Apr 6, 2021


JEFFERSON STARSHIP - Earth (RCA Grunt Records BXL1-2515, 1978)

Als das Sternenschiff Anfang 1974 zu seinem Flug in die Stratosphäre aufbrach, tat es dies mit einigem Rock-Getöse, wovon Titel wie "Ride The Tiger" vom Erstling "Dragonfly" oder "I Want To See Another World" vom Megaseller "Red Octopus" (1975) kundeten. 1978 und drei Platten später war der Rock nicht mehr da. Das Sternenschiff schwebte nun sturmlos im Orbit und schaute hinunter auf den schönen blauen Planeten "Earth". Und schwelgerisch hörte sich das an, so enorm schwelgerisch. Man wäre gerne mitgeflogen und hätte sich diese traumhaft schöne Aussicht hinunter auf unseren Planeten gegönnt. Der Sountrack zu dieser Reise geriet unheimlich leicht, schwebend, unaufgeregt und vor allem: absolut rockfrei. Nun mögen viele Airplane-Fans denken: Das war's, jetzt spielt die Band Muzak, ja fast schon Fahrstuhlmusik, nahe an der Belanglosigkeit. Aber so einfach ist das dann doch nicht. Klar, hier wurde der legendäre Westcoast-Sound so leicht und unbeschwert wie nie zuvor von der Band gespielt, die in den 60er Jahrne einmal eines der bedeutendsten Aushängeschilder der Height Ashbury war. Aber erstens war das lange her und zweitens hatte sich die Popwelt grundlegend verändert. Ich würde meinen, dass "Earth" das Album war, das ganz einfach kommen musste, weil sich Jefferson Starship schon einige Jahre kontinuierlich in Richtung Westcoast Poprock entwickelt hatten.

Noch auf dem Vorgängeralbum "Spitfire" präsentierten sich Paul Kantner und Grace Slick leicht mystifiziert, wie man es seit vielen Jahren von ihnen kannte: "St. Charles" oder "Song To The Sun" waren da noch einmal sehr typische Beispiele. Auch davon war auf der 1978 erschienenen LP "Earth" nichts mehr vorhanden. Stattdessen hievten Jefferson Starship den Zuhörer gleich mit dem wundervollen Opener "Love Too Good" in einen musikalischen Himmel voller Geigen vermittels einem unglaublich schönen, laidbacken und grandios relaxten Sechsminüter. Das war das bislang wirklich entspannteste und trotzdem groovigste Stück, das Jefferson Starship bis dato präsentiert hatten. Dagegen klangen selbst die Doobie Brothers oder Steely Dan fast schon hölzern. Dieses fabelhafte Stück Relaxtsein darf man guten Gewissens in die besten Songs von Jefferson Starship einreihen. Gitarrist Craig Chaquico hatte das Stück komponiert, Gabriel Robles lieferte dazu die seidenweichen und herzerweichenden Lyrics. Robles ist ein grosses Fragezeichen, trotz intensiver Recherche fand ich nichts über den Mann heraus. Jedenfalls muss er ein grosses Herz haben, wenn er solch wunderschöne Texte schreiben kann.

Das nachfolgende "Count On Me" brachte die Band Jefferson Starship erneut in die Hitparaden, das Stück war eine ideale Vorlage für den Sänger Marty Balin, der hier wieder einen seiner immens einnehmenden Songs präsentierte. Diese Nummer war eine Fremdkomposition, geschrieben hatte sie Jesse Barish, der später auch noch den Titel "Hearts" für Marty Balin komponierte. Beide Songs erreichten den Rang 8 in den Charts. Für Jefferson Starship war dies ein erneuter Beweis dafür, dass sie noch immer sehr beliebt waren in den Staaten, und auch mit einem leicht veränderten, weicheren Poprock-Sound durchaus erfolgreich sein konnten. Jesse Barish schrieb auch eine weitere Nummer für das Album "Earth": Das wiederum von Marty Balin gesungene "Crazy Feelin'".

Grossartig konnte sich auch Grace Slick wieder in Szene setzen. Auf mindestens jedem Jefferson Starship-Album gibt es diesen einen, umwerfend tollen Song, der perfekt auf das ehemals sexiest Girl der Hippieszene zugeschnitten ist: "Be Young You" auf dem Album "Dragonfly", "Ai Garimasu (There Is Love)" auf der LP "Red Octopus", das sagenhaft schöne "Switchblade" auf der "Spitfire" Platte und hier die Nummer "Take Your Time", meines Erachtens die allerschönste der Grace Slick-eigenen Kompositionen überhaupt auf einem Jefferson Starship Werk. Mit "Show Yourself" lieferte die Sängerin allerdings gleich noch eine zweite Nummer auf diesem Album, die genauso eindrücklich ausfiel. Hier reflektierte sie ihre eigene Kindheit und sie tat dies aus einer wunderschönen, fast kindlichen Sichtweise. Grace Slick und Marty Balin verliessen Jefferson Starship nach diesem Album, worauf sich die Gruppe sowohl Leadgesang-technisch, aber auch musikalisch neu ausrichtete und ihrer Musik wieder einen rockigeren Touch verpassten. Für das 1979 erschienene Nachfolger-Werk "Freedom At Point Zero" holt sich die Band Mickey Thomas als Leadsänger. Ausserdem ersetzten sie den langjährigen Schlagzeuger John Barbata durch den bekannten Drummer Aynsley Dunbar.

