Jun 22, 2019


RYAN ADAMS - 29 (Lost Highway Records B0005872-02, 2005)

Innerhalb eines Jahres hatte der amerikanische Singer/Songwriter Ryan Adams tatsächlich drei Alben in den Handel gebracht: eine CD mit dem schlichten Titel "29", das Doppelalbum "Cold Roses" und "Jacksonville City Nights", dies alles im Jahre 2005. Für einen Fan des Musikers wie mich kam das natürlich einem musikalischen Schlaraffenland gleich. Das bedeutete am Ende 43 neue Songs, produziert und veröffentlicht in nur einem Jahr. So viel Lied in so wenig Zeit, das klang auf den ersten Blick sehr nach Fliessbandmusik und B-Seiten-Recycling. Das erstaunliche an Ryan Adams war aber, dass sich unter seiner Liederflut kein einziger enttäuschender Titel fand. "29" geriet allerdings zum persönlichsten Album dieser drei: "That one's really fucked up. It has nine songs, and all the songs are nine minutes long, they're all story-songs. The theme of it was that I wanted to write a record where I could write myself out of my twenties", sagte Ryan Adams.

Seine Ankündigung, dass jedes Lied der CD neun Minuten lang sein würde, hatte sich dann doch nicht erfüllt, "Strawberry Wine" als längstes Stück war immerhin 7:58 Minuten lang geworden. Neun Lieder wurden es insgesamt hier, welche für die zurückliegenden neun Jahre seines Lebens standen. Eine nette Idee. Doch was Ryan Adams da aus seinem Leben als Alternative Country Punk erzählte, liess einen ein bisschen erschaudern: War es denn wirklich so schlimm ? Offenbar ja, denn Adams sang etwa in dem "29", dem Titelsong des Albums: "I was a poor little kid in the lungs of new york just like the motherless son of a bitch". Der Rockabilly Song "29" und der siebte Titel, das Mariachi-Stück "The Sadness", waren die überraschendsten Songs des Albums. Weil sie so wenig zu den übrigen, musikalisch sanft daher kommenden, textlich poetisch, bisweilen etwas paranoiden Liedern passen wollten. Und auch wenn der "Blue Sky Blues" mit einem Streicher- und Bläserzwischenspiel aufwartete, klang manches Stück dennoch skizzenhaft, teilweise unfertig, so wenig instrumentiert kamen sie daher. Doch genau darin lag der Zauber in diesen sehr intimen, sehr persönlichen Songs.

Nach zwei Alben mit den Cardinals ging Ryan Adams seinen Weg auf "29" wieder alleine (etwas Hilfe bekam er von Ethan Johns, der schon auf "Heartbreaker" und "Gold" dabei war). Feinfühlig und sanft führten die Stücke den Hörer in einen See voller Tränen, in dem man sich stundenlang verlieren mochte. Klingt kitschig, ist es aber nicht. Ryan Adams und seine Musik waren und sind bis heute viel zu bodenständig, um auf solche Klischees reinzufallen. Seine Stimme klang hier aber immer noch gebrochen, wenn sie in manchen Passagen drohte, sich zu überschlagen (exemplarisch in "Carolina Rain"). Immer wieder jedoch fing der Singer/Songwriter-Meister sie auf und milderte sie mit parallel erklingenden Gitarrenläufen ab. Denn er konnte schon immer mit seiner Stimme umgehen, sie zähmen und komplett beruhigen. Am eindrucksvollsten bewies er diese Fähigkeit auf dem sanften "Strawberry Wine". Auch "Starlit Diner" und "Elizabeth, You Were Born To Play That Part" besänftigten mit der Abbildung der sanften Gesangspur auf dem zurückhaltend gespielten Klavier. Aufgewühlter klang Adams auf "The Sadness". Mit südländisch angehauchten Rhythmen sang er sich in Rage. "Nightbirds" beeindruckte mit seinen Dopplungen, dem Hall und einer Stimmung, als stünde man mitten in einem Gewitter. Er ging aus sich heraus, richtig laut wurde er allerdings auf dem gesamten Werk nie. Ryan Adams schaffte hier ein rundes, sanftmütiges und sehr stimmiges Album. "29" ersetzte den Kamin in kalten Stunden und entfachte die Wut, die unter der Traurigkeit glüht: "The sadness is mine."

1974 in Jacksonville in North Carolina geboren, sammelte Ryan Adams in der Highschool als Frontmann der Punk-Band Patty Duke Syndrome erste musikalische Erfahrungen. Zum rebellischen Country-Sänger gewandelt, gründete er 1994 mit Caitlin Cary die Combo Whiskeytown. Das 1995er Debütalbum "Faithless Street" erzielte genügend Aufmerksamkeit, um für den im Jahr darauf erscheinenden Nachfolger "Strangers Almanac" einen Major-Vertrag zu sichern. Jedoch führen Streitigkeiten, intensive US-Touren sowie Probleme mit Alkohol und Drogen ("Well, we were called Whiskeytown!", meinte Adams dazu) zur Auflösung der Band. Während Cary eine Soloplatte aufnahm, verschwand "Pneumonia", Whiskeytowns letztes Album, für drei Jahre im Keller des Labels und erschien erst 2001. Adams nutzte die Gelegenheit und begab sich auf Solopfade. Er spielte in Kneipen und nahm für ein Tribute-Album ein Lied mit Country-Star Emmylou Harris auf. Das dramatische Ende einer Beziehung führte im Jahre 2000 zu seinem Erstling "Heartbreaker".

Von Bob Dylans einfachem und emotionalem Stil beeinflusst, drehten sich seine Lieder um Trauer, Verzweiflung und Hoffnung. "Eine Morrissey-Platte für das Country-Publikum", schrieb ein Kommentator stellvertretend enthusiastisch für die Musikbranche, die ihn als neue grosse Hoffnung feierte. Ein Jahr später erschien mit "Gold" das Album, das ihn endgültig auf die Cover der Musikmagazine hievte. Selbstbewusst nahm er sich Stilen und Stimmungen von Bob Dylan über Billy Joel bis zu den Rolling Stones an und verwandelte sie in ein eigenes Produkt. Ähnlich verfuhr er auch auf seinen folgenden Alben, die er nun in immer schnellerer Folge aufnahm. Nur seine Idole schienen zu wechseln: Adams huldigte inzwischen vor allem The Smiths. Wenn er nicht gerade veröffentlichte (allein 2005 drei Alben), heiratete er: Im März 2009 gaben sich er und die zehn Jahre jüngere Singer Songwriterin und Schauspielerin Mandy Moore das Ja-Wort. Im Zuge von "Ashes & Fire" kam es Anfang 2012 auch zu einer Brit Award-Nominierung. Im selben Jahr erschien ein ausführliches Live-Box-Set.

Ein weiterer Schritt weg von einer durchaus auch dunklen Vergangenheit: Zur Zeit von "29" war Adams drogenabhängig, was vielleicht das eigenwillige Konzept des Albums erklärte, auf dem er jedem Lebensjahr seiner Twenties einen Song gewidmet hatte. "Damals fühlte ich mich, als ob ich tot wäre. Ich konnte nur wieder zum Leben erwachen, wenn ich all diese Ideen tötete. Das machte ich, indem ich "29" schrieb, in dem jeder Charakter, lebend oder tot, ein Teil meines Unterbewusstseins ist". Erst neun Jahre nach "29" veröffentlichte Ryan Adams sein vierzehntes Soloalbum. Nach einer Vergangenheit voller Drogen, Krankheiten und Konzertabbrüche hatte kaum noch Jemand den Sänger auf dem Zettel. Doch Ryan Adams entpuppte sich als Stehaufmännchen. Das Album präsentierte den Verantwortlichen aufgeräumter und reifer denn je und schürte die Hoffnung, dass der Name Ryan Adams auch in Zukunft noch eine grosse Rolle in der Welt der Neo Americana Singer Songwriter-Branche spielen würde. Neben seinen eigenen Sachen widmete sich Adams auch seinen Kollegen. So produzierte er Willie Nelson's Album "Songbird" und freundete sich mit Phil Lesh von Grateful Dead an, mit dem er immer wieder live auf der Bühne stand. 2007 folgte schon sein neuntes Studioalbum "Easy Tiger". Die Stärke dieses Albums lag in der Nüchternheit, mit der Ryan Adams die meist pessimistischen Themen musikalisch abhandelte. Danach ging es dann so richtig rund. Erst verkündete er 2009 seinen Ausstieg bei den Cardinals und erlitt einen Hörverlust aufgrund der Krankheit Morbus Menière. Noch im selben Jahr veröffentlichte er unter seinem Black Metal-Pseudonym Werewolph sowie dem Hardrock Outlet Sleazy Handshake neue Tracks.

