Mar 10, 2016


JIM CROCE - You Don't Mess Around With Jim (ABC Records ABCX-756, 1972)

Man mag hinterher immer spekulieren, was ein Musiker der Welt wohl noch so alles an wundervollen Songs und Alben hätte schenken können, würde ihn ein früher Tod nicht aus dem Leben gerissen haben. Jim Croce starb bereits im Alter von gerade mal 30 Jahren beim Absturz eines Kleinflugzeugs, und seine musikalische Hinterlassenschaft ist nicht üppig. Zu seinen Lebzeiten veröffentlichte der Singer-Songwriter lediglich vier Alben, bevor ihn sein Schicksal ereilte. Jim Croce kam Anfang der 60er Jahre in Berührung mit der damaligen Folkmusik und seine frühen Inspirationen gehen zurück auf die Musik von Woody Guthrie, Ramblin' Jack Elliott und Bob Dylan. Er studierte an der Villanova University in Pennsylvania, wo auch spätere Folk-Barden wie Lenny Bruce oder Lord Buckley immatrikuliert waren. Dort spielte er auch zum erstenmal in einer Band mit dem Namen The Spires mit, löste sich aber mit dem Abgang der Uni von ihr und tingelte vorerst als Solokünstler durch die Clubs und Coffee Houses für ein paar Dollars. Dabei landete er unter anderem auch im bekannten Folk-Mekka Greenwich Village in New York und erlangte grössere Aufmerksamkeit durch seine Adaptionen der Songs von Ian & Sylvia Tyson, Gordon Lightfoot, Joan Baez und seinen ersten eigenen Kompositionen. Seine treueste Fangemeinde fand er allerdings - wieder zurück in seinem Umfeld - in einer Bar namens The Riddle Paddock in Lima, Pennsylvania, wo eine immer zahlreicher werdende Schar von Fans aus allen gesellschaftlichen Schichten seine Songs schätzen lernten. 1966 heiratete Jim Croce seine Freundin Ingrid und machte auch mit ihr zusammen Folkmusik, die wiederum den gemeinsamen Freund Tommy West so sehr beeindruckte, dass er vorschlug, das Duo möge doch nach New York umziehen, was die beiden dann auch taten. Dies bescherte ihnen schon kurze Zeit später einen Plattenvertrag mit dem renommierten Capitol Label. Unter dem Namen Ingrid and Jim Croce und produziert von Nik Venet, der auch schon Platten der Beach Boys, Fred Neil und John Stewart produziert hatte, erschien 1969 das leider kaum promotete Album "Croce" (Capitol Records ST-315), das sich dementsprechend auch kaum verkaufen konnte. Auf dem Album spielte auch der später recht erfolgreiche Eric Weissberg ("Duelling Banjos") mit, ausserdem John Stockfish aus der Band von Gordon Lightfoot und der Geiger Harry Katzman, der in den 50er Jahren schon dem Glenn Miller Orchester angehörte.

Aufgrund der sehr mageren Verkäufe der LP zog das Ehepaar Croce wieder um und zurück nach Pennsylvania. Dort lernte Jim Croce in der Folge den Gitarristen Maury Muehleisen kennen, der ebenfalls für Capitol ein wenig beachtetes Album ("Gingerbread") eingespielt hatte und im Februar 1971 schickten die beiden erneut ein Demo Tape an den Produzenten Tommy West, nachdem Ehefrau Ingrid sich vom aktiven Musikmachen zurückgezogen hatte, weil sie Nachwuchs erwartete. Dieses Demo Tape beinhaltete schon frühe Versionen einiger der später auf dem ersten Soloalbum von Jim Croce erscheinenden Songs wie zum Beispiel "Operator (That's Not The Way It Feels)", "Walkin' Back To Georgia", "You Don't Mess Around With Jim" und "Time In A Bottle". Tommy West hielt die Songs für so stark, dass er prompt einen Plattenvertrag an Land ziehen konnte, diesmal mit dem Label ABC Records.

Das im Mai 1972 erschienene Album "You Don't Mess Around With Jim" profitierte vom gerade angesagten musikalischen Trend, denn einige Singer/Songwriter feierten zu dem Zeitpunkt gerade grosse Erfolge und belegten die vordersten Charts-Plätze, wie zum Beispiel James Taylor, Carly Simon, Neil Young oder auch Carole King, deren LP "Tapestry" in aller Munde war und einige musikalische Parallelen zu Jim's Debutalbum aufwies. Aufgrund des sehr bescheidenen Budgets, mit welchem die Platte produziert wurde, mussten auf zahlreiche Arrangement-Schmückungen verzichtet werden, weil schlicht das Geld fehlte, eine Streichergruppe oder zusätzliche Musiker bezahlen zu können. Genau dies aber tat der Musik auf dem Album sehr gut, denn diese Schlichtheit der Songs, die reduzierten bis spartanischen Arrangements verliehen den Songs eine warme und herzliche Atmosphäre. Trotzdem wirkten die Titel reif und erwachsen und boten nicht den schalen Geschmack von amateurhafter Lagerfeuer-Romantik. Es war vor allem die angenehme und von einem hohen Wiedererkennungswert geprägte Stimme Croce's, die seinen Liedern eine gewisse Eleganz verlieh, ausserdem sah er ziemlich gut aus - wie ein Mix aus Johnny Rivers und Frank Zappa. 

Da die Platte auch noch enorm vielseitig klang, verfehlte sie ihr Ziel nicht und fand deshalb ziemlich viele Abnehmer. Im Sommer 1972 erreichte die LP Platz 1 der amerikanischen Charts und die ausgekoppelte Single "Time In A Bottle" - eine von Jim Croce's einfühlsamsten, intimsten und am spartanischsten instrumentierte Ballade, erklomm ebenfalls die Hitliste und landete auf Platz 1. Jim Croce hatte es geschafft. Plötzlich gehörte er zu den ganz Grossen im Musikgeschäft und noch während seine erste LP in den Charts stand (insgesamt für nicht weniger als 93 Wochen übrigens!) begann er, neue Songs vorzubereiten für sein nachfolgendes Album "Life And Times", das im Frühjahr 1973 erschien und mit "Bad Bad Leroy Brown" erneut einen Nummer 1-Single Hit abwarf. 

Am 20. September 1973, einen Tag vor der Veröffentlichung seines nächsten Albums "I Got A Name" kam Jim Croce zusammen mit seinem Freund und Gitarristen Maury Muehleisen, drei weiteren Passagieren und dem Piloten in einem gecharterten Flugzeug ums Leben. Der Flug sollte die Musiker von Louisiana nach Sherman im Bundesstaat Texas bringen, wo am Abend ein Konzert geplant war, als das Kleinflugzeug trotz klarer Sicht einige Baumwipfel streifte und in der Folge abstürzte. Später kamen Vermutungen auf, der Pilot habe eventuell einen Herzinfarkt erlitten. 

Noch heute klingen die Songs von Jim Croce auffallend frisch und unverbraucht. Sie haben keine Patina angesetzt, die Songtexte wirken immer noch nach, auch weil sie in sehr zeitloser Art und Weise von Alltagsgeschichten erzählen, die stets berühren und vereinnehmen.

'Cause I've been wasted and I've over-tasted all the things that life gave to me.
And I've been trusted, abused and busted, and I've been taken by those close to me.

(aus "Hey Tomorrow")

1 comment:

  1. toller beitrag. ich wusste bisher nicht viel von groce, doch das klingt nach einer unglaublich traurigen geschichte. er hat mein tiefstes beileid.

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