Auch einen typischen Paul Kantner Song mit seinen jeweils ziemlich mystischen Songtexten kann man auf der LP "Earth" hören. Hier heisst dieser Titel "All Nite Long" und ist als Gemeinschaftswerk fast der gesamten Band deklariert. Hier präsentiert die Gruppe noch einmal jene unfassbar genialen mehrstimmigen Gesangsarrangements, mit welchen schon die Vorgängerband Jefferson Airplane in den 60er Jahren begeistern konnte. Mit dem beschwingt-relaxten Titel "Runaway", gesungen von Marty Balin, gelang der Band ein weiterer Single-Hit in den Charts, der fast so erfolgreich war wie die zuvor lancierte Auskopplung "Count On Me". "Runaway" erreichte Platz 12 in den Billboard Charts. Als dritte Single wurde dann noch "Crazy Feelin'" nachgereicht, der Titel schaffte es immerhin noch auf Rang 54 der US-Hitlisten als höchste Platzierung. Sowohl Grace Slick, wie auch Marty Balin strebten danach eine Solokarriere an, scheiterten aber letztlich, oder sagen wir es so: Beide konnten nicht annähernd den Erfolg ihrer angestammten Bands erreichen. Die Konsequenz war, dass Grace Slick schon bald darauf wieder mit an Bord stieg, wenn auch anfänglich erst als Gastsängerin (auf "Modern Times"), Marty Balin stiess dann später ebenfalls wieder dazu.

Noch ein paar Fakten: Das Album "Earth" erreichte in den USA Platz 5 in den Billboard Charts, verkaufte sich besser als zuvor "Spitfire". Die Gruppe absolvierte eine US- und Europatournee und geriet beinahe in eine handfeste Randale in Deutschland, als die Band sich weigerte, ohne Grace Slick aufzutreten, da diese erkrankt war. Das enttäuschte und rabiate Publikum zerstörte das Equipment der Gruppe, Gitarren und Verstärkeranlagen gingen zu Bruch, worauf Jefferson Starship dann noch zu einem Playback in einer deutschen TV-Sendung auftraten. Danach stieg Grace Slick unmittelbar aus der Band aus und flog zurück nach hause. Marty Balin blieb noch für einen Auftritt mit geliehenem Equipment am Knebworth Festival in England, wo Jefferson Starship sich mit Genesis die Stage teilten, quittierte anschliessend ebenfalls seinen Dienst. Zurück in den USA, schied kurz darauf auch der Schlagzeuger John Barbata aus der Band aus. Nicht ganz freiwillig allerdings: Er erlitt einen schweren Autounfall und wurde durch Aynsley Dunbar ersetzt.

Ich halte die Platte "Earth" bis heute für ein sträflich unterbewertetes Album. Natürlich sprechen die Verkaufszahlen für sich und ein toller fünfter Platz in den LP-Charts ist schliesslich für amerikanische Verhältnisse auch eine unglaublich grosse Leistung. Trotzdem hört man immer wieder, das Album wäre uninspiriert, seicht, ja langweilig. Es ist auch das Werk, das die meisten Jefferson Fans (Airplane wie Starship) nicht in ihrer Sammlung haben. Ich kann das nicht nachvollziehen. Klar: Rockmusik wird man hier kaum finden, aber de von Jefferson Starship 1974 eingeschlagene musikalische Weg fand hier in diesem letzten Werk in Originalbesetzung ihren Höhepunkt. Relaxter und sonniger klangen sie weder davor, noch je wieder danach, auch nicht, als sie sich 1989 unter dem Namen Jefferson Airplane wieder fast in Originalbesetzung zusammenfanden.




THE RIVER DETECTIVES - Saturday Night Sunday Morning
(WEA Records 246169, 1989)

Der Titel des Debutalbums des Pop Duos The River Detectives erinnerte nicht von ungefähr an einen der berühmtesten Filme des sogenannten 'free Cinema', den der Regisseur Karel Reisz im Jahre 1960 inszenierte. Trotzdem wäre wahrscheinlich aufgrund der hier präsentierten Musik niemand auf die Idee gekommen, dass die Heimat der beiden Musiker Sam Corry (Gesang und akustische und elektrische Gitarre sowie Mundharmonika) und Dan O'Neill (Gesang, Schlagzeug und Perkussionsinstrumente) die schottische Stahlkocherstadt Ravenscraig gewesen war. Die ursprüngliche Folkmusik der beiden Musiker veränderte sich, nachdem die beiden in ihren musikalischen Anfangstagen ausschliesslich zu zweit musiziert hatten, als sie sich eine komplette Begleitband zulegten, um am Ende in einer fünfköpfigen Band zu agieren. Trotzdem hielten die beiden auch an rein akustisch arrangierten Songs nachwievor fest, auch auf ihrem Debutalbum, das sich schon fast wie ein Art 'Best Of' anhörte, denn für das Album wählten die River Detectives sowohl neue Kompositionen, als auch Titel, mit denen sie schon längere Zeit live unterwegs gewesen waren, und bei denen sie sich sicher sein konnten, dass sie ihre Wirkung beim Publikum in wundervollen Studioversionen nicht verfehlen würden.

