Jul 5, 2016


MUNGO JERRY - Cool Jesus (Raw Sound RSCS 1002, 2011)

Ja klar doch: "In The Summertime"! Wer kennt das nicht ? Und viele weitere Songs, mit denen uns Ray Dorset, alias MUNGO JERRY schon seit fast fünf Jahrzehnten permanent gute Laune vermittelt. Ob "Lady Rose" oder "Hello Nadine": Mungo Jerry waren und sind eine Band, die immer dafür sorgte, dass ein verregneter Tag in der Seele sich zum Sonnentag im Herzen verwandelte. Mungo Jerry spielen auch heute noch Konzerte, vorwiegend auf Blues-, Rock- und Jazz-Festivals. Aus der Band Mungo Jerry gingen Musiker hervor, die später für andere bekannte Bands und Künstler spielten, zum  Beispiel Bob Daisley, der später bei Ritchie Blackmore's Rainbow und bei Ozzy Osbourne spielte, oder Boris Williams, der zu The Cure wechselte. Mungo Jerry gibt es schon ewig. Die Gruppe hatte vor der endgültigen Namensgebung im Laufe der 60er Jahre etliche verschiedene Namen, etwa The Buccaneers oder The Conchords (die von Dorsets Vater bezahlte Demoaufnahmen machten), The Tramps (die 1964 einen Beatwettbewerb in Essex gewannen), The Sweet and Sour Band (die 1967 als Vorgruppe von Captain Beefheart in England auftraten), Camino Real, Memphis Leather und The Good Earth Rock ’n’ Roll Band. Auch die Besetzung wechselte häufig. 1969 spielte die Gruppe als The Good Earth gemeinsame Konzerte mit bekannten Bands wie The Moody Blues, Stan Webbs Chicken Shack oder Soft Machine. Unter diesem Namen brachte sie das Album "It’s Hard Rock & All That" heraus.

Ab 1970 und mit einem Plattenvertrag bei Pye Records nannte sich die Band Mungo Jerry. Der Name stammt von einer Figur (einer Katze) aus T. S. Eliot's "Book of Practical Cats". Ihre erste EP unter diesem Namen war "In The Summertime" mit den Zusatztiteln "Mighty Man" und "Mungo’s Blues", die Platz 1 in England erreichte. Unterstützt wurde der Erfolg vom Medienrummel um Mungo Jerrys Live-Auftritt beim britischen Hollywood Music Festival in Newcastle under Lyme, wo auch Black Sabbath, Grateful Dead, Traffic, Family und José Feliciano spielten. Mungo Jerry wurde vom Publikum zur besten Band gewählt und durfte deshalb ein zweites Mal beim Festival auftreten. Die Medien sprachen fortan von der "Mungomania, dem "Mungo Jerry Fever", dem grössten Pop-Phänomen seit den Beatles und "In the Summertime" entwickelte sich weltweit zum Sommerhit des Jahres 1970 und mit 30 Millionen verkauften Tonträgern zum bis heute erfolgreichsten Sommersong. Das erste Album "Mungo Jerry" erschien im Juli 1970. Es folgte eine Tournee durch die USA, wo sie unter anderem mit den Faces und Humble Pie auftraten. Anfang 1971 folgte die zweite EP, "Baby Jump", ein Rocktitel ohne Schlagzeug, der ebenfalls Platz 1 erreichte. Das zweite Album war "Electronically Tested". In diesem Jahr wurde die Band vom Melody Maker als beste neue Gruppe ausgezeichnet und kam in die Top-5 der besten Live-Bands, zusammen mit den Rolling Stones und The Who. Es folgten Auftritte auf einigen der grössten Festivals dieser Zeit, etwa dem Isle of Wight Festival, dem Rotterdam-Festival und dem Fehmarn-Festival, wo Mungo Jerry neben Jimi Hendrix in dessen letztem Konzert auftrat.

Mit "Lady Rose" hatten Mungo Jerry im Mai 1971 einen weiteren Top Ten Hit. Das nächste Album war "You Don’t Have to Be in the Army" mit der gleichnamigen Single-Auskopplung "You Don’t Have to Be in the Army to Fight in the War". Obwohl zahlreiche Radiostationen das Stück wegen dessen politischer Aussage nicht spielten, erreichte der Song die Charts. Das Lied knüpfte an den Antikriegssong "Peace in the Country" an, der auf dem Debütalbum 1970 erschienen war. "You Don’t Have to Be in the Army to Fight in the War" wurde zur Hymne für junge europäische Kriegsdienstverweigerer und erfuhr 36 Jahre später auf dem Album "When She Comes, She Runs All Over Me" (2008) mit dem Titel "Gotta Get out of the Army" im inhaltlichen Kontext von Auslandseinsätzen westlicher Soldaten in Afghanistan und dem Irak eine Fortsetzung.