Das nächste Album unter seinem eigenen Namen kam 2011 in die Läden: "Ashes & Fire". Das schwarze Loch hatte ihn wieder ausgespuckt. Aus seinen dunkelsten Stunden machte Ryan Adams keinen Hehl, sondern lieferte wieder eines von diesen schwermütigen, getragenen Alben ab, die sein Publikum so mag. Mit dem 2014 erschienenen, selbstbetitelten 14. Longplayer schaffte Adams in einer Phase, in der kaum noch Jemand mit ihm gerechnet hätte, Grosses. Im selben Jahr fand er auch noch Zeit, Taylor Swift's Album "1989" zu covern, ehe er 2017 mit "Prisoner" wieder originäres Material folgen liess. Ab Februar 2019 sprach man im Zusammenhang mit Adams plötzlich nicht mehr nur über Musik. Die New York Times zitierte sieben Frauen, darunter seine Ex-Frau Mandy Moore, die dem Sänger manipulatives Verhalten und sexuelle Belästigung vorwarfen. Er habe den Frauen Karrieren in der Musikbranche versprochen und im Gegenzug sexuelle Gefallen eingefordert. Mit einer zum damaligen Zeitpunkt 14-Jährigen soll Adams über zwei Jahre mitunter anzüglichen Chat-Kontakt gepflegt haben, weshalb sich das FBI einschaltete. Die Entwicklungen in der Sache führten dazu, dass sein für April 2019 geplantes Album "Big Colors" auf Eis gelegt wurde. Ryan Adams hatte drei neue Studioalben eingespielt, die alle in 2019 erscheinen sollten.




Jun 11, 2019


STEPPENWOLF - Monster (ABC Dunhill Records DS-50066, 1969)

Der Frontmann und Sänger John Kay wurde als Joachim Fritz Krauledat am 12. April 1944 in Tilsit (Ostpreussen) geboren. Als er vier Jahre alt war, floh seine Mutter mit ihm aus der sowjetischen Besatzungszone nach Hannover. Dieses Erlebnis wurde im Lied "Renegade" auf dem Album "Steppenwolf Seven" verarbeitet. Nach zehn Jahren in Westdeutschland, wo der junge Joachim über die Soldatensender BFN und AFN den Rock’n’Roll kennenlernte, emigrierte die Familie 1958 nach Kanada.

Kays erster Band The Sparrow, einer experimentierenden Folk-Gruppe im Torontoer Stadtteil Yorkville und später in San Francisco, war wenig Erfolg beschieden, und so formierte Kay die Band neu mit dem Schlagzeuger Jerry Edmonton, dem Keyboarder Goldy McJohn, dem 17-jährigen Nachwuchs-Gitarristen Michael Monarch und dem Bassisten Rushton Moreve. Andere Quellen benennen den ebenfalls deutschstämmigen Bassisten Nick St. Nicholas als Gründungsmitglied. Er war Mitglied bei The Sparrow und hatte die Band bereits verlassen, als aus ihr Steppenwolf wurde. Zu dieser Zeit spielte er bei T.I.M.E. Nach dem Weggang Moreves kehrte er zurück und ersetzte ihn. Der Name Steppenwolf wurde nach dem gleichnamigen Roman Hermann Hesses gewählt. In nur vier Tagen wurde 1968 das Debüt-Album "Steppenwolf" aufgenommen.

Der von dem ehemaligen Sparrow-Mitglied Dennis Edmonton, Bruder von Schlagzeuger Jerry Edmonton, als Mars Bonfire geschriebene Song "Born To Be Wild" (US No. 2 der Billboard Hot 100) wurde 1968 der erste Hit der Band. Als dieses Lied 1969 im Road Movie Easy Rider die Titelsequenz mit den über die Colorado-Brücke und die Route 66 fahrenden Harley-Davidson-Motorrädern begleitete, wurde die Band schlagartig weltberühmt. Im Film wurde ausserdem mit Steppenwolfs "The Pusher" ein Drogendeal untermalt, dessen Gewinn in Form von Dollar-Noten symbolträchtig in dem mit der US-Flagge bemalten Benzintank versteckt wird. Das Lied stammt im Original vom Country-Sänger und Schauspieler Hoyt Axton; es richtet sich gegen den profitorientierten Drogenhandel, verteidigt jedoch das individuelle Recht auf Drogenkonsum. Auch in Live-Auftritten, wie etwa im Musikladen, verkörperte John Kay das Image des grimmigen Rockers und Outlaws in schwarzem Leder mit dunkler Sonnenbrille. Die Brille trägt er allerdings aufgrund einer angeborenen Achromatopsie; er gilt als legally blind (blind nach gesetzlicher Regelung, seine Sehstärke liegt bei 21 %) und darf somit auch keinen Führerschein erwerben.

Die Band hatte weitere Erfolge mit den Liedern "Magic Carpet Ride" (US 3), "Hey Lawdy Mama" (US 35), "Rock Me" (US 10) und "Monster" (US 39), mit dem das Amerika der Nixon-Ära kritisiert wurde. "Monster" hiess auch das vierte Studioalbum der Band. Das Album wurde im November 1969 von ABC Dunhill Records veröffentlicht. Es war ihre erste LP mit dem neuen Leadgitarristen Larry Byrom anstelle von Michael Monarch. Das Album war das politischste von Steppenwolf und bezog sich auf wichtige Themen wie den Vietnamkrieg. Das Werk war auch das erste Steppenwolf-Album, das keinen US Top Ten-Hit enthielt, obwohl zwei Singles aus dem Album die Top 40 knackten: "Move Over" und das auf Singles-Länge zurückgestutzte "Monster", das im LP-Original als dreiteiliger Song, bestehend aus den Untertiteln "Monster", "Suicide" und "America" bestand und über 9 Minuten lang war.

Die Kritiker-Bewertungen für das Album "Monster" waren im Allgemeinen negativ. Die Zeitschrift Rolling Stone bemerkte, dass das Spiel der einzelnen Interpreten zwar erstklassig zu nennen sei, aber dass die Song-Arrangements schlampig und plump geworden seien, da die frühen Zappa-Texte ständig mit der Musik kollidieren würden. AllMusic beurteilte das Album in einer retrospektiven Rezension und bemerkte, dass diese schwerfälligen Hardrock-Songs kein wirksames Mittel waren, um wichtige politische Themen politisch oder musikalisch glaubwürdig herüberzubringen. Der Village Voice-Kritiker Robert Christgau hingegen lobte das Album. Christgau bewertete das Album mit B + und nannte es ein exzellentes Comeback, obwohl er der Meinung war, dass die predigenden Texte das Endergebnis etwas beeinträchtigten.

1972 brach die Gruppe Steppenwolf nach turbulenten Jahren mit mehreren Umbesetzungen auseinander. Kay begann eine Solo-Karriere (Alben "Forgotten Songs And Unsung Heroes" von 1972 und "My Sportin' Life" von 1973). Mitte der 70er Jahre traten Steppenwolf noch einmal im Rahmen einer Tour auf, um sich dann nach der Veröffentlichung dreier weiterer Studioalben zwischen 1974 und 1976 abermals zu trennen. John Kay brachte 1978 ein weiteres Soloalbum mit dem Titel "All In Good Time" heraus. Nachdem einige der vielen ehemaligen Bandmitglieder den Namen für eigene Projekte genutzt hatten, sicherte sich Kay die Rechte und tritt seither als John Kay and Steppenwolf auf. Die verschworene Anhängerschaft der Band bezeichnet sich als Wolf Pack (Wolfsrudel). Im Jahr 2012 feierten John Kay & Steppenwolf das 45-jährige Bandbestehen.

Im Jahre 1974 traf sich ein Fragment der Gründungsmitglieder, bestehend aus John Kay, Jerry Edmonton und Goldy McJohn, mit dem Bassisten George Biondo und dem Leadgitarristen Bobby Cochran in John Kays Privatstudio Sound Factory und nahm die Tracks zur LP "Slow Flux" auf. Da Kay die Band nach dem Roman Hermann Hesse's benannt hatte, lud Hesse's Geburtsstadt Calw ihn 2002 zum Internationalen Hermann-Hesse-Festival ein, bei dem auch andere von Hesse inspirierte Gruppen, wie zum Beispiel Anyone’s Daughter, auftraten.






Jun 10, 2019


13th FLOOR ELEVATORS - The Psychedelic Sounds Of The 13th Floor Elevators
(International Artists IA-LP-1, 1966)

The 13th Floor Elevators waren eine amerikanische Rockband, die im Herbst 1965 in Austin Texas von Roky Erickson, Tommy Hall, Bennie Thurman, Stacy Sutherland und John Ike Walton gegründet wurde. Der Bandname bezieht sich auf den 13. Buchstaben des Alphabets, das M und dieses stand für Marihuana, das einen high machte, also nach oben brachte, wie ein Aufzug (Elevator). Eine andere Interpretation besagt, dass aufgrund von Triskaidekaphobie bei der Geschosszählung vieler amerikanischer Hochhäuser auf die 12 die 14 folgt und der Bandnamen als Paradoxon steht. Die einzige Chart-Positionierung gelang der Single "You’re Gonna Miss Me". Sie erreichte im Jahre 1966 den 55. Platz in den Vereinigten Staaten. Eine erste Aufnahme dieses Songs hatte Erickson bereits 1965 mit seiner alten Band The Spades veröffentlicht, die er kurz darauf verliess. Mit den 13th Floor Elevators kam es Anfang 1966 zu einer neuen Aufnahme des Songs und einer Veröffentlichung unter dem Contact-Label, die zu einem lokalen Erfolg wurde. Die Übernahme der Single durch das Houstoner International Artists Label im gleichen Jahr erreichte dann die Billboard-Charts. Bald darauf folgte eine Einladung in Dick Clark's Fernsehsendung American Bandstand.

