Jun 30, 2020


OPEN MIND - Spiritual Lovers (Mystic Stones Records RUNE CD 9, 1992)

Als sich Anfang der 90er Jahre in England ein Revival der psychedelischen Musik der 60er Jahre abzeichnete, etablierte sich schnell der neue Begriff British Neo Psychedelia und es entstanden einige Plattenlabels, die sich ausschliesslich dieser neuen Psychedelik-Welle verpflichteten wie zum Beispiel das noch heute durch seine frühen Veröffentlichungen der erfolgreichen Band Porcupine Tree relativ bekannte Label Delerium Records, das von Richard Allen und Ivor Trueman, den Machern der britischen Zeitschrift Freakbeat lanciert wurde, oder auch Fungus, Magick Eye und Aftermath Records sowie das Label Mystic Stones, bei welchem heute leider weitgehend vergessene Bands wie Harrold Juana, Stark, die Dead Flowers, Optic Eye, Paperhouse und Open Mind teils exzellente Platten veröffentlichten.

Open Mind, bestehend aus dem Sänger und Gitarristen Wayne Sharp, dem Keyboarder Brian Nayar, dem Bassisten Matthew Rogers und dem Schlagzeuger Dave Brown setzten dabei auf hoffnungslos romantischen und extrem verträumten Wohlfühl-Sound, der über weite Strecken des einzigen Albums "Spiritual Lovers" wie in Watte getaucht klang. Aufgenommen im Studio "The House In The Woods", einem gemütlichen Blockhaus in Surrey, welches auch bekannte Acts wie Paul Rodgers, T-Pau oder Alien Sex Fiend schon für Aufnahmen buchten, spielte das Quartett neun verträumte Songs ein, die nicht von dieser Welt stammen, denn sie schweben praktisch ohne jegliche Bodenhaftung selbst in schwungvolleren Momenten locker dahin und lassen den Zuhörer wie auf einer sanften akustischen Wolke zeit- und gedankenverloren dahinschweben.

"Don't lose your head in the clouds, you're a million miles from nowhere" lassen dieses entrückte und schwerelose sich treiben lassen auch textlich nachvollziehen: dieses Weltfremde, Losgelöste vereinnahmt den Zuhörer sofort und lässt ihn den Alltag komplett ausblenden. Und solche Platten sind heute selten geworden. Was vor allem fasziniert ist die Tatsache, dass ausgerechnet eine psychedelische Band dies schafft. So betrachtet könnte man bei Open Mind vielleicht etwas vorschnell den Begriff Dream Pop bemühen, was allerdings der Band nicht gerecht wird, denn ein bisschen viel Haschisch-Nebel ist hier schon drin. 

"The time is upon us my friends, we've got the old, the new - the beginning and the end. Take your time, we gotta long way to go. Don't run away, take a look inside yourself, why don't you surrender ? Say goodbye to time". Hier wieder schön nachzuvollziehen: Die Zeit vergessen, sie zum Stillstand bringen, das Leben entschleunigen. Fast meditativ spielt die Band in "Surrender", einem der schönsten Momente auf diesem traumhaft schönen Album, das damals kaum Käufer fand und noch heute absolut zeitlos, trendbefreit und immer passend wirkt, wenn mal wieder der Moment da ist, mal für kurze Zeit den Alltag auszublenden und auf eine Reise in die Träume aufzubrechen.

Alle Stücke des Albums stammen aus der Feder von Sänger und Gitarrist Wayne Sharp, der ausser diesem Werk leider nichts veröffentlicht hat. Einzig Bassist Matthew Rogers spielte später bei Incubus Succubus mit, über die anderen Bandmitglieder ist nichts über weitere Engagements bekannt. Unter dem Strich also eine absolut wundervolle akustische Momentaufnahme einer Band, die es schaffte, innerhalb eines zeitlich eher befristeten Psychedelik-Revivals ein Werk für die Ewigkeit zu schaffen, vermutlich ohne dass sie sich dies bewusst war.





MOONQUAKE - Moonquake (Gamma Records GS 510, 1973)

Das Trio Jack August, Derek Kendrick und Hovaness Hagopian waren ein rein kanadisches Phänomen, das dank einer Kollaboration des französischen Ablegers ihres Plattenlabels Gamma Records mit dem deutschen Decca-Pendant Nova Records ihre einzige Platte auch in Deutschland veröffentlichen konnte. Hierzulande erschien ihr Album im Folgejahr 1974 unter dem Namen "Remember" - die Stücke waren aber identisch (Cover siehe unten). Der Sänger, Songschreiber und Gitarrist Hovaness Hagopian, der dieses Album auch produzierte, schrieb für die Platte einen wunderbaren und vielseitigen Mix aus Rock-Stücken, die bisweilen das Etikett Hard Rock durchaus streiften, und handkehrum auch extrem melodiöse Country Rock-Songs, die beim kanadischen Publikum sehr gut ankamen und entsprechend viel Airplay erhielt die Gruppe in ihrem Heimatland. Ausserhalb von Kanada jedoch blieb die Band nur eine Fussnote, obschon ihre Platte auch in Amerika bei Fantasy Records erschien.

In Deutschland wurde als Single das Stück "Remember" ausgekoppelt, das auch regelmässig im Radio gespielt, jedoch nur schlecht verkauft wurde. Aus Kanada kannte man in jedner Zeit eigentlich The Guess Who hierzulande sehr gut, und ein wenig erinnern Moonquake mit ihrem Stil auch an die späteren Mid 70er Guess Who. Jene populäre Band geriet in dieser Zeit jedoch immer stärker in den seichten Mainstream Pop, was man von Moonquake nicht behaupten konnte. August, Kendrick und Hagopian blieben dem kernigen Rock treu, auch wenn sie später mit einem zweiten Album auch den Glam Rock und den traditionellen Rock'n'Roll streiften ("Star Struck", 1975).

Kernstück der Platte ist das sechsteilige "Crazy Situations", welches über eine Laufzeit von 10 Minuten das Leben einer Rock'n'Roll Band auf der Strasse nachzeichnet, sehr vielschichtig arrangiert, dabei jedoch jederzeit mitsingbar bleibt. Generell finden sich auf ihrem Debutalbum fast ausschliesslich Titel, die mit einem hohen Ohrwurm-Faktor ausgestattet sind, und ob es nun der rockige Einsteiger "Remember", das mit Steel Guitar veredelte Country Rock-selige "I Couldn't Hang Around", der catchy Rock'n'Roll "This Winter" oder die mit einer exotischen Sitar geschmückte Rock-Ballade "Don't You Try To Be My Baby" ist: Moonquake gefallen stets mit den richtigen Instrumentierungen, den richtigen Melodien und den perfekt zum mitstingen geeigneten Refrains. Es ist aus heutiger Sicht kaum nachvollziehbar, warum diese Band den Durchbruch nicht schaffte, obwohl sie so viele zündende Songs in ihrem Repertoire hatten.

Nachdem auch das nachfolgende Album "Star Struck" nur gerine Erfolge erzielen konnte, gaben die Musiker das Projekt Moonquake enttäuscht auf. Hagopian und August widmeten sich anschliessend der aufkeimenden Disco-Welle und gründeten die Disco Rock Band The Zebras, die es zumindest mit einem Song ihres zweiten Albums im Jahre 1981 auf die internationalen Dancefloors schaffte ("Lady Is A Tramp"). Das in Frankreich auf RCA Records veröffentlichte Album "How Can I Get Through The Night ?" verkaufte sich auf jeden Fall besser als die acht Jahre zuvor erschienene Moonquake Platte, was vor allem daran liegt, dass die beiden Musiker mit dem Sound der Zebras den Zeitgeist perfekt trafen. Allerdings war auch dieses Projekt danach beendet. Hagopian blieb der Musikbranche treu, komponierte vor allem auch Songs für andere Musiker und Bands, von denen einer der bekanntesten das Stück "Gimme Love" der kanadischen Rock Band April Wine sein dürfte.


SAHARA - Sunrise (Pan Records 87 306 IT, 1974)

Ich bin 16 Jahre alt, kriege Taschengeld und bin leidenschaftlicher Plattensammler. Davor war ich LEGO-süchtig. 1975 besitze ich fast so viele Langspielplatten wie LEGO-Steine. Ich muss mir soviel anhören, da ist einfach keine Zeit mehr für LEGO - und auch kein Platz mehr. Die meisten meiner Platten kaufe ich nicht im Plattenladen, sondern bei einem Händler, dessen Name ich längst vergessen habe, der mir aber immer in Erinnerung geblieben ist, weil er alles verkaufte, was man in eine Steckdose stecken konnte, vom elektrischen Lockenwickler bis zur gefühlten 2 1/2 Meter breiten Monster-Stereoanlage, bei der Radioteil, Cassettenrecorder und Vinyl-Plattenspieler in einem Gerät untergebracht waren - nebeneinander nicht übereinander. Dieser Händler verkaufte auch Vinyl-Rückläuferware, also Ramschmusik, die keiner kaufen wollte, und die der Händler deswegen von den Plattenfirmen billigst kriegen konnte, sodass er sie in seinem Laden für fast geschenkt verhökern konnte. Als einer, der extrem viel Ahnung von Musik hatte - ich kaufte meine Platten in der Regel nach Plattenhüllen, die mir gefielen - also gar keine, war auch diese LP der Münchner Gruppe Sahara irgendwann einmal in meinem Regal. Damals noch ziemlich Hitparaden-Format gewohnt, ignorierte ich erstmal das 27:20 Minuten lange und die komplette zweite Seite der LP füllende Titelstück "Sunrise" und hörte praktisch immer nur die erste Seite, die mit dem wunderschönen "Circles" ein Stück Country-Glückseligkeit bot, die es mir einfach angetan hatte. Viele Jahre lang war deshalb die Gruppe Sahara (auch später noch, als ich die Band gut kannte und ihre beiden Alben längst im Regal stehen hatte) noch immer die Gruppe aus München mit dem "Circles".

