Dec 8, 2016


THE BEATLES - Hey Jude (Apple Records SW 385, 1970)

Die Single "Hey Jude" ist die meistverkaufte Single der Fab Four mit gut 7,5 Millionen verkaufter Exemplare. "Hey Jude" ist aber auch ein gleichnamiges Album der erfolgreichsten Pop-Band aller Zeiten, veröffentlicht am 26. Februar 1970. Es erschien in zahlreichen Ländern, darunter unter anderem in den Vereinigten Staaten, Deutschland, Australien, Spanien, Frankreich, Japan und Mexiko. In England, der Heimat der Beatles, wurde das Album jedoch nicht veröffentlicht und war nur als Importversion erhältlich. Erst am 11. Mai 1979, also über 7 Jahre später, als es die Beatles längst nicht mehr gab, erschien das Album wegen der grossen Popularität auch auf dem britischen Markt. Die LP "Hey Jude" war eine Zusammenstellung und enthielt Songs, welche die Beatles zuvor auf Singles in England und/oder in den USA veröffentlicht hatten. Die Auswahl der Lieder für das Album "Hey Jude" erfolgte nicht durch das Label Capitol Records, sondern ging auf eine Initiative von Allen Klein zurück. Klein hatte 1969 als neuer Manager der Beatles einen lukrativeren Plattenvertrag für die Gruppe ausgehandelt. Nun sah er in einer weiteren Albumveröffentlichung die Möglichkeit, finanziell von diesem neuen Vertrag zu profitieren.

Die eigentliche Aufgabe der Zusammenstellung von Songs für ein Album überliess Klein seinem Mitarbeiter Allan Steckler. Steckler wählte Lieder, die bis dato nicht auf einem in den USA veröffentlichten Album von Capitol Records erschienen waren. Seine Auswahl enthielt dabei mehr Material aus den späteren Jahren der Beatles. Das Fehlen der Lieder auf den Capitol-Alben war zum einen darin begründet, dass die Beatles zumeist keine Titel aus veröffentlichten Alben nachträglich als Single auskoppelten, zum anderen, etwa im Falle von "I Should Have Known Better" und "Can’t Buy Me Love" darin, dass die Rechte dieser Titel zunächst noch bei United Artists lagen. Steckler verzichtete auf die Songs "A Hard Day’s Night", das 1964 von Capitol Records als Single und von United Artists auf dem Soundtrack-Album veröffentlicht worden war, auf "I’m Down", die B-Seite der Single "Help!", und "The Inner Light", die B-Seite der Single "Lady Madonna". Ebenfalls nicht mitberücksichtigt wurden ausserdem die Titel "From Me to You", "Misery" und "There’s A Place", die alle erstmals in den USA auf dem Label Vee-Jay Records erschienen waren, sowie "Sie liebt Dich", die deutschsprachige Version ihres Erfolstitels "She Loves You", sowie die Singleversion von "Get Back".

Zunehmend unzufrieden mit der Arbeit von Capitol Records bei der Vermarktung von Produkten der Beatles, übernahm Apple Records eine aktivere Rolle bei der Werbung für das kommende Album. Steckler verzichtete zudem darauf, die Capitol Studios mit dem Mastering der Bänder zu beauftragen, und wählte stattdessen die Bell Sound Recording Studios in New York, wo Sam Feldman das Masterband erstellte. Ursprünglich war geplant, das Album unter dem Titel "The Beatles Again" auf den Markt zu bringen. Kurz vor der Veröffentlichung änderte man den Titel jedoch in "Hey Jude", in der Hoffnung, vom grossen Erfolg der gleichnamigen Single zu profitieren. Die Namensänderung erfolgte so kurzfristig, dass bereits eine Anzahl von Schallplatten und Audiokassetten mit einem Label versehen worden waren, das den alten Namen trug. Schallplatten unter diesem alten Namen gelangten nicht in den Handel, wohl jedoch entsprechende Audiokassetten, die heutzutags entsprechend gesucht sind in Sammlerkreisen und in Top-Zustand zu Phantasiepreisen gehandelt werden.