Zu den Studioaufnahmen kamen dann die beiden Hauptakteure mit den sie begleitenden zusätzlichen Musikern Charles Reilly (Gitarre), Barry Andrews (Keyboards) und Bernard J. Dorris (Bass). Ihre Folk-Vergangenheit klang ganz besonders in den Titeln "You Won't Listen To Me" oder "The State Of Grace" noch nach, doch zeigten sich die beiden Briten auf dem Album bemerkenswert 'amerikanisch': In den insgesamt 14 Originalsongs der beiden (auf der originalen LP waren nur zehn Titel vorhanden, währenddessen die CD-Version vier zusätzliche Titel bot) präsentierten sie sich luftig und locker, als würden sie von irgendwo in Kalifornien stammen. Jedenfalls wiesen viele ihrer Songs eine bemerkenswerte Westcoast-Leichtigkeit auf. Starke Country-Elemente liessen sich ebenfalls ausmachen, beispielsweise in den Titeln "Train Song" oder "I Go Falling". Besonders der "Train Song" war unglaublich schön geraten, dabei weitestgehend akustisch belassen und mit einem mehrstimmigen Gesangsarrangement versehen, der den guten alten Everly Brothers zur Ehre gereicht hätte. Ueberhaupt liessen sich die Everly Brothers in zahlreichen Songs heraushören, die beiden Musiker schienen ein Flair für dieses vielleicht Berühmteste aller Folk Duos gehabt zu haben, zumindest hier auf ihrem Debutalbum.

Mit simpelsten Akkordwechseln gelangen hier höchst melodiöse Lieder, wie das akustische, mit Cello und Country-Harmonika arrangierte "The Ashes And The Tears", und auch die Folk'n'Soul-Mixtur von "A Deeper Love" mit seinen beinahe schon schmissig zu nennenden Bläsersätzen, war nicht unbedingt das, was man gleich an jeder Ecke zu hören bekam, zumindest nicht von einem Act, der sich trotz allem immer noch als Duo verstand. Musikalisch schimmerten immer wieder auch die Eagles oder Crosby, Stills, Nash & Young durch, jedoch waren die Songs von Sam Corry und Dan O'Neill ungleich knackiger, denn ihren Songs lag immer auch ein gewisses Tempo inne, selbst den vermeintlichen Balladen, welche ausschliesslich akustisch daherkamen. Die Dynamik, welche in diesen Songs lag, war beeindruckend und hätte mindestens für die Hälfte der hier versammelten Songs zu Charts-Ehren gereicht.

Die River Detectives spielten ihren ersten Gig im Jack Daniel's Pub in Motherwell am 18. August 1986. Ab da traten sie regelmässig entweder zu zweit rein akustisch, oder aber dann mit kompletter Band auch elektrisch unterstützt auf und konnten sich eine treue und kontinuierlich wachsende Fangemeinde aufbauen. Im Jahre 1988, als sie zu einer grösseren Tournee quer durch Schottland aufgebrochen waren, wurde die Plattenfirma Warner Brothers auf die beiden Musiker aufmerksam. Mit der Unterzeichnung eines Plattenvertrages waren die River Detectives in der Folge die erste schottische Band seit mehr als einer Dekade, die bei dem grossen Konzern unter Vertrag genommen wurde. Nur wenig später begannen in einem Tonstudio in Glasgow die Arbeiten an dem Debutalbum "Saturday Night Sunday Evening". 1989 veröffentlicht, warf die Platte auch einen Single-Erfolg ab: Das Stück "Chains" wurde letztlich zum grössten Erfolg der beiden Musiker, der Song kletterte in den englischen Charts bis in die Top 40. Auch das Debutalbum erntete eine Auszeichnung, einen Silver Award, und das Album stieg bis auf Rang 51 in den LP Charts.

Als die beiden Musiker im Jahre 1992 an die Arbeit zu ihrem zweiten Album "Elvis Has Left The Building" gingen, holten sie sich für diese Einspielung eine komplett neue Begleitgruppe, die sie aus der Backing Band von Van Morrison rekrutierte. Trotz der ausgewiesenen Qualität dieser Musiker, und auch trotz der gelungenen und teilweise recht starken Songs, floppte das Nachfolgeralbum genauso wie eine dritte, im Jahre 2005 quasi als Reunion-Album noch veröffentlichte Platte mit dem Titel "King Of The Ghost Train Ride". Programmatisch lautete dort der Titel des letzten Songs der Platte, der Titel hiess nämlich "The Dance Is Over", und so war der Tanz dann auch für die River Detectives vorbei. Ihren finalen Auftritt als Band absolvierten sie in Glasgow am 28. September 2009.