Sahara hatten zuvor schon unter dem Namen Subject ESQ Musik gemacht, und unter diesem Label auch ein Album eingespielt, das ich erst in den 90er Jahren für mich entdeckt habe. Schon da spielten die Musiker einen exzellenten Rock, den ich auf keinen Fall in die Krautrock-Ecke stellen mag. Auf der LP feierten sie einen tollen Mix aus progressivem Rock, Jazzrock und noch typischer 60er Jahre Psychedelik. Stellenweise war die Band mit dem dort gespielten Sound, vor allem, was die Arrangements anbetrifft, ihrer Zeit um einige Jahre voraus, was man damals allerdings noch nicht wusste. Was den Sound der nachfolgenden "Sunrise" LP anbetrifft, so war es bestimmt jeder einzelne Musiker der Gruppe, der seinen ganz eigenen musikalischen Charakter einbringen konnte, dass schlussendlich so ein vielschichtiges und abwechslungsreiches Album entstehen konnte. Alex Pittwohn, der Tenor Saxophon und Mundharmonika spielte, steuerte das von mir so geliebte "Circles" bei, ein Titel, der sich komplett von der anderen Musik auf dem Album abhob. Das leicht klassisch beginnende "Marie Celeste" aus der Feder von Keyboarder Hennes Hering und Gitarrist Nicholas (Nick) Woodland entwickelt sich rasch zum echten Rocksong, der über alle Zutaten verfügt, den damals Grössten ihres Faches gerecht zu werden. Geile Gitarre, wildes Saxophon, cooles Orgel-Solo: Hier war ein extrem vielversprechendes und äusserst kreatives Sextett am musizieren. Das bereits erwähnte gemütliche "Circles" macht dem "Rainbow Rider" Platz, einem Song, der über eine relativ lange einleitende Sequenz den Hörer schweben lässt, bevor der konkrete Track, der bald auch jazzige Akzente setzt, wieder in sich verpufft. Das ist schön gemacht.

Der Titelsong dann, die über die gesamte LP-Seite laufende "Sunrise"-Suite zeigt in insgesamt 2 Parts und 7 Themen alles, was ein gut gejammter und teilimprovisierter Progressiv Rock-Track bieten kann: Von klar progressiven Elementen über jazzige Passagen bis hin zu üppigen Momenten, etwa wenn das Mellotron den Lead-Part übernimmt, oder gar britische Folk-Atmosphäre versprüht, wenn der Klang einer Flöte fast schon Jethro Tull-ähnliche Dimensionen annimmt. In dieser herausragenden Suite erinnern Sahara klanglich oft an Bands wie Nektar (Phase "A Tab In The Ocean") oder Eloy. Die Suite hält die Spannung über die gesamte Spieldauer aufrecht und weist keinerlei musikalische Längen auf. Weltklasse.

Das Ariola Unterlabel Pan Records veröffentlichte einige weitgehend unbekannt gebliebene Perlen damals, von denen sicherlich die folkig-orientierten HERO empfehlenswert sind, aber auch die Hippie-Supergroup METROPOLIS, der "Saz spielende Hendrix" ALEX (Wiska) und die rockigen DUFFY ("Scruffy Duffy"). Von Sahara gibt es dann noch das zweite Album "For All The Clowns", veröffentlicht 1975 auf Ariola Records, das qualitativ gegenüber diesem Erstling eigentlich in Nichts nachsteht und genauso empfehlenswert ist, auch wenn dort dann die Musik insgesamt etwas gestraffter wirkt und nicht mehr so viel Anteil an Experimentellem aufweist wie die "Sunrise", die mit Sicherheit mit zum Besten gehört, was ich aus jener Zeit von einer deutschen Band bis heute kenne.


DWIGHT TWILLEY BAND - Twilley Don't Mind (Arista Records AB 4140, 1977)

Die Dwight Twilley Band war eine amerikanische Rock und Power Pop Band, gegründet von Dwight Twilley und Phil Seymour. Als Band traten die beiden lediglich während knapp 1 1/2 Jahren in Erscheinung. Davor und danach waren sie eigentlich als Solokünstler unterwegs. In der kurzen Zeit ihrer gemeinsamen Band veröffentlichten sie allerdings gleich zwei hervorragende Alben, von denen das zweite mit dem Titel "Twilley Don't Mind" zwar keinen zählbaren Hit abwarf, in seiner Gesamtheit aber stilistisch vielfältiger und homogener wirkte, also eher ein Band-Album denn ein Album zweier einzelner Künstler war, was beim gemeinsamen Debutalbum noch eher der Fall war. Die beiden Musiker kannten sich allerdings schon seit Mitte der 60er Jahre, arbeiteten dann auch immr wieder miteinander, mal als Hobbyband, dann auch in einer semiprofessionellen Band namens Oister (mit i geschrieben), bevor die beiden von Tulsa (Oklahoma), ihrer ursprünglichen Heimat, nach Los Angeles zogen und dort einen Plattenvertrag mit Leon Russell's Shelter Records ergattern konnten, nachdem sie in Los Angeles in Trio-Formation einige vielversprechende Demoaufnahmen eingespielt hatten. Neben Twilley und Seymour spielte dabei auch Gitarrist Bill Pitcock IV mit.

Die zwischenmenschlichen Probleme der beiden Hauptakteure begannen schon früh, eigentlich schon zu Beginn der Aufnahmen zum späteren ersten gemeinsamen Album mit dem Titel "Sincerely": Phil Seymour hatte zunehmends Mühe mit der Anonymität seiner Rolle innerhalb der Band, er war schon früh fokussiert auf eine mögliche Karriere als Solokünstler, und Los Angeles bot da natürlich den idealen Nährboden. Die erste gemeinsame Single, 1975 veröffentlicht, warf einen respektablen 15. Platz in den Charts ab. Der Song hiess "I'm On Fire" und verhalf dem Debutalbum "Sincerely" zu relativ bescheidenen Verkaufszahlen, was Seymour erst recht dazu bewog, eine Karriere als Solokünstler ins Auge zu fassen. Trotzdem spielten die beiden einige Monate später noch einige weitere Songs gemeinsam ein, die in das zwaite Album "Twilley Don't Mind" mündeten. Diese Songs waren von enormer Qualität, sowohl in kompositorischer, wie spielerischer Hinsicht. Es ist erstaunlich, dass die beiden Musiker selbst offenbar nicht auffiel, wie sehr sie sich in so kurzer Zeit entwickelt hatten und dass sie vermutlich auf dem absolut richtigen Weg waren. Für das zweite Album holten sich die beiden als Gastmusiker Tom Petty, den sie schon seit vielen Jahren gut kannten, ausserdem den Saxophonisten Tom Saviano, der später mit seiner Band HEAT recht erfolgreich war.

"Twilley Don't Mind" verkaufte sich relativ schlecht, es war paradox: Das eindeutig bessere Songmaterial als auf dem Debutalbum "Sincerely", aber weniger verkaufte Platten als das Debut. Die logische Konsequenz war, das Phil Seymour seinen Partner kurze Zeit darauf verliess, um an seiner Solokarriere zu arbeiten, die ihm in den Folgejahren zwar einige Plattenveröffentlichungen einbrachte, jedoch auch nicht das erhoffte grosse Geld. Seymour erkrankte schon kurz darauf an Krebs, starb an der Krankheit im Jahre 1993. Dwight Twilley spielt seit dem Tod seines musikalischen Freundes keinen einzigen Song mehr an seinen Konzerten, der von Seymour im Original gesungen wurde. Dwight Twilley ist bis heute aktiv und hat inzwischen unzählige nie veröffentlichte Songs aus den Jahren vor der Dwight Twilley Band im Rahmen einer "Rarities" Reihe herausgegeben, die mittlerweile 8 CDs umfasst.

Die Songs auf "Twilley Don't Mind" sind sämtlich besonders schöne Kompositionen voller Sonne und viel Herz und bewegen sich immer auf absolut hohem Niveau zwischen typischem Westcoast Sound und klassischem amerikanischen Poprock. Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihnen, darum blieben sie jahrelang ein gut gehüteter Geheimtipp, bis sie irgendwann vergessen gingen. Dwight Twilley füllte keine Stadien, das tut er heute noch nicht. Aber seine Kompositionen sind noch immer sehr gehaltvoll und wunderschön anzuhören, etwa auf dem Album "Green Blimp" aus dem Jahre 2010 oder auf dem 2014 veröffentlichten "Always" mit Ken Stringfellow und Mitch Easter. Ausserdem hat Dwight Twilley 2009 eine Platte mit Coverversionen veröffentlicht, welcher er den schlichten Titel "The Beatles" verpasst hat.

"Twilley Don't Mind" ist eines der grossen unbekannt gebliebenen Meisterwerke, vollgespickt mit hervorragenden Songs, die eigentlich ein grosses Publikum hätten erreichen müssen, die jedoch tragischerweise veloren gingen. Titel wie "That I Remember", "Sleeping", das fröhliche "Chance To Get Away" und der tolle Rocker "Here She Comes" bilden die Höhepunkte dieses Werks, das in den knapp 40 Jahren seit seiner Erstveröffentlichung einige Male neu aufgelegt wurde.




