May 26, 2016


CORKY LAING & FRIENDS - The Secret Sessions
(Pet Rock Records PET CD 60042, 1999 / Originalaufnahmen von 1978)

Corky Laing, der ehemalige Schlagzeuger von MOUNTAIN, frotzelte einmal über diese Aufnahmen, nicht ohne ein Quentchen Ironie: "This record is an assortment of secret sessions. It was so secret that at one time the record company couldn't even find the tapes." Nach seinem nicht gerade sehr erfolgreichen Soloalbum "Makin' It On The Street", das 1976 erschienen war, wollte Corky Laing eine neue Band zusammenstellen, und zwar gemeinsam mit dem ehemaligen Mott The Hoople Captain Ian Hunter. Für die Gitarrenparts wurde dessen langjähriger Mitstreiter und ehemaliger Weggefährte von David Bowie, der stets unterschätzte Saitenkünstler Mick Ronson verpflichtet, den Bass wiederum sollte der ehemalige Mountain-Bassist Felix Pappalardi übernehmen. Zu den Sessions gesellten sich weitere illustre Musiker wie beispielsweise die legendären Leslie West, Todd Rundgren und John Sebastian. Und als wären das noch nicht genug Top-Musiker, kamen auch noch die Superstars Eric Clapton und der Allman Brothers Gitarrist Dickey Betts hinzu.

Natürlich freut man sich als Rock-Fan sehr auf so ein verheissungsvolles Projekt, zumal schon von Beginn weg immer wieder Gerüchte durchsickerten, dass da etwas ganz Grosses in der Mache sei, über das letztlich allerdings auch die bestinformiertesten Insider nur vage Vermutungen anstellen konnten und keiner der zahlreichen Rockjournalisten über wirklich verbindliche Tatsachen zu berichten wusste. Aber alleine die Tatsache, dass Ian Hunter zu dem Zeitpunkt gerade mit seiner eigenen, recht erfolgreichen Solokarriere beschäftigt war, liess selbst den glaubensfreudigsten Fan zweifeln, ob da wirklich was dran war an dieser Geschichte. Corky Laing hingegen musste handeln, denn seine Solokarriere hinkte sehr und lag deutlich hinter den Erwartungen seiner Plattenfirma zurück. Als das Projekt mehr oder minder konkret wurde, kam die Idee, eine quasi "Supergroup" ins Leben zu rufen, von Steve Wax, dem Präsidenten des Plattenlabels Asylum/Elektra, bei welchem Corky Laing unter Vertrag stand. Von Anfang an wurde Ian Hunter als Laing zur Seite stehender Komponist ausgewählt und in der Folge kamen nach und nach die weiteren Musiker hinzu, die zum Teil allerdings lediglich für das eine oder andere Solo rekrutiert wurden. Man darf aber davon ausgehen, dass dabei auch strategische Gedanken eine Rolle gespielt hatten: Eric Clapton, Dickey Betts und Leslie West als Gastmusiker sollten wohl vor allem als zusätzlicher Kaufanreiz für die Platte dienen, was jedoch die Qualität ihrer Darbietungen selbstverständlich nicht schmälert.