Noch im selben Jahr veröffentlichte die Band das erste Album "The Psychedelic Sounds Of The 13th Floor Elevators". Die Band war die erste, die sich selbst unter dem Begriff Psychedelic vermarktete. Nur zwei Wochen später griffen Grateful Dead den Begriff ebenfalls auf. Bis 1968 spielten die 13th Floor Elevators noch zwei weitere Studioalben ein. Die Elevators waren bekannt für ihren Konsum von Marihuana und LSD (letzteres war zur Anfangszeit der Band noch kurze Zeit legal), lediglich Schlagzeuger John Ike Walton distanzierte sich frühzeitig davon, nachdem er schlechte Erfahrungen mit seinem zweiten LSD-Trip gemacht hatte. Regelmässige Kontrollen durch die texanische Polizei waren die Folge. Nachdem Erickson, der schon im Vorjahr wegen Schizophrenie behandelt worden war, schliesslich im Jahre 1969 mit einer kleineren Menge Marihuana in Austin aufgegriffen worden war, plädierte er auf Rat seines Anwalts auf nicht zurechnungsfähig, um einer bis zu zehnjährigen Gefängnisstrafe zu entgehen (die Strafen für Marihuanabesitz wurden in Texas erst nach 1970 deutlich abgesenkt). Nachdem er mehrmals aus einer psychiatrischen Klinik in Austin entwichen war, wurde er schliesslich für mehrere Jahre in eine besser gesicherte psychiatrische Anstalt in Rusk überstellt, in der überwiegend schwere Gewalttäter, Vergewaltiger und Mörder einsassen. Die Band löste sich in der Folge 1969 auf. Nach der Auflösung gab es einige Projekte der jeweiligen Mitglieder, jedoch nie eine ernsthafte Wiedervereinigung. Eine Tragödie ereignete sich zudem 1978, als Stacy Sutherland bei einer schweren Auseinandersetzung mit seiner Frau von dieser erschossen wurde.

Die Musik der Band war deutlich vom Rhythm & Blues geprägt und mit dem Stil der Rolling Stones und des jungen Frank Zappa ("Slip Inside This House", "Trouble Every Day") in den 60er Jahren vergleichbar. Ungewöhnlich jedoch war die energisch kreischende Stimme von Roky Erickson und der mit einem Mikrophon elektrisch verstärkte Jug von Tommy Hall. Der Jug steht in der Tradition des Blues und ersetzte vornehmlich während der 30er Jahre den sperrigen und teuren Kontrabass. Im Grunde handelte es sich dabei um eine grössere, bauchige Flasche, in die hinein geblasen wurde. Solche Bands wurden als Jug Bands bezeichnet. Tommy Hall erzeugte damit hohe, rhythmische Stakkatotöne, deren Frequenz und Tonlage leicht variierte. So entstand ein Klangteppich im Hintergrund der Musik, welcher der Band einen einzigartigen und ungewöhnlichen Charakter verlieh. Neben den Amazing Charlatans waren The 13th Floor Elevators die erste Band, die unter Einfluss von LSD live spielte. Sie sahen sich selbst allerdings als bessere Live-Band. Ausserdem hatten die 13th Floor Elevators externe Songwriter. Unter anderen waren das Tommy Hall's Frau, Clementine Hall ("Splash 1", "I Had to Tell You") und Powell St. John ("Kingdom Of Heaven", "Monkey Island", "You Don’t Know", "Take That Girl", "Right Track Now"), der in den 60er Jahren auch Einfluss auf viele andere Musiker in Austin Texas, hatte. Die Stücke "You’re Gonna Miss Me" und "Slip Inside This House" sowie das Album "The Psychedelic Sounds of the 13th Floor Elevators" zählen heute zu den Klassikern des Garagenrock bzw. Psychedelic Rock.

Die 13th Floor Elevators waren unbestritten das Lebenswerk von Roky Erickson. Roger Kynard Erickson, geboren am 15. Juli 1947 in Dallas, Texas, gestorben am 31. Mai 2019 in Austin, Texas war vor seiner wechselhaften Solo-Karriere von 1965 bis zu deren Auflösung im Jahre 1969 Mitglied der Band The 13th Floor Elevators, die zu den Pionieren des Psychedelic Rock zählen. Aufgrund einer psychischen Erkrankung lebte Erickson lange vollkommen zurückgezogen, nahm aber weiterhin Alben auf. Ab 2005 gab er auch wieder regelmässig Konzerte. Roky Erickson wuchs als ältester von fünf Söhnen eines Architekten und einer gesangsbegeisterten Mutter auf. Mit fünf Jahren begann er mit dem Klavierspiel, etwas später kam das Gitarrenspiel hinzu. Kurz vor seinem Abschluss verliess er die Highschool mit dem Ziel, professioneller Rockmusiker zu werden. Etwa zur gleichen Zeit schrieb er sein kommerziell erfolgreichstes Stück "You’re Gonna Miss Me", das er 1965 zunächst mit der Austiner Band The Spades aufnahm. Kurz darauf wechselte er jedoch zu einer anderen lokalen Band, den The 13th Floor Elevators, die einen Sänger suchten und auf Ericksons hohen, extrovertierten Gesangsstil aufmerksam geworden waren.

Bereits im April 1968 wurde Erickson erstmals wegen Schizophrenie behandelt, als er nach der Rückkehr von einer Konzerttour einen erschöpften und verwirrten Eindruck machte und von seiner Mutter in ein Krankenhaus eingeliefert wurde. Er entzog sich jedoch mit der Hilfe seines Bandkollegen Tommy Hall der Behandlung und reiste mit einigen Freunden nach Kalifornien, wo er unter anderem mit Heroin versuchte, die schrecklichen Stimmen in seinem Kopf zum Schweigen zu bringen. Nachdem er kurz darauf an Gelbsucht erkrankte, kehrte er nach Austin zurück. Da die Bandmitglieder in ihrer Heimatstadt als Konsumenten von Drogen wie LSD, Marihuana und Mescalin bekannt waren, standen sie unter besonderer Beobachtung der lokalen Polizei. Nachdem bei Erickson im Jahr 1969 Marihuana gefunden worden war, drohte ihm in Texas eine bis zu zehnjährige Haftstrafe. Sein Anwalt erreichte jedoch aufgrund Ericksons Vorgeschichte, dass er stattdessen wegen Unzurechnungsfähigkeit in eine psychiatrische Anstalt in Austin eingewiesen wurde, aus der er in der Folge mehrmals floh, um seine damalige Frau Dana zu besuchen. Schliesslich verlegten ihn die Behörden in das berüchtigte Rusk State Hospital for the Criminally Insane, wo Erickson und seine überwiegend gewalttätigen Mitinsassen unter strenger Bewachung standen. Es wurde ihm in der Anstalt gestattet, in einer kleinen Band zu spielen, jedoch musste er während seines Aufenthalts immer wieder Behandlungen und Experimente mit Elektroschocks und starken Psychopharmaka über sich ergehen lassen. Er wurde erst Ende 1972 wieder entlassen, nachdem ein Anwalt ihn bei einem Besuch in Rusk wiedererkannt und sich für ihn eingesetzt hatte. In der Zwischenzeit, im Jahr 1970, hatte der Kongress der Vereinigten Staaten die Strafen für den Besitz kleinerer Mengen Marihuana gelockert, sodass es sich auch in Texas nur noch um ein minderschweres Vergehen handelte. Nach dieser Massgabe und der folgenden Rechtsprechung wäre Erickson mit seinem Vergehen aus einem normalen Gefängnis schon längst wieder entlassen worden. Der Anwalt erreichte vor Gericht, dass Erickson einerseits wieder als zurechnungsfähig anerkannt und dass andererseits seine Zeit in Rusk als ausreichende Strafe für das Drogenvergehen angerechnet wurde.

Nach seiner Entlassung gründete er 1975 die Band Bleib Alien, die sich dann später in Roky Erickson and the Aliens umbenannte. Im Laufe der 90er Jahre verschlechterte sich der Zustand Ericksons zunehmend; seine Karriere als Musiker kam zum Stillstand, während mehrfach älteres Aufnahmematerial veröffentlicht wurde. Regelmässige Kontakte pflegte er lediglich noch zu seiner Mutter, die versuchte, sich um ihn zu kümmern. Erickson verwahrloste jedoch zunehmend und verbrachte die meiste Zeit mit dem Ansehen von Cartoonserien und der Ablage und Beantwortung von Werbe- und Postwurfsendungen. Als Sumner, Rokys jüngster Bruder und ebenfalls Berufsmusiker, nach etlichen Jahren wieder nach Austin kam, entschied er sich, seinem Bruder zu helfen. Im Jahre 2005 wurde Keven McAlesters Dokumentarfilm 'You’re Gonna Miss Me' veröffentlicht. Das Filmteam begleitete Erickson zwischen 1999 und 2004 und zeigte, wie Roky Erickson unter Mithilfe seines Bruders Sumner versuchte, wieder Ordnung und Normalität in sein Leben zu bringen. Ergänzt durch zahlreiche Rückblicke auf das Leben Ericksons kamen neben seiner Familie alte Freunde und spätere Weggefährten wie Billy Gibbons, Patti Smith und weitere zu Wort. Der Film wurde im Jahre 2007 in der Kategorie Bester Dokumentarfilm für den Independent Spirit Award nominiert.