Jun 23, 2020


LEGEND - Legend (Red Boot Album) (Vertigo Records 6360 019, 1970)

Mickey Jupp's zweites Album von 1970 war ein Kessel Buntes mit allerlei Fifties-Zutaten, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sowas von hoffnungslos 'out of Fashion' war, dass er schon wieder sympathisch wirkte. Herrliche Doo-Wop Chöre, etwas geschmackvoller Blues, viel Boogie-Feeling, countryeske Momente; eine klasse Produktion von Tony Visconti (David Bowie) und Top-Toningenieur Eddie Offord (Taste, Yes, Emerson Lake & Palmer) und fertig war eine Platte, die imgrunde überhaupt nicht in die angesagte progressive Umgebung passte, für die das Label Vertigo damals stand. Ich teile die Einschätzung vieler Musikkritiker, dass Mickey Jupp einer der wichtigsten Songschreiber Englands ist, und ich bin ebenfalls der Meinung, dass dieses vor allem seines Covers wegen meist "Red Boot" genannte Album seinen Kultstatus zu recht geniesst.

Für das bemerkenswerte und vor allem den Rock'n'Roll visuell perfekt in Szene setzende Coverbild war der Designer Karl Stoecker verantwortlich, dessen Zauberformel denkbar einfach war: Eine klassische Stiefelette, der er ein züngelndes Flammen-Gewand verpasste. Alleine diese Schlichtheit reichte aus, um den Rock'n'Roll schon ohne Hörprobe zu transportieren: Zu offensichtlich war dieser visuelle Effekt. Umso überraschender dann die vielseitige Mixtur auf diesem Werk, die Mickey Jupp mit seiner Band treffsicher und geschmackvoll umsetzte. Mit "My Typewriter" gab es hier einen leicht schrägen Midtempo-Song, der erst sieben Jahre später auf Stiff Records als Single veröffentlicht wurde (!). Dieser Song von Mickey Jupp nahm schon viel vom künftigen New Wave vorweg. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Titels im Rahmen der LP 1971 konnte man bestenfalls von frühem Pub Rock sprechen, der damals ebenfalls noch in den Kinderschuhen steckte.

Eine ganze Reihe schöner und sehr unterhaltsamer Songs bietet die LP aber auch wegen der sehr eleganten Produktion von Tony Visconti. Zwar wurden besonders bei den Rock'n'Roll-Stücken fast alle Zähne gezogen, doch der Wohlklang, der manchmal etwas üppig ausfällt, tut den Songs teilweise sehr gut, verleiht ihnen eine durchaus eigenständige Note. Durch diese speziellen Arrangements klingt die Platte am Ende eben nicht wie so manch andere traditionelle Rock'n'Roll-Scheibe, und Tony Visconti hatte damit wohl den Musiker Jupp verstanden, denn der war sehr viel mehr als just another Rock'n'Roll Kid. Der Vielfältigkeit dieses Zeit seines Lebens unterschätzten Künstlers wurde diese Produktion eigentlich genau gerecht. Ob der rockende Einstieg mit "Cross Country" die beste Wahl war, ist eigentlich egal, denn schon mit dem nachfolgenden waschechten Rock'n'Roll "Cheque Book" ist man mittendrin im Retro-Rock'n'Roll. Blues spielt die Band dann in "Lorraine Part 1" - es gibt mit "Five Years" eine tolle folkige Pop Ballade, die noch den Geist der verblichenen 60er Jahre in sich trägt, und schliesslich mit "Anything You Do" einen rhythmisch sehr ansprechenden Quasi-Doo Wop, der letztlich aber doch mehr im Rock verwurzelt ist als im klassischen Fünfziger Jahre Sound. "Hole In My Pocket" ist dann ein weiterer Rock'n'Roll-Titel, der schon nahe an die späteren Kompositionen herankommt, die Mickey Jupp nach seiner Zeit mit Legend geschrieben hat.

Die Platte verkaufte sich relativ schlecht, wurde aber bald zum Sammelobjekt, was den Wert des Originals kontinuierlich steigerte, da aufgrund der niedrigen Verkaufszahlen auch nur wenige Exemplare in Bestzustand zu finden waren. Der Wert für ein gut erhaltenes Exemplar dieser Platte liegt mittlerweile bei rund 100 bis 200 Euro, Tendenz - wie bei allen originalen Swirl Veröffentlichungen - steigend. Interessant im Zusammenhang mit der Platte ist auch der Umstand, dass das Label Vertigo kein Stück aus der LP ausgekoppelt hat als Single. Dazu ging Mickey Jupp mit seiner Band noch einmal ins Tonstudio und nahm zwei separate Titel auf, nämlich "Life" und "Late Last Night". Die Single war ein Flop und half auch nicht, die Verkaufszahlen der LP anzutreiben. Dasselbe tat die Band übrigens auch beim ein Jahr später veröffentlichten dritten Legend-Werk "Moonshine": Obwohl auch jene Platte einige Titel bot, die sich zu einer Singleauskopplung geeignet hätten, wurden zwei Non LP Titel als 7" aufgelegt: "Don't You  Never" mit der B-Seite "Someday".

Mickey Jupp löste die Band Legend kurz nach Veröffentlichung der dritten LP "Moonshine" auf, nachdem auch diese Platte erneut relativ schlecht verkauft wurde. Er zog sich zurück und kehrte erst im Jahre 1978 wieder ins professionelle Musikbusiness zurück, als er 1978 einen Vertrag bei Stiff Records unterzeichnen konnte. Das kurze Zeit darauf von Nick Lowe und Gary Brooker (Procol Harum) produzierte Album "Juppanese" eröffnete Mickey Jupp endlich eine etwas erfolgreichere Karriere, die sich in mehreren ausserordentlich hörenswerten Alben eindrücklich nachhören lässt. Endlich konnte er mit seiner Musik auch Geld verdienen - seine Songs wurden unter anderem von Dr. Feelgood, Dave Edmunds oder auch Elkie Brooks (Vinegar Joe) gecovert, was sicherlich auch ein bisschen die Qualität seiner Kompositionen beweist.

Mickey Jupp lebt heute in Boot/Eskdale (England), wo er einen Kunst- und Handwerksladen betreibt, gibt aber immer noch regelmässig Konzerte im kleinen Rahmen in Pubs und hat in den letzten Jahren immer wieder mal selbstproduzierte CDs mit Songs veröffentlicht, die er im stillen Kämmerchen in seiner "Music Cottage" aufgenommen hat, teils zusammen mit seinem alten Legend-Weggefährten Mo Whitham.



HANS STAYMER BAND - Dig A Hole (GSF Records GSF-1004, 1972)

Hans Staymer wurde in Deutschland geboren, hat aber Europa bereits im Jahre 1962 in Richtung Kanada verlassen. Er war 15 Jahre lang Mitglied der kanadischen Truppe "The Rhythm And Blues Allstars". In den 90er Jahren veröffentlichte er zwei CD's mit Andreas Schmid, Bill Bourne und Long John Baldry. Eines dieser beiden Alben wurde auch für einen "Juno" nominiert (1997).

Das musikalisch Interessanteste, was Hans Staymer veröffentlicht hat, war aber sein LP-Debut "Dig A Hole", seinerzeit (1972) lediglich in Kanada und Deutschland veröffentlicht. Den Titelsong "Dig A Hole" habe ich bis heute nie aus dem Kopf gekriegt. Das ist einer dieser ewigen Ohrwürmer, die man nicht mehr vergisst. Leadinstrument ist hier ein Tenor Saxophon, das ziemlich an die direkten, rockigen Sounds von Roxy Music-Saxer Andy Mackay erinnert. "In The Midnight Hour" - der Steve Cropper/Wilson Pickett-Klassiker - wird hier so schnell und dynamisch gespielt wie auf keiner anderen mir bekannten Version. Eine Art souliger Rock'n'Roll würde ich sagen.

Am groovigsten kommt Hans Staymer immer dann 'rüber, wenn er wie beim "Staymer's Shuffle" mit dem Waschbrett zu Gange ist. Ein umwerfendes Instrument, das hier besonders prägnant eingesetzt ist. Der nächste Song, "W.S. Walcott Medicine Show" ist eine wunderschöne Adaption des Songs der Gruppe "The Band" - Robbie Robertson hat ihn geschrieben. "She Caught Me Katy and left me a Mule to Ride", der Taj Mahal Titel, den später auch die Blues Brothers gecovert haben, wird hier im lüpfigen, schmissigen Beer Bar-Stil zum Besten gegeben. Fun-Unterhaltung pur.

Einer der Highlights dieses Albums ist dann der Beatles-Song "Come Together". Eine Mandoline und ein Waschbrett und dieser unwiderstehliche Groove heben den Titel ziemlich vom Original der Beatles ab. "Ain't Never Been Hard" ist dann ein Titel aus der Feder von Robbie King, dem Musiker der kanadischen Band The Stampeders. Es ist erstaunlich, dass ausser dem Titelsong "Dig A Hole" kein einziger Song aus der Feder von Hans Staymer stammt. Der jedoch ist eine Klasse für sich und gehört für mich wohl zu den prägnantesten und in Erinnerung bleibendsten Songs aller Zeiten. Wer ihn einmal gehört hat, der kriegt ihn kaum mehr aus dem Kopf.


Ursprünglich erschien die Platte wie gesagt 1972 auf GSF Records. Die Platte ist aber im Jahre 2002 auch als CD erschienen, jedoch lediglich in Japan als sogenannte Mini LP CD - einer Replika der originalen Langspielplatten-Hülle im 12x12 cm CD-Format (Air Mail Recordings 1016).