CHILLIWACK - Rockerbox (Casino Records CAS-1006, 1975)

Geboren in Vancouver, wuchs der spätere Chilliwack-Leader Bill Henderson im Westen Kanadas auf und begann seine Karriere als Musiker noch während er in der Highschool war. Er studierte anschliessend Musik an der University of British Columbia und im Jahre 1964 wurde er angefragt, ob er einer neu zu gründenden Formation beitreten möchte, die aus ehemaligen Musikern der lokalen Gruppe The Classics hervorgehen sollte. Nach zwei Jahren an der Highschool konnte die Band bereits einen Plattenvertrag mit einem lokalen Plattenlabel an Land ziehen. Dies führte zur ersten Single-Einspielung "Looking At A Baby" im Jahre 1967, für deren Veröffentlichung sich die Gruppe allerdings umbenannte in The Collectors. Unter diesem Namen brachte die Band in der Folge zwei Langspielplatten heraus, bevor sie sich im Jahre 1970 erneut umbenannte, nunmehr in Chilliwack. Die Geschichte der stets unterschätzten Band Chilliwack beginnt also eigentlich streng genommen bei der Gruppe The Collectors. Bill Henderson spielte zusammen mit Claire Lawrence, Glenn Miller, Ross Turney und Howie Vickers eine Art kanadische Variante der hippiebewegten Westcoast-Musik der damaligen Zeit. Instrumentenreich und von vielerlei Stilen beeinflusst, erschlossen die Collectors einen meditativen, improvisationsweiten Sound, der 1968 erstmals auf einem Album zu hören war. Das Debutalbum umfasste unter anderem die fast 20 Minuten lange und albenseitenfüllende Rock-Suite "What Love", die bei den Musikkritikern sehr grossen Gefallen fand. Auf der Basis der Filmmusik zu "Grass And Wild Strawberries" entstand 1969 die zweite LP, die wiederum sehr konträre Musikformen zu einem harmonischen Gesamtbild formte. Die Band stand kurz vor dem internationalen Durchbruch, als sich Bandboss Bill Henderson Mitte 1969 zu einer musikalischen Kursänderung entschloss.

Den neuen Bandnamen lieferte ein Vorort von Vancouver. Der Name ist von indianischer Herkunft und bedeutet soviel wie 'Tal der Flüsse'. Auf ein Trio reduziert, bestehend aus Henderson, Claire Lawrence und Ross Turney, klangen Chilliwack nun deutlich progressiver, experimentierfreudiger und innovativer. Mit ihrem 1971 veröffentlichten Doppelalbum "Chilliwack" (das zweite Werk - das erste erschien einige Monate zuvor verwirrenderweise ebenfalls unter dem simplen Titel "Chilliwack") vertrauten sie zumeist in ausufernden Arrangements auf ihre instrumentale Vielseitigkeit und die gute Abstimmung untereinander. Dies geriet manchmal etwas langatmig, mal beschwingt abwechslungsreich, insgesamt aber auf jeden Fall hochinteressant und sehr zeitgemäss: Die 60er Jahre Einflüsse wurden merklich weniger, bis sie schliesslich kurz darauf ganz aus ihrer Musik verschwanden. Insbesondere an Konzerten präsentierten sich Chilliwack als kompetente und hochenergetische Band. Einer ihrer ersten grossen Live-Erfolge war der Auftritt an der Expo 70 im offiziellen kanadischen Pavillion. Es folgten regelmässige Konzertreisen und einige kleinere Achtungserfolge in Form von Singles, von denen die noch 1970 veröffentlichte "Rain-O" die nachhaltigste war. 1972 folgte das dritte Chilliwack-Album mit dem Titel "All Over You", nachdem sich auf dem zweiten Album bereits eine Single zum grösseren Hit entpuppt hatte: "Lonesome Mary". In Kanada genoss die Gruppe inzwischen einen richtigen Kultstatus. Chilliwack galten als echte Alternative zu den in der Hitparade äusserst erfolgreichen The Guess Who, und es war eine Frage der Zeit, wann auch Chilliwack ihren ersten grossen Hit in Kanada landen würden.

Dieser eine Hit liess jedoch weiterhin auf sich warten, weil der Gruppe laut einem Musikkritiker auch die Konsistenz fehlte, was mit angeblich fehlenden Qualitäten in punkto Songwriting von Bill Henderson gleich gesetzt wurde. Bill Henderson begab sich daraufhin ins musikalische Exil und tüftelte an neuen Sounds, bevor er die Gruppe Chilliwack zuerst für gescheitert, danach für neu formiert erklärte, und dabei den Stil dramatisch änderte. Aus der zuvor aus drei Musikern bestehenden Band erwuchs nun eine vierköpfige, sehr aufgeräumte Rockband, mit welcher Henderson nun davon ausging, das passende musikalische Erfolgsrezept im lupenreinen Power-Rock gefunden zu haben. Neu zur Band gestossen war als zweiter Gitarrist Howard Froese, und das nächste Album "Riding High", das 1974 beim Plattenlabel Goldfish Records erschienen und vom erfolgreichen Musiker Terry Jacks ("Seasons In The Sun") produziert worden war, klang in der Tat bemerkenswert rockbetont und vor allem auch auf das Wesentlichste reduziert: Ausufernde Soli und lange Improvisationen waren endgültig passé. Im Zuge der LP-Veröffentlichung erschien auch eine weitere Single: "Crazy Talk" bescherte Chilliwack dann den schon so lange erhofften Single-Hit in Kanada.