Ab dem Jahre 2005 fühlte sich Erickson wieder so gut, dass er allmählich wieder Konzerte gab. Im Jahre 2010 veröffentlichte er nach 14 Jahren erstmals wieder ein Studioalbum. Mit Unterstützung der amerikanischen Indie Rockband Okkervil River erschien "True Love Cast Out All Evil", das bis auf Platz 27 der Billboard-Charts in der Kategorie Independent Album stieg. Sogar eine Wiedervereinigung der 13th Floor Elevators nach mehreren Jahrzehnten Pausen wurde 2015 möglich. Roky Erickson starb am 31. Mai 2019, wie sein Agent und sein Bruder bestätigten. Sie schwiegen allerdings zur Todesursache. Viele Musiker und Kollegen äusserten sich bestürzt über die Meldung. Der Musiker wurde 71 Jahre alt. Er stand zuletzt am 20. April 2019 auf einer Bühne in San Francisco.







Jun 9, 2019


PEARL JAM - Riot Act (Epic Records E2 86825, 2002)

Sie hatten es überlebt. Den Hype, den Selbstmord, die Isolation, das Festival - und immer noch strahlten Pearl Jam diese gewisse Erhabenheit aus, die sie von den vielen Nachahmern abhob. Eddie Vedders Charisma liess sich eben nicht im Labor klonen. Und auch wenn einige der alten Zöpfe inzwischen ab waren, spürte man endlich wieder die Leidenschaft, den Schwung, den Drang des Fünfers. "Riot Act" besass ein Herz, eine Seele und einen Eddie. Es war schon erstaunlich, wie sehr die handwerklich immer über jeden Zweifel erhabene Musik der Grunge-Veteranen mit dessen Vortrag stand und fiel. Diesmal, und da gab es kein Vertun, war man standfest. Vedders Stimme beschwörte eine Intimität herauf, die auch Stadionkonzerte zur kleinen Kammermusik werden liess. Das schnöde Wort von der Ausstrahlung drückte kaum aus, wie sein Flehen und Hauchen, sein Pressen und Säuseln Wirkung hinterliess.

In besinnlichen Momenten wie "Thumbing My Way" oder "Can't Keep" legte Vedder die Lunte für ein unweltliches Brodeln. Um so erdiger fühlten sich Weisheiten wie "It's an art to live with pain, mix the light into grey" an. Gleich darauf wusste man auch, was Vedder so bewegte: "Lost 9 friends we'll never know, 2 years ago today." Die tragischen Ereignisse des Roskilde-Festivals steckten der Band noch immer tief in den Gliedern. Doch der Weg aus dem Trauma führte über die Liebe. Und die Melodie von "Love Boat Captain" malte ein grosses Herz. Doch es war kein lasches Hippietum auf "Riot Act". Stampfend meldeten Tracks wie "Save Me", "Get Right" oder "Ghost" die Richtigkeit des Titels an. Doch dieser verkündete kein zielloses Rüpeln, eher das wissende Lautwerden einer Band, die sich längst gefunden hatte. Selbst bei elektronisch verfremdeten Grooves ("You Are") oder spitzzüngigem Sprechgesang ("Bushleaguer") kratzten Pearl Jam ihre Autorität nicht an. Mit dem furiosen "Green Disease" blickten sie sogar für einen Moment in den Rückspiegel. Und eine Frage ging in die Welt: "Can you feel this world with your heart and not your brain ?"

Kein Druck lastete mehr auf ihren Schultern, so befreit spielte die Band auf. Jeff Aments lyrisches Bass-Spiel liess sich von Matt Camerons Schlagwerk umarmen. Mike McCready posierte zu seinen Griffbrett-Exkursen, während Stone Gossard zu Vedder's Linken stand und freundlich grinste. Kein Solo verkam, kein Fauchen verhallte ungehört, kein Melodiebogen warf sich als leichtfertige Hymne dem schnellen Vergessen an den Hals. "No matter how cold the winter, there's a springtime ahead." Relaxter Optimismus war eingekehrt im Hause Pearl Jam. Wie immer seit dem zweiten Album arbeitete die Band mit Brendan O’Brien zusammen, der das Album zwar wieder nicht produzierte (was er früher tat), aber dafür abmischte. War es noch so, dass "Binaural" mehr oder weniger wie eine Zusammenstellung von Stücken eines jeweiligen Bandmitgliedes wirkte, weil neun der dreizehn Songs von einem Musiker alleine in seinem stillen Kämmerlein verfasst wurden, war auf "Riot Act" offensichtlich mehr Teamwork angesagt gewesen, auch wenn es hier wieder den einen oder anderen Alleingang, meistens von Eddie Vedder, gab. Ich kann mich zumindest nicht erinnern, dass mal alle Musiker (sogar Gitarrist Mike McCready, der sonst eher sporadisch mit dem Songwriting zu tun hatte, auch wenn er auf "Yield" für die Musik dreier Songs alleinverantwortlich war) einen Song zusammen schrieben, was hier bei "Save You" der Fall war.

Ansonsten gab es Lieder von fast allen erdenklichen Kombinationen (Gossard und Vedder, Vedder und Ament, Cameron und Ament oder Vedder und Cameron, ich vermisste eigentlich nur das Duo Ament und Gossard, das seit den "Ten"-Songs "Garden" und "Deep" keinen Song mehr zusammen geschrieben hatte). Dennoch wurde "Riot Act" zu einem der sehr guten Alben von Pearl Jam mit einer deutlich niedrigeren Ausfallquote, als ich das eigentlich erwartet hatte. "Riot Act" war das siebte Album von Pearl Jam. Es erschien im Jahre 2002. Wieder genehmigte sich die Band nach der Tour zum Vorgängeralbum ("Binaural") eine längere Auszeit. Sie begann dann 2002 mit den Aufnahmen zu "Riot Act". Erneut klang das Album experimenteller. Die Band war, nach eigenen Aussagen, beim Schreiben der Songs beeinflusst vom tragischen Unfall während ihres Auftrittes im Jahr 2000 beim Roskilde Festival. Das Album erreichte Platz 5 der US-Charts und Platz 34 in England. Insgesamt konnte die Band auch auf anderen wichtigen Märkten nicht so erfolgreich charten und verfehlte die Top 10 häufig. In den USA gab es nur Gold für "Riot Act". Die ausgekoppelten Singles liefen auch nicht sehr gut. "I Am Mine" kam auf Platz 43 der Billboard Charts, "Save You" erreichte die Top 100 nicht. Immerhin erreichte "I Am Mine" später noch Platz 6 der Modern Rock Charts. Ungeachtet der weniger guten Verkaufszahlen, waren die Kritiker recht angetan vom Album. Es gab vorwiegend gute bis sehr gute Kritiken für "Riot Act".

Neu dabei war der Produzent Adam Kasper, den Drummer Matt Cameron von Arbeiten mit seiner alten Band Soundgarden kannte. Gemixt wurde das Album wieder von Brendan O'Brien. Der Arbeitsprozess ähnelte dem der Vorgängeralben. Die Musiker brachten eigenes Material mit, welches dann gemeinsam ausgearbeitet wurde. Auf "Riot Act" spielte zum ersten Mal Kenneth Boom Gaspar (Orgel) mit, was man dem Gesamtsound der Band deutlich anmerkte.




Jun 6, 2019


DAVID KNOPFLER - Ship Of Dreams (Edel Records 0156792ERE, 2004)

Als Rhythmusgitarrist der Dire Straits wurde David Knopfler weltbekannt. Er kam am 27. Dezember 1952 in Glasgow, Schottland, zur Welt und wuchs in Newcastle Upon Tyne, England, auf. Sein Vater, ein ehemaliger Kommunist aus Ungarn und jüdischer Abstammung, arbeitete dort als Architekt. Sein musikalisches Talent erbte Knopfler von seiner Mutter, die als Lehrerin arbeitete und eine ausgebildete Pianistin war. David Knopfler besuchte die "Gosforth Grammar School" und lernte bereits als Kind das Gitarre-, Klavier- und Schlagzeugspielen. Erste Auftritte absolvierte er mit 14 Jahren in Folk-Clubs. Zu seinen musikalischen Einflüssen zählten u.a. Randy Newman, Bob Dylan, Joni Mitchell, Lowell George und Van Morrison.

Für ein Studium als Sozialarbeiter verschlug es Knopfler nach Bristol, um dort am Polytechnikum seine Ausbildung zu absolvieren. 1977 lernte Knopfler, er arbeitete inzwischen in Greenwich (London) als Sozialarbeiter, den Soziologen John Illsley kennen und zog in dessen Wohnung in Deptford ein. Nur wenig später wohnte auch Knopflers Bruder Mark in Illsleys Apartment und die drei begannen, gemeinsam zu musizieren. Mark Knopfler hatte ausserdem zuvor bei der Pubrock Band Café Racers gespielt, der auch für einige Gigs sein Bruder David angehörte. Als die drei dann noch den Schlagzeuger Pick Withers kennenlernten, gründeten sie die Rockband Dire Straits, die bald international sehr erfolgreich sein sollte. David Knopfler war als deren Rhythmusgitarrist an den Alben "Dire Straits" (1978) und "Communique" (1979) beteiligt, aus denen die Hits "Sultans Of Swing" (1978), "Lady Writer" (1979) und "Once Upon A Time In The West" (1979) stammten.

