Sep 17, 2022


HASIL ADKINS - Out To Hunch (Norton Records ED-201, 1986)

Eigentlich war Hasil Adkins so, wie man sich sich einen leicht verrückten amerikanischen Hinterwäldler vorstellt. Sein ganzes Leben lang wohnte der Musiker in einer Hütte in Boone County, West Virginia, zu seinen grössten Leidenschaften gehörte neben Gitarren, Autos und Frauen vor allem das Essen von Hühnerfleisch und seine Beziehung zum Gesetz war nicht immer ganz unkompliziert. Allerdings war Adkins doch nocht etwas mehr, denn als One Man Rockabilly Band und Psychobilly-Pionier geniesst er heute bei manchen Musikfans einen legendären Status.

Hasil Adkins kam 1937, mitten der Zeit der Great Depression, als jüngstes von 10 Geschwistern zur Welt. Geld gab es in seiner Umgebung zunächst kaum und die Schulzeit des späteren Musikers beschränkte sich einigen Berichte zufolge auf wenige Tage. Damit blieb Adkins Zeit seines Lebens ein Mann mit wenig Bildung aber einer sehr reichen und etwas sonderbaren Phantasie. In seiner Kindheit kam Adkins auch das erste Mal mit Musik in Kontakt, vor allem mit Countrysängern wie Hank Williams und Jimmy Rodgers. Irgendwie nahm der Heranwachsende ganz selbstverständlich an, dass diese alle Instrumente gleichzeitig spielten. Diese Idee sollte er bald selbst umsetzen, denn beim Radiohören beliess es Adkins nicht lange.

Schon als Kind begann er damit, auf Blechdosen zu trommeln. Später ging er dann zur Gitarre über und begleitete sich zunehmend mit diversen Perkussions-Instrumenten beziehungsweise dem Schlagzeug, das er mit dem Fuss spielte. Nach eigener Aussage konnte Hasil Adkins auch noch Klavier und Orgel mit dem Ellbogen bedienen, falls er dies als notwendig betrachtete. In den 50er Jahren begann er damit, die Öffentlichkeit mit seinem Können bekanntzumachen, und musste bald feststellen, dass die grosse Masse noch nicht bereit war für diesen rohen Sound aus einer Hütte in Virginia. Woran es genau lag, dass Hasil Adkins mit seiner Suche nach Plattenverträgen Anfang der 60er Jahre keinen Erfolg hatte, lässt sich schlecht rekonstruieren. Höchstwahrscheinlich war die Zeit einfach noch nicht reif für die punkige Mischung aus Rockabilly und Country, die der passionierte Fleischesser und Frauenheld den Plattenproduzenten in Kaliforninen entgegenschleuderte.

Das galt wohl nicht nur für die Musik von Hasil Adkins, sondern auch für seine Songtexte. Denn der Multi-Instrumentalist sang selten von der Liebe, und wenn dann oft auf seine ganz  eigene Art. So handelten Adkins' Songs beisielsweise davon, auf dem Mond Erdnussbutter zu essen, die eigene Freundin zu enthaupten oder den von Adkins selbst entworfenen "Chicken Walk" zu tanzen. In den 60er Jahren trat Hasil Adkins deshalb hauptsächlich in kleinen Clubs in seiner Heimatregion auf. Platten nahm er in Eigenregie in seinen eigenen vier Wänden auf, diese interessierten allerdings bis in die 80er Jahre hinein nur wenige Hörer. Das galt wohl auch für den jeweils amtierenden Präsidenten der USA, dem Hasil grundsätzlich eine Aufnahme von sich zuschickte. Von Richard Nixon kam immerhin eine Antwort, die lautete: "I am very pleased by your thoughtfulness in bringing these particular selections to my attention".

Dass Hasil Adkins heute zumindest einigen Musikenthusiasten als früher Wegbereiter des Psychobilly bekannt ist, ist vor allem den Cramps zu verdanken. Denn nachdem die amerikanische Punk Rockabilly Band eine von Adkins' Kompositionen, "She Said", zu unverhofftem Ruhm verholfen hatte, entdeckte ein New Yorker Plattenlabel den unermüdlich spielenden Adkins und holte ihn aus seiner Hütte auf eine Tournee durch Amerika. Von da an sollte Atkins eine späte musikalische Hochzeit erleben. Nicht nur wurde sein erstes professionelles Album 1987 in der New York Times zum "Rock Album of the Week" gekürt. Auch ein neuer Vertrag mit dem Blues-Label Fat Possum Records erwies sich als erfolgreich. Sogar eine kleine Karriere als Schauspieler schlug Hasil Adkins auf seine alten Tage noch ein, unter anderem, ganz in Psychobilly-Manier, mit einem kleinen Auftritt in der Zombie-Komödie "Die You Zombie Bastards".

Mittlerweile gehört die Geschichte von Adkins zu einer von Journalisten und Musikkritikern gerne erzählten. Einer von ihnen sorgte für einen Wutanfall bei Sting, als er dem Ex-Police-Bassisten Hasil Adkins als positives Beispiel eines integren Musikers vorhielt. Der Clinch interessierte Adkins selbst wohl kaum. Er schien in seinen letzten Jahren recht glücklich mit der positiven Resonanz, den seine Songs plötzlich erfuhren, auch wenn ihn ein Teil des Publikums mehr als Freak denn als Künstler betrachtete. Leicht war das Leben als One Man Band wohl nicht. Nach diversen Aussagen litt Adkins immer wieder an Depressionen und Schlaflosigkeit. Dass er die Frauen liebte, aber nie die eine fürs Leben fand, führte für den Musiker unter anderem zu einem Gefängnisaufenthalt, nachdem er sich eine Schiesserei mit einem eifersüchtigen Ehemann geliefert hatte. Und auch das Ende des bis auf seine Hahnenkämpfe stets freundlichen Sängers war ein tragisches. Er wurde auf seinem eigenen Grundstück von einem Jugendlichen auf einem Quad überfahren. Bleibt zu hoffen, dass sich einige Musikhörer von den Worten des Kritikers und Journalisten Nick Tosches inspirieren lassen, der meinte: "Like the Bible and toilet paper, the music of Hasil Adkins belongs in every household".


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