Todd Rundgren's Rolle bei diesem Projekt war weitaus tragender und von grösserer Bedeutung, denn seine Passion für Arrangements und perfekte Harmonien schaffte es, aus dem reinen Studioprojekt so etwas wie eine komplette Band-Einheit zu schustern, die zusammen toll fuinktionierte, als hätte sie schon seit Jahren zusammen musiziert. Dabei war die Entstehung der Songs vor allem textlich einigen manchmal äusserst peinlichen Momenten in der langen Karriere von Corky Laing geschuldet. So erinnerte er sich beispielsweise an eine Anekdote, als er Gregg Allman in einem Hotel traf, in welchem er angestiegen war. Nachdem Allman Zoff mit seiner damaligen Freundin Cher hatte: "I remember one night in LA when Gregg Allman came over to my hotel after an argument with Cher. He seemed pissed out of his mind and just kept repeating, the key don't fit that lock anymore." Der Schlüsselsatz dieses ebenso peinlichen wie letztlich humorvollen Ereignisses - the key don't fit that lock anymore - führte zum Song "The Best Thing". Solche Anekdötchen wurden zum zentralen Ausgangspunkt fast jedes Songs, den die illustre Gemeinschaft aufnahm, und das schliesst vor allem auch darauf, dass alle Beteiligten in dem Projekt vor allem auch ein Spass-Unternehmen sahen, das nicht so sehr auf Seriosität und Marktkonformität zugeschnitten war. Dies wiederum passte der Plattenfirma nicht: Sie drehte dem Projekt noch während der Aufnahmen den Geldhahn zu, so dass die wenigen, bereits in Arbeit befindlichen Stücke in Levon Helm's Tonstudio hastig fertiggestellt wurden, woraufhin sich das Allstar-Team mangels weiterer Bezahlung natürlich gleich wieder auflöste.

Die komplett eingespielten insgesamt acht Titel dieser allesamt hervorragenden Aufnahmen verschwanden in der Folge für insgesamt 20 Jahre im Archiv der Plattenfirma, bevor sie unter dem Titel "The Secret Sessions" nach über zwei Dekaden doch noch veröffentlicht wurden. Erwartungsgemäss enthielt die entsprechende CD, welche 1999 beim Independent Label Pet Rock Records erschienen war, im weitesten Sinne eine stilistische Mixtur aus Ian Hunter's typischem Glam-infiszierten Rock, der stellenweise an die guten alten Mott The Hoople erinnerte und an den schwerblütigen Blues-Rock der Gruppe Mountain, was nicht erstaunt, da ja mit Leslie West, dem Gast-Bassisten Felix Pappalardi und Corky Laing die Basis-Gründungsband von Mountain mit am Werk war.

Gut produzierter währschafter Rock der 70er Jahre, zumeist in ziemlich lockere Arrangements verpackt, waren das Ergebnis dieser Sessions, bei denen man sich heute in der Tat nur wundern kann, dass sie von der Plattenfirma damals gekippt wurden. Von der Platte hätten vermutlich schon so einige Exemplare verkauft werden können. Wie es allerdings mit einer entsprechenden Live-Band ausgesehen hätte, ist eine andere Frage. Vielleicht standen auch solche Ueberlegungen im Raum, denn fast alle Beteiligten an dem Projekt hatten ihre eigenen Verpflichtungen, waren überdies nicht "out of business", sondern allesamt recht erfolgreich und mit ihrer eigenen Karriere beschäftigt. Da wäre wohl eine zusätzliche Tour-Band mit Corky Laing nicht ohne Konzessionen anderswo möglich gewesen und somit wohl letztlich vielleicht auch deshalb gescheitert. Man weiss es nicht, da es ja leider gar nicht erst dazu gekommen ist. 

Am überzeugendsten sind der tolle und groovige Opener "Easy Money", sowie das überlange Stück "Outsider" aus der Feder von Ian Hunter, mit einem exzellenten Leslie West an der Sologitarre. "On My Way To Georgia", eine weitere eher bluesige Nummer präsentierte die beiden Gitarristen Eric Clapton und Dickey Betts in Höchstform, "Growing Old With Rock'n'Roll" wiederum war eine Nummer, wie sie typisch war für Corky Laing, und wie man sie schon von früher von ihm kannte: Sehr autobiographische Züge aufweisend und mit einem tollen Drumming in Bestform. Die CD-Veröffentlichung bietet neben den originalen acht Songs der Sessions als Bonus zwei weitere Titel, von denen einer noch aus Laing's Solo-Album "Makin' It On The Street" von 1977 stamme, nämlich "Growing Old With Rock'n'Roll" und das fabelhaft schöne "On My Way To Georgia", einem der vielleicht schönsten Songs aus der Feder von Ian Hunter. Schliesslich gibt es auf der CD auch noch einen Videoclip des Stücks "The Outsider" zu sehen/hören.




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