Jun 28, 2017


ALEXIS KORNER'S ALL-STARS - Blues Incorporated 
(Transatlantic Records TRA SAM 7, 1969)

Alexis Korner, am 19. April 1928 in Paris als Alexis Andrew Nicholas Koerner geboren, war ein englischer Bluesmusiker, der heute als Schlüsselfigur der britischen Bluesrockszene der 60er Jahre gilt. In seiner Band Blues Incorporated spielten viele spätere britische Berühmtheiten, wie zum Beispiel Mick Jagger, Ginger Baker, Dick Heckstall-Smith, Charlie Watts, Cyril Davis, Jack Bruce, Brian Jones, Duffy Power und viele weitere. In den 70er Jahren war er mit einer Big Band unterwegs und beschäftigte sich immer auch mit anderen Dingen, blieb aber dem Blues ein Leben lang treu. Auch die deutsche Bluesszene hatte er erheblich mitgeprägt, so arbeitete er zum Beispiel mit Klaus Doldinger und der Frankfurt City Blues Band zusammen. Aber auch andere europäische Länder, wie etwa Dänemark, wo er mit Peter Thorup, den Young Flowers und anderen arbeitete, erfuhren durch Alexis Korner einen Bluesboom. Korner wuchs multikulturell auf: Sein Vater war ein jüdischer österreichischer Kavallerieoffizier, seine Mutter eine Griechin. Die Familie lebte in der Schweiz, in Frankreich und Nordafrika und floh zu Beginn des Zweiten Weltkrieges mit einem der letzten Schiffe nach England, wo Korner ab Mitte der 40er Jahre als Amateur bei Chris Barbers Band das Banjo spielte. Er sprach unter anderem Deutsch. Alexis Korner gilt als einer der wichtigsten Vertreter des Blues-Revivals Anfang der 60er Jahre. Der Melody Maker bezeichnete ihn auch als Vater des britischen Blues. Zudem wurde er, wie auch John Mayall, Vater des weissen Blues genannt. 1947 und 1948 war er als Soldat Alec Korner in Hamburg stationiert. Dort betreute er das Schallplattenarchiv des BFN und moderierte Musiksendungen für den BFN; auch spielte er in Jazzlokalen in Hamburg. Ausserdem moderierte er von Mitte bis Ende 1948 die Sendung Jazz Studio beim NWDR, die aber wegen Zuschauerprotesten eingestellt wurde (der Einbezug des Bebop missfiel einigen Hörern). Ende der 40er Jahre spielte Alexis Korner als halbprofessioneller Musiker in der Jazzband von Chris Barber. Anfang der 50er Jahre spielte er in diversen Londoner Skiffle-Bands. 1954 entstanden erste Aufnahmen mit ihm bei Ken Colyer, 1958 entstanden Aufnahmen mit seiner Skiffle-Band für Tempo Records ("Blues From The Roadhouse"). Bei Chris Barber lernte er den Mundharmonikaspieler und Bluesfan Cyril Davies kennen.

Mit Cyril Davies zusammen gründete er die von 1961 bis 1967 bestehende Gruppe Blues Incorporated. In ihr spielten und sangen Persönlichkeiten wie Brian Jones, Mick Jagger, Charlie Watts, Danny Thompson, Jack Bruce, Ginger Baker, Eric Burdon, Graham Bond und Dick Heckstall-Smith, die zu Keimzellen von Gruppen wie den Rolling Stones, Cream, den Animals, Manfred Mann's Earth Band oder Colosseum wurden. Blues Inc. traten oft in der BBC auf und waren mit Cyril Davies’ All Stars zusammen die erste europäische Bluesband, die elektrisch verstärkt spielte. 1963 verliess Davies die Band, um sich mehr dem Blues zu widmen, da Korner einen Bläsersatz in die Band geholt hatte und die Musik für Davies zu jazzig geworden war. Anschliessend rief Korner mit Cliff Barton, Victor Brox, Gerry Conway, Marsha Hunt, Hughie Flint und Binky McKenzie die Gruppe Free At Last ins Leben, die nur wenige Monate lang existierte. Danach trat er mit Brox im Duett auf - und mit Robert Plant und Pianist Steve Miller im Trio. 1968 folgte mit dem dänischen Sänger Peter Thorup und dessen Band The Beefeaters eine Skandinavien-Tour. Nach der Rückkehr nach England realisierte Korner mit seiner Tochter Sappho, mit Thorup, Nick South, Ray Warleigh, Annette Brox, Per Frost und Colin Hodgkinson die New Church, die 1969 das legendäre Konzert der Rolling Stones (zu Ehren des verstorbenen Brian Jones) im Londoner Hyde Park eröffnete.