Weil David Knopfler aber nicht länger bei den Dire Straits im Schatten seines grossen Bruders Mark stehen wollte, der die treibende Kraft in der Band war und alle Songs schrieb, verliess er die Gruppe im Juli 1980, um sich eine Solokarriere aufzubauen. Doch bevor diese so richtig losgehen sollte, zog sich Knopfler mit seiner Frau Anna und Sohn Jackson erst einmal in sein Landhaus bei Diss zurück und gründete das Plattenlabel Paris Records und sein eigenes Management-Büro. Sein erstes Album "Release" erschien 1983. Es enthielt geschickt arrangierte Stimmungsbilder aus Pop-, Rock-, Reggae- und Blues-Elementen, die mit rauen atmosphärischen Gesangsphrasierungen gekoppelt wurden und ihren ureigenen Charakter dokumentierten. Dem Album mit seinen melodieverliebten Rockballaden entsprangen die Singles "Come To Me" (1983), "Madonna's Daughter" (1983), "Sideshow" (1983) und "Soul Kissing" (1983), das in Deutschland ein Radiohit wurde und in die Airplay-Charts kam. Als Gastmusiker wirkten auf Release neben Pino Palladino auch Mark Knopfler und John Illsley von den Dire Straits mit.

Das zweite Album "Behind The Lines" (1985) mit den Auskopplungen "Heart To Heart" und "Shockwave" erhielt durch den übermässigen Einsatz von Synthesizern schlechte Kritiken. Doch stimmungsvolle Popsongs wie "Prophecies" und der Titel-Song "Double-Dealing", zum Tatort-Krimi "Doppelspiel", der im März 1985 ausgestrahlt wurde, deuteten an, dass Knopfler sein musikalisches Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft hatte. Neben der Titelmelodie zum Tatort lieferte der Singer/Songwriter 1985 auch den Soundtrack zum Film "Treffer" (Titel: "When The Rain Stops"). Weitere Produktionen folgten danach für die Filme "Jakob Hinter Der Blauen Tür" (1987) und "Laser Mission" (1989), für die Serie "Der Grosse Bellheim" (1993) und für einen zweiten Tatort mit dem Titel "Wer Zweimal Stirbt", zu dem David Knopfler 1991 den Song "Lonely Is The Night" beigesteuert hatte.

"Cut The Wire" (1986), sein drittes Album, wurde von David Knopfler selbst produziert und mit lyrischen Popsongs und aufwändigen Balladen bestückt. Das Album war erstaunlich frei von Kitsch und Sentimentalität und wurde mit modernster Studiotechnik aufgenommen. Als Singles erschienen 1986/87 die Songs "The Hurricane" und "When We Kiss". Äusserst melodisch klangen auch die Songs seines nächsten Albums "Lips Against The Steel" (1988), das zudem einfallsreiche Arrangements vorweisen konnte und ihm endgültig den Zugang zur Weltspitze ermöglichte. Das Album geriet zum vollmundigen Leckerbissen für sensible Rockhörer, was vor allen Dingen an den in kraftvollen Poprock-Farben getünchten Klanggemälden lag. In den Real World Studios von Peter Gabriel entstand danach Knopflers fünftes Album "Lifelines" (1991), das erneut zu einem klanglichen Meisterwerk geriet und die Singles "Yeah...But What Do Men Want ?" und "Lonely Is The Night" lieferte.

Zwei Jahre später zeichnete sich auch die CD "The Giver" durch ansprechende Kompositionen, einen relaxten Sound, poetische Texte und eine perfekte Produktion aus. Die daraus ausgekoppelten Singles waren "Mercy With The Wine" (1993), "Carry On" (1993) und "Domino" (1994). Anschliessend bereite die nächste Single "Forty Days And Nights" (1994) das Erscheinen von David Knopflers siebtem Werk "Small Mercies" (1995) vor, dessen Songs sehr laidback klangen und Erinnerungen an J.J. Cale, Bob Dylan, Chris Rea und die Dire Straits hervorriefen. Cyber urteilte: "Mit "Small Mercies" legt der unermüdliche Workaholic eine wohltuende Klangoase vor, die sich von dem üblichen Mainstream erfreulich abhebt. Poetische Bilder und sensibles Songwriting machen das Hören zu einem ganz besonderen Erlebnis".

Danach zog sich Knopfler für einige Jahre aus dem Musikgeschäft zurück. Er genoss die ländliche Idylle in Hampshire, wo er ein Cottage besass und beschäftigte sich dort mit seinen Hobbies photografieren und Webdesign. 2001 meldete er sich dann mit dem Album "Wishbones" zurück, auf dem klassisches Songwriting zelebriert wurde. "Wishbones" vermengte lauter britisches Traditionswerk, schwelgte in melodischem, auch mal irisch folkloristisch durchsetztem Singer/Songwriter-Pop und verzichtete also auf die gelegentlich arg bemüht wirkenden Amerikanismen. Produziert von Chris Kimsey, wurde das sympathische Album mit Hilfe von Chris Rea (Gitarre), Eddie Reader (Gesang), Harry Bogdanovs (Gitarre, Klavier, Banjo, Bass, Gesang) und den beiden ehemaligen Dire Straits-Musikern Chris White (Saxophon) und Alan Clarke (Keyboards) eingespielt. Das Magazin Stereo lobte die CD als ein melodiebewusstes und vollmundiges Werk und wählte das Album im Januar 2002 sogar zur CD des Monats. Die CD brachte die Singles "May You Ever" (2001) und "A Clear Day" (2002), das im Original von John Martyn stammte, hervor. Entspannte, intime Folkpop-Songs mit Country- und Blues-Zutaten gab es danach auf der CD "Ship Of Dreams" mit der Single "4 U (Rabbit Song)" (2004) zu hören, auf der Gäste wie Chris Rea, Jule Neigel, Pete Shaw und Alan Clarke mitwirkten. Vorgestellt wurden die neuen Songs in Deutschland während einer neun Stationen umfassenden Tournee im September und Oktober 2004.

Sich und seinem Stil blieb David Knopfler auch auf dem Werk "Songs For The Siren"(2006) treu, das ihn als einen sensiblen Songwriter auswies. Das von Tony Carey (Peter Maffay, ex-Rainbow) produzierte Album bestach durch 11 intensive Tracks, deren Spektrum von Midtempo-Rock ("Steel Wheels") und Laidback-TexMex ("Somebody Kind") bis hin zu Folk ("Fire Down Below"), Piano-Ballade ("Washing Horses In Eden") und Pop ("Accidents Don't Just Happen") reichte. Ausserdem zeigte die im Digi-Pak erhältiche CD auf dem Frontcover eine wunderschöne Zeichnung des Künstlers Antoine de Villiers, welche die Stimmung der Songs bestens wiedergab. 2008 wurde in limitierter Auflage das Best of Album "Compilation" veröffentlicht. 2009 erschien die letzt genannte Zusammenstellung mit einem Bonustitel als "The Anthology 1983 -2008". Im September 2011 ging er mit seinem langjährigen Partner Harry Bogdanovs in ein Londoner Studio und nahm live im Studio 18 akustische Songs auf, davon sieben neue Kompositionen. Die Doppel-CD "David Knopfler with Harry Bogdanovs Acoustic" erschien im Oktober 2011. Am 11. Oktober 2012 entstand bei einem Konzert in Erfurt die Live-CD "Made in Germany".

David Knopfler präsentierte im September 2015 im Rahmen der "Grace Tour 2015/2016" die neue Studio-CD "Grace". Neben Harry Bogdanovs wirkten bei den Aufnahmen unter anderem auch Martin Ditcham und Pete Shaw von der Knopfler-Band mit. Abseits der Musik engagiert sich der sozial ausgerichtete Singer/Songwriter auch immer wieder für Projekte von Amnesty International, Greenpeace und Adopt A Minefield.




Jun 5, 2019


MICHAEL ROTHER - Flammende Herzen (Sky Records sky 007, 1977)

Der 1950 in Hamburg geborene Michael Rother sammelte seine ersten musikalischen Erfahrungen zwischen 1965 und 1971 als Gitarrist der Düsseldorfer Band Spirits Of Sound, bevor er Anfang des Jahres 1971 zur Gruppe Kraftwerk wechselte. Im Jahre 1971 nahm ihn ein Arbeitskollege aus der psychiatrischen Einrichtung in Neuss, in der Rother zu der Zeit seinen Zivildienst leistete, mit zu einer Session der Gruppe Kraftwerk. Bei dieser Session wollte die Band Musikaufnahmen für eine Filmproduktion machen. Irgendwie ergab es sich, dass Michael Rother mit dem Kraftwerk-Musiker Ralf Hütter zusammen jammte. Die anderen Kraftwerk-Musiker bekamen das mit und kontaktierten Rother zwei Wochen später mit der Frage, ob er nicht bei Kraftwerk als festes Mitglied einsteigen wolle.

Zwischenzeitlich war Ralf Hütter bei Kraftwerk ausgestiegen um sein Studium zu beenden, und die anderen Musiker erinnerten sich an Michael Rother und seine Leistung bei der Jam-Session. In der Besetzung Florian Schneider, Klaus Dinger und Michael Rother gab die Gruppe Konzerte, unter anderem eines im damaligen Beat Club. Mitschnitte dieses Auftritts fanden im Laufe der Jahre auch den Weg auf CDs und Platten, jedoch nicht auf reguläre und offizielle Publikationen, sondern ausschliesslich auf Bootlegs. Ansonsten gibt es keine Tondokumente von Rothers kurzer Zeit bei Kraftwerk. Nachdem die Band versuchte, Songs für das zweite Studio-Album einzuspielen, stiessen die Musiker schnell an ihre Grenzen. Im Studio klappte nicht das, was live auf der Bühne so wunderbar funktionierte und harmonierte. Klaus Dinger und Michael Rother stiegen deshalb bei Kraftwerk aus und gründeten mit Neu! ein gemeinsames Projekt.

