung Namens Rockmusik in den Hintern zu treten. Trotzdem liess sich nicht ganz verhindern, dass die Band nach dem Misserfolg von "Sailin Shoes" weitgehend auseinander brach. Alle Mitglieder, auch der Admiral, verdingten sich - öfters mal gemeinsam - als Studiomusiker. Nur Roy Estrada, der kauzige Bassist, hatte die Band im Frühjahr 1972 ganz verlassen.

Lowell George musste, um die Band zu halten, in die Offensive gehen. Obwohl zunächst nur ein Job an der Bassgitarre vakant war, hielten er und Bill Payne Ausschau nach den Musikern, mit denen die Band zu dem geformt werden sollte, was beiden als Ideal vorschwebte. Ein exakt laufender Zwölfzylinder, mit qualitativ anspruchsvollem und vor allem total eigenständigem Output. Ein Rock'n'Roll-Feuerwerk eben. Mit Kenny Gradney, der den Job als exzellenter Bassist übernahm, war ein Anfang gemacht. Ihm folgten Paul Barrere als zweiter Gitarrist und Sam Clayton, der die Arbeit an Congas, einem zweiten Schlagzeug und allerhand anderen Rhythmusgerätschaften zu übernehmen hatte. Das war's also: Die frisch zusammengestellte Band Little Feat hatte sich gefunden. In dieser neuen Bandbesetzung ging es ans Werk von "Dixie Chicken". Klar hatte der Admiral schon gewisse Vorstellungen, wie dieses Album aussehen sollte. Dafür hatte er mit einigen Songs schon einen mächtigen Eckpfeiler gesetzt. Der wurde nun, zusammen mit den anderen Musikern, systematisch ausgebaut und ergänzt. "Dixie Chicken Chicken" geriet zu einem weiteren Meilenstein, nicht nur Little Feat's, sondern in der eigentlichen Geschichte der Rockmusik.

Und trotzdem: Das Album "Dixie Chicken" brachte der Band zwar höchste Anerkennung, aber wieder nicht den hochverdienten Durchbruch. Das wiederum hervorragend produzierte Werk lieferte zehn Songs der oberen und obersten Kategorie ab. Spannungsreich instrumentiert, herrlich vertrackt, aufgebaut auf einer herausragenden, völlig entspannt wirkenden Rhythmusbasis, der es, auf ausgesprochen hohem Niveau gelang, die unterschiedlichsten Stilelemente miteinander zu kombinieren, ja regelrecht zu verweben. Immerhin gelang es Little Feat im Laufe des Jahres 1973, sich als ein ganz heisser Live-Act zu profilieren, der quer durch die USA, vor allem aber an der Westküste und in Dixie Land hohes Ansehen zu erwerben. Die treue Fangemeinde der Band wuchs kontinuierlich an und es schien wirklich nur noch eine Frage der Zeit zu sein, wann der erste echte Nummer-1 Hit die Band ganz nach oben bringen würde. Dennoch war's zwischen Studio und Live-Acts nötig, die Familien zu ernähren, weshalb alle Mitglieder wieder hauptsächlich als Studiomusiker weiter arbeiteten. Auch Lowell George ging zähneknirschend diesen Weg, zumal ihre Plattenfirma Warner Brothers, von Beginn an das Label der Band, nicht helfend einspringen wollte oder konnte (dazu hatten die damals viel zu viele Acts am Start). Der mühsamst erarbeitete Stern begann nun doch wieder zu sinken. Es war der Produzent Bob Cavallo, der nicht nur Little Feat's Potential richtig einzuschätzen wusste, sondern auch den Bandmitgliedern zu neuer Motivation verhalf. Gemeinsam stemmten sie 1974 das Nachfolger-Projekt "Feats Don't Fail Me Now' aus dem Boden, und damit kam dann endlich auch der erhoffte Durchbruch.

