SAVOY BROWN - Skin'N'Bone (London Records PS 670, 1976)
Nach dem noch
einigermassen bekannten und sehr geschätzten, recht vielfältig ausgefallenen
Album "Wire Fire" folgte ein knappes Jahr später bereits der
Nachfolger mit dem Titel "Skin'N'Bone", dessen Titel wohl nicht
zufällig gewählt war. Schon zu Beginn des Jahres erklärte der erst kurz zuvor
in die Band eingetretene Bassist Andy Rae (von Rare Bird) bereits wieder seinen
Austritt. Savoy Brown schrumpfte dadurch vorerst einmal zum Trio. In dieser
Phase begannen Kim Simmonds und Paul Raymond jedoch bereits mit dem Schreiben
neuer Songs, was sich als weitaus weniger kompliziert anhörte, als es zunächst
schien, denn sowohl Paul Raymond, als auch Kim Simmonds konnten auch Bass
spielen und so zumindest rudimentäre Bassläufe zu den jeweiligen Songs notieren
und für eine geplante Studioeinspielung auch die entsprechenden Noten
schreiben.
Im Februar 1976
entschieden sich Simmonds und Raymond dazu, ihren alten Schlagzeuger Dave
Bidwell, der seit den Aufnahmen zum Album "Street Corner Talking" bei
Savoy Brown trommelte, mit ins Boot zu holen, weil die beiden Musiker planten,
das kommende Album eher wieder etwas rückwärts orientiert zu gestalten und Dave
Bidwell so auch finanziell noch so gut wie möglich zu unterstützen, was für den
Stamm-Schlagzeuger Tom Farnell kein Problem darstellte. Leider sollte sich dieses
Engagement nicht auszahlen, denn Bidwell's sich dramatisch verschlechternder
Gesundheitszustand liess ihn immer öfters ausfallen in dieser wichtigen Phase
des Songwritings und es war klar, dass man ihn, sollte die Platte mit ihm als
irgendwie gearteten 'Gastmusiker' fertiggestellt werden, ohnehin würde
verabschieden müssen. Noch während sich Savoy Brown mit diesem Problem
konfrontiert sah, gab Dave Bidwell selbst seinen Ausstieg bekannt. Er starb
kurze Zeit später, wobei der exakte Todeszeitpunkt nie bekannt wurde. So blieb
es zunächst beim Trio Simmonds - Raymond - Farnell. Doch dank Kim's Bruder
Harry Simmonds konnte auch die nochvakante Stelle des Bassisten kurz daraufneu besetzt werden: Ian Ellis, ehemals in Diensten der Gruppe Clouds,
trat in die Band ein, die nun in Quartettstärke mit den Studioaufnahmen zum
geplanten nächsten Album startete.
Anfang August 1976
waren die Aufnahmen fertiggestellt. Noch während des Abmischens der Platte
entschied sich Kim Simmonds jedoch dazu, zwei Titel (die bis heute leider nicht
namentlich bekannt sind) nicht für das Album zu berücksichtigen, sondern
stattdessen für die B-Seite erneut wie schon zweimal in der Vergangenheit,
einen längeren Live-Titel einzubauen. Dieser Boogie mit dem Titel "Walkin'
And Talkin'" wurde noch im Vorjahr auf der Wire Fire Tour 1975 live
aufgenommen in Cleveland, Ohio und geriet, rückblickend zum wohl unfreiwilligen
und so kaum vorsehbaren Highlight des Werks "Skin'N'Bone". Der Song
kam dermassen gut an nach der Veröffentlichung des Albums, dass von dem 12
Minuten langen Stück sogar eine gekröpfte 3 Minuten-Single veröffentlicht
wurde, aus meiner Sicht ein Unsinn, und die Single verkaufte sich auch nur sehr
schlecht. 1976 waren Bluesbands in den USA langsam, aber stetig auf dem
absteigenden Ast, und das mussten auch Savoy Brown zur Kenntnis nehmen.
Verkaufszahlen wie noch zu Zeiten von "Hellbound Train" waren
definitiv vorbei. Da die Gruppe inzwischen in den USA ansässig war, "Skin'N'Bone"
jedoch, als letztes Savoy Brown Album überhaupt, noch in England aufgenommen
wurde (wie schon sein Vorgänger in den renommierten Basing Street Studios von
Island Records in London), mussten Savoy Brown in immer kleineren Clubs
auftreten, um sich selbst finanziell über Wasser halten zu können, was
selbstverständlich auch Folgen haben würde.
Die fünf Studiosongs
auf dem Album "Skin'N'Bone" klangen hörbar archaischer, viel weniger
auskomponiert und durcharrangiert als noch die Titel des Vorgängers "Wire
Fire". Zwar assan mit Howard Kilgour und Kevin Dallimore zwei
sehrversierte Toningenieure an den Knöpfen und Reglern, doch den von Simmonds
explizit gewünschten rauhen US-Rock bekamen die beiden ziemlich gut hin. Kim
Simmonds nutze vor allem den Umstand, dass mit Ian Ellis und Tom Farnell zwei
eher toughe Musiker den Boden für die Songs von ihm und Paul Raymond bildeten,
beide waren sie Rocker und keine allzugrossen Virtuosen.
"Skin'N'Bone" klang dadurch wesentlich bodenständiger und zum
erstenmal hörten sich Savoy Brown so an, als wären sie hoffnungslos aus der
Zeit gefallen: In einem sich rasant schnell verändernden musikalischen Umfeld,
das sich mit Ausnