Aug 1, 2020


BOX OF FROGS - Box Of Frogs (Epic Records BFE 39327, 1984)

Wem die Gruppe Box Of Frogs damals in den 80er Jahren durch die Lappen gegangen ist: Das war im Grunde eine Reunion der Yardbirds mit neuem Namen, nun ja, etwas grobschlächtig ausgedrückt, denn einige prominente ehemalige Yardbirds-Musiker waren natürlich nicht mehr dabei. So etwa die legendären Gitarristen, die den Yardbirds-Sound damals entscheidend mitprägten: Eric Clapton und Jimmy Page. Ausserdem auch der Sänger Keith Relf, der da schon verstorben war, nachdem er im Jahre 1975 ein letztes Mal musikalisch in Erscheinung trat mit einem hammermässigen Hardrock Album unter dem Bandnamen Armageddon. Doch drei ursprüngliche Original-Mitglieder der Yardbirds gründeten Box Of Frogs: Der Rhythmusgitarrist Chris Dreja, der Bassist Paul Samwell-Smith und der Schlagzeuger Jim McCarty. Dazu gesellte sich als festes Bandmitglied der ehemalige Sänger der Gruppe Medicine Head ("One And One Is One", "Rising Sun") und einige Gastmusiker, von denen zwei berühmte Leadgitarristen für den nötigen kompetenten Blues- und Rock-Gitarrensound sorgten, und zwar Rory Gallagher und einer der drei ehemaligen Original-Gitarristen der Yardbirds, nämlich Jeff Beck. Beide verstanden sich in der Formation Box Of Frogs allerdings nur als Gastmusiker, wollten nicht als permanente Bandmitglieder an Bord sein, weil sie als Solokünstler sehr erfolgreich unterwegs waren und einfach viel um die Ohren hatten. Ray Majors und Dzal Martin waren zwei weitere Leadgitarristen, die den Sound von Box Of Frogs solistisch unterstützten, auch sie jedoch nur als Gäste bei einzelnen Stücken.

Man fragt sich dabei natürlich schnell einmal: Kann so etwas denn überhaupt wie eine geschlossene Band klingen ? Ich denke ganz klar: Ja, das kann es. Ich meine sogar, dass die Gruppe durch die vielen Gastmusiker sogar eine sehr gehaltvolle Platte abgeliefert hat, weil sie entsprechend den individuellen Solisten einen grossen Reichtum an Abwechslung bot. Die Initialzündung für Box Of Frogs war die Anfrage an die drei Musiker, ob sie nicht im Rahmen eines Yardbirds Reunion Konzertes im legendären Marquee Club in London auftreten wollen. Der Marquee Club feierte 1983 sein 20 jähriges Bestehen und die originalen Yardbirds spielten dort regelmässig und waren sehr erfolgreich. Die Musiker entschlossen sich, einige Aufwärmkonzerte zu bestreiten, was sie in Spanien auch machten und spielten dann im Marquee Club wie geplant ihr Reunion-Konzert am 23. Juni 1983. Dieser Auftritt machte dann einfach Lust auf mehr und so entschlossen sich die drei Musiker, eine neue Band ins Leben zu rufen, die allerdings nicht den Namen Yardbirds tragen würde. Weil Keith Relf verstorben war und von den damaligen Gitarristen keiner mehr dabei war, entschlossen sich die Musiker, unter dem Namen Box Of Frogs an den Start zu gehen. Diesen ungewöhnlichen Bandnamen legten sie sich zu, weil ein Verantwortlicher von Island Records mit Namen Nick Stewart raunzte: "Such-and-such had a face like a box of frogs". Das fanden sie cool und gaben sich spontan diesen Namen.