Nach diesem Ausflug in die Bandhistorie (an dem vielleicht der eine oder andere ermessen kann, wie sehr die Musiker miteinander gelebt und gelitten haben) soll hier natürlich vor allem die LP "Dixie Chicken" die Würdigung erhalten, die sie wahrlich verdient hat. Das Werk eröffnet gleich mit dem Titelsong. Besser kann's auch gar nicht losgehen. "Dixie Chicken" ist ein gemütlicher Shuffle, der sich mit seinem genialen Text auf allerhöchstem Niveau durch seine knapp vier Minuten schunkelt: Das Stück ist eine wahre Freude und avancierte an Konzerten meist zu einer Top-Nummer, die zu einer langen Jam ausgebaut wurde. Mit dem Song "Two Trains" war Lowell George ein mindestens ebenbürtiges Stück gelungen. Herrlich vertrackt, hoch melodiös und wieder mit einem phantastischen Text. Gleiches gilt für das wunderschöne, fast zerbrechlich wirkende "Roll Um Easy", das der Admiral wieder überaus ergreifend zu singen verstand. Mit "On Your Way Down" hatte Bandleader Lowell den legendären George Allen Toussaint als Songwriter mit ins Boot geholt. Der war schon damals Garant für hochwertigste Songs und hatte mit diesem Stück wohl seine bis dato, vielleicht aber sogar insgesamt, beste Nummer geschrieben. Ein wunderbar soulig-dahinzuckelnder Track, den Little Feat in höchster Perfektion (man achte auf die sparsame, aber punktgenau eingesetzte Fender Rhodes) umsetzten.

Was folgt ist das förmlich dahinschmelzende "Kiss It Off". Eine bottlenecklastige Nummer, die aber genauso Little Feat's Potential, vor allem aber jenes von Lowell George in seiner Eigenschaft als Songwriter offenbart, wie im Grunde all die anderen Titel dieses Albums. Ein balladeskes Stück, das ganz nah an der Gänsehautgrenze schrammt und mehr als alle anderen von George's unnachahmlichem Gesangsstil profitiert. Mit "Fool Yourself" verewigt sich erstmals Fred Tackett mit einer wunderschönen, selbstgeschriebenen Hymne bei Little Feat. Er war von da ab immer eng mit der Band verbunden und ist heute, auch wenn Little Feat fast nur noch Live-Acts zu Markte tragen, ein nicht wegzudenkender Kreativkopf, der Trompeten, Cajun-Harmonica und vor allem die E-Mandoline in Little Feat's eh schon weitreichende Instrumentierung einbringt. Lowell George sang dieses Stück wieder wie ein junger Gott. Ein wunderschöner, nachdenklicher Titel. "Walking All Night" ist der erste Output des Songwriter-Gespanns Barrere/Payne, die damit gleich eine regelrechte Duftmarke setzten. Bei beiden stimmte über die Jahre hinweg die Chemie besser als zwischen ihnen und dem Admiral, der seine ureigene Ideen von einem guten Song hatte und auch vehement daran festhielt. Wie sehr sich Barrere und Payne gemeinsam in die Band einbrachten, war aber erst ab dem "Last Record Album", respektive der "Time Loves A Hero" zu hören, als deutliche Jazz- und Funkeinflüsse zu verzeichnen waren, die Band aber trotzdem immer Little Feat blieb.

Der Admiral selbst läuft dafür postwendend mit einem seiner grossartigsten Titel überhaupt auf: "Fat Man In The Bathtub". Dieser Song ist auch aus heutiger Sicht noch immer eines der herausragenden Stücke der Band: Rhythmisch vertrackt, voller Witz und Poesie mit genialer Slide-Gitarre und dem punktgenauen Einsatz von Cowbells. Mit "Juliette" folgt eine ganz frühe Nummer des Admirals, die er schon in den 60er Jahren geschrieben hat. Sie hätte nicht früher erscheinen dürfen, denn dieses Stück passt perfekt auf die "Dixie Chicken'" Platte. Ein ganz fantastischer, schwül-hitziger Track, der vor allem wieder von der vertrackten Feat'schen Rhythmik und George's einzigartiger Stimme lebt. Bei dieser und auch bei der nächsten Nummer weiss dann keiner mehr so genau, ob Little Feat nun der Westcoast- oder vielleicht sogar doch der Southern-Szene zuzuordnen sind. Sie sind wohl letztlich weder noch, denn sie hat ganz einfach ihren ureigenen typischen "Little Feat"-Sound. Letzter Song des Albums ist das schwerblütige Instrumental "Lafayette Railroad", das Lowell George zusammen mit Bill Payne geschrieben hat. Ebenfalls eine sumpfig-brodelnde, schwül-heisse Nummer, bei der man ständig irgendwie versucht ist, einen Ventilator herauszuhören.

