Sep 3, 2016

EPITAPH - Outside The Law (Membran Records 22-131-1, 1974)


Aufgenommen im November 1973 in den Omega-Studios in Chicago, ist "Outside The Law" zweifellos das definitive ultimative Epitaph-Album. Als Soundengineer fungierte Dave "Grape" Purple, der 1971 für Isaac Hayes’ "Theme From Shaft" einen Grammy in der Kategorie Best Engineered Recording gewonnen hatte. Die Aufnahmen von "Outside The Law" wurden in gerade einmal fünf Tagen abgeschlossen, wobei nur wenige Overdubs vonnöten waren, und den Endmix erledigte Ed Cody im United Technique-Studio in der South Side von Chicago. Aber wie schaffte es eine deutsche Rockband, in Studios aufzunehmen und mit Technikern zu arbeiten, deren Reputation auf schwarzer Musik basierte – und dabei obendrein noch ein dermassen brillantes Album produzieren konnte ? Im Frühsommer 1972 lieferte die Gruppe Epitaph eine atemberaubende Vorstellung bei einem Rockfestival auf der Berliner Waldbühne. Ebenfalls anwesend an jenem Tag war Gary Pollack, seines Zeichens Chef von Billingsgate Records, der Cliff Jackson auf dem Weg zur Garderobe mit der Bemerkung stoppte: "In fünf Wochen geht ihr Jungs auf US-Tour". Wohl wissend, dass noch keine deutsche Rockband je in den USA getourt war oder aufgenommen hatte, zeigten sich Cliff und die Jungs ein wenig skeptisch angesichts dieser doch etwas arg kühn anmutenden Prophezeihung. Doch siehe da, Epitaph fanden sich im August 1972 im O’Hare Airport von Chicago wieder, von wo sie auf eine erfolgreiche, zwanzigtägige Tour aufbrachen. Danach kehrten die Musiker auf einer Welle der Euphorie in die Bandresidenz bei Visselhovede in Norddeutschland zurück und machten sich an die Arbeit zu einem neuen Album.

Das Demo wurde zwei Monate später im Windrose Studio in Hamburg aufgenommen und an Gary Pollack geschickt, der die Band nach Chicago einlud, um "Outside The Law" in den Staaten in einem professionellen Studio mit modernster Technik aufzunehmen. Während das Plattenlabel Billingsgate Records die Veröffentlichung des Albums vorbereitete, bestritten Epitaph jede Menge Auftritte in und um Chicago. Ungefähr zu dieser Zeit wollte Irving Azoff, damals Manager von Joe Walsh, die Band Epitaph unter seine Fittiche nehmen. Die Band traf sich mit ihm und versuchte zwei Tage lang, sich mit ihm auf einen Vertrag zu einigen, doch ihr damaliger deutscher Manager bekam bald kalte Füsse. Angesichts des Umstandes, dass Manager Werner Kuhls kein Wort Englisch sprach, war eigentlich nicht nachvollziehbar, mit welchen von Azoffs Vorschlägen er nicht einverstanden war, doch letztendlich kamen Epitaph aus dem Vertrag mit Kuhls nicht heraus, und Kuhls träumte vom ganz grossen Durchbruch. Nach Deutschland zwecks einer europaweiten Tour zurückbeordert, mussten Epitaph jedoch sehr schnell einsehen, dass Kuhls kein Azoff war. Es sollte sich nämlich herausstellen, dass besagte Tour aus Auftritten als Opener für Status Quo sowie einem einzigen Festival-Gig bestand. Azoff arbeitete übrigens im Weiteren für Künstler wie The Eagles, Jewel, Van Halen, Neil Diamond, Steely Dan, Guns'N'Roses und Christina Aguilera, um nur einige wenige zu nennen.