Nach einer Tournee durch Asien, Australien und Neuseeland 1972 brach die Band überraschend wegen Streitigkeiten über die weitere musikalische Ausrichtung auseinander, denn Ray Dorset wollte erstmals einen Schlagzeuger in die Band einbauen. Zudem nahmen Ray Dorset mit "Cold Blue Excursion" und Paul King mit "Been in the Pen Too Long" Soloalben auf, um ihre eigenen neuen musikalischen Vorstellungen deutlich zu machen. Als danach zwei Mitglieder der Band, Colin Earl und Paul King, Dorset 1972 eigenständig entlassen wollten, da er für die Medien immer mehr der personifizierte "Mungo Jerry" wurde, nahm das Management dies endgültig zum Anlass, Ray Dorset selbst die Band erneuern zu lassen. Von der ursprünglichen Besetzung blieb neben dem nun als "Mr. Mungo Jerry" agierenden Dorset der Bassist John Godfrey, dazu kamen John Pope (Klavier) und das erste Mal mit Tim Reeves ein Schlagzeuger. Earl und King mussten gehen und gründeten "The King Earl Boogie Band", die sich bereits nach der Aufnahme ihres ersten Albums "Trouble at Mill" (produziert vom Strawbs-Bandleader Dave Cousins) wieder auflöste. Die von der neuen Mungo Jerry Formation herausgebrachte Oldtime Blues Single "Open Up" schaffte es wieder in die britischen Top 20. Das folgende Album "Boot Power" brachte einen neuen, experimentellen Sound hervor, der sich für die Band kommerziell nicht auszahlte. Auch die Single Auskopplung "My Girl and Me" (im Phasing-Sound) erreichte nicht die gewohnten Chartpositionen.


Die Musik war von nun an elektronischer, Keyboard- und Schlagzeug-lastiger. Nach einer Bandumbesetzung und mit härterem Sound auf Basis des Schlagzeugers Paul Hancox kam 1973 für Mungo Jerry der Erfolg zurück. Der Rocksong "Alright Alright Alright" erreichte weltweit in den Charts Top Ten-Platzierungen, unter anderem Rang 3 der britischen Singlecharts. Der Single folgten weitere Top Twenty Charterfolge mit "Wild Love" und "Long Legged Woman Dressed in Black" sowie das Album "Long Legged Woman". In diesem Jahr war die Band unter anderem mit dem Bassisten Bob Daisley auf Tournee. Diese Mungo Jerry Liveformation nahm das Album "Blitz" auf, dessen Aufnahmen erst später wiedergefunden und durch den Mungo Jerry Fanclub teilweise in den 90er Jahren veröffentlicht wurden. Die Gruppe spielte zu dieser Zeit auf allen grossen europäischen Festivals und war unter anderem Headliner des grössten skandinavischen Rock-Festivals "Ragnarock". Nach der Rückkehr der Original-Bandmitglieder Colin Earl (zwischenzeitlich gelegentlich Studiokeyboarder bei Foghat) und Joe Rush erschienen Mitte der 70er-Jahre die Singles "Hello Nadine" und "It’s A Secret". Es folgten die Alben "Impala Saga" und "Lovin’ in the Alleys, Fightin’ in the Streets". 1978 trat Mungo Jerry auf beim Golden Orpheus Festival in Bulgarien mit einer länderübergreifenden Fernsehübertragung im gesamten Ostblock auf. Damit war sie die erste westliche Rockband, die jenseits des Eisernen Vorhangs spielte.

Danach wurde es ruhiger um Mungo Jerry. Ray Dorset selbst zeichnete sich allerdings als Komponist und Musikproduzent für andere Gruppen aus und kreierte dabei den sogenannten "High Energy Disco Sound". Sein grösster Erfolg war der weltweite Hit "Feels Like I’m in Love", den er ursprünglich für Elvis Presley komponiert hatte, der ihn aber nicht mehr aufnehmen konnte. Zwischenzeitlich in einer Mungo Jerry Version erschienen, veröffentlichte Dorset ihn 1980 mit der schottischen Sängerin Kelly Marie im Discosound und machte ihn zu einem Nummer 1 Hit in vielen Ländern. Mungo Jerry Bandmitglieder waren in den frühen 80ern der Schlagzeuger Boris Williams, der dann später bei THE CURE spielte, sowie der Bassist Doug Fergusson (ex-CAMEL). Veröffentlichte Mungo Jerry Alben waren "Six-A-Side", "Together Again" und "Boogie Up". Doug Fergusson wurde hierbei von Les Calvert ersetzt (ex-Alexis Korner und Jona Lewie), der bis Ende der 90er Jahre kontinuierlich Ray Dorset am Bass begleitete.