Kurzum mein ganz persönliches Fazit: Mit "Dixie Chicken" haben Little Feat ihr erstes, multi-instrumentiertes und vermutlich auch ihr bis dahin homogenstes Album vorgelegt. Eine Scheibe, wie sie der Himmel nicht besser hätte hinzaubern können. Eingängig-vertrackt, voller Herzblut und Rhythmik, mit witzigen, teils hochintelligenten Texten und einer der besten Stimmen, die die Rockmusik hervorgebracht hat. Eine Scheibe, die vom ersten Take an zündet, nicht einen Schwachpunkt aufweist und einen für immer gefangen hält. Der Rock & Roll Heaven auf Erden.


Feb 23, 2017

YELLOW MATTER CUSTARD - One Night in New York City 
(Radiant Records RA-014, 2003)

Mike Portnoy, der Schlagzeuger von Transatlantic, den Flying Colors und der Neal Morse Band hatte schon Zeit seines Lebens den Traum, in einer Beatles Coverband spielen zu dürfen. Diesen Traum hatte er sich im Jahre 2003 schliesslich endlich selber erfüllt, und zwar in einer Nacht in New York City, genauer gesagt, am 18. Mai jenes Jahres.

Live dargeboten in B.B. King's Blues Club gab er unter der Bezeichnung "Yellow Matter Custard" teils bekannte, teils aber auch ziemlich unbekannte Beatles-Titel zum besten und nahm den ganzen beatlesken Abend auch gleich live auf. Die musikalischen Kollegen, die er für die Erfüllung dieses Bubentraums gewinnen konnte, waren allesamt ebenfalls grosse Fans der Fab Four und natürlich allererste Sahne: An der Gitarre Paul Gilbert (Mr. Big), Lead Gesang durch den hier auch tatsächlich an John Lennon erinnernden Neal Morse, sowie Matt Bissonette am Bass.

Bekannte Titel wie "Nowhere Man" und "Revolution" wechselten sich ab mit nahezu unbekannten Lennon/Mc. Cartney-Kompositionen, wie "I Call Your Name","Think For Yourself" sowie einer absolut umwerfenden Version der damaligen Single B Seite "You Know My Name (Look Up the Number)" der Hitsingle "Let It Be".

Der Sound ähnelte zwar bisweilen doch ziemlich dem der Beatles, es gab jedoch immer wieder Momente von unglaublich schöner und durchaus eigenständiger Atmosphäre, meistens dann, wenn der Sound etwas psychedelisch wurde und die Band Songs wie "I Am The Walrus", "A Day In The Life" oder "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" interpretierte. Das absolute Highlight des Abends war sicherlich das schier nicht enden wollende, meisterlich gespielte Gitarrensolo von Paul Gilbert in "While My Guitar Gently Weeps", für mich persönlich immer schon einer der schönsten Titel der Fab Four überhaupt.

Die Titel des als Doppel-CD erschienenen Live-Events waren letztlich wohl ausgesucht, denn es sollten vor allem auch wenig bis gar nicht bekannte Titel aus der Feder von Lennon und McCartnes präsentiert werden. So wurden ins Repertoire auch Songs aufgenommen, welche die Beatles selbst zwar kmponiert hatten, selber aber nie aufgenommen haben und/oder nur an ihren frühen Konzerten gespielt hatten, wie zum Beispiel "Baby’s In Black", "I'll Be Back", "No Reply", "You're Gonna Lose That Girl", "When I Get Home", "Think For Yourself", "Wait" oder "Good Morning Good Morning".


Aber auch die bekannten und zigfach gecoverten Titel konnten überzeugen, nicht zuletzt deshalb, weil sie sich zwar einerseits oft recht nahe am Original hielten, aufgrund der Live-Performance und der entsprechenden Atmosphäre eine ganz spezielle Aura erhielten. Man konnte sich richtig gut der Vorstellung hingeben, wie es wohl gewesen wäre, hätten die Fab Four diese Titel in der heutigen Zeit noch spielen können. "Magical Mystery Tour", "Dear Prudence", "Dig A Pony", "The Night Before", "She Said She Said", "Ticket To Ride", "You Can’t Do That", "Everybody’s Got Something to Hide Except for Me and My Monkey", "Nowhere Man", "Oh Darling", "Rain", "Come Together", "Revolution", "I Am The Walrus", "I Want You (She’s So Heavy)", "While My Guitar Gently Weeps", "You Know My Name (Look Up The Number)", "Lovely Rita" und "A Day In The Life" bildeten das umfangreiche und stilistisch variantenreiche Spektrum der Beatles ab.