Werner Kuhls wurde Konzertveranstalter und Herausgeber der deutschen Ausgabe des Rolling Stone. Nunmehr ohne eigenen Manager, hofften Epitaph auf mehr Erfolg mit Billingsgate Records. Als die Band Ende 1974 anlässlich ihrer dritten US-Tour in die Staaten zurückkehrten, wurde allerdings ziemlich schnell klar, dass Billingsgate Records sich trotz hervorragender Albumverkäufe in finanziellen Schwierigkeiten befand und sich ausserstande sah, eine richtige Promotions-Tour zu finanzieren. Zwei Monate und ein paar sporadische Gigs später kehrten die Musiker deshalb etwas desillusioniert nach Deutschland zurück. Als Billingsgate Records schliesslich offiziell für bankrott erklärt worden war, befürchtete die Band, auf einem Teil der Schulden sitzenzubleiben und löste sich deshalb im Januar 1975 vorsichtshalber offiziell auf. Klaus, Bernie und der neue Schlagzeuger Panzer Lehmann spielten in verschiedenen deutschen Bands, während Cliff sich in Richtung Kathmandu aufmachte.

Nachdem sie ihre Enttäuschung über die Billingsgate-Episode überwunden hatten, kamen die Bandmitglieder später im selben Jahr wieder zusammen und nahmen ein paar Songs in Dortmund auf. Die damals entstandenen Bänder gingen allerdings verloren. Während der 80er Jahre spielten Epitaph in verschiedenen Besetzungen weiter und brachten eine Reihe von weiteren sehr guten Alben heraus. Auf Vorschlag von Rudolf Schenker von den Scorpions trommelten Jim McGillivray und Cliff Jackson die Band im Jahr 2000 anlässlich des inzwischen legendären "Live At The Brewery"-Konzerts zusammen. Einige Zeit später entdeckte Cliff beim Aufräumen seines Kellers die "Lost Tapes". Diese wurden dann vor einigen Jahren in einer neu remasterten CD-Version der Platte erstmalig veröffentlicht.

Herausragend in der Musik von Epitaph sind auf jeden Fall die extrem gut arrangierten, harmonischen Gitarren-Interaktionen der beiden Gitaristen Jackson und Klaus Walz. Herausragend ist in dieser Hinsicht das Stück "Tequila Shuffle" und natürlich auch "Fresh Air". Schon auf dem ersten Track des Albums mit dem Titel "Reflexion" ist das partnerschaftliche Zusammenspiel von Jackson und Walz sehr gut zu erkennen und irgendwie war das gleich zu Beginn der Platte so etwas wie ein Markenzeichen, das sich durch die gesamte Platte hindurch ziehen würde. Kraut-Rock der anderen Generation (im Vergleich zu dem, was es seiner Zeit so alles gab) war das auf jeden Fall. Epitaph waren eine durchaus amerikanisch klingende Rockband, und kein irgendwie verschwurbelter deutscher Kraut-Stoff. Die Gruppe war solide und bodenständig und konnte mit internationalen Bands aus jenen Tagen durchaus verglichen werden.

Ihre qualitativen Eigenschaften waren beeindruckend, das Songwriting jederzeit "amtlich". "Outside The Law" bot Gitarren-Rock erster Güte: Zwei Leadgitarren, Bass, Piano/Keyboards und Schlagzeug schufen einen für deutsche Verhältnisse durchaus unüblich erstklassigen, verspielten und unglaublich dichten Sound. Die Platte präsentierte nicht einen einzigen Durchhänger. Besonders herausragend waren die bereite erwähnten Titel "Reflexion", das etwas sanfter gehaltene, teils von einem wunderschönen Klavierspiel getragene "Big City", der Titeltrack "Outside The Law", der erstklassige, mitreissende "Tequila Shuffle", das vor allem die beiden Gitarristen in Höchstform zeigte, sowie das neunminütige, spannungsgeladene "Fresh Air". Das Werk "Outside The Law" ist exzellent und von herausragender Qualität.

Die Gruppe Epitaph konnte man eigentlich mit ihrer Musik nicht wirklich dem Krautrock zuordnen, sondern liess eher Vergleiche zum frühen Southern Rock etwa der Allman Brothers oder dem melodischen, von dem sogenannten "Twin Guitar"-Sound dominierten Rock ähnlich der Gruppe Wishbone Ash zu. Die hohe Qualität sowohl der Songs, wie auch der professionell wirkenden Aufnahme macht die Platte zu einem melodischen Kleinod, das man von A bis Z durchlaufen lassen kann, gute Laune inklusive. Und wie Cliff Jackson trotz aller Verlockungen immer sagte: "Hey, wir sind 'ne Hippie-Band, verdammt noch mal".







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