HACKENSACK - Up The Hardway (Polydor Records 2383 263, 1974)
Produziert von Altmeister Derek Lawrence, der zum Zeitpunkt des Erscheinens des leider einzigen offiziellen Hackensack-Albums schon mit etlichen Grössen der Rockmusik zusammengearbeitet hatte (Deep Purple, Wishbone Ash, Flash, Warm Dust, Alquin) und mir vor allem durch die legendären "Green Bullfrog" Sessions ein Begriff war, erschien mit Hackensack eine Band auf der Rockbühne, die vor allem vom schwermütigen Zeitlupen-Bluesrock der Gruppe Free inspiriert war. Der spätere Samson-Sänger Nicky Moore war zwar kein Paul Rodgers, aber trotzdem ein hervorragender Rock-Sänger, der mit seinen gefühlten 200 Kilo Lebendgewicht nicht nur auf der Bühne eine stattliche Erscheinung bot, sondern mit seiner bärigen Stimme diesen bluesgetränkten melodiösen bis harten Rock auch perfekt herüberbringen konnte.
Die Gruppe Hackensack war durchaus prominent besetzt und wer sich im klassischen Rock-Bereich etwas auskennt, dem waren die Musiker auch sofort ein Begriff. So zum Beispiel der Gitarrist Ray Smith, der bei Hackensack seinen Einstand gab und sich später aufgrund einer ständigen Namensverwechslung mit einem anderen englischen Musiker namens Ray Smith (Raymond Barry Smith) von der Band Heads Hands & Feet das Pseudonym Ray Majors verpasste und bei Mott The Hoople, den British Lions und Mitte der 80er Jahre bei Box Of Frogs (mit Medicine Head-Sänger John Fiddler sowie einiger ehemaliger Yardbirds-Musiker inklusive Jimmy Page und Jeff Beck) zu einigem Erfolg gelangte. Bassist Paul Martinez, zuvor für Jimmy Castor und Cat Stevens tätig, spielte später auch mit Chicken Shack, Paice Ashton Lord und Strech und war jahrelang treuer Musikerfreund von Robert Plant in dessen Begleit-Band. Schlagzeuger Simon Fox wiederum wurde nach dem Hackensack-Einstand der Drummer der Gruppe Be Bop Deluxe. Sänger Nicky Moore wie erwähnt gelangte via die Rockbannd Tiger zu Samson und sang danach auch bei Mammoth und Hammerfall.
Diese illustre und kompetente Schar spielte mit dem auf Polydor erschienenen Album "Up The Hardway" einen Genre-Klassiker ein, der zum Zeitpunkt des Erscheinens kaum wahrgenommen, später allerdings zum Kultobjekt avancierte, wohl deswegen, weil die Musiker der Band erst in ihren späteren Projekten und Engagements richtig bekannt wurden. Das steigerte den Sammlerwert ihres Albums beträchtlich, zumal auch nicht allzu viele originale Alben im Umlauf waren damals und so gilt die Platte heute als sehr gesucht.
Das erste Lebenszeichen der Gruppe Hackensack war eine Single, die zwei Jahre zuvor erschienen war und ihre einzige überhaupt bleiben sollte. 1972 veröffentlichte sie den von Mick Ralphs geschriebenen Titel "Moving On" auf Island Records, was insofern bemerkenswert ist, als dass der Komponist Mick Ralphs als Mitglied der Band Bad Company diesen Song erst 1974 für deren Debutalbum einspielte. Hier war also das Paradoxon gegeben, dass quasi eine Coverversion fast zwei Jahre vor der Originalversion veröffentlicht wurde. Für Hackensack war die Single ein Flop, nicht so für Bad Company. Sie erreichte 1975 einen respektablen Platz 19 in den Charts.
Auf dem Album "Up The Hardway" finden sich vor allem etliche bluesgetränkte, mal melodischere, mal rockiger ausgerichtete "Schleicher": Songs, die teilweise über ein extrem entschleunigtes Tempo verfügen, was die Platte insgesamt recht bluesig erscheinen lässt. Allerdings muss man der Platte attestieren, dass sie durch diese Langsamkeit der schleppenden Songs eine sich durchziehende Stimmung erzeugt, die wesentlich konsequenter ist als beispielsweise Platten der Gruppe Free, die oft in ähnlicher Weise ihre Songs umsetzte. Auch Free drosselten bei vielen Songs das Grundtempo, und erzeugten damit einen mitunter bleischweren Bluesrock, der heute noch ziemlich einzigartig wirkt, wenn man sich ihre alte Platten anhört.
So kann auch im Grunde kein Song auf dem Album favorisiert werden, denn die ganze Platte verfügt wie selten eine über den berühmten "roten Faden": Jeder Titel folgt demselben Muster, vielleicht mit Ausnahme der Rock'n'Roll Tracks "Lazy Cow" und "Hot Damn Home-Made Wine" - zwei Songs aus der Feder von Chas Hodges (Chas & Dave, Heads Hands & Feet), die sich etwas vom Rest des Repertoires abheben. Ansonsten könnte man der Platte durchaus eine gewisse Gleichförmigkeit vorwerfen, was ich im Falle dieses Werks der Gruppe Hackensack allerdings eher als wohldurchdachtes Konzept bezeichnen möchte, denn unterhaltsam sind alle Songs der Platte, das keine Schwachstellen aufweist, sondern sich konsequent durchzieht. Das Titelstück mit dem mittigen, allein für sich stehenden Gitarren-Solo ohne weitere Instrumentierung zähle ich ebenso zu den Höhepunkten des Albums wie den die zweite LP-Seite eröffnenden Zweiteiler "Angels Theme / Goodboy Badboy", das mit ein paar folk-rockigen Tupfern versehene "Northern Girl" und auch den Zeitlupen-Bluesrock "A Long Way To Go", bei welchem die Band rhythmisch schon fast zum Stillstand kommt, was beim Zuhören allerdings ausgesprochen spannend wirkt...Tütenraucher-Groove - Hauptsache entspannt und ohne Hektik.
Für mich ist "Up The Hardway" schon immer einer dieser vergessenen und auch übersehenen Edelsteine aus einer längst vergangenen Zeit und ein früher Höhepunkt im Schaffen von vier kreativen Musikern, die erst später zu Bekanntheit gelangten, als sie sich getrennt hatten und Jeder seinen individuellen Weg suchte und fand.
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