Der Einfluss von Blues Incorporated wurde oft unterschätzt, prägte sie doch die Musik der 60er Jahre wesentlich mit und war Brutstätte für Bands wie die Rolling Stones, die Animals, John Mayall's Bluesbreakers oder Free. Die Bluesfans Korner und Davies hatten bereits früher zusammengearbeitet und ein eigenes Musiklokal aufgemacht, den London Blues und Barrelhouse Club. Zunächst spielte die Gruppe im Ealing Rhythm & Blues Club, der im Untergeschoss eines Teeladens lag, direkt an der Londoner U Bahn-Station Ealing Broadway. Ab Mai 1962 trat die Band regelmässig im Marquee Club auf, das erste Mal vor 127 Gästen. Aber schon vier Monate später wurden dort an jedem Blues-Donnerstag mehr als 1000 Besucher gezählt. Das im Juni 1962 eingespielte und im November darauf veröffentlichte Debütalbum von Blues Incorporated trug zwar den Titel "R&B From The Marquee", wurde aber in den Decca Studios im Londoner Stadtteil West Hampstead aufgenommen. Als Korner den Hammondspieler und Saxofonisten Graham Bond dazu holte, verliess Davies die Band. Blues Incorporated hatte zunächst neben Eigenkompositionen klassische Bluesnummern von Muddy Waters, Jimmy Witherspoon, Leroy Carr, Ma Rainey oder Willie Dixon im Repertoire, nahm aber später auch Stücke von Ray Charles, W. C. Handy, Charles Mingus und Herbie Hancock auf. Stilistisch zwischen Jazz, Rockmusik und Rhythm'n'Blues angesiedelt, wurde Blues Incorporated zu einer Brutstätte für Musikerkarrieren im Bereich der Rock- und Jazzmusik. Insbesondere in den Anfangsjahren wechselte die Besetzung häufig; dies wurde dadurch begünstigt, dass sich die Band auf Live-Auftritte konzentrierte und einen Kranz von Musikern rund um die Band zu Sessions einlud. Die letzten Besetzungen mit der später zur Folkjazz-Gruppe Pentangle wechselnden Rhythmusgruppe Danny Thompson und Terry Cox waren hingegen recht beständig. 1967 löste Korner die Band auf, trat aber im August 1968 noch einmal unter diesem Namen für die BBC auf. Zu den Bands, die aus Blues Incorporated hervorgingen, zählten die Animals, die Graham Bond Organisation, die Gruppe von Manfred Mann und vor allem die Rolling Stones. Korner's Band trug sowohl zu einem Blues-Revival in Europa bei als auch zur Ausbildung einer auf dem Blues basierenden britischen Variante der Rockmusik.