Die Band spielte nun kompakter und verzichtete weitgehend auf abgehobene Solo-Etüden. Klare Rhythmus-Strukturen, der gewohnt gute Gesang und ein eindeutiges Bekenntnis zum Gitarren-Rock machten das nachfolgende, im Jahre 1975 erschienene Album "Rockerbox" zu einem überdurchschnittlich guten Rockalbum. Die Band war hierfür zur Plattenfirma Casino Records gewechselt. Das wahrscheinlich fatalste an dem neuen Album, so gut es auch war: Die Plattenfirma veröffentlichte keine Single daraus, obwohl sich einige der Songs auf dem Album hervorragend dafür geeignet hätten. So fehlte der Band einmal mehr der grosse Hit, was umso ärgerlicher war, als dass sie im Jahr zuvor ja mit der Single "Crazy Talk" auf bestem Wege waren, auch ausserhalb Kanadas in den Vereinigten Staaten endlich Fuss fassen zu können. Immerhin wurden ihre Platten inzwischen auch in Europa und auch in Deutschland veröffentlicht. Das aktuelle Werk "Rockerbox" beispielsweise erschien in den USA auf Sire Records, allerdings mit einem alternativen und relativ drögen Plattencover, das kaum Aufsehen erregte. In Europa, und somit auch in Deutschland, erschien die Platte auf Philips Recordes, mit demselben alternativen Plattencover wie die US-Ausgabe. Hierzulande fand die Platte kaum nennenswertes Echo und landete schon bald in den Grabbeltischen zum Schleuderpreis, was diesem hervorragenden Rockalbum in keinerlei Hinsicht gerecht wurde.

Nach dieser erneuten Enttäuschung wechselten Chilliwack wiederum die Plattenfirma. Nun landeten sie bei Mushroom Records und das im Jahre 1976 veröffentlichte Album "Dreams, Dreams, Dreams" brachte endlich den ersehnten Durchbruch, auf den die Gruppe so viele Jahre hatte warten müssen. Die Single-Auskopplung "Fly At Night" schaffte wieder die Top 50 in Kanada und auch die nächste Single "California Girls", ebenfalls dem "Rockerbox"-Album entnommen, konnte punkten. Als Liveband genossen Chilliwack ohnehin seit vielen Jahren einen hervorragenden Ruf, auch ausserhalb ihrer Heimat Kanada. Nun schien sich endlich auch der entsprechende Plattenumsatz anzukündigen. Die Gruppe expandierte zum Quintett, indem sie Brian MacLeod in die Band holte. Später verliess allerdings Howard Froese die Gruppe, doch Brian MacLeod setzte qualitativ viele neue Eckpunkte mit seinem Songwriting, sodass das im Jahre 1978 erschienene Album "Lights From The Valley" zum grossen Hit wurde. Die Band fand hier eine perfekt ausgewogene Balance zwischen kernigem Gitarren-Rock und wundervoll flüssigem Westcoast-Poprock, der seine Wirkung beim Publikum nicht verfehlte: Die Single-Auskopplung "Arms Of Mary" wurde ein grosser Hit, sowohl in Kanada, den USA, als auch in Europa, wo die Single beispielsweise auch in Deutschland oft im Radio gespielt wurde und die Top 50 erreichte.

Als Chilliwack's drittes Album auf Mushroom Records im Jahre 1979 erschien, ging dies mit einer markanten Besetzungsveränderung einher. Von der originalen Band waren nur noch Bill Henderson und Brian MacLeod übrig geblieben. Hinzu kamen drei neue Musiker, die jedoch in Kanada's Rockszene bestens bekannt waren und in auch weltweit agierenden Bands gespielt hatten: Das Album "Breakdown In Paradise" wurde mit dem Schlagzeuger Rick Taylor, der zuvor bei der Hardrock Gruppe Striker gespielt hatte, sowie mit Ab Bryant, dem ehemaligen Bassisten der Rockband Prism und dem neuen zweiten Gitarristen John Roles eingespielt, der zuvor bei der Gruppe Bond tätig gewesen war. Musikalisch änderte dies jedoch eher wenig. Gute Kompositionen, überragende Gesangsleistungen, die weiterhin hervorragenden Songtexte und vor allem das laidbacke Gemisch aus Rock und Westcoast-Flair blieben auch weiterhin Chilliwack's Markenzeichen. Nur dieser kleine zündende Song, der einen Siegeszug um die Welt feiern sollte, der fehlte und kam auch diesmal wieder nicht. Bill Henderson zog erneut die Reissleine und krempelte mal wieder alles um. Nun machte er aus dem Quintett wieder ein Trio; Rick Taylor und John Roles mussten gehen. Mit dem Bankrott des Plattenlabels Mushroom Records wechselte die Gruppe zu Solid Gold Records und nahm für dieses Label das 1981 erschienene Album "Wanna Be A Star" auf, das wiederum glänzende Verkaufszahlen erreichen konnte, jedoch wiederum nur in Kanada. Auch drei Single-Hits warf dieses Werk ab: "My Girl (Gone, Gone, Gone)" mit welcher die Band gar einen JUNO Award gewann, "(Don't Wanna) Live For A Living" und "I Believe". Mit "My Girl (Gone, Gone, Gone)" erreichten Chilliwack die kanadischen Top 20.