Das grösste Mungo Jerry Projekt in den 80ern war die Blues-Supergruppe KATMANDU. Dorset reaktivierte hier den ehemaligen Fleetwood Mac Gitarristen Peter Green, der sich aus dem Musikgeschäft zurückgezogen hatte. Dorset selbst war Sänger, Komponist, Gitarrist und Mundharmonikaspieler der Band. Vincent Crane (Keyboard) und Jeff Whittaker (Schlagzeug) komplettierten das Quartett, das 1984 das von Musikkritikern hoch gelobte, aber wenig erfolgreiche Album "A Case For The Blues" veröffentlichte. In den 80ern blieben weitere Charthits für Mungo Jerry in Europa aus, obwohl die Band als "Mungo Jerry & Horizon" unter anderem die britische Version von "Sunshine Reggae" veröffentlichte. Lediglich eine neue Version von "In the Summertime", eingespielt 1987 von Mungo Jerry & The Brothers Grimm, erreichte die Nummer 1 Position der britischen Indie-Charts. In einigen afrikanischen Ländern waren Ray Dorset und seine Band mit ihrem neuen lateinamerikanischen Sound erfolgreicher. Die Songs "Forgotten Land", "On A Night Like This" und eine Reggae-Version von Bob Dylan's "Knockin’ On Heaven’s Door" belegten beispielsweise in Südafrika Spitzenplätze.

Mungo Jerry veröffentlichten nach längerer Alben-Pause mit "Snakebite" 1990 ein neues Pop-Album. 1995 produzierte Ray Dorset für den Reggae-Star Shaggy "In The Summertime" und spielte mit seiner Band die Musik dafür neu ein. Shaggy belegte mit dieser Coverversion weltweit Spitzenplätze, so etwa in den USA und im Vereinigten Königreich die Nummer 1 in den Charts. 1996 gab es eine weitere neue Version des Songs, die wiederum die Hitparaden erreichte und zum Soundtrack des Spielfilms "Flipper" gehörte. 1999 erreichte die Band mit "Toon Army", einer Hymne für den englischen Fussballclub Newcastle United, erneut die Hitparade in Grossbritannien. 1997 wurde mit "Old Shoes New Jeans" ein Bluesrock-Album veröffentlicht. Kontinentale Erfolge wurden die Singles "Red Leather And Chrome" und "All I Wonna Do". Musiker bei Mungo Jerry waren in den 80er- und 90er-Jahren im Schwerpunkt Bassist Les Calvert (ex-Alexis Korner), der Gitarrist Tim Green (ex-Rock Island Line), der Schlagzeuger Jamie Roberts sowie der Keyboard- und Akkordeonspieler Steve Jones (ex-Heron).


Auch nach der Jahrtausendwende legte Mungo Jerry neue Veröffentlichungen vor, wobei Ray Dorset neben alten Band-Mitgliedern mit jungen Musikern arbeitete. Das Album "Candy Dreams", dessen Titel "Where Are You" für eine Hermann-Hesse-Kompilation ausgewählt wurde, erschien 2001. Gleich mit drei verschiedenen Mungo Jerry Formationen tritt Ray Dorset heute auf: Die britische "Mungo Jerry Band" spielt live im Schwerpunkt Pop- und Rock-Stücke, die mit internationalen Musikern besetzte "Mungo Jerry Bluesband" ist eher bluesorientiert und "Mungo Jerry & The Goodtime Gamblers" beleben den originalen Mungo Jerry-Retrosound (Jug/Pop/Skiffle und Blues). 2002 steuerte Mungo Jerry für das internationale Multimedia-Projekt "Lernen Interaktiv" der Europäischen Union/Macromedia mehrere Songs bei und nahm dafür unter anderem das Stück "Car Car" von Woody Guthrie neu auf. Neben Leadbelly hatte Guthrie grossen Einfluss auf den ursprünglichen Sound der Band genommen, beispielsweise mit dem "Dust Pneumonia Blues", der als "Mungo’s Blues" 1970 Mungo Jerry's erster Radiotitel war.

