Jan 2, 2023



THE BEATLES - Revolver
 (Parlophone Records PCS 7009, 1966)

"Revolver" war offiziell das siebte Studioalbum der Beatles, jedoch nur in ihrer Heimat England. Diverse weitere länderspezifische Alben-Veröffentlichungen der Fab Four, beispielsweise in den USA, Deutschland oder Japan, liessen das variieren. Das Album wurde am 5. August 1966 in England veröffentlicht. In Deutschland erschien das Album bereits am 28. Juli 1966, hier war es einschliesslich einiger vorher veröffentlichter Zusammenstellungen bereits ihre elfte LP. In Amerika schliesslich variierte auch der Inhalt von Revolver: Dort wurde eine Version mit nur elf statt vierzehn Liedern am 5. August 1966 veröffentlicht - als ihr 13. Album. Die Entwicklung der Musik, die bei den Beatles mit dem Vorgänger "Rubber Soul" begonnen hatte, setzte sich bei den Arbeiten zu "Revolver" fort. Die Beatles verwendeten immer mehr Zeit darauf, ihren Sound im Studio zu perfektionieren und klangliche Möglichkeiten auszuprobieren. So experimentierten sie unter anderem mit rückwärtslaufenden Tonbändern, wie man es in den Songs "I’m Only Sleeping" und "Tomorrow Never Knows" hören kann. Ken Townshend, ein Toningenieur der Abbey Road Studios, entwickelte auf Wunsch der Beatles ein Aufnahmeverfahren, das durch eine künstliche Doppelspur ein leicht verzögertes oder vorgezogenes Abbild einer Aufnahmespur herstellte (Automatic Double-Tracking, kurz ADT). Dieses Verfahren wurde auf "Revolver" erstmals intensiv eingesetzt. Weiterhin versuchte Geoff Emerick den Bass- und Schlagzeugsound klanglich dominanter zu gestalten.

Mehr und mehr kamen im Studio neue, teils abgedrehte Ideen zum Tragen. Paul McCartney hörte damals zum Beispiel die Musik von Karlheinz Stockhausen, einem Pionier der elektronischen Musik, der als einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts gilt. Gläserklirren, Pieptöne aus dem Radio, Geräusch-Schnipse: Stockhausen kreierte ganze Symphonien aus solchen und anderen elektronisch verfremdeten Geräuschen. John Lennon bezeichnete den Vorgänger "Rubber Soul" oft als Kifferalbum, "Revolver" hingegen sollte ein 'Acid Album' sein, denn die Beatles waren inzwischen mit LSD in Kontakt gekommen. Die Auswirkungen der Drogenerfahrungen zeigten sich in den psychedelischen Songs, welche die Beatles für das Album "Revolver" aufnahmen und damit auch Vorreiter eines neuen musikalischen Trends wurden: Das Genre des Psychedelic Rock. Es waren vor allem John Lennon und George Harrison, die früh psychedelische Lieder komponierten. Harrison hatte sich mittlerweile intensiver mit indischer Musik auseinandergesetzt, was sich in seinem Song "Love You To" niederschlug. Die bei dem Song eingesetzte Sitar wurde später zu einem Markenzeichen psychedelischer Musik. Während das Instrument auf dem Stück "Norwegian Wood" nur sparsam verwendet wurde, war es bei "Love You To" sogar das Hauptinstrument.

Bemerkenswert war der Titel "Tomorrow Never Knows" mit Rückkopplungen und rückwärts abgespielten Bändern. John Lennon liess sich von Timothy Leary's Anweisungen inspirieren: "Turn off your mind, relax and float downstream". Die verzerrte Stimme Lennons verlieh dem Song traumhafte Züge, begleitet von hypnotischem Trommelschlag. Die Songs "I’m Only Sleeping" und "She Said She Said" waren ebenfalls stark psychedelisch ausgerichtet. Ein weiterer Titel war "Yellow Submarine" mit Ringo Starr's Leadstimme. Die Musik war keineswegs psychedelisch, doch der Text des von Lennon und McCartney geschriebenen Stücks gab Raum für Interpretationen über den scheinbar banalen Inhalt hinaus. Paul McCartney stritt Drogenbezüge allerdings immer ab, für ihn war es lediglich ein Kinderlied. Im Jahre 1968 wurde durch den gleichnamigen Zeichentrickfilm, der im Juli in die Kinos kam, eine andere Botschaft vermittelt: Das gelbe Unterseeboot Yellow Submarine wurde als das perfekte psychedelische Gefährt dargestellt.