Chilliwack zählten nachwievor trotz all ihrer Qualitäten nur zur zweiten Garnitur der kanadischen Rockmusik. 1982 waren Chilliwack in ihrer Heimat so populär wie kaum zuvor. Ihre Songs verblieben auch im Folgejahr in den Charts und das Album "Wanna Be A Star" verkaufte sich nachwievor sehr gut. Es erschien (auf RCA Records) auch in Deutschland. Ihr geschliffener, gesangsbetonter Sound mit seinen strahlenden Melodien und Harmonien hinterliess überall grosse Anerkennung, führte aber einfach nicht zum internationalen Erfolg. Die Erfolgswelle in Kanada ebbte allerdings auch schnell wieder ab. Ihr Jubiläumsalbum "Opus X" ging in der Flut der Veröffentlichungen erneut komplett unter und so kamen Chilliwack nie über eine kanadische Spitzenband hinaus, die in ihrer Heimat Kultstatus besassen, ausserhalb Kanadas letztlich jedoch kaum wahrgenommen wurden. Auch ein 1984 aufgenommenes letztes Album unter dem Titel "Look In, Look Out" blieb erfolglos. Chilliwack trennten sich im Jahre 1988 und Brian MacLeod formierte eine neue, eher am harten Rock orientierte Band namens Headpins, bevor er Mitte der 90er Jahre an Krebs erkrankte. Bill Henderson wechselte von der Gitarre in den Produzentenstuhl und betreute Plattenaufnahmen bekannter Musiker und Bands, unter ihnen The Nylons, Long John Baldry, Jr. Gone Wild, Toronto, The Irish Rovers und The West End Girls, nebst zahlreichen anderen. Er wude auch einige Jahre lang Präsident der 'Songwriter's Association Of Canada' und erhielt 1982 einen Award als bester kanadischer Musikproduzent des Jahres.

Ab 1991bis 2015 trat Bill Henderson immer wieder auch live auf, entweder mit einer Formation namens UHF oder unter dem Chilliwack-Banner. Im Jahre 2003 erschien gar ein neues Livealbum von Chilliwack mit dem Titel "There And Back - Live" 2005 spielte er mit seiner Band am 'Voyageur Days Festival' in Mattawa, Ontario zusammen mit anderen hochkarätigen kanadischen Rockbands, die ihre Wurzeln teilweise ebenfalls in den frühen bis mittleren 70er Jahren hatten, wie etwa  Moxy, Toronto, Trooper, Goddo, Killer Dwarfs und Ray Lyell. Am 24. Mai 2010 feierte die aktuelle Besetzung von Chilliwack, bestehend aus Bill Henderson, Ed Henderson, Doug Edwards und Jerry Adolphe eine '40th Anniversary' Show im River Rock Show Theatre in Richmond, British Columbia zusammen mit vielen ehemaligen Mitgliedern der früheren Chilliwack-Besetzungen, wie Roy Forbes, Ab Bryant und Claire Lawrence, sowie Howard Froese's Sohn Tyson an der akustischen Gitarre, der für seinen Vater spielte, welcher Mitte der 90er Jahre an Krebs verstorben war. Ausserdem trat dort auch der Leadsänger der Collectors, Howie Vickers auf. Seit diesem Anlass spielte Bill Henderson immer wieder mit Chilliwack in Kanada an Konzerten, aber auch als Duo, zusammen mit Claire Lawrence.









GRAVY TRAIN - (A Ballad Of) A Peaceful Man (Vertigo Records 6360 051, 1971)

Gravy Train waren eine Progressive Rock Band aus Lancashire, England, die 1969 von dem Sänger und Gitarristen Norman Barratt gegründet wurde. Mit J.D. Hughes (Keyboards und Gesang), Lester Williams (Bass und Gesang) sowie Barry Davenport (Schlagzeug), veröffentlichte die Band im Laufe der nächsten Jahre vier Studioalben. Die ersten beiden Platten wurden auf dem Vertigo Label veröffentlicht, die beiden letzteren von Dawn Records. Der freiberufliche Journalist, Rundfunksprecher und Dozent John O'Regan schrieb, dass trotz der Aufnahme von vier Alben die Erfolgsrate von Gravy Train nicht zu ihrer Namenswahl passte. Der Begriff Gravy Train stammte aus dem sogenannten Northern Slang und bedeutete sinngemäss eine Beschäftigung oder eine andere Einkommensquelle, die wenig Aufwand erfordert und einen beträchtlichen Profit bringt. Die Band konnte sich im Verlauf ihrer Karriere eine beachtliche Fangemeinde im britischen Progressive Rock Publikum schaffen und war vor allem auch als Live Act äusserst populär.

Gravy Train spielten einen sehr melodischen Progressive Rock mit dem Hauptaugenmerk auf Hard Rock Riffing, jedoch immer wieder im Wechsel mit ruhigeren Momenten, insbesondere auch mit einer Flöte, was ihrer Musik manchmal durchaus auch einen näheren Bezug zum britischen Folk Rock attestierte. Gekrönt wurde die qualitativ hoch angesiedelte Instrumentalität mit einem sehr soliden und sympathischen Gesang des Bandleaders und Haupt-Songwriters Norman Barratt. Gravy Train scheiterten 1975 schliesslich an einer Kombination aus Pech, schlechten Geschäftsentscheidungen und mangelndem Erfolg. Mit dem erneuten Interesse an britischem und europäischem Progressive Rock Anfang der 70er Jahre ernteten die Produktionen von Gravy Train jedoch ein beträchtliches Interesse bei Sammlern und Musikfans gleichermassen. Ihre Alben wurden später alle auch auf CD veröffentlicht, um auch noch nach Jahrzehnten ein positives Feedback zu erhalten.