1969 veröffentlichte Alexis Korner unter dem Namen "Alexis Korner's All Stars" ein Album für das Plattenlabel Transatlantic Records, das eher für Folkveröffentlichungen bekannt war. Korner versammelte hier eine Armada von hervorragenden und bekannten Musikern aus allerlei musikalischen Welten zu einem von Nathan Joseph produzierten Werk, das aufgrund der Bläsereinsätze eher einen jazzrockigen Anspruch hegte, insgesamt aber auch dem Blues zugeschrieben wurde. 1969 war die Blütezeit des britischen Blues Booms bereits am abebben, jedoch wurden hier durchaus auch Parallelen erkennbar zu John Mayall's Bluesbreakers, der sich zu jener Zeit ebenfalls verstärkt dem Jazzrock zuwandte, auch konnte man diese Musik etwa mit dem Musiker-Duo Jon Mark und Johnny Almond vergleichen, welche beide zuvor auch bei den Bluesbreakers gespielt hatten. Das Album bot vorwiegend Adaptionen bekannterer und unbekannterer Blues-Standards, die durch Alexis Korner's Adaptionen einen jazzigeren Anstrich verpasst erhielten. Eine äusserst interessante Mischung, wie etwa B.B. King's "Woke Up This Morning", T-Bone Walker's "Stormy Monday" oder Graham Bond's "It's Happening" zeigten. Am jazzigsten gerieten nicht überraschend die bereits von Jazzmusikern im Original geschriebenen Stücke "Haitian Fight Song" von Charles Mingus und "Jones" von Duke Ellington.

Zu den Mitwirkenden bei den Aufnahmen zum Album gehörten unter anderem Dave Castle, Danny Thompson, Barry Hoxten, Ron Edgeworth, Art Theman und Herbie Goins. Als Gastmusiker wirkte Dick Heckstall-Smith mit, der sein Saxophon bei "Chicken Shack", "Skippin'" und "Herbie's Tune" spielte. 1970 gründeten Alexis Korner, der dänische Musiker Peter Thorup, der Produzent Mickie Most und der Songschreiber John Cameron die Gruppe C.C.S.: Vom Blues inspirierter Big Band-Sound traf auf Rockmusik. Mit C.C.S. erhielt Korner zumindest für kurze Zeit sogar bei einem breiteren und eher Rock-orientierten Publikum Anerkennung. Eine Cover-Version von "Whole Lotta Love" von Led Zeppelin war der erste Erfolg. 1973 löste sich die Band auf und Korner und Thorup gründeten mit Boz Burrell, Mel Collins und Ian Wallace (alle von King Crimson) die Band Snape, von der später die Platte "Live On Tour In Germany" mit Aufnahmen aus dem Jahre 1973 erschien. Im September 1970 war Alexis Korner ausserdem der Moderator beim 'Love and Peace' Festival auf der Insel Fehmarn.

Anschliessend arbeitete Korner, abgesehen von einer intensiven und langjährigen Zusammenarbeit mit Colin Hodgkinson als Alexis & Colin nur noch in kurzfristigen Projekten. Auf seinen nachfolgenden Soloalben erhielt er Unterstützung von zahlreichen Musikern aus dem Rock- und dem Jazzlager. Am Album "Get Off Of My Cloud", das 1975 erschien, waren unter anderem Peter Frampton, Nicky Hopkins und Steve Marriott beteiligt. Auf dem "Party Album" zu seinem 50. Geburtstag versammelte er 1978 noch einmal die Bläser aus der Blues Incorporated, etwa John Surman, Alan Skidmore, Art Themen oder Chris Pyne. 1981 formierte Korner die Gruppe Rocket 88, von der auch das gleichnamige Album stammte, das live in Deutschland mit dem mobilen Aufnahmestudio der Rolling Stones aufgezeichnet wurde. Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte Alexis Korner am 20. August 1983 in Eindhoven. Im Dezember 1983 entstanden seine letzten Aufnahmen bei der BBC, die auf der Anthology "Kornerstoned" enthalten sind. Da Korner gegen Ende des Jahres 1983 über starke Kopfschmerzen klagte, wurde er ins Krankenhaus eingeliefert, wo jedoch nichts festgestellt werden konnte. Im Krankenhaus machte er nur wenige Tage vor seinem Tod letzte Aufnahmen auf einem Tonbandgerät, die aber bis heute auf Wunsch der Familie unveröffentlicht blieben. Am 1. Januar 1984 verstarb Alexis Korner, der starker Raucher gewesen war, in London an Tumoren in Lunge und Gehirn. Als Reaktion organisierten einige seiner Schützlinge ein Memorial-Konzert mit vielen namhaften Musikern aus Korners Umfeld, das auch auf LP erschien.





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