Jul 15, 2017


IQ - The Wake (Sahara Records SAH 136, 1985)

IQ ist eine aus Southampton stammende britische Rockband. Neben Marillion, Pendragon, Pallas und Twelfth Night zählt sie zu den typischen Vertretern des Neo-Prog, der in den 80er Jahren entstandenen zweiten Generation des Progressive Rock. IQ lehnte sich anfangs an Vorbilder wie insbesondere Genesis und Yes an, entwickelte aber schnell einen eigenen Stil. Live-Auftritte der Band zeichneten sich aus durch besondere Lichteffekte und Film- und Diaprojektionen, die an die frühen Pink Floyd erinnerten, sowie durch das Auftreten des als charismatisch geltenden Frontmanns Peter Nicholls. Die erste Phase der Bandgeschichte von IQ umfasste den Zeitraum von der Bandgründung Anfang der 80er Jahre bis zum Ausscheiden des Sängers Peter Nicholls. In dieser Zeitspanne entstanden die klassischen Studioalben "Tales From The Lush Attic" und "The Wake" sowie das Live-Album "Living Proof". Als sich Mitte der 80er Jahre ein allgemeines Progressive Rock-Revival abzeichnete, erhielt IQ einen Plattenvertrag bei einem grossen Label, verlor aber im Gegenzug den charismatischen Frontmann Peter Nicholls.

In der zweiten Phase der Bandgeschichte entstanden mit dem neuen Frontmann Paul L. Menel die Alben "Nomzamo", das auch den einzigen Single-Erfolg IQs "Promises" enthielt und "Are You Sitting Comfortably ?". Nachdem die Plattenfirma, die IQ unter Vertrag genommen hatte, ihrerseits von einem anderen Unternehmen übernommen worden war, verlor IQ 1989 wieder den Major-Deal, was zunächst das Ende der Band zu bedeuten schien. P. L. Menel und Bassist Tim Esau verliessen daraufhin die Gruppe, um ein gemeinsames Pop-Projekt zu verwirklichen. Zu Aufnahmen kam es allerdings nicht. Nachdem IQ zunächst einige Zeit brach lag, führte ein durch einen französischen Club-Besitzer initiiertes Reunion-Konzert mit Peter Nicholls schliesslich zu einer erneuten Zusammenarbeit mit dem Frontmann. Die dritte Phase der Bandgeschichte wurde eingeleitet, als 1993 die Platte "Ever" erschien. Musikalisch knüpfte das Album an den Stil der ersten Phase an. Zur Vermarktung ihrer Tonträger gründete die Band das eigene Label GEP.

Mit "Subterranea" veröffentlichte IQ 1997 ein vielbeachtetes Konzeptalbum. Es erzählte die Geschichte eines Mannes, der sich aus Liebe zu einer Frau einer Revolution gegen einen fiktiven Überwachungsstaat anschloss. Letztendlich scheiterte aber beides an der Angepasstheit und Lethargie des Protagonisten. Die Erkenntnis darüber mündete in dem 20-minütigen, sehr emotional gehaltenen Finale des Albums. Basierend auf der Geschichte dieses Konzeptalbums wurde ein Spielfilm gedreht. Der Spielfilm wurde am 5. Juni 2015 beim Reno Film Festival uraufgeführt. Im Sommer 2017 soll eine deutsch synchronisierte Version des Spielfilms veröffentlicht werden. Die Besetzung der Band blieb über die Jahre hinweg zunächst relativ konstant. Sänger Peter Nicholls quittierte seinen Dienst, um Niadem's Ghost zu gründen, wurde während der Alben "Nomzamo" und "Are You Sitting Comfortably ?" von Paul Menel ersetzt und kehrte danach zurück. Wie häufig in der Szene gab es personelle Überschneidungen mit anderen Bands. Beispielsweise gehörten John Jowitt und Martin Orford auch der Neoprogband Jadis an. Martin Orford verliess die Band im Herbst des Jahres 2007. Er wurde durch Mark Westworth, auch Keyboarder der Band Darwin’s Radio, und dieser wiederum 2011 durch Neil Durant ersetzt. Bereits zwei Jahre zuvor gab Gründungsmitglied Paul Cook am Schlagzeug die Stöcke an Andy Edwards ab, kehrte aber 2009 letztlich langfristig zurück, nachdem sich Edwards eine Auszeit nahm. Eine weitere Änderung im Jahr 2011 betraf Jowitts Ausstieg und die Rückkehr von Esau am Bass, sodass die Band bis auf den Keyboarder wieder in der Urbesetzung agierte.