Gravy Train bestanden aus einigen hochkarätigen musikalischen Talenten. Der in Liverpool geborene John Hughes beispielsweise war ein klassisch ausgebildeter Pianist. Als Teenager spielte er Saxophon. Er war Autodidakt und spielte mit verschiedenen Merseybeat Gruppen in den 60er Jahren. Er spielte unter anderem in einer grossen Soulband mit dem namen Spaghetti House, und dort traf er den Bassisten Les Williams. Die beiden gründeten eine progressive Rockband, bei welcher John Hughes hauptsächlich Flöte spielte und rekrutierte schliesslich noch den Gitarristen Norman Barratt, der zuvor bereits mit Les williams gespielt hatte. Der Sänger, Gitarrist und Songwriter Norman Barratt wurde 1949 in Newton-le-Willows auf halbem Weg zwischen Manchester und Liverpool geboren. Nach dem Abitur spielte er zunächst als Gitarrist bei den lokalen Bands The Hunters (mit denen er später immer wieder auftrat) und Newtons Theory, während er tagsüber als auszubildender Buchhalter arbeitete. Nachdem er seine Buchhaltungsprüfungen bestanden hatte, wurde er Profimusiker und zog in den späten 60er Jahren mit Newtons Theory nach London. Les Williams hatte in einer in St. Helens ansässigen Band namens The Incas gespielt, J.D. Hughes wie erwähnt bei Spaghetti House und Barry Davenport, der spätere Gravy Train Schlagzeuger war Teil einer Jazz-Band namens The John Rotherham Trio. Les und Barry folgten J.D. in die Band Spaghetti House.
  
Barry Davenport's Einfluss war in den frühen Tagen enorm. Es war vor allem seine Idee, in ungewöhnlichen Taktarten zu schreiben und unisono-harmonische atonale Instrumentalpassagen zu arrangieren. Die frühen Gravy Train spielten lange Freak-outs, in denen sie frei improvisierten und sich gegenseitig von den dadurch entstandenen Ideen inspirierten. Insbesondere ab der zweiten LP "(A Ballad Of) A Peaceful Man" wurden die Songs hörbar melodischer, ein grosser Teil des Repertoires kam von Norman Barratt. Allerdings gab es immer wieder gelegentliche Freak-Outs. Gravy Train unterzeichneten einen Vertrag mit Vertigo Records, dem hauseigenen progressiven Label von Philips Records (später Universal Music). Jonathan Peel produzierte von Gravy Train die ersten drei Alben "Gravy Train", "(A Ballad Of) A Peaceful Man" und "Second Birth". Die erste Aufnahme der Band war die gemeinsam von JD Hughes und Norman Barratt geschriebene Nummer "So You're Free", aufgenommen in den Olympic Studios in London und produziert von Jonathan Peel. Hughes steuerte nur das Chor-Arrangement bei, während Barratt den gesamten Rest des Songs geschrieben und arrangiert hatte. Das erste Album von Gravy Train klang schliesslich ähnlich wie die frühen Jethro Tull, hauptsächlich wegen ähnlicher Flötenlinien, aber ohne eine dominierende Persönlichkeit wie Ian Anderson bei Jethro Tull.

Hard Rock Riffing wurde mit ruhigeren und melodischeren Momenten abgewechselt und die Flöte war überall im Mix recht dominant. Die Gruppe veröffentlichte als nächstes eine Single mit dem Titel "alone In Georgia" auf Vertigo Records in Grossbritannien und auf Phillips Records in Deutschland. Das zweite Album folgte, und es geriet viel besser und differenzierter als das Debutalbum. "(A Ballad of) A Peaceful Man" präsentierte wesentlich ausgereiftere Soli und auch die Kompositionen an sich waren besser. das Album klang auch weniger bluesig, war sehr klar produziert und bot einen guten mehrstimmigen Gesang, der ihre Texturen stark bereicherte. Norman Barratt war Ende 1969 ein bekennender Christ geworden und sagte hierzu später: "Als wir das erste Gravy Train Album machten, brachte mir mein alter Manager bei The Hunters, Norman Littler, den christlichen Glauben näher. Ich wurde Christ, während ich mit der Band unterwegs war und Aufnahmen machte. Wir hatten beide Jahre damit verbracht, über Gott und die Welt zu reden und zu versuchen, alles zu verstehen. Er hat das Evangelium von Jesus Christus gehört und es hat sein Leben verändert. Als ich die Familienbibel gelesen hatte, eine Sache, die ich noch nie zuvor getan hatte, war ich tief berührt von dem, was ich darüber las, wer Jesus war und was er für uns alle getan hat, und das hat mein Leben für ihn bestimmt".