PLAINSONG - In Search Of Amelia Earhart (Elektra Records EKS 75044, 1972)

Und es trug sich zu, dass die leidenschaftliche Atlantik-Fliegerin Amelia Earhart zusammen mit ihrem Flugbegleiter, Captain Frederick Noonan am 1. Juli 1937 in der Nähe von Lae (Neu Guinea) spurlos verschwand. Die beiden starteten nach einem Zwischenstopp von Lae aus weiter in Richtung Howland Ile, wo der Funkkontakt aprupt abbrach. Amelia Earhart und ihr Begleiter galten von diesem Tage an als verschollen, wahrscheinlich verschluckt vom Meer. Jahre später machten immer wieder wilde Gerüchte die Runde, wonach die Japaner, die zu der Zeit weite Teile Neu Guineas in ihrem Besitz hatten, für das Verschwinden verantwortlich gewesen seien. Das wurde allerdings nie richtig bestätigt, aber auch nicht dementiert. Es liess sich auch nie etwas beweisen, auch wenn im Jahre 1960 ein Amerikaner mit Namen Fred Goerner behauptete, er habe das Flugzeug der beiden im Sommer 1937 auf der Insel Saipan (gehört zu den Marianen Inseln) gesehen, und zwar unversehrt. 

Das Mysterium Amelia Earhart beschreibt und besingt Ian Matthews auf den beiden für dieses einzigartig schöne Album eingespielten Songs "Amelia Earhart’s Last Flight" und "The True Story of Amelia Earhart". Ian Matthews hatte zuvor nach seinem Abgang bei Fairport Convention schon zwei Soloplatten auf dem Vertigo Label veröffentlicht: "If You Saw Thro’ My Eyes" (1971) und "Tigers Will Survive" (1972), nebst drei Alben seiner Band Matthews Southern Comfort (1970-1971). Er war zu der Zeit sehr produktiv, und hat dann mit Musikern, die ihn schon auf den zuvor veröffentlichten Soloplatten begleiteten, die sehr kurzlebige Band Plainsong lanciert, deren Zusammenarbeit im Album "In Search Of Amelia Earhart" mündeten. 

Die Platte ist ein wunderschöner Reigen exquisiter Musik zwischen sehr lüpfigem Folk-Rock und Countryrock amerikanischer Prägung. Highlights sind das sehr traditionell gehaltene Shortie "Yo Yo Ma", wo auch mal eine toll verzerrte Gitarre den Lead übernehmen darf, oder aber das sehr melancholische, irisch gefärbte "Raider". Dazwischen gibt es mit "Even The Guiding Light" auch beschwingten, amerikanisch ausgelegten Countryrock ganz im Stile eines Gene Clark, und als mein persönliches Tüpfelchen herrlich melancholischen Songwritings den Titel "Side Roads". Für mich nach wie vor ein must have Album. 

1989 hat das Japanische Staatsfernsehen den Fall Amelia Earhart noch einmal neu aufgerollt und damit ewig kursierende Gerüchte widerlegen wollen, indem sie die Japanische Regierung zitierte, die Atlantik-Fliegerin und ihr Begleiter hätten im Auftrag der amerikanischen Regierung Spionagebetrieben, und wären beim Ueberfliegen von japanischem Hoheitsgebiet abgeschossen worden. Dies scheint jedoch ein mehr als hanebüchenes Statement und entbehrt wohl jeglicher Logik. 

Neben dem aufklappbaren wunderschönen Original Vinyl gibt es von der LP auch mehrere verschiedene CD-Ausgaben, von denen die 2CD-Edition auf Water Records (Water 149) mit den Aufnahmen zum zweiten Album "Now We Are Three", das vergriffen war, seit es bei Taxim mal unter der Bezeichnung "And That’s That" erschienen war, die Interessanteste ist.







THE HIGH LINE RIDERS - Bumping Into Nothing
(Blue Rose Records BLU DP0656, 2015)

Nach fast 18 Jahren kehrten die High Line Riders 2015 zurück auf die grosse Americana Rock-Bühne. Die High Line Riders ? Ja, das war eine sehr lange Zeit und wohl nur eingefleischte Fans der 90er Jahre erinnerten sich vielleicht noch an diese Band aus New York City und ihr einziges Album "Somewhere South Of Here" aus dem Sommer 1997. Wenn man allerdings die damals komplette Bezeichnung - Ed Pettersen & The High Line Riders - nennt, dann sollte es doch klicken: Genau jener Ed Pettersen hatte nämlich seitdem eine richtig interessante Karriere hingelegt, gilt als einer der ganz vielseitigen Musiker zwischen Singer/Songwriter, Folk, Power Pop, Rock bis hin zu Electronic Music und Freestyle Jazz. Aber mit seinem Album "Bumping Into Nothing" und der Reaktivierung des alten Bandnamens schien er 2015 gut gerüstet für die Rückkehr zum ehrlichen Rock'n Roll mit kernigen Lead Vocals, lauten Gitarren und klasse Songs, die sich einer nach dem anderen ins Ohr brennen würden.

Der heute 58-jährige Ed Pettersen, ein gebürtiger New Yorker mit norwegischen Wurzeln, begann seine musikalische Laufbahn Mitte der 90er Jahre als Folkie und Singer/Songwriter, sozialisiert durch die Outlaw Country Music in seinem Elternhaus, selbst entdeckten Vorbildern wie Pete Townsend und Paul Westerberg bis hin zu Bruce Springsteen, Oasis und Steve Earle. Sein 1995 erschienenes Debütalbum hiess "Desperate Times" und bereits da gehörte er zum Freundeskreis der Brandos und der Del Lords, zwei der angesagtesten NYC-Acts jener Zeit. 1997 bedeutete den überregionalen Durchbruch mit der Gründung seiner Band The High Line Riders und dem allseits hervorragend bewerteten Album "Somewhere South Of Here". Das war einfach klasse Rock'n Roll auf Basis von Country Rock mit starken Songs, guten Musikern und einer gehörigen Dosis Big City-Attitüde. Das berühmte No Depression-Magazin, Wortführer des Genres damals wie heute, urteilte etwa: "Das Album klingt so behaglich wie ein Paar alte, getragene Jeans". Wegen einer seltenen Erbkrankheit, die phasenweise zu starken Schmerzen führte, konnte sich Pettersen die anstehende Vermarktung durch regelmässiges Touren nicht leisten und die Ära mit den Riders war allzu schnell zu Ende. Anfang des neuen Jahrtausends widmete er sich der Aufbereitung alten, zum Teil unveröffentlichten Materials. 2001 erschien ein komplett neu gestaltetes Remake von "Desperate Times", zwei Jahre später der Sampler mit dem skurrilen Titel "Two T's All E's", eine deutliche Ansage über die richtige Schreibweise seines Namens.

Zu dieser Zeit war Ed Pettersen bereits in seine neue Heimat Nashville gezogen. 2002 wurde das einzige Album ("Spare Bedroom") seiner damals aktuellen Combo The Strangelys veröffentlicht. Wie schon bei den High Line Riders wieder mit den beiden Abbott-Brüdern, Mike an der Leadgitarre und Pete (Ex-Average White Band) am Schlagzeug, ging es diesmal um komplexen Pop Rock in einem Mix aus Oasis, Fastball und Creed. Dazu war Pettersen auf Tribute-Alben für Waylon Jennings und Uncle Tupelo vertreten, hatte 2006 als Produzent und Musiker massgeblichen Anteil an der Verwirklichung des epochalen 3CD-Werks "Song Of America", auf dem er zusammen mit zahlreichen prominenten Kollegen (John Mellencamp, Blind Boys Of Alabama, Black Crowes, The Mavericks, Andrew Bird, Old Crow Medicine Show) 500 Jahre amerikanische Geschichte aufbereitete. Dieses Projekt sollte ihm sogar mehr Anerkennung verleihen als sein gesamter Output zuvor. Auf dieser Erfolgswelle schwimmend realisierte er 2007 sein erstes Album mit neuen Aufnahmen seit 10 Jahren: "The New Punk Blues Of" bot wieder exquisite, handgemachte Tracks aus eigener Feder im Grenzbereich von Grosstadt-Folk und Songwriter/Rock.

Doch ermachte noch mit weiteren Projekten von sich reden. Als Mad King Edmund beschäftigte er sich mit Freistilmusik, Experimental Jam Rock, Noise Improvisationen, Electronic Americana bis hin zum Avantgarde Jazz. Sein 2012er Grosswerk "Happening: A Movement In 12 Acts" kam als hochpolitische Free Jazz-Operette mit Rezitationen von Walter Egan, Charles Walker, Suzy Bogguss, Freedy Johnston, Mary Gauthier, Matthew Ryan und vielen anderen daher. Es ging hierbei um den ökonomischen und moralischen Niedergang der USA und den Einfluss der Occupy-Bewegung, die sämtliche Erlöse aus diesem ambitionierten Projekt erhielt. Kurz darauf zog es Pettersen wieder zum Folk. Nach Erkundungen in Norwegen bei seinen Vorfahren entstand 2012/2013 "I Curse The River Of Time: A Norwegian American Tale". Eine aufwändig als Hardcover-Kunstbuch veröffentlichte Sonderedition kombinierte den wunderschönen, in Nashville mit lokalen Topleuten und norwegischen Gastmusikern eingespielten Americana Folk mit skandinavischer Literatur und Illustrationen. Dann kam "Nashville Electric". Die gleichnamige CD von 2014 enthielt ausschliesslich experimentelle Feedback-, Drone-, Psychedelic- und Electronic-Instrumentals, sehr wild und eine weitere völlig andere Seite diesen hervorragenden und vielseitigen Künstlers.