Im Jahre 1972 veröffentlichte die Band ihr Debüt-Album "NEU!". Bei Neu! machten die beiden Musiker genau die gleichen Erfahrungen wie bei Kraftwerk mit dem Unterschied, dass sie im Studio hervorragend zusammenarbeiten konnten, die musikalische Umsetzung auf der Bühne aber scheiterte. Die beiden Musiker stellten weitere Versuche, mit Neu! auf die Bühne zu gehen, kurze Zeit später komplett ein. Weil Rother aber sehr gerne wieder auf die Bühne und live spielen wollte, gründete er 1973 parallel zur Gruppe Neu! das Projekt Harmonia. Gemeinsam mit Dieter Moebius und Hans-Joachim Roedelius bildete Michael Rother die Besetzung dieser Band. Die Gruppe veröffentlichte insgesamt zwei Alben und war live sehr erfolgreich (Die Platten allerdings weniger). Im Jahre 1974 lernten die Musiker von Harmonia den britischen Musiker Brian Eno (Roxy Music) kennen, als dieser ein Konzert von Harmonia besuchte. Daraus entwickelte sich eine Freundschaft, und es kam sogar zu gemeinsamen Produktionen im bandeigenen Studio. Eine Veröffentlichung dieser Zusammenarbeit auf Tonträger erfolgte allerdings erst im Jahre 2009.

Für die Aufnahmen zum Album "NEU '75" kehrte Michael Rother kurzzeitig zur Gruppe Neu! zurück. Da sich die musikalischen Interessen der beiden Musiker von Neu! inzwischen verschoben hatten, und Klaus Dinger in der Zwischenzeit auch schon mit anderen Musikern arbeitete, war für beide klar, dass nach der Albumproduktion mit Neu! Schluss sein würde. Nach der Album-Veröffentlichung kehrte Rother zur Gruppe Harmonia zurück, und Klaus Dinger gründete mit seinem Bruder Thomas und Hans Lampe die Gruppe La Düsseldorf. Mit Harmonia war Michael Rother noch bis im Sommer 1976 aktiv, dann löste sich die Band ebenfalls auf.

Nach diversen Erfahrungen in mehreren Bands plante Michael Rother, eine Solokarriere zu starten. Er zog sich zurück und arbeitete an eigenem Songmaterial, das er im Jahre 1977 auf dem Album "Flammende Herzen" veröffentlichte. Die grossen Plattenfirmen nahmen zuerst Abstand von einer Veröffentlichung von Rother's Songs. Erst als die Platte beim kleinen Label Sky Records veröffentlicht wurde und beim Publikum sehr gut ankam, wurde das Label Polydor auf Rother aufmerksam und nahm ihn unter Vertrag. Trotz der Erfolge Rother's als Solist, ging der Künstler mit Beginn seiner Solokarriere (vorerst) nicht mehr auf Tournee und spielte auch keine Konzerte mehr. In den folgenden Jahren veröffentlichte der Musiker immer wieder neue Alben, darunter die Platten "Katzenmusik" (1979), "Fernwärme" (1982) und "Traumreisen" (1987). Zwischendurch arbeitete er aber auch immer wieder mal mit anderen Musikern zusammen, wie zum Beispiel mit seinen alten Weggefährten Moebius, Roedelius und Eno. Ferner schrieb und produzierte er Musik für Theater und Film.

Ende der 90er Jahre gab Michael Rother sein Live-Comeback. Im Rahmen der "Komm '98" in Düsseldorf spielte er nach 22-jähriger Bühnenabstinenz erstmals wieder live vor Publikum. Seitdem ist Michael Rother immer wieder mal live auf der Bühne zu sehen und hören, wie etwa im Jahre 2004 zusammen mit dem Red Hot Chili Peppers-Gitarristen John Frusciante bei zwei Konzerten in Amerika, und 2010 auf der Welt-Tournee "Hallogallo 2010 - Rother & Friends spielen Songs von NEU!", wo er mit musikalischen Gästen Songs von Neu!, Harmonia und seinem Solo-Fundus live präsentierte.




Jun 2, 2019


BUDKA SUFLERA - Cień Wielkiej Góry Live / Woodstock Festival Poland 2014
(Złoty Melon Records LP TZ053, 2014)

Die Band Budka Suflera aus Polen wurde offiziell 1974 gegründet, aber die Wurzeln reichen bis in die späten 60er Jahre zurück. Im Jahre 1969 spielte der spätere Budka Suflera-Sänger Krzysztof Cugowski in einer Viererbesetzung, zusammen mit dem Gitarristen Krzysztof Brozi, dem Bassisten Janusz Pedzisz und dem Schlagzeuger Jacek Grün. Die Band coverte Musik internationaler Künstler wie etwa John Mayall, Jimi Hendrix und Led Zeppelin. Es kam auch zu Produktionen beim polnischen Rundfunk und diversen Live-Auftritten bei lokalen Veranstaltungen, die Gruppe löste sich jedoch noch im gleichen Jahr wieder auf. Krzysztof Cugowski schloss sich 1970 der Gruppe Stowarzyszenie Cnot Wszelakich an, bei der sein alter Schulfreund Romuald Lipko spielte. Nach einigen personellen Umbesetzungen wurde die Gruppe in Budka Suflera umbenannt. Kurze Zeit später veröffentlichten Budka Suflera ihren ersten Titel, eine beim polnischen Rundfunk produzierte Coverversion des Bill Withers Hits "Ain't No Sunshine", die im Polnischen "Sen o dolinie" heisst. Dieser Song wurde zum ersten kleinen Erfolg der noch jungen Formation und wurde sehr häufig im polnischen Rundfunk gespielt. Dieser Erfolg zog das Angebot der Plattenfirma Polskie Nagrania Muza nach sich, dort eine eigene Platte zu produzieren. Bei diesem Label veröffentlichte die Gruppe Budka Suflera dann später (1975) auch ihr Debüt-Album.

Noch im Herbst 1974 nahm die Band das Lied "Cien wielkiej góry" auf. Inspiriert durch den Tod zweier polnischer Bergsteiger (Zbigniew Stepek und Andrzej Grzazek), die 1973 im Himalaja tödlich verunglückten, entstand dieses Stück. Auch dieser Titel wurde für die Band zum Erfolg und machte sie landesweit noch bekannter. Der Song gehört bis heute zu den am meisten auf polnischen Samplern und Kopplungen veröffentlichten Titeln. Nach Aufnahmen weiterer Lieder stieg Schlagzeuger Zbigniew Zielinski aus und wurde durch Tomasz Zeliszewski ersetzt. Kurz danach erschien eben erwähntes Debüt-Album "Cien wielkiej góry". Auf dieser Platte befindet sich der Titel "Szalony kon", bei dem Czeslaw Niemen als Gastmusiker zu hören ist, der dem Song mit seinem Moog Synthesizer einen psychedelischen Anstrich verlieh. Diese seinerzeit innovative Rock-Suite hat eine Laufzeit von über 19 Minuten und nimmt die komplette B-Seite der Platte ein. Während sich ihr erster großer Hit "Cien wielkiej góry" ebenfalls auf der Platte wiederfindet, sucht man ihre erste Produktion "Sen o dolinie" dort aber vergeblich. Trotzdem der Titel häufig im Radio gespielt wurde, unterband die Plattenfirma aber eine Veröffentlichung auf Schallplatte. Grund dafür war, dass Polskie Nagrania Muza nur Kompositionen und Texte der Band auf der ersten Platte veröffentlichen wollte. Ferner handelte es sich bei dem Song um eine Coverversion eines internationalen Titels, genauer gesagt einem aus den USA.

Das Album wurde zu einem Riesenerfolg für Budka Suflera und verkaufte sich wie geschnitten Brot. Nach der Veröffentlichung ging die Band auf eine ausgedehnte Konzertreise, die sie unter anderem auch in die DDR führte. Während des Aufenthalts in der DDR wurden mit Budka Suflera einige ihrer Titel in deutscher Sprache produziert. Angeblich soll es auch Pläne für ein komplettes Album gegeben haben. Gerüchten zufolge soll es aber daran gescheitert sein, dass Cugowski einen Aufnahmetermin im Studio verpasste, und wegen dem Ende der DDR-Tournee keine weiteren Termine für Aufnahmen mehr gefunden werden konnten. Die deutschen Titel der Band wurden im Rundfunk der DDR gespielt und erfreuten sich großer Beliebtheit. Auf Platte erschien jedoch nur der Song "Fang neu an" auf einem Sampler im Jahre 1977. Insgesamt sind aber fünf deutsche Lieder entstanden, wovon zwei weitere nach der Wende (in den 90er Jahren) auf CD veröffentlicht wurden.