"The Wake" war das zweite Album der Band. Im Gegensatz zum Erstling "Tales From The Lush Attic" fand sich hier kein Werk mit Überlänge wie "The Last Human Gateway" oder "The Enemy Smacks". Die Platte begann mit einer monotonen, synthetisch gespielten Bassline, dann setzten sphärische Klänge ein, welche das Stück in einen 5/4-Takt Mittelteil führten. "Outer Limits" war insgesamt jedoch eher ein wenig anspruchsvoller Titel, es fehlte der Körper, auch dadurch bedingt, dass Peter Nicholls Stimme nicht die kräftigste war. Man mag sich darüber streiten, ob er ein guter Sänger ist oder nicht. Auch ein Mark Knopfler hat keine ausgebildete Stimme; trotzdem passt sie zu seiner Musik und gibt ihr einen unverwechselbaren Touch. So denke ich war es auch bei IQ und Peter Nicholls. Das Stück endete, wie es begonnen hatte, mit monotonem, herzschlagartigen Basspumpen.

Über den Titeltrack, welcher von Beerdigung und Blick auf das zurückliegende Leben handelte, und "The Magic Roundabout", eingeleitet von fetten Synthiklängen wunderbar unspektakulär dahinpulsierte, ging es zu einem langsamen Stück, welches mit Beats begann, die nach einer billigen Orgel-Begleitung klangen. Spärlich wurde "Corners" in der Folge instrumentiert, langsam setzte ein Instrument nach dem anderen ein, Tim Esau spielte eine swingende Basslinie und es setzte schliesslich noch das Schlagzeug mit Paul Cook ein. Im Ausklang des Stückes wurde es fast ein wenig orientalisch. Das Stück war absolut unprogressiv, erzeugte aber irgendwie durch seinen monotonen, fast hypnotisch wirkenden Grundbeat eine tolle Atmosphäre. Mit "Widow's Peak" folgte das meiner Meinung nach beste Stück der Platte. Gitarrist Mike Holmes begann einen spannenden Moll-Akkord, den er in seine Einzelnoten zerlegte und von Synthesizerklängen unterlegt nach einer Weile ins Dur wechselte und so die Spannung auflöste. Das ganze Lied zeichnete sich eigentlich immer wieder dadurch aus, dass eher düstere Klänge eine etwas bedrohliche Stimmung aufbauten, welche dann wieder entspannt wurde. Über einen hektischen Mittelteil führte das Stück ins Finale, welches live (nachzuhören auf IQ's Konzertalbum "Living Proof" von 1985) noch besser klang. Überhaupt war dieser Titel einer der absolut besten der Gruppe IQ. 

Der Song "The Thousand Days" wirkte dagegen eher unspektakulär, doch "Headlong" neben "Widow's Peak" das zweite Highlight des Albums. Hier hörte man, was an der Stimme von Peter Nicholls so charakteristisch und faszinierend war: Dieses fast weinerliche, zerbrechliche, wehmütige Timbre. Das Stück handelte vom Ablegen des alten Lebens und dem Beginn eines neuen (wohl Lebensabschnittes). So wechselte am Schluss der Grundton der Musik vom anfänglich eher Traurigen, Hoffnungslosen in einen leicht beschwingten, fast Trotzigen über. Ein halbes Jahr nachdem IQ mit der Reggae-Single "Barbell Is In" bewiesen, dass man gleichzeitig Progressiven Rock spielen und lustig sein konnte, schickte man den zweiten Longplayer namens "The Wake" in's Rennen - wenige Tage nachdem auch "Misplaced Childhood" von der Band Marillion in die Läden kam. Man konnte "The Wake" Mitte der 80er Jahre problemlos in den grösseren Plattenläden noch grösserer Städte kaufen. Sahara Records hiess die Plattenfirma, auf welcher das Werk erschien. Peter Nicholls war wie schon beim Debütalbum auch für das Design des Plattencovers verantwortlich. Das dort im Mittelpunkt stehende Gesicht entlehnte er dem Film 'Am Anfang war das Feuer' (im Original 'Quest for Fire') während der Rest der Band anfänglich davon ausging, Nicholls hätte sich in dieser Zeichnung selbst gesehen.

"The Wake" war ein Konzeptalbum. Nach der Rückkehr des Sängers zur Band in den frühen 90er Jahren wurde er in einem Interview auf dieses Konzept angesprochen. Die Platte erzählte davon, wie der Protagonist stirbt. Er musste eine Brücke überqueren (der Arbeitstitel von "Outer Limits" lautete ursprünglich auch "The Bridge") an deren Ende der Himmel lag. Er stürzte und landete in der Hölle. Musikalisch war "The Wake" eine deutliche Weiterentwicklung gegenüber "Tales From The Lush Attic": die Songs wurden kompakter und der Sound geriet deutlich professioneller, produzierter. "Outer Limits" war ein mitreissender Opener, der schon die Richtung des Albums vorwegnahm. Sowohl Martin Orford an den Keyboards als auch Holmes an der sechssaitigen Gitarre zeigten ein dynamisches und intelligentes Spiel. "Outer Limits" endete mit dem Herzschlag des Sterbenden. Im abschliessenden "Headlong" wurde dieses Motiv wieder aufgegriffen und das Konzept so zu seinem Ende gebracht.











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