Und dann erfolgte also die gloriose Rückkehr zum straighten, schnörkellosen, klar Gitarren-dominanten Rock'n Roll typisch amerikanischer Provinienz. Nicht ohne Grund also hatte Ed Pettersen seine Band wie schon so viele Jahre zuvor mit The High Line Riders betitelt, obwohl alleinig Drummer Pete Abbott wieder dabei war. Den Bass spielte David Santos, dazu kamen Gary Goodlow an der Lead Guitar und der bekannte Mike Brenner (Low Road, John Train, Marah, Magnolia Electric Co., Slo-Mo) mit Lap Steel, Pedal Steel oder Electric Slide. "Bumping Into Nothing" wurde zwar komplett in Nashville eingespielt, aber danach klang hier gar nichts, sondern wieder nach New York City à la Brandos, Del Lords, Willie Nile, Steve Wynn, vor allem aber nach Eric Ambel, auch erinnerte vieles hier an die kultigen Bottle Rockets. Bob Olhsson, Recording-Legende seit den 60er Jahren, der lange für Motown Records (Marvin Gaye, Stevie Wonder) tätig war und der später in San Francisco mit Grateful Dead gearbeitet hatte, war für den griffigen Rock'n'Roll-Sound verantwortlich. Die bekannte Tastenfrau Jen Gunderman (The Jayhawks, Paul Burch, Eric Brace und Peter Cooper) war mit Orgel oder Piano immer dabei, mit zusätzlichen Stimmen halfen solch illustre Freunde wie Freedy Johnston, Chuck Mead (Ex-BR549), Countrysängerin Joanna Smith, der norwegische Singer und Songwriter-Star Henning Kvitnes, die Farewell Drifters und die junge Norwegian/Americana Folkfrau Ida Jenshus.

Zu den Songs: "Every Time It Rains" hatte schon zu Beginn wieder alles, was ein Opener braucht: drei elektrische, singende, heulende Gitarren, bärenstarke Lead Vocals und einen markigen Refrain, "Cold Comfort" folgte als druckvoller Rocker im mittleren Tempo, auf "Janey" gebärdete sich Pettersen als extrovertierter Shouter. Der Titelsong "Bumping Into Nothing" bot mit seinem klassischen Springsteen/Seger/Mellencamp-Modus genau die Qualität eines Titelsongs, auf "Holding Pattern" ging's dagegen etwas dunklerer zu. "I Hope You're Happy Now" kam als flotte Nummer mit dominanter Steel Guitar vor dem düster bluesigen Talking Lamento "Jason Molina's Blues" im Zentrum. Über harschen, dräuenden Slide & Leadgitarren zollte Pettersen dem verstorbenen Charismatiker Molina von Magnolia Electric Co. resp. Songs:Ohia eindringlich Tribut. Mit viel Country Rock folgte die Steel & Twang-unterwanderte Ballade "You Can't Get There From Here", mit "I Don't Think About When You Were Mine" und "Small Town In My Mind" standen weitere fetzige Uptempo Rocker dahinter. "I'm Where You Were" war eine im Tempo herrlich heruntergefahrene Ballade mit attraktivem Duettgesang von Joanna Smith und klingelnder Jingle Jangle Guitar. Das mit gepflegtem Boogie Piano unterlegte "Hard On Me (Out Of Innocence)" und noch einmal "Cold Comfort" (in einem Alternativ Mix) schlossen dieses prächtige Album ab. Ein weiterer Volltreffer im schillernden musikalischen Lebenslauf von Ed Pettersen, der als Künstler so viel gemacht hat und hier mit urtypischem amerikanisch ausgefärbtem Rock'n'Roll überzeugen konnte.







Jun 5, 2020


T. REX - Electric Warrior (Fly Records HIFLY 6, 1971)

"Electric Warrior" war das 1971 erschienene zweite offizielle Album der Band T. Rex um den Musiker Marc Bolan, die seit diesem ihren ursprünglichen Namen Tyrannosaurus Rex abkürzte und sich auch stilistisch hörbar veränderte vom bis anhin gespielten, noch relativ Folk-inspirierten Hippie-Sound zum sogenannten Glam Rock, zu deren eigentlichen Erfindern Marc Bolan schliesslich gezählt werden darf. T. Rex spielte ab 1967 unter dem Namen Tyrannosaurus Rex in der Besetzung Marc Bolan (Lead Vocal, Gitarre) und Steve Peregrin Took (Perkussion, Backing Vocals), wurde in London gegründet und widmete sich hauptsächlich dem typisch britischen Psychedelic Folk der ausgehenden 60er Jahre. 1970 kam die Reduktion im Bandnamen und bald schon vollzog sich ein markanter Stilwechsel, mit welchem auch ein grosser Erfolg einsetzte.

Nachdem der am 30. September 1947 in Hackney, Ost-London, geborene Marc Bolan (bürgerlich Mark Feld) seine nur einige Monate andauernde Mitgliedschaft bei der Underground-Combo John’s Children im Sommer 1967 aufgegeben hatte, machte er sich per Zeitungsannonce auf die Suche nach anderen Musikern, um seine eigene Band zu gründen. Ausser dem Schlagzeuger Stephen Ross Porter meldeten sich ein Gitarrist, ein Bassist und noch ein weiterer Musiker, von denen heute allerdings kaum etwas bekannt ist. Auf Bolan's Wunsch nahm Porter (geboren am 28. Juli 1949 in Eltham, Süd-London), in Anlehnung an den Namen eines Hobbits aus 'Der Herr der Ringe' den Künstlernamen Steve Peregrin Took an. Auch als Gruppennamen wählte Bolan den Namen eines Wesens, das gut zu seinem Faible für die Mythologie passte: die wissenschaftliche Bezeichnung des nach damaligem Wissensstand grössten landbewohnenden Raubtiers, das jemals auf der Erde gelebt hatte.

In dieser eilig zusammengestellten Besetzung, und nach nur wenigen Bandproben, gaben die fünf Musiker am 22. Juli 1967 im Electric Garden (wenig später umbenannt in Middle Earth) in London ein von Bolan schon vor der Bandgründung gebuchtes Konzert, das einem Desaster gleichkam, weil sie vom Publikum, wohl wegen der kaum geprobten und deshalb dürftigen Darbietungen ihrer Lieder, allenfalls Buh-Rufe ernteten. In direktem Anschluss an diesen Auftritt entliess Bolan drei seiner Mitmusiker wieder. Nur von Took's musikalischem Beitrag schien er überzeugt genug, um mit ihm zusammen auch weiterhin zu arbeiten. Den zweiten Rückschlag erfuhr die nun zum Duo geschrumpfte Gruppe, als die Plattenfirma, bei der John's Children unter Vertrag war, Anspruch auf Bolan's Elektrogitarre samt dem Verstärker erhob und er die Instrumente zurückgeben musste. Um über die Runden zu kommen und wenigstens den Bedarf des täglichen Lebens decken zu können, verkaufte Took zudem noch sein Schlagzeug-Set. Mit nunmehr einer akustischen Gitarre und einem Paar Bongos ausgestattet, gaben die beiden am 23. September 1967 im Middle Earth ihr Debüt als Duo und tingelten fortan zunächst noch weitgehend unbeachtet durch kleine Clubs. Auf der Bühne sassen die beiden Musiker dabei im Schneidersitz auf einem Teppich.

Während dieser Zeit wurde der britische Radio-DJ John Peel auf die beiden aufmerksam und bot ihnen an, ihre Musik in seinen Sendungen bei Radio 1 einem grösseren Publikum vorzustellen. Peel's Begeisterung für die Gruppe führte schliesslich zu mehreren solcher Gastspiele, und der Name Tyrannosaurus Rex wurde allmählich überregional bekannt. Ende 1967 wurden sie von dem aus Brooklyn, New York stammenden Produzenten Tony Visconti im Kellerclub UFO in der Londoner Oxford Street entdeckt, der im Rahmen seiner Tätigkeit bei Essex Music beauftragt worden war, eine neue Gruppe für den Musikverlag zu engagieren. Wenige Tage danach nahm Regal Zonophone, ein Musiklabel von Essex Music, Tyrannosaurus Rex unter Vertrag. Tony Visconti begleitete sie bis zum Album "Zinc Alloy" (1974) und war massgeblich an der Entwicklung ihres Gruppensounds beteiligt. Bald darauf erschien die Single "Debora", die im Mai 1968 bis auf Platz 34 der offiziellen UK Hitparade kam. Das erste Album der Formation mit dem phantasievollen Titel "My People Were Fair And Had Sky In Their Hair... But Now They're Content To Wear Stars On Their Brows", welcher den beiden letzten Gesangszeilen der LP im Liedtext zu "Frowning Atahuallpa (My Inca Love)" entnommen ist, erreichte im Juli Platz 15 in den LP-Charts. Der als Suite aufgebaute Song enthielt auch ein von John Peel vorgelesenes Märchen. Die zweite Single "One Inch Rock" kam auf Platz 28. Schon drei Monate später folgte das zweite Album "Prophets, Seers and Sages - The Angels Of The Ages", das eine alternative Version der ersten Single samt ihrer Rückwärts-Wiedergabe mit dem Titel "Deboraarobed" beinhaltete.