Im Jahre 1976 veröffentlichte die Band mit "Przechodniem bylem miedzy wami" ihre zweite LP. Die Platte konnte an die Erfolge des Debüt-Albums nicht anknüpfen. Ebenfalls 1976 nahm die Gruppe am Internationalen Schlagerfestival der sozialistischen Länder in Dresden teil. Noch im gleichen Jahr entschloss sich Cugowski, die Band zu verlassen und eine Solokarriere zu starten. Nach zweijähriger Pause stellten die verbliebenen Musiker Stanislaw Wenglorz als neuen Sänger vor. Er blieb allerdings nur kurz und wurde noch im gleichen Jahr von Romuald Czystaw abgelöst. In den 80ern spielte Budka Suflera als Begleit-, Live- und Studioband für die polnische Sängerin Urszula (Urszula Kasprzak, geb. 7. Februar 1960 in Lublin). Neben Urszulas Veröffentlichungen brachte die Band aber auch weiterhin eigene Platten raus, verstärkt ganz besonders wieder ab 1984, nachdem Krzysztof Cugowski als Sänger zu Budka Suflera zurückgekehrt war.

Die Band ist bis heute aktiv und veröffentlicht nach wie vor neue Songs und CDs. Gastspiele führten Budka Suflera in die ganze Welt. Anfang des neuen Jahrtausends reiste die Formation zu Plattenaufnahmen sogar in die USA und spielte auch wieder Live-Konzerte in Deutschland. Das musikalische Schaffen der polnischen Rockgruppe ist inzwischen vollständig auf CD erschienen. Neben den normalen Alben sind auch diverse Sammlerboxen in Polen veröffentlicht worden. Übrigens ist Romuald Lipko der einzige Musiker, der von Anfang an ununterbrochen dabei war und bis heute zur Besetzung von Budka Suflera zählt.





THE BEATLES - Let It Be (Parlophone Records P-PCS 7096, 1970)

"Let It Be" war das zwölfte und letzte Studioalbum der Beatles, das am 8. Mai 1970 in Grossbritannien und Deutschland veröffentlicht wurde. In Grossbritannien war es einschliesslich des Kompilationsalbums ihr 13. Album, in Deutschland war es einschliesslich der Kompilationsalben ihr 17. Album. In den USA erschien es am 18. Mai 1970, hier war es ihr 20. Album. Obwohl es zum grössten Teil bereits vor dem Album "Abbey Road" eingespielt wurde, erschien es erst danach, parallel zum gleichnamigen Film 'Let It Be'. Zu diesem Zeitpunkt existierte die Band bereits nicht mehr. Nach den Problemen und zahlreichen Streitigkeiten zwischen den Gruppenmitgliedern bei der Arbeit am Album "The Beatles", dessen letzte Aufnahmen Mitte Oktober 1968 fertiggestellt wurden, war es Paul McCartney, der als treibende Kraft nach einem Ausweg aus der Krise suchte. Ihm schwebte vor, die Gruppe wieder an ihre Ursprünge zurückzuführen, die Beatles als Live-Band zu reaktivieren. Seine Bandkollegen John Lennon und George Harrison zeigten sich wenig begeistert. Ein Konzert kam auf keinen Fall in Betracht, aber Harrison erklärte sich mit einem Film oder einer Fernsehshow einverstanden.

Der Produzent George Martin hierzu: "Die Beatles sagten: ‚Lass uns ein komplett neues Album machen, dessen Stücke noch keiner kennt und das vor Publikum.‘ Eine grossartige Idee, allerdings konnte man im Februar nirgendwo in England ein Open-Air-Konzert veranstalten, und es gab keinen Saal, um die Beatles und all ihr Gefolge aufzunehmen. Kalifornien kam uns in den Sinn, aber das war dann doch zu teuer. Wir überlegten nach Marrakesch zu gehen und die Leute einfach mitzunehmen. Aber der Vorschlag fiel ebenfalls durch. Am Ende standen wir trotz allem mit leeren Händen da. Also zogen sie in die Twickenham Film Studios, um dort ihre Stücke einzuspielen, und ich kam mit. Es gab viele Diskussionen und wenig Einigkeit. Zu jener Zeit kamen sie mir wie ein steuerloses Schiff vor. Die vier mochten sich nicht mehr besonders, und ständig kam es zu Reibereien zwischen ihnen". Ohne eine klare Vorstellung über das Projekt zu haben, fanden sich die Beatles am 2. Januar 1969 in den Twickenham Film Studios ein, um Stücke für einen eventuellen Live-Auftritt zu proben. Für die Tonaufnahmen waren George Martin und Glyn Johns verantwortlich. Da beschlossen worden war, die Arbeiten filmisch zu dokumentieren, wurde Michael Lindsay-Hogg als Regisseur engagiert. Die Spannungen innerhalb der Gruppe hielten allerdings an und erreichten einen Höhepunkt, als George Harrison nach wiederholten Meinungsverschiedenheiten mit John Lennon und Paul McCartney am 10. Januar 1969 seinen Abschied von den Beatles erklärte und vorübergehend seine Mitarbeit am Projekt beendete.

Nachdem Harrison nach einigen Tagen wieder zurückgekehrt war, wurde die Idee einer Live-Fernsehshow aufgegeben und stattdessen beschlossen, einen Dokumentarfilm über die Entstehung des neuen Beatles-Albums zu drehen. Die letzten Aufnahmen in Twickenham fanden am 16. Januar 1969 statt. Am 20. Januar 1969 zogen die Beatles in ihr eigenes Studio im Keller des Apple-Büros in der Londoner Savile Row um. Zwei Tage später begannen dort die ersten Aufnahmen, nachdem Studioequipment von den Abbey Road Studios hatte geliehen werden müssen, da sich das von Alex Mardas konstruierte Apple-Aufnahmestudio als völlig unbrauchbar erwiesen hatte. Der Produzent der Aufnahmen war wieder überwiegend George Martin, seine Produzententätigkeit wurde gleichberechtigt durch seinen Toningenieur Glyn Johns unterstützt, der im Gegensatz zu George Martin bei allen Aufnahmen zugegen war. George Martin sagte dazu: "Damals durchlebten sie gerade eine revolutionäre Phase und wollten unbedingt etwas Neues bringen, und vor allem wollten sie einen neuen Tontechniker. Mit Geoff Emerick ging es nicht mehr, und so kam Glyn Johns an Bord. Ich glaube, im Grunde suchten sie einen neuen Produzenten, aber niemand hat mir gegenüber so etwas auch nur angedeutet, und deswegen war ich immer noch dabei".

Die Stimmung bei den Aufnahmen entspannte sich. Zum einen, weil die Beatles sich im eigenen Apple-Studio wohler fühlten als in der unpersönlichen Umgebung des Filmstudios, zum anderen, weil Billy Preston auf Einladung Harrisons am 22. Januar zur Gruppe stiess. Durch seine Anwesenheit bemühten sich die Beatles um einen freundlicheren Umgang miteinander. George Harrison über Billy Preston: "Billy kam mit mir in den Keller der Apple Studios, und ich sagte: ‚He, erinnert ihr euch an Billy ? Hier ist er in voller Lebensgrösse. Er könnte doch Klavier spielen.‘ Also setzte er sich ans elektrische Piano, und sofort verbesserte sich die Stimmung im Raum um 100 Prozent". Bis zum Ende des Monats entstanden zahlreiche Aufnahmen, die meisten allerdings wenig strukturiert, in spontanen Jam Sessions. Die Gruppe spielte dabei neben einigen neuen eigenen Liedern viele Coverversionen aus der Rock’n’Roll-Ära. Die abschliessenden Aufnahmen fanden am 30. und 31. Januar 1969 statt. Am 30. Januar begab sich die Gruppe, unterstützt von Billy Preston am Keyboard, auf das Dach des Apple-Gebäudes und spielte dort das sogenannte Rooftop Concert. Gespielt wurden die Titel "Get Back", "Don’t Let Me Down", "I’ve Got a Feeling", "One After 909" und "Dig A Pony", einige davon mehrfach. Am folgenden Tag wurden erneut die Songs aufgenommen, die für den Auftritt auf dem Dach nicht geeignet waren. Es handelte sich dabei um das akustische Gitarrenstück "Two Of Us" und die Klavierstücke "The Long And Winding Road" und "Let It Be". Am 5. Februar 1969 erfolgten die Abmischungen des Rooftop-Konzerts.

Anfang März 1969 übertrugen Lennon und McCartney Glyn Johns die Aufgabe, sich um die Fertigstellung des Albums zu kümmern. Johns stand vor dem Problem, aus den zahlreichen Stunden aufgenommener Sessions, viele davon chaotisch und wenig inspiriert, genügend Material zu finden, das für eine Veröffentlichung geeignet war. Johns erarbeitete mehrere Versionen, wobei er darum bemüht war, die Aufnahmen möglichst natürlich und unbehandelt klingen zu lassen. Zudem fügte er viel Studiogerede, das während der Aufnahmesitzungen mitgeschnitten worden war, zwischen die einzelnen Lieder, um die Atmosphäre bei den Studiosessions zu vermitteln. Die Abmischungen für das Album erfolgten in den Olympic Sound Studios vom 10. bis zum 13. März 1969. Am 7. April 1969 stellten Glyn Johns und Paul McCartney die Single "Get Back" / "Don’t Let Me Down" fertig, die dann vier Tage später in Grossbritannien (USA: 5. Mai, Deutschland: 21. April) veröffentlicht wurde, die Single erreichte in den drei Ländern die Nummer 1 Position der jeweiligen Charts und wurde ihr 16. Nummer 1 Hit in Grossbritannien und 17. in den USA, in Deutschland wurde es ihr neunter Nummer 1 Hit. Die Veröffentlichung der Single erfolgte unter der Interpretenbezeichnung The Beatles with Billy Preston, so wurde ein Gastmusiker der Beatles erstmals als Mitinterpret explizit erwähnt.