Mit John Fiddler kam dann der ehemalige Sänger von Medicine Head in die Gruppe. Dies war ebenfalls eine eigentlich logische Wahl: Fiddler sang beim Reunion-Auftritt im Marquee Club einige Songs mit der Band, und ausserdem arbeitete der ehemalige Yardbirds-Sänger Keith Relf auch als Produzent und Bassist mit der Gruppe Medicine Head zusammen. So führte eines zum anderen und John Fiddler sagte sofort zu, bei Box Of Frogs das Mikrophon zu übernehmen. John Fidler stellte quasi eine direkte Verbindung zu den ehemaligen Yardbirds dar. Nachdem das Quartett zusammen war, folgten bereits kurze Zeit später einige Demoaufnahmen in den legendären Rockfield Studios in Monmouth, Wales. Geplant war, eine Plattenfirma zu suchen, um eventuell eine EP mit vielleicht vier Songs zu veröffentlichen. Das CBS-Unterlabel Epic Records offerierte dann aber ziemlich rasch und für die Band einigermassen überraschend einen Plattenvertrag, der zwei Alben umfassen sollte, die innerhalb von zwei Jahren veröffentlicht werden sollen. Um den Verkauf der ersten LP anzukurbeln, stellte die Plattenfirma den Musikern einige Top-Artisten zur Seite, nämlich die bereits erwähnten Superstars Rory Gallagher und Jeff Beck, und ausser Ray Majors und Dzal Martin auch Max Middleton, den langjährigen Keyboarder aus Rod Stewart's Band, sowie den Mundharmonikaspieler Mark Feltham von Nine Below Zero. Besonders Letzterer sorgte mit seinem tollen Bluesharp-Spiel für bemerkenswerte musikalische Akzente im Opener "Back Where I Started", dem vielleicht stärksten Stück der ganzen Platte mit einem ausgezeichneten Jeff Beck an der Leadgitarre.

Ausser dem brillianten Opener drückte Jeff Beck auch den klasse Songs "Another Wasted Day", einem halbakustischen Boogie, der topmodern arrangiert war, und dem launigen "Two Steps Ahead" seinen stilistischen Stempel auf. Rory Gallagher wiederum zeigte sich besonders von seiner kernig-rockigen Seite: "The Edge", ein forscher, vorwärtstreibender Blues-Rocker hätte genauso gut auf einer seiner eigenen Platten zu finden sein können. Im Stück "Into The Dark" brillierte Gallagher ausserdem an der fabelhaften Slide Gitarre und spielte auch eine wundervolle Einlage an der indischen Sitar. Mit dem Stück "Love Inside You" wagten die ehemaligen Yardbirdies sogar einen Ausflug in den modernen Poprock, und der gelang eigentlich wider Erwartens recht gut: Eine schöne Melodie, zu der John Fiddler's Gesang perfekt passte, liess offensichtlich auch radiotaugliches Songmaterial zu, etwas, das man von einer quasi Yardbirds-Reunion jetzt vielleicht nicht unbedingt hätte erwarten können. Das ebenso poprockige, allerdings eher in Richtung Rolling Stones tendierende "Harder" wiederum war ähnlich von der Idee her: Hier passte vor allem John Fiddler's Gesang absolut perfekt. Der Sänger kam ja eigentlich sowieso aus dem Pop-Bereich, verfügt auch über eine tolle Melodiosität in seinem Gesang und würzte mit seiner prägnanten Stimme alle Songs auf diesem Album sehr gut.

Zwei Jahre nach diesem Debutalbum, das sich besonders in den USA überraschend gut verkaufte, jedoch mangels einer richtigen US-Tournee bald einmal vergessen ging, lieferten Box Of Frogs mit der LP "Strange Land" ein weiteres Album ab, das im Grunde nach demselben Schema funktionieren sollte: Die vier Hauptmusiker plus einige Gastmusiker mit guten Namen. Trotz der Beteiligung von Ian Dury, Steve Hackett, Jimmy Page (als weiterem originalen Yardbirds-Gitarristen) und Roger Chapman gelang der Gruppe allerdings kein berauschendes Werk mehr. Besonders das Songwriting liess doch markante Schwächen gegenüber dem Debutalbum erkennen. Die Songs auf "Strange Land" wollten nicht zünden, die Platte verkaufte sich auch wesentlich schlechter als das Erstlings-Werk. Folgerichtig trennte sich das Quartett nach diesen beiden Alben wieder. 1992 erfolgte dann die offizielle Reunion der Yardbirds, die bis Dezember 2014 dauerte. Da gab Jim McCarty dann die definitive Auflösung der Band bekannt, nachdem im Oktober 2013 der Bandgitarrist Gypie Mayo (der ehemals bei Dr. Feelgood spielte) nach langer Krankheit verstorben war.





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