Ursprünglich planten die Beatles das Album in den Stax Studios in Memphis mit dem Produzenten Jim Stewart aufzunehmen, aufgrund der Musik, die dort produziert wurde. Letztendlich entschieden sie sich dann aber doch wieder für die Abbey Road Studios in London, da man sich dort um nichts Organisatorisches kümmern musste und sich dadurch ganz auf die Musik konzentrieren konnte. Die Aufnahmen für die LP begannen am 6. April 1966. Insgesamt wurden während der Sessions 16 Titel aufgenommen, von denen 14 den Weg auf die spätere LP fanden. Zwei weitere Songs schafften es nicht auf das Album, sondern wurden vorab am 10. Juni 1966 als Single veröffentlicht: "Paperback Writer" von Paul McCartney und "Rain" von John Lennon. Die Single wurde ihr zehnter Nummer 1 Hit in England, der zwölfte in den USA und der zweite in Deutschland. Erstmals wurden für die Single professionelle Musikvideos für Werbezwecke gedreht. Ziel war es, diese an die Fernsehsender zu verschicken, um nicht mehr überall live auftreten zu müssen. Die Dreharbeiten von "Paperback Writer" und "Rain" erfolgten am 19. und 20. Mai 1966 unter der Regie von Michael Lindsay-Hogg. Weil es bequemer war, gingen die Beatles nicht mehr so oft in die Fernsehstudios, um für ihre Platten zu werben, sondern produzierten lieber eigene kleine Filme und brachten sie ins Fernsehen. Diese beiden Kurzfilmchen können heute, rückblickend betrachtet, gut als eine Art Geburtsstunde des Musikvideos bezeichnet werden.

Am 21. Juni 1966 wurden die letzten Aufnahmen für die LP "Revolver" eingespielt, die Mono-Mixdowns erfolgten am 20., 21. und 22. Juni, die Stereo-Mixe am 21. und 22. Juni 1966. Während der Aufnahmen wurden diverse Studiomusiker eingesetzt. Die sehr komplexen Aufnahmen führten dazu, dass die Musik bei Live-Konzerten schwerer reproduzierbar wurde, sodass auf der letzten Tour in Amerika im August 1966 die Beatles keinen einzigen Song von "Revolver" spielten, wohl aber die Single "Paperback Writer". Das Album "Revolver" schoss am 10. August 1966 in den britischen Charts von 0 auf Platz 1, wo es sich sieben Wochen halten konnte. Für das Album lagen in England über 300'000 Vorbestellungen vor. Die Doppel-A-Seiten Single "Eleanor Rigby" / "Yellow Submarine" wurde wie das Album am 5. August 1966 veröffentlicht und erreichte ebenfalls Platz 1 der britischen Charts und wurde der elfte Nummer 1 Hit in England und der dritte in Deutschland. Es war die einzige Single der Beatles in England, auf der Ringo Starr den Leadgesang beisteuerte.

Der Albumtitel "Revolver" bezog sich als Wortspiel nicht auf eine Waffe, sondern auf die Drehung des Plattentellers. Ursprünglich sollte das Album "Abracadabra" heissen, aber man fand heraus, dass dieser Titel schon benutzt worden war. Weitere Alternativ-Titel waren auch "Magic Circles" und "Beatles On Safari". Produzent George Martin veröffentlichte im November 1966 ein eigenes Album mit dem vielsagenden Titel "George Martin Instrumentally Salutes The Beatle Girls", auf welchem er die Songs "Eleanor Rigby", "She Said She Said", "I’m Only Sleeping", "Got To Get You Into My Life", "Yellow Submarine", "Here, There And Everywhere", "And Your Bird Can Sing" und "Good Day Sunshine" neu interpretierte. Bleibt noch das ebenso legendäre wie kunstvolle und für die damalige Zeit absolut radikale Plattencover von "Revolver". Das Design stammte von Klaus Voormann, einem Freund der Beatles aus ihren Tagen in Hamburg, und war als Mixtur aus Collage und Strichzeichnung gestaltet. Das Foto auf der Plattenrückseite stammte von Robert Whitaker und zeigte die Beatles im Aufnahmestudio. Klaus Voormann war seit Hamburger Zeiten der Beatles ein guter Freund. Er war einer der Existentialisten, die sie damals kennenlernten. Die Beatles wussten, dass er zeichnete und sich mit Grafikdesign beschäftigte, wussten aber nicht so richtig, was er nun genau machte, aber er war auf dem College gewesen. Darum glaubten die Beatles, dass er gut sein musste und beauftragten ihn mit der Arbeit eines Plattencovers für "Revolver". Ursprünglich sollte das Albumcover von Robert Freeman gestaltet werden. Sein Entwurf zeigte eine Fotomontage der Gesichter der Beatles.









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