In der damaligen Zeit waren Rockmusiker, die das Christentum praktizierten und innerhalb der säkularen progressiven Szene arbeiteten, noch eine ausgesprochene Seltenheit. Die zeitgenössische christliche Musikszene in Grossbritannien war in den Kinderschuhen und Cliff Richard war, abgesehen von Terry Dene, das bekannteste Beispiel eines britischen Rockers, der das Christentum verkörperte. "Der Rest der Band war tolerant und akzeptierte meine Ansichten", kommentierte Barratt, "und die Plattenfirma hat nie versucht, mich davon abzubringen. Die christliche Erfahrung hat alle meine Texte für Gravy Train beeinflusst. Nicht offen religiös, aber doch mit diesem Hintergrund wurden sie geschrieben, Songtexte aus einer christlichen Perspektive, aber oft lediglich angedeutet. Ich dachte nicht, dass ich das Recht hätte, vor dem Publikum zu predigen, die gerade gekommen waren, um eine Rockband zu hören und eine gute Zeit zu haben - obwohl viele Leute, die Interviews in der Musikpresse gelesen hatten, fast nach jedem Auftritt hinter die Bühne kamen, um herauszufinden, worum es bei uns ging. Niemand hat uns jemals wegen unserer Songtexte belächelt".


Im Jahre 1973 wechselten Gravy Train von Vertigo zu Dawn Records, dem progressiven Ableger von Don Kirshner's Pye Records Label, was das dritte Album "Second Birth" hervorbrachte: Acht Songs, zwei davon ("Strength Of A Dream" und "Tolpuddle Episode") wurden als Single veröffentlicht. Wieder schaffte es die Band nicht, die britischen Charts zu entern. Lester Williams komponierte die zweite, etwas an George Harrison erinnernde Single "Strength Of A Dream". Gravy Train versuchten zuerst, das Album selbst zu produzieren, jedoch erfolglos, weshalb schliesslich erneut Jonathan Peel kam, um den Job abzuschliessen. Die Band war dennoch unzufrieden mit der Arbeit von Produzent Jonathan Peel an den ersten drei Alben - speziell dem Sound der Platten. Später trafen sie den Produzenten Vic Smith, der Peter Sarstedt's drittes Album "Everything You Say (Is Write Down)" produziert hatte und später mit The Jam zusammenarbeitete. Unter seiner Kontrolle war die Band eine glücklichere Einheit und fühlte, dass ihr Potential endlich richtig erkannt wurde. Dawn Records veröffentlichten das vierte im Spätsommer 1974. Es trug den Titel "Staircase To The Day", wurde in den Manor Studios (Mike Oldfield) aufgenommen und kam in einem farbenfrohen, von Roger Dean entworfenen Klappcover daher, das ein Weltraummonster in einer kosmischen Landschaft darstellte. Das Album bot mit dem Titel "Starbright Starlight" einen ihrer letztlich erfolgreichsten Titel, der später auf verschiedenen Progressive Rock Samplern und Compilation-Alben veröffentlicht wurde.

Die Band war inzwischen zu einer fünfköpfigen Truppe angewachsen, nachdem sich mit dem zweiten Gitarristen George Lynon, der sich vor den Sessions angeschlossen hatte, ein weiteres festes Mitglied zu Gravy Train gesellte. Der Schlagzeuger Russ Caldwell ersetzte Barry Davenport, nachdem dieser aus gesundheitlichen Gründen die Band verlassen hatte. Ab diesem Zeitpunkt mehrten sich die enttäuschenden Erfahrungen. Es begann damit, dass ihre Musikinstrumente aus ihrem Lieferwagen gestohlen wurden, ausserdem hatten alle Mitglieder damit begonnen, neben Gravy Train noch weitere musikalische Aktivitäten zu verfolgen. Als die Band mit "Staircase To The Day" unterwegs auf Promotion Tour war, spielten alle Musiker bereits in anderen Bands. Die Single "Starbright Starlight" mit der B-Seite "Good Time Girl" erschien 1974 erneut erfolglos, ebenso wie das Album. Gravy Train hatten dann mit dem Abgang von J.D. Hughes einen weiteren Line-Up Wechsel durchgemacht. Gravy Train veröffentlichten eine letzte Single für Dawn Records mit dem Titel "Climb On Board The Gravy Train" im Jahre 1975. Aber mangelnder kommerzieller Erfolg, interne Frustration und finanzielle Verluste bedeuteten das Ende für die Band. Anstatt an einem Wiederaufleben der Schicksale teilzunehmen, hatte "Climb On Board The Gravy Train" eine Art Totenglocke signalisiert. Über die weiteren Aktivitäten der Bandmitglieder ist wenig bekannt. Barratt trat 1978 der Mandalaband bei, spielte auf deren zwietem und letzten Album mit und gründete danach die Barratt Band, die Anfang der 80er Jahre zwei Alben aufnahm. Er starb 2011 an postoperativen Komplikationen. Les Williams arbeitete seit den 80er Jahren bei Ocean Entertainments, einer Agentur für Bands und Künstler. J.D. Hughes wurde Gründungsmitglied von The New Soul Messengers, wo er Keyboards, Saxophon und Gesang beisteuerte. George Lynon verstarb 2002.