Die einzelnen Musikstücke waren oft nur knapp 2 Minuten lang, oder nur wenig darüber. Stilistisch war eine gewisse Nähe zum damals sehr populären Psychedelic Rock zu hören. Ihre Musik war aber von Anfang an so eigenartig, dass sie kaum einem bestimmten Genre fest zugeordnet werden konnte. Der markante Gesangsstil Bolan's, in dem er nahezu jede Textzeile in einem Vibrato ausklingen liess, sowie stimmliche Improvisationen beider Musiker, verliehen ihren Darbietungen fast mystischen Charakter. Dieser Eindruck wurde durch Bolan's mit nur wenigen Ausnahmen selbstverfassten surrealistischen Texte noch verstärkt, die er in schwer verständlichem Akzent vortrug. Er sang von Elfen, Zauberern und Drachen, von Autos und fremdartigen Orchestern, goldenen Katzen, riesigen Seevögeln und anderen obskuren Figuren, die einem Paralleluniversum zu J.R.R. Tolkien's Herr der Ringe hätten entsprungen sein können. Das dritte Album mit dem Titel "Unicorn", auf dem wieder ein von John Peel gelesenes Märchen enthalten war, und auf welchem der Produzent Tony Visconti den Song "Cat Black" auf einem Piano begleitete, wurde der bis dahin grösste Verkaufserfolg für Tyrannosaurus Rex und kam bis auf Platz 12 in den britischen Album-Charts. Für die Produktion standen, dank der Einnahmen aus den bisherigen Veröffentlichungen, technisch hochwertigere Aufnahmegeräte als noch bei den Vorgängeralben zur Verfügung. Auch die verwendeten Instrumente waren deutlich abwechslungsreicher als bisher. Auf einigen Songs kamen Harmonium, Mundorgel, Strohgeige, Afrikanische Sprechtrommeln, Bass-Gitarre, Piano, Pixiephone, Schlagzeug-Elemente oder Gong zum Einsatz.

Kurz darauf begannen die Aufnahmesessions für eine neue Single. Auf "King Of The Rumbling Spires" spielte Bolan erstmals auf einer Tyrannosaurus Rex-Platte Elektrogitarre. Während der Aufnahmen entstanden noch eine Reihe anderer Songs, die aber erst viel später auf diversen Zusammenstellungen veröffentlicht wurden. Im Spätsommer 1969 unternahm die Gruppe ihre erste US-Tour, um sich auch auf dem dortigen Musikmarkt einen Namen zu machen. Aber das Publikum zeigte wenig Interesse an der Musik der beiden, und so wurde die Tournee schliesslich zum Flop. Zudem entwickelten sich erhebliche Differenzen zwischen Bolan und Took, wohl auch über die musikalische Zukunft der Band und deren Image. Während Bolan künstlerische Berühmtheit anstrebte und schon seit seiner Jugend davon überzeugt war, einst ein Superstar zu sein, wollte Took sich mit solchen Visionen nicht anfreunden. Zurück in England trennten sich die beiden Musiker, angeblich wegen Took's anhaltender Drogenprobleme und weil er sich politisch zunehmend links orientierte. Andere Quellen nennen auch Took's Ambitionen, seine selbst geschriebenen Songs mit ins Bandrepertoire aufzunehmen, womit Bolan aber nicht einverstanden war, als möglichen und entscheidenden Trennungsgrund.

Bolan machte sich sofort auf die Suche nach einem neuen Partner, und im makrobiotischen Restaurant Seeds machte ihn ein gemeinsamer Freund mit dem am 3. Juni 1947 in Thornton Heath, Surrey, England geborenen Mickey Finn (bürgerlich Michael Norman Finn) bekannt, der dort gerade mit einer Auftragsarbeit in Form eines psychedelischen Wandgemäldes beschäftigt war. Er hatte auch Erfahrung als Musiker und unter anderem in einer Band namens Hapshash And The Coloured Coat Congas gespielt. Bei einem gemeinsamen Essen einigten sich die beiden auf die Zusammenarbeit, und Finn wurde im Oktober 1969 das neue Bandmitglied. Nach Bolan's Aussage war Finn weder ein so guter Perkussionist wie Took, noch konnte er besonders gut singen, aber er sah gut aus und passte auch sonst gut zu Bolan's Vorstellung vom zukünftigen Werdegang der Gruppe. Mickey Finn war erstmals auf dem im März 1970 erschienenen, vierten Album "A Beard Of Stars" als Perkussionist zu hören. Zu einigen Titeln existierten allerdings schon Studioaufnahmen mit Steve Took, und so mussten Bolan und Visconti dessen Parts wieder herausnehmen. Da die Neuaufnahmen überwiegend Bolan selbst übernahm, und er beispielsweise auch die Bass-Gitarre spielte, war das Album im Ergebnis, von Tony Visconti einmal abgesehen, fast eine Soloplatte. Bei welchen Stücken Mickey Finn tatsächlich mitwirkte, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen.

Die einzelnen Songs waren im Wesentlichen akustisch, aber Bolan spielte, wie schon auf der letzten Single, nun auch Elektrogitarre, beim rockigen "Elemental Child" sogar ausschliesslich. Dadurch unterschied sich das Album erheblich von seinen Vorgängern und liess bereits erahnen, welchen musikalischen Weg Bolan und seine Band einschlagen sollten. Das sanfte "By The Light Of A Magical Moon" wurde kurz zuvor als Single ausgekoppelt. Kommerziell war "A Beard Of Stars" nicht so erfolgreich wie "Unicorn", und viele frühere Fans wandten sich zu dieser Zeit von der Gruppe ab. Da der erhoffte durchschlagende Erfolg bisher ausblieb, begann Bolan an seiner Musikerkarriere zu zweifeln, und er spielte mit dem Gedanken, sich künftig mehr auf das Schreiben von Gedichten zu konzentrieren. Seine Frau, und seit einiger Zeit auch Managerin, June Child, die er 1967 bei seiner damaligen Management-Firma Blackhill Enterprises kennengelernt hatte und im Januar 1970 heiratete, ermunterte ihn zu dieser Zeit jedoch immer wieder, weiterzumachen und neue Songs zu schreiben. So entstand eines Nachts ein einfaches, Kinderreim-ähnliches Lied mit einer eingängigen Melodie, das er "Ride A White Swan" nannte.

Im Sommer 1970 arbeiteten Bolan, Finn und Visconti an Aufnahmen für das nächste Album. Die Parts für die Bass-Gitarre und den Hintergrundgesang übernahmen diesmal alle drei. Für einige Lieder schrieb Visconti Streicher-Arrangements. Während der Aufnahmen zu "Seagull Woman" kamen Mark Volman und Howard Kaylan, die gerade mit den Mothers Of Invention auf Europa-Tournee waren, zu Besuch ins Studio. Bolan hatte die beiden ehemaligen Mitglieder der Turtles auf seiner ersten US-Tour kennengelernt, und er bat sie, Backing Vocals für das Lied zu singen. Dies war der Auftakt für eine jahrelange Zusammenarbeit, und auf künftigen Alben steuerten Volman und Kaylan, die auch als Flo & Eddie bekannt wurden, den gruppentypischen Hintergrundgesang bei. Tony Visconti hatte sich seit langem angewöhnt, auf Produktionspapieren den langen Bandnamen der Einfachheit halber in T. Rex abzukürzen, was Bolan bislang ärgerte. Er suchte aber nach Veränderungen, was auf den letzten Platten schon musikalisch durch die Verwendung der Elektrogitarre und in einfacheren Liedtexten zum Ausdruck kam. Wie Bolan selbst einmal sagte, war er es leid, mit gekreuzten Beinen auf der Bühne zu sitzen, und er wollte sein Image als Minnesänger der Hippie-Kultur loswerden, wofür nun Visconti's eigenwillige Schreibweise hervorragend geeignet zu sein schien. Diese kleine aber signifikante Änderung im September 1970 sollte schliesslich für den entscheidenden Wendepunkt in Bolans Karriere stehen.

Die im Oktober 1970 nun als T. Rex veröffentlichte Single "Ride A White Swan" wurde von Radiosendern zunächst nur wenig gespielt. Aber die Plattenläden verzeichneten eine beständig steigende Nachfrage, und so kletterte der mit einem markanten Gitarrenriff gespielte und mit Streichern untermalte Song langsam in die britische Single-Hitparade und erreichte nach 13 Wochen im Januar 1971 schließlich seine Höchstnotierung auf Platz 2. Das erste Album der Gruppe, das schlicht "T. Rex" betitelt wurde, erschien im Dezember 1970 und erreichte Platz 7 der Album-Charts. In vielerlei Hinsicht dem Vorgänger "A Beard Of Stars" ähnlicher als künftigen Veröffentlichungen, war das Album stilistisch gesehen eher die fünfte und letzte Tyrannosaurus Rex-LP, denn die erste, wegen der Namenskürzung vermeintliche T. Rex-Platte. So waren etwa Neuaufnahmen von "One Inch Rock" und der frühen Single "The Wizard" enthalten. Neben der Hymne "The Children Of Rarn" aus einem geplanten Konzeptalbum, das nie zur Vollendung kam, wurde dies auch im Songtext zu Suneye deutlich: "Tree wizard puretongue, the digger of holes, the swan king, the Elf lord, the eater of souls, Lithon the black, the rider of stars, Tyrannosaurus Rex, the eater of cars".

Um die neuen Songs live vorstellen zu können, wurde Ende 1970 der Bassist Steve Currie engagiert. Für die Aufnahmen der nächsten Single Anfang 1971 komplettierte Bolan die Band zum Quartett mit dem Schlagzeuger William Fifield, der sich auf Bolan's Vorschlag hin, und in Anlehnung an den Namen seiner vorigen Band Legend, fortan Bill Legend nannte. Im Februar 1971 veröffentlicht, belegte "Hot Love" sechs Wochen lang die Spitzenposition der britischen Single-Hitparade und stand in Deutschland sieben Wochen lang auf Platz 3. Für einen Auftritt in 'Top of the Pops' im März 1971 klebte Chelita Secunda, Frau von Tony Secunda, dem Manager der Gruppe The Move und kurzfristige Betreuerin von T. Rex, Bolan einige glitzernde Sternchen unter die Augen. Dieser Auftritt steht nach weit verbreiteter Ansicht für die Geburtsstunde des Glam Rock, der in Form einer Jugendbewegung, sowie künstlerisch und kommerziell in den nächsten Jahren die populäre Rock- und Popmusik in Europa dominierte. Ähnlich der Beatlemania in den 60er Jahren sprach man in Grossbritannien aufgrund des grossen Medienrummels, den Bolan und seine Band auslösten, von T.Rextasy. Spätestens ab diesem Zeitpunkt drehte sich dort die gesamte Medienaufmerksamkeit allein um Bolan. Sein Image wurde in seinem Heimatland vergleichbar mit den damaligen Teenager-Stars David Cassidy und Michael Jackson verkaufsträchtig vermarktet.

