Dec 28, 2015


VINYL KINGS - A Little Trip (Vinyl Kings Records VK 6401-2, 2002)

"I Am The Walrus" heisst neu "Mind Over Matter", aus "Maxwell's Silver Hammer" wird schlicht "Bang Bang", Sergeant Pepper hört auf den Namen "Losin' My Mind" und aus der "Lucy In The Sky" wird "What If It Were You": Willkommen an Bord der MS Beatles, dem Partyschiff auf seiner endlosen Reise quer durch das grosse Beatles Meer. Es gibt ja auch so viele Beatles Cover Bands, und eigentlich sind sie sich alle in einem Punkt ähnlich: Sie sind nicht die Originale. Leider.

Es gibt aber Ausnahmen, die dann interessant werden für den Hörer, wenn es sich nicht um die 368. Coverversion von "Get Back" handelt, sondern etwas Eigentümliches darstellen, um der grössten aller Popbands zu huldigen. Die Schweizer Band The Saltbee etwa (quasi die Beatles buchstabenmässig etwas durcheinander geschüttelt), die Platten aufgenommen hat, auf welchen sich ausschliesslich Stücke aus der Feder von Lennon/McCartney oder George Harrison befinden, welche die Beatles selbst zwar komponiert, aber nie veröffentlicht haben.

Oder man zeichnet ganz einfach die Musik der Fab Four nach, ohne sie zu kopieren, bleibt bei dem Vorhaben aber doch soweit beim Original, dass man erkennen kann, welcher originale Song der Beatles sich hinter den neuen Stücken versteckt, respektive, welcher Song für die neue Komposition Pate stand. So eine als Huldigung an die Meister verstandene Platte haben die Vinyl Kings 2002 aufgenommen und im Eigenvertrieb veröffentlicht.

Die Vinyl Kings sind gestandene amerikanische Profimusiker, die sich mit diesem quasi Tribut-Album bei ihren grossen Vorbildern einfach bedanken wollten. Das schreiben sie dann in der Plattenbeilage so:

To Paul, Ringo, John and George (wherever you are) and George Martin

The intent of this project was to have fun, born of love and respect. It is important, that you know that. The Beatles and the time in which the band existed were, for all of us, the gift of inspiration that drove us to a life of music. In its own way this album is our reconnection to this gift, that spark, that desire and love. And most of all, our way of saying, in a musical kind of way, Thank You!

Die Vinyl Kings setzen sich zusammen aus Larry Byrom (Steppenwolf, Dr. Hook, Chi Coltrane), Larry Lee (The Ozark Mountain Daredevils, Jimmy Buffett, Asleep At The Wheel), Josh Leo (Bad Company, Lynyrd Skynyrd, Nitty Gritty Dirt Band), Jim Photoglo (Everly Brothers, Dan Fogelberg, Nitty Gritty Dirt Band), Michael Rhodes (J.J. Cale, Green On Red) und Harry Stinson (Al Stewart, The Mavericks, Lyle Lovett).

Alle Beteiligten haben selbst komponierte Stücke beigetragen, entweder einzeln oder im Team gschrieben und sich dabei zu jedem Song von einer Beatles-Nummer inspirieren lassen. Die Idee dabei war neben der Verneigung vor den Meistern auch die Ueberlegung, wie die Beatles heute vielleicht komponieren würden, welche Elemente aus den 60er Jahren noch vorhanden wären und welche neuen Einflüsse die Fab Four vielleicht berücksichtigt und für ihre Kompositionen genutzt hätten. Wenn man ausserdem weiss, dass die Beatles extreme Tüftler im Tonstudio gewesen sind, und mit den heutigen technischen Möglichkeiten konfrontiert worden wären, dann kann man sich anhand dieser hervorragenden und höchst amüsanten Platte vielleicht ein Bild davon machen.

Jedes der 13 Stücke dieser Platte kann begeistern, wenn man Lieder der Beatles noch irgendwo im Hinterkopf abgespeichert hat. Man ertappt sich beim anhören dabei, wie man versucht, sich an die Melodie der offensichtlichen Vorlage zu erinnern. Auch wenn man schliesslich drauf kommt: Die Songs der Vinyl Kings sind trotzdem Eigenkompositionen und können aufgrund der hohen Qualität absolut für sich selbst stehen. Für einen Beatles-Fan sind sie ein willkommenes Wiederhören mit "ihrer" Musik, die trotzdem anders ist, aber in jeder noch so klitzekleinen Note den Geist der 60er Jahre inne hat. Es dürfte aber trotzdem Puristen geben, die schreien: Ketzerei!

Die Vinyl Kings wiederholten das Projekt übrigens drei Jahre später mit dem Album "Time Machine". Auf dem 2005 erschienenen Album widmeten sich die Musiker dann vor allem der uramerikanischen Beatmusik, allen voran dem Surf Sound der Beach Boys. Auch dieses Folgewerk kann ich jedem 60er Jahre Musik-Fan uneingeschränkt empfehlen.



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