Feb 22, 2018


MIKE OLDFIELD - Hergest Ridge (Virgin Records V2013, 1974)

"Hergest Ridge" war das weitgehend instrumentale Nachfolgewerk, das von Mike Oldfield nach seinem überwältigenden Erfolg mit dem Debutalbum "Tubular Bells" im Frühjahr 1974 komponiert, produziert und grösstenteils wieder selbst eingespielt hatte. Das Album erreichte auf Anhieb Platz eins der britischen Charts und wurde nach drei Wochen von seinem Vorgänger "Tubular Bells" abgelöst, was ausser ihm nur den Beatles und Bob Dylan gelang. Nachdem Mike Oldfield mit dem wegweisenden Erfolg von "Tubular Bells" eher zu seinem Unbehagen im Rampenlicht stand, zog sich der Zwanzigjährige aufs Land zurück, um an seinem nächsten Werk zu arbeiten. Das Resultat war "Hergest Ridge", benannt nach einem Hügel im Grenzgebiet zwischen Herefordshire und Wales in Sichtweite seiner Unterkunft.

Um dem doppelseitigen Medium LP gerecht zu werden, war auch "Hergest Ridge" wie zuvor schon "Tubular Bells" in zwei Parts unterteilt. Anders als der Vorgänger baute die Komposition allerdings nicht auf einer Vielzahl von Themen auf, die im schnellen Wechsel nacheinander vorgestellt wurden, vielmehr wurden Themen sparsam eingesetzt und ausgiebig durchgeführt, das heisst variiert. Kennzeichnend für den Klang des Albums war gegenüber anderen Oldfield-Werken eine besonders wäldlich-idyllische Ausrichtung, die durch die behutsame Themenvariation sowie die überwiegend akustische Instrumentierung begünstigt wurde. Einen Kontrastpunkt zum Idyll stellte der hektische Thunderstorm-Part im zweiten Satz dar, bei dem angeblich über 60 Gitarrenspuren gleichzeitig zu hören waren.

Bei der Einspielung wandte Oldfield insbesondere zur Realisierung von repetitiven Klangtexturen innovative Aufnahmetechniken an. So setzten sich einige dieser Texturen aus Gitarrenspuren zusammen, welche, um einen orgelähnlichen Sustain-Effekt zu erhalten, mit hoher Lautstärke eingespielt und dann mit Hilfe von Overdubbing-Technik bei reduzierter Lautstärke übereinandergelagert wurden. Weitere Klangtexturen basierten auf verschiedenen Orgel-Sounds und Chorgesang. Laut dem Co-Produzenten Tom Newman wurden Teile des Albums in den Manor Studios in Chipping Norton eingespielt, in denen bereits das Album "Tubular Bells" aufgenommen worden war. Gemixt wurde die ursprüngliche Fassung des Albums in den Air Studios in London.

1976 wurde "Hergest Ridge" von Mike Oldfield für das vierteilige LP-Set "Boxed" Quadrofonie-fähig gemacht und im Zuge dessen editiert und neu abgemischt. Ein Abschnitt des Thunderstorm-Teils im zweiten Satz sowie einige Tonspuren mit Instrumenten wurden entfernt, dafür erhielten andere im Gesamtpegel eine Aufwertung. Im Anschluss äusserte Mike Oldfield den Wunsch, dass diese Version fortan auf allen weiteren Veröffentlichungen des Albums verwendet werden sollte. Das hatte zur Folge, dass neben späteren Neupressungen auf LP und Kassette auch sämtliche Veröffentlichungen auf CD die Boxed-Version enthielten. Eine remasterte Bootleg-Version des Original-Mixes befand sich nach einiger zeit hauptsächlich im Internetumlauf. Nachdem David Bedford, ein Vertrauter Oldfields aus der Canterbury-Szene, bereits eine Orchesterfassung zu "Tubular Bells" erarbeitet hatte, arrangierte und dirigierte er auch die Orchestralversion zu "Hergest Ridge", die zwar mehrfach aufgeführt, aber im Gegensatz zu "The Orchestral Tubular Bells" niemals offiziell veröffentlicht wurde. Allerdings wurden Auszüge daraus im Dokumentarfilm 'The Space Movie' verwendet.

Am 11. Juni 2010 erlebte die ursprüngliche Version von 1974 eine Wiederveröffentlichung auf CD und auf LP. Gleichzeitig wurde die 2010 neu abgemischte Version in der Deluxe Edition in Stereo und Dolby Surround veröffentlicht. Auch das damals darauf folgende Album "Ommadawn" wurde an diesem Termin neu veröffentlicht. Während die neue Version von "Ommadawn" das alte Cover beibehielt, bekam 2Hergest Ridge" ein neues, welches den gesamten namensgebenden Berg aus der Vogelperspektive zeigte. Der Landstrich um den Hügel Hergest Ridge an der englisch-walisischen Grenze entwickelte sich mit der Zeit zu einem beliebten Reiseziel für Mike Oldfields Fangemeinde. Das Haus, in dem er zeitweise lebte, 'The Beacon', ist heute ein Gasthaus. Das Coverbild zeigte ein von Trevor Key angefertigtes und effektverfremdetes Foto von Hergest Ridge. Der darauf abgebildete Irish Wolfhound trug den Namen Bootleg. "Hergest Ridge" stand später immer ein wenig im schatten der beiden wesentlich bekannter gebliebenen Alben "Tubular Bells" und "Ommadawn", steht den beiden Werken qualitativ allerdings in kaum etwas nach.


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