Auch die Nachfolgesingle "Get It On" erreichte Platz 1 und wurde, etwas später in den USA in "Bang A Gong (Get It On)" umbenannt, um Verwechslungen mit einem anderen gleichnamigen Song der Gruppe Chase zu vermeiden, zum Top Ten Hit. Das erste in der Besetzung einer klassischen Rockband mit Elektrogitarre, Bass und Schlagzeug eingespielte und im September 1971 veröffentlichte Album "Electric Warrior" enthielt mit "Jeepster" einen weiteren Top Hit. Neben Mickey Finn's Conga-Spiel, das vor allem bei "Jeepster" und "Mambo Sun" prominent zu hören war, und Tony Visconti's Streicher-Arrangements, wie zum Beispiel bei "Cosmic Dancer", wurden einige Songs zudem mit Saxophon ("Rip Off"), Piano ("Get It On") oder Flügelhorn ("Girl") angereichert. Den Hintergrundgesang steuerten Howard Kaylan und Mark Volman bei, wie auf "Planet Queen" oder "Monolith". Das Album "Electric Warrior" gilt bis heute als der Klassiker der Gruppe und war auch ihr grösster kommerzieller Erfolg.





TOM GILLAM & TRACTOR PULL - Play Loud...Dig Deep
(Blue Rose Records BLU DP0476, 2009)

"Never Look Back" hiess im Spätsommer 2007 das vierte Studioalbum des urwüchsigen 'Down to Earth' Rockers aus Pennsylvania, und das erste, das auch in Europa erschien und seinen längst fälligen Karrierekick nach oben bedeutete. Klar, dass Tom Gillam diese Erfolgswelle mit einer ausgedehnten Livetournee jenseits und diesseits des Atlantiks begleitete. Mit seiner langjährigen, kapitalen Begleittruppe Tractor Pull begab er sich also von Ende 2007 bis Mitte 2008 auf die Never Look Back-Tour, und genau davon handelt dieser fulminante Livemitschnitt "Play Loud...Dig Deep", einem begeisternden, 70-minütigen, unverfälschten Dokument nach dem Motto 'This is what it sounded like', also eine äusserst ehrliche Live-Platte ohne zusätzliche nachträgliche Bearbeitung.

Tom Gillam gelangte erst vor ein paar Jahren zunächst auf Umwegen ins Bewusstsein hiesiger Fangruppen. Der hierzulande recht bekannte und geschätzte Künstler Joseph Parsons verpflichtete ihn als Slide-Gitarristen für seine elektrische Begleitcombo, mit der er in den Jahren 2005 und 2006 gleich mehrfach auf Europa-Tournee ging, einen legendären Rockpalast-Gig bestritt und die formidablen Alben "The Vagabond Tales" und "The Fleury Sessions" einspielte. Dabei machte Tom Gillam durch seine vitale Bühnenpräsenz, sein grosses Talent als Gitarrist und nicht zuletzt durch seine sympathische Art gehörig auf sich aufmerksam. Zu diesem Zeitpunkt hatte der vermeintliche Sideman in den USA bereits drei eigene Alben veröffentlicht: das 1998er Debüt "First Of All", "Dallas" von 2001 und das in einschlägigen Gazetten von 'No Depression' bis 'Freight Train Boogie' goutierte Durchbruchswerk "Shake My Hand" (2004). Bewegten sich die beiden ersten Platten noch deutlich im erweiterterten Country, Roots Rock und Americana-Bereich, so fuhr Gillam danach einen straighteren Rockkurs, mit reichlich Americana-Wissen als Fundament und der 2007er Platte "Never Look Back" als vorläufigem Höhepunkt.

Und er stellte seine Begleiter mit dem bezeichnenden, für unbändige Kraft stehenden Namen Tractor Pull und somit den Bandcharakter seiner Musik immer mehr in den Vordergrund. Für "Play Loud...Dig Deep" firmieren sie zum ersten Mal gleichberechtigt neben ihrem Boss. Tractor Pull, das sind Leadgitarrist Craig Simon, Bassist Tim McMaster, Drummer David Latimer und der vielseitige Multiinstrumentalist Joe Carroll als Akustik-Gitarrist, mit Baritone und Mando Guitars, Mandoline und als Produzent und Recording Engineer. Inmitten dieses eingeschworenen Verbundes agiert Tom Gillam als veritabler Frontmann mit einer Powerstimme, die mal an Joe Walsh, mal an Gregg Allman erinnert, mit kompromisslosen Soli und leidenschaftlicher Slidearbeit auf der elektrischen Gitarre, liefert sich an klassische Southern Rock-Zeiten gemahnende Duelle mit Craig Simon und beweist sein Gespür für exquisites Songwriting. So geraten die zehn Songs dieser Platte zu wahren Hymnen mit dem Status von regelrechten Crowdpleasern: Rockige Fetzer mit klasse Riffs, eindeutigen Hooks und Ohrwurm-Refrains.

Von den ersten Triple Guitar-Attacken des Openers "Outside The Lines" an wird klar, dass es sich hier um handgemachten, bodenständigen Rock der Güteklasse A handelt; es folgt der Highway-Hammer "Rainbow Girl", bevor sich Tractor Pull auf "Disappearing Act" zum ersten Mal längeren Jam-Passagen hingeben - zwei elektrische, innigst miteinander kommunizierende Gitarren vor dem Hintergrund eines pumpenden Basses, zupackendem Schlagzeug und auflockernder Mandoline, wie geschaffen für das imaginäre Road Radio. So geht es dem ersten grossen Höhepunkt entgegen: "Dallas", dem Titelsong des zweiten Albums, 9 Minuten und 5 Sekunden bester Southern Rock von der Ostküste, mit 2-minütigem Intro, langgezogenen Solo-Einlagen zwischen den Refrains, gekonntem Wechselspiel von Lead und Backing Vocals, und einem stilgerechten Gitarren-Finale.

Warum die Monkees-Covernummer "The Girl I Knew Somewhere" zu Tom Gillam's 'my favorite part of the show' gehört, wird spätestens dann klar, wenn die Band diesen bekannten Song aus der Feder des Original Monkees-Musikers Michael Nesmith in die improvisierte Jam Session von "Nova's Journey" überführt: Subtile Duane Allman und Dickey Betts Gedächtnislicks, dass einem ganz warm ums alte Southern Rock Herz wird. Nach diesen gigantischen 10:38 purster Jam-Freude fragt man sich, was denn jetzt noch kommen könnte. Nun, zum Beispiel mit "Stand By You" ein waschechter 70er Jahre Country Rocker im lockeren Uptempo-Modus mit Joe Carroll's wohlkingender Mandoline im Mix ganz vorne und den beiden Gitarren aussen daneben: Countrypicking gewürzt mit Slide. Oder zwei weitere (neben "Rainbow Girl") Tracks des Albums "Never Look Back", und zwar "Rescue Me" und "Devil In My Heart". Dann folgt das zweite Monsterstück "Shake My Hand": über 12 Minuten im typischen Joe Walsh & Barnstorm-Groove, man erinnert sich sogleich an Walsh's Songs "Rocky Mountain Way", "Turn To Stone" oder "Meadows". Zum krönenden Abschluss dieser phantastischen Live Rock-CD gibt's mit "Diamonds In The Rough" einen furiosen Rock'n'Roll und Roots Rock Stomper mit unzähligen Slide- und Lead-Soli im Stil eines Sonny Landreth in Bestform. Was für ein tolles Konzertereignis.





PS: Die Videos stammen von Konzerten in Deutschland. Leider sind keine Aufnahmen des originalen Live Albums im Netz. Der Sound ist aber ähnlich, die Tournee in Deutschland erfolgte mehr oder weniger zeitgleich, von daher sind diese Live-Aufnahmen repräsentativ für die damalige 'Never Look Back-Tour'.

Jun 3, 2020


KASEY ANDERSON - Nowhere Nights (Red River Records RRR2010001, 2009)

Der so genannte Grassroots-Effekt - langsam aber sicher seine Fangemeinde vergrössern mit jeder neuen Veröffentlichung, auf unbedingte Qualität und Nachhaltigkeit achten, daran glauben, dass man sich letztlich durchsetzt bei all den potenziellen Konsumenten des grossen Singer/Songwriter-Marktes, den ungebrochen zahlreichen Americana-Anhängern, den Freunden handgemachten Gitarrenrocks und einer analogen Klangwelt. All diese Werte bediente Kasey Anderson aus dem amerikanischen Nordwesten von Platte zu Platte immer wieder aufs Neue. "Nowhere Nights" war 2009 bereits das vierte Werk des sympathischen Rockers mit der attraktiven Schmirgelstimme und ein feiner Nachfolger zum zuvor auch hierzulande veröffentlichten Werk "The Reckoning" von 2007.