Für das Cover war ursprünglich geplant, das Motiv des ersten Albums "Please Please Me" nachzustellen. Als Fotograf wurde Angus McBean engagiert, der die Beatles bereits 1963 fotografiert hatte und posiert wurde am 13. Mai 1969 an gleicher Stelle des EMI-Bürogebäudes in London. Das Foto wurde allerdings nicht für das Album "Let It Be" verwendet, sondern diente später als Coverbild der Zusammenstellung "1967 - 1970". Das Album erschien mit verschiedenen Covergestaltungen, wobei sich das Vordercover im Wesentlichen an der Hülle der britischen Single "Let It Be" orientierte. Neben der am meisten verbreiteten normalen Albumhülle, die vier Einzelfotos der Beatles zeigt, gab es zwei Varianten: In den USA erschien das Album in einem Klappcover, in dessen Innenseiten Fotos vom Film zu sehen sind. In Grossbritannien und mehreren anderen Ländern, darunter in Deutschland, Frankreich, Kanada, Australien und Japan, wurde das Album 1970 in einer Box veröffentlicht, die neben dem Album das Buch 'Get Back' enthielt, das auf 164 Seiten Fotos und Dialoge des Films beinhaltete. Das Coverdesign wurde von John Kosh gestaltet, die Fotos stammen von Ethan A. Russell, der Begleittext des Buches ist von Jonathan Cott und David Dalton.







Jun 1, 2019


FLOYD WESTERMAN - The Land Is Your Mother (Trikont Records US-08-0110, 1984)

Wie die meisten amerikanischen Ureinwohner seiner Generation wurde Floyd Westerman im Alter von fünf Jahren aus den Armen seiner Familie gerissen und in ein fast 160 Kilometer entferntes Regierungsinternat geschickt. Diese offensichtlichen Versuche, die indianische Zivilisation zu zerstören, indem Familien getrennt und Traditionen überholt wurden, gerieten schliesslich zu einem der vielen Themen, die Westerman auf sich nahm, als er sich zu einem wichtigen indianischen Protestsänger und Schauspieler entwickelte.

Als Dakota Sioux blieb Westerman die nächsten 12 Jahre im Internat, bis er die Highschool beendet hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte er Gitarre gelernt, nachdem er die älteren Schüler beim Spielen und Erlernen einiger grundlegender Akkorde beobachtet hatte. Wie viele Spieler, die mit Rock- oder Volksmusik anfangen, hatte er das Gefühl, dass das Erlernen von drei Akkorden ausreichte, um einen Grossteil der damals im Umlauf befindlichen Musik zu spielen, und er hatte Recht. Er mochte Musik und spielte und sang nach seinem Abschluss weiter. Er wurde sowohl von der Volksmusik von Bob Dylan als auch von Buffy St. Marie beeinflusst, aber wie viele amerikanische Ureinwohner liebte er die Country- und Westernmusik sehr und liebte aufrichtig eines seiner ausdrucksstärksten Genies, Hank Williams. Als Hommage an seine eigene Familiendynastie begann Westerman, den Namen Red Cloud zu verwenden, den er von seinem Grossvater geerbt hatte und der wichtige spirituelle Konnotationen unter den Sioux hatte.

Westerman begann im Raum Colorado aufzutreten, und sein Gitarrenspiel verbesserte sich beträchtlich. Zu dieser Zeit knüpfte er eine Freundschaft mit dem jungen Schriftsteller Vine Deloria Jr., der auch Songwriter war. Das Thema vieler ihrer Diskussionen war das Fehlen von Liedern über Themen und Traditionen der amerikanischen Ureinwohner. Eine Zusammenarbeit begann, als Westerman Abschnitte aus Delorias Buch 'Custer Died for Your Sins' (Custer starb für deine Sünden) nahm und aus den Themen tiefgreifende, manchmal humorvolle Lieder schuf. Diese Arbeit führte 1969 zur Unterzeichnung eines Plattenvertrags in New York City und schliesslich zur Veröffentlichung des ersten von zwei Alben, die Westerman nach dem Buch seines Freundes aufgenommen hatte. Das Album wies ein starkes Country-Flair auf, das zu Westerman's Stimme passte und ist seitdem ein gefragter Klassiker geblieben. Es ist vergriffen und wurde schliesslich von Westerman selbst veröffentlicht und meistens direkt bei seinen Konzerten und persönlichen Auftritten verkauft.

Westerman trat auf der ganzen Welt auf, einschliesslich grosser Benefiz- und Festivalauftritte, zusammen mit Willie Nelson, Bonnie Raitt, Joni Mitchell, Harry Belafonte, Kris Kristofferson und Jackson Browne. Er war während seiner gesamten Karriere intensiv mit der AIM (American Indian Movement) befasst und hat auf Kongressanhörungen zu Themen der amerikanischen Ureinwohner wie dem Uran-Abbau ausgesagt. Obwohl er für seine musikalischen und Songwriting-Leistungen hoch angesehen ist, hatte er mit seiner Arbeit als Schauspieler tatsächlich mehr Zeit im Rampenlicht des Mainstreams. Er gab sein Filmdebüt in 'Renegades' und spielte den Vater von Lou Diamond Phillips. Seit dieser Zeit enthält seine Liste von Credits Rollen in 'Dances With Wolves', 'The Doors' (er war Jim Morrisons spiritueller Führer), 'Lakota Woman', 'Clearcut' und 'Grey Owl'. Er trat auch auf dem kleinen Bildschirm auf und spielte die Rolle des Onkels Ray in 'Walker Texas Ranger', sowie die Hauptrollen bei 'Northern Exposure', 'LA Law', 'X-Files', 'Millenium', 'Roseanne' und Auftritten als Sitting Bull in der vierstündigen Miniserie 'Son of the Morning Star'.

Westerman hielt einen aktiven Zeitplan, seine Arbeit als Schauspieler und Musiker konzentrierte sich auf "die Institutionen, die unsere Rechte zerstört haben", sagte er. "Darum geht es in unserem Kampf, um unsere spirituellen Rechte und die indische Sichtweise ... Und sie sind so alt, dass die Bibel so aussieht, als ob sie erst vor kurzem geschrieben worden wäre". Floyd Westerman starb an den Folgen einer Leukämie im Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles. Er machte seinen Übergang zur Geisterwelt am 13. Dezember 2007. Floyd war ein Mitglied des Sisseton-Wapheton Sioux Tribe von South Dakota. Er wurde von seiner Frau Rosie Westerman, fünf Kindern, Brüdern, Schwestern und vielen Takosha überlebt. Red Crow studierte Kunst und Sprache und Theater an der Northern State University in South Dakota. Nach seinem Abschluss startete er eine erfolgreiche Musik- und Schauspielkarriere.

Neben seiner denkwürdigen Rolle als Ten Bears in dem mit dem Academy Award TM ausgezeichneten Film "Dances with Wolves" trat er in über 50 Filmen und Fernsehsendungen auf. Mr. Red Crows musikalischer Lebenslauf enthält zwei Alben in voller Länge, von denen eines den Titelsong "Custer Died for your Sins" enthält, der auf dem populären Buch des bekannten indischen Gelehrten / Historikers / Aktivisten Vine Deloria Jr. Red Crow basiert Er ist auf der ganzen Welt aufgetreten und hat Musik erfolgreich in seine langjährige Aktivistenkarriere integriert. Zu seinen Interessen-Vertretungen zählen die American Indian Movement, die 1977 mit Harry Belafonte durchgeführte Tour gegen Atomwaffen, die mit Sting auf Tournee ging, um die Dezimierung der Regenwälder und ihrer Bewohner bekannt zu machen; das Eyapaha Institute, eine gemeinnützige Organisation, die sich mit Rassismus, Diskriminierung, Enteignung und Völkermord an indigenen Völkern auf der ganzen Welt befasst.

Rosie Westerman lernte Floyd Mitte der 80er Jahre kennen. Sie wurde in Deutschland als Rosemarie Laaser geboren. Als sie in die USA kam, beschäftigte sie sich mit indianischen Themen und nährte ihr lebenslanges Interesse an der indianischen Bevölkerung und Kultur. Sie traf Floyd Mitte der 80er Jahre. Das Paar teilte viele Interessen, darunter die Liebe zur Natur und zu Tieren (Rosie arbeitete unter anderem mit Bären und Elefanten in einem Zirkus). Sie heirateten 1989 in Kalifornien. "Floyd war ein geborener Anführer und eine unglaubliche Person. Er sagte immer: 'Viele Leute kennen mich durch Schauspielerei, das ist etwas, was ich tue, aber das bin ich nicht. Ich bin Musiker, Menschenrechtsanwalt und Umweltaktivist. Ich lebe für mein Volk ", erinnert sich Rosie. Unter seinen zahlreichen Auszeichnungen hat Red Crow den 'Award for Generosity by the Americans for Indian Opportunity' Preis erhalten, ein Kongresszertifikat für besondere Verdienste, erhielt den Ehrentitel 'Cultural Ambassador' vom International Indian Treaty Council verliehen und durfte sich im Jahre 2000 als 'Celebrity of the Year' feiern lassen. Der Titel wurde ihm anlässlich der 'American Indian Exposition' verliehen.