Im Juni 2005 feierte Dorset mit ehemaligen (Kontrabassist Mike Cole der Originalband) und aktuellen (zum Beispiel sein langjähriger Leadgitarrist Tim Green, Mungo Jerry Band seit 1976) Bandmitgliedern und zahlreichen Fans und Gästen das 35-jährige Bandjubiläum von Mungo Jerry am Originalschauplatz des Hollywood-Festivals in Newcastle under Lyme. Erfolgreichstes Album im neuen Jahrhundert war bisher für Mungo Jerry "Adults Only" (Mungo Jerry Bluesband, bestehend aus den deutschen Musikern Klaus Wenske (Bass), Klaus Otto (Schlagzeug), Achim "Ako" Patz (Keyboards, Harp), Michael Pohl (Gitarre)) – in Deutschland bei Easyplay Records veröffentlicht, in Grossbritannien 2004 auf Voiceprint Records, und von der Kritik als bestes Mungo Jerry Album seit "Boot Power" bezeichnet. Mit "Mr. Midnight", einem Stück aus "Phantom of the Opera on Ice", erschien im März 2006 eine ungewöhnliche Single von Mungo Jerry. Produziert wurde das Lied von Dorsets Weggefährte Roberto Danova, der einst schon am Mungo Jerry Titel "It’s A Secret" mitarbeitete. 2007 war Mungo Jerry auf der bei "Zounds" erschienenen CD "The Definite Smoke on the Water Show", die ein gleichnamiges deutsches Gitarren-Weltrekord-Projekt begleitete, neben der Originalversion von Deep Purple mit einer Bluesversion des Rock-Klassikers "Smoke on the Water" vertreten.


2008 wurden gleich zwei neue Mungo Jerry CDs veröffentlicht, bei denen Ray Dorset kurzzeitig zu seinen Wurzeln zurückkehrte. Aufgenommen im Stil der ersten drei Alben aus den Jahren 1970 bis 1972, spielte Ray Dorset mit seiner englischen Formation das Album "Naked By The Heart" ein (unter anderem mit Mike Cole) – und mit der "Mungo Jerry Bluesband" das Album "When She Comes She Runs All Over Me". 2009 trat Mungo Jerry auf vielen internationalen Musik-Events auf, so bei den Boogie Nights in Baden Baden, dem Acoustic Festival of Britain, dem englischen Weyfest und dem amerikanischen Salmon Days Festival in Seattle. Zudem ging die Band auf eine Tournee durch diverse englische Theater. Ray Dorset wurde dabei von zahlreichen internationalen Musikern unterstützt: Heini Altbart (Schlagzeug), Tony Sheridan (Gitarre), Christoph Steinbach (Klavier), Pete York (Schlagzeug), Siggi Schwarz (Gitarre) und Alan White (Schlagzeug). 2010 stellte sich in Grossbritannien wieder ein Chart-Erfolg ein. Zum 40-jährigen Jubiläum von Mungo Jerry erreichte die Single "In the Summertime" in der Version von Mungo Jerry & Bluestone feat. Skibadee die britische Top Twenty.

Das in den letzten Jahren in Hannover eingespielte Album "Cool Jesus" wurde schliesslich im Sommer 2011 veröffentlicht. Die Besetzung Ray Dorset (Gesang/ Gitarre), Torsten Luederwaldt (Keyboard/Banjo), Winnie Martin (E-Bass) und Martin Troike (Schlagzeug) belebt darauf einen Sound, der an die frühen 70er Jahre erinnert. Die Fernsehpremiere der Singleauskopplung aus "Cool Jesus" fand am 20. Juli 2011 in der ZDF- Sendung "Volle Kanne" statt. Nur von einer E-Gitarre begleitet sang Ray Dorset den Titel "Give Us a Song". Über das gesamte Jahr 2011 verteilt spielte Mungo Jerry in internationaler Musiker-Besetzung 25 ausverkaufte Live-Konzerte im vollbesetzten Wiener Metropol-Theater, in denen Dorset der Wiener Jugend in einer "Rock it"-Show die Geschichte des Pop, Rock und Blues nahebrachte. Bis Ende 2013 war Mungo Jerry besonders als Live-Band aktiv. Auftritte – zumeist in der bewährten langjährigen britischen Besetzung Ray Dorset, Jon Playle, Toby Hounsham und Mark David - gab es mehrmals auf dem Bansko Jazz Festival und dem Zürichsee-Festival. Herausragend war der Gig mit Status Quo beim Inaugural Junction 16 Concert (Betley Court Farm/ Crewe) und die USA-Tour 2013 (beispielsweise Brooklyn Bowl New York).

"Cool Jesus" bedeutete seit vielen Jahren die konsequenteste Fortsetzung der Musik, die Ray Dorset zu Beginn der 70er Jahre populärgemacht hatte. Das Album verfügt über viele Reminiszenzen zu den Anfangserfolgen wie "In The Summertime" oder "Lady Rose". Besonders das herzliche "Going Up The River" steht stellvertretend für all das, wofür Mungo Jerry oder Ray Dorset schon seit über 4 1/2 Dekaden steht: Fröhlichkeit, Herzlichkeit und jede Menge Spass. Es bleibt zu hoffen, dass Ray Dorset diese pure akustische Lebensfreude noch viele Jahre weiter vermitteln kann. 



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