Trotzdem war "Nowhere Nights" dann anders. Nicht unbedingt in seiner Grundhaltung oder gar im Sound, nein, anders in der Stimmung, in den Songs, in den Songtexten. Kasey Anderson hatte seinen Lebenslauf einer intensiven Bestandsaufnahme unterworfen und die ein oder andere Sache nachhaltig hinterfragt, sozusagen seine ganz private Inventur vorgenommen. Das Ergebnis waren persönliche, introvertierte Songs, die deutliche Einblicke in sein Seelenleben boten. Das im Einklang mit einem Umzug von Bellingham, Washington nach Portland, Oregon, rein meilenmässig keine grosse Sache - für Anderson's Leben jedoch eine entscheidende Wende: weg vom standardisierten Alltagstrott in der Provinz, hin zu mehr Szene, Nachbarschaft und Geselligkeit. Genau im Umkehrschluss dazu handelten seine Lieder nun nicht mehr so sehr vom kritischen Blick in die Welt, insbesondere von der Schieflage der Nation unter der damaligen Bush-Ära, sondern vorzugsweise von eigenen Belangen, Beziehungen und Bedürfnissen.

Gut, dass er bei solch einer Gefühlslage einen Mann an seiner Seite hatte, der für Konstanz, Bodenhaftung, absolute Americana-Kompetenz und puren Rock'n Roll stand und bis heute steht: Eric 'Roscoe' Ambel. Der bekannte Spitzenproduzent des Genres, Sessionmann extraordinaire und Gitarrist mit dem besonderen Etwas (bei den Del Lords aktiv) begleitete Anderson's Karriere schon seit vielen Jahren, garantierte seit dem zweiten Album "Dead Roses" von 2004 jene satten, griffig-riffigen Electric Guitars, die man so sehr schätzt an Platten der Bottle Rockets, Go To Blazes, Blue Mountain, Blood Oranges oder den Backsliders. Der langjährige Steve Earle-Sidekick, Del Lords- & Yayhoos-Gitarrist war für die zu diesem Album anberaumten Aufnahme-Sessions sogar von seiner Heimat New York quer durch die Staaten geflogen, um im berühmten Jackpot Studio in Portland zehn der elf Songs dieses Albums aufzunehmen.

Der Opener, mit "Bellingham Blues" vielsagend betitelt, stammte noch von den Brooklyn Recordings. Darin beklagt Anderson im Nachhinein sein allzu langes Verweilen in einer Stadt, in der er eigentlich gar nichts verloren hatte - "this ain't never been my town", eine späte Abrechnung, die ihm in perfekter Steve Earle-Art gelingt und vom Start an den Tenor von Nowhere Nights bestimmt. "All Lit Up" und "Sooner/Later" folgten dann in geradezu klassischer Anderson/Ambel-Manier: kraftvoll zupackend, mit einem kernigen Riff gesegnet, engagiert gesungen, auf den Punkt gerockt. "Home" präsentierte sich als ein sechs Minuten langes Breitwandepos, ausgelebte Troubadour-Kultur, Storyteller-Klasse mit einer grossartigen und gefühlsechten Sehnsuchtsatmosphäre. Und so ging es im Wechsel weiter: Kompakte Rocker einerseits und verträumt-schwelgerische, von Folk und Country durchzogene Rock-Balladen zwischen Heartland, Texas und East Nashville, Nebraska Badlands und North Carolina zum anderen addierten sich zum grossen Ganzen, kapitale Stücke wie "Torn Apart", "Leaving Kind", der Titelsong, "From Now On" oder das abschliessende "Real Gone", ein knapp 7 1/2 Minuten langer Triple Electric Guitar Slow Rocker mit urgewaltigem Finish, liessen "Nowhere Nights" zu einem Genre-Highlight werden.

Kasey Anderson spielte selber akustische und elektrische Gitarren, blies die Campfire-Harp, drückte jedem einzelnen Stück seinen besonderen stimmlichen Stempel auf. Er wurde bei den klasse Aufnahmen von seiner damaligen Touring Band kompetent begleitet: Dan Lowinger (Electric Guitar), Bo Stewart (Bass) und Julian MacDonough (Drums). Der im lokalen Pacific Northwest-Raum bekannte Keyboarder Lewi Longmire (Paul Benoit, Caleb Klauder, James Low, Bingo, Moonshine Hangover) fügte mit seinem komplexen Klavier- und Orgelspiel zusätzliche Farbe hinzu, aber nicht zuletzt wegen des auch als Musiker äusserst aktiv mitwirkenden Produzenten Eric Ambel blieb "Nowhere Nights" eine bodenständige und urige Gitarrenrock-Platte. Gut so.





I SEE HAWKS IN L.A. - Live And Never Learn
(Western Seeds Record Company WSR CD-013, 2018)

I See Hawks in L.A. schwebten recht sorgenfrei durchs erste Jahrzehnt ihres Bestehens, aber im Jahre 2018 kamen sie aus einer Phase, in der sie sich mit Sterblichkeit, grossen Entscheidungen und dem langsamen Verlust der Möglichkeiten der Jugend befassen mussten. Die Veröffentlichung ihres Debütalbums am 11. September 2001 (!) lag fast 17 Jahre zurück. Seitdem wurden die Bandmitglieder weder reich noch berühmt, aber sie waren noch immer da und sehr aktiv, vielleicht künstlerisch gestärkt von dem steinigen Weg, den sie zurückgelegt hatten, den Erfahrungen einer geschundenen Seele. Eines schien klar: Es ging den Hawks immer vor allem um die Musik, um ihre Freundschaft zueinander und um das darin zu entdeckende Abenteuer.

"Live And Never Learn" war das erste Hawks-Album seit "Mystery Drug" von 2013. In den fünf dazwischen liegenden Jahren starb Rob Waller's Mutter an Krebs; Paul Lacques hatte im zurückliegenden Jahr gar beide Eltern verloren. Viele der Songs auf "Live And Never Learn" wurden geschrieben und aufgenommen, während sie mit der Trauer und mit anderen Herausforderungen, die einen besseren Ausgang nahmen, kämpften. Von den Hawks kam dann die Message an alle Fans, die ihre Eltern verloren hatten: "Wir verstehen Euch. Wir wissen jetzt, wie das ist". Ihre Familien, gute Freunde und die Musik halfen der Band, diese Schicksalsschläge zu überstehen, sowohl persönlich als auch künstlerisch. Das Songwriting von Waller/Lacques wurde von Beiträgen von Bassist Paul Marshall und Drummer Victoria Jacobs ergänzt. Ein Song, der rockende "King Of The Rosemead Boogie", enthielt verdrehte textliche und spirituelle Beiträge von Mitgliedern der Band Old Californio.

Zwei Songs, "White Cross" und "Singing In The Wind", entstanden als Co-Kompositionen per E-Mail mit Peter Davies von der britischen Band Good Intentions. Mit verhallten Telecaster-Gitarren, präzisem Bass und Harmoniegesang hatten sie den typischen Hawks-Sound, aber die Songtexte nahmen den Zuhörer mit von Memphis zu den Mooren von Nordirland. "Last Man In Tijuana" brachte den Zuhörer dann wieder zurück zu den vertrauteren Gefilden der Berge Kaliforniens. Der Song, den die Hawks vor einigen Jahren schrieben, erzählte die Geschichte einer Trennung übers Mobiltelephon, während die Flammen näherkamen. Er passte gut auf das Album, weil Marshall sein Haus in Tujunga im Herbst 2017 gleich zweimal verlassen musste. "Meine Zeit war fast abgelaufen", sagte er, "als die Flammen vor dem Tor loderten".

In vielen Songs des Albums ging es um die persönlichen Probleme der Musiker. "Poor Me" befasste sich mit dem ernsten Thema des Selbstmitleids eines Alkoholikers, aber es wurde mit dem Humor, den jeder Hawks-Fan kennt, präsentiert. Dave Zirbel steuerte Pedal Steel zu diesem Abschiedssong an den Alkohol bei, während Waller "I better not have no more" sang. Zirbel traf den emotionalen Kern vieler Songs auf diesem Album mit seinem subtilen und überraschenden Spiel. Drummer Victoria Jacobs hatte einen nachdenklichen Song über das Vergehen der Zeit geschrieben; "Spinning" erwies sich als ein kleines Meisterwerk psychedelischer Folkmusik. Nachtgedanken und aussergewöhnliche Bilder zogen durch diesen wunderschönen Song. In "My Parka Saved Me" sang Jacobs über ihren Frontalzusammenstoss als Teenager an einem Winternachmittag auf Lake Michigan. Der Doo Wop Gesang der Hawks, 50er Jahre-Akkorde und Danny McGoughs süsse Orgel sorgten in dieser Geschichte für eine sanfte Landung.

Auch Hawks-typische Themen fanden sich auf dem Album. "Planet Earth" und "Ballad For The Trees" belegten den langjährigen Einsatz der Band für die Natur. "Stoned With Melissa" war eine weitere Marijuana-Hymne der Hawks, allerdings mit einer realistischen, traurigen Wendung. "King Of The Rosemead Boogie" stellte einen Helden des San Gabriel Valley in all seiner (oder ihrer) Pracht vor. Um Reue und die Dualität von Erde und Geist ging es in "Isolation Mountains" und "Tearing Me In Two", die von der Fiddle des langjährigen Bandfreunds Dave Markowitz und dem innovativen Akkordeon von Richie Lawrence getragen wurden. Die Band beendete ihre Aufnahmen und liess sie vom fünffachen Grammy-Gewinner Alfonso Rodenas (Los Tigres del Norte), der auch schon Mystery Drug und andere Paul Lacquer-Projekte gemischt hatte, abmischen. Als die Mixdowns zurückkamen und toll klangen, brandete Optimismus bei den Hawks auf - vielleicht irrational, vielleicht aber auch das nötige Heilmittel in den USA. Auf "Live And Never Learn"  klangen I See Hawks In L.A. jedenfalls besser als je zuvor.