Das musikalische Programm der "Hey Jude" LP war für mich ganz persönlich zum Zeitpunkt des Erscheinens eine fabelhafte Sache. Es war das Album, das für meinen Geschmack praktisch alle heiss geliebten Songs der Beatles umfasste. Damals war ich 11 Jahre alt und kannte noch längst nicht alle Songs der Beatles. Es war in punkto Tonträger meine allererste Beatles-Cassette überhaupt. Deshalb und auch, weil die Trackliste chronologisch gehalten war, gab sie mir das Gefühl, die komplette Geschichte der Entwicklung der Beatles nachvollziehen zu können. Wie naiv ich damals war, herrlich, oder ? Und wenn ich heute in die inzwischen auch als remasterte CD erhältliche Platte hineinhöre, dann läuft sie noch immer, ganz genauso wie damals die Compact Cassette, in einem Guss durch und bereitet mir immer noch so viel Freude wie vor fast 50 Jahren. "Can't Buy Me Love" und das für meinen Geschmack noch bessere "I Should Have Known Better" mit dieser tollen Mundharmonika begeistern mich noch heute. Schon alleine diese beiden Nummern sind bis heute Standard geblieben im Pop-Songwriting und können immer noch als Vorlage für einen guten Song herhalten. Alterungsprozess gleich null. Die beiden Titel klingen noch immer frisch und unverbraucht.

Mit "Paperback Writer" und "Rain" hielt deutlich der Rock Einzug in die Kompositionen von John Lennon und Paul McCartney. Auch diese beiden Nummern gehören für mich noch heute zum Standard-Repertoire einer guten 60er Jahre Zusammenstellung. Beide Titel waren auch wegbereitend für so manch andere Beat- und Popbands, die damals langsam erwachsen wurden und vom Beat- vor allem zum Rockbereich wechselten. Die Kinks oder auch The Who griffen schon kurze Zeit danach zu den Rock-Sternen und definierten einen neuen Popsound, der wesentlich aggressiver und engagierter klang als so manch fast noch brav zu nennende Beat-Komposition. "Lady Madonna" und ganz besonders "Revolution" waren dann bereits richtige Rocksongs, "Revolution" auch schon mit einer bleischweren Gitarre mit Verzerrer und grosser Kraft. Was jedoch noch immer da war und auch nie weg sein würde bei den Beatles war die enorme Mitsingbarkeit ihrer Songs. Die Melodien waren einfach geschrieben für die Ewigkeit. Das weiss man heute längst. "Old Brown Shoe", dieser tolle George Harrison-Rocksong und die wundervolle Ballade "Don't Let Me Down" mit diesem prägnanten und mit wundervollem Feeling ausgestatteten Fender Rhodes-Spiel von Billy Preston lassen auch diese beiden Songs bis heute so hell strahlen wie damals.

Schliesslich noch "The Ballad Of John And Yoko", dieser Rock'n'Roll-Song, der das Ende der Fab Four praktisch besiegelte, vorwegnahm, andeutete oder wie immer man das heute rückblickend betrachten mag. Auf jeden Fall war es ein herrlicher Song, bläserangereichert, üppig arrangiert und von John Lennon hervorragend gesungen. Bei dieser Nummer erhielt man noch einmal eine Vorstellung davon, wie die Beatles schon in ihren frühen Jahren den Cavern Club in Liverpool und den Beat Club in Hamburg rockten. Wer sich nicht erst durch alle möglichen Best Of-Alben der Beatles durchhören will, von denen es massenhaft gute und weniger gute gibt, der ist mit "Hey Jude" noch heute gut bedient. Es fehlen die ganz grossen Hits, dafür klingt das Werk, obwohl eine Zusammenstellung, noch heute erstaunlich 'geschlossen'. Eine umfangreichere Sammlung der herausragenden Songs der Beatles erhält man natürlcih auf den beiden Veröffentlichungen "1962-1966" und +1967-1970", dem  legendären 'roten' und 'blauen' Album. Noch besser ist es, wenn man die beiden Zusammenstellungen plus die "Hey Jude" im Schrank hat. Es gibt nämlich so einige Titel, welche auf den legendären beiden 'Best Of'-Platten der Beatles nicht zu finden sind. Eine sinnvolle Ergänzung also. Für mich persönlich ist die "Hey Jude" bis heute eine der prägendsten Jugenderinnerungen geblieben und diese Platte hat mein späteres Interesse für die Pop- und Rockmusik entscheidend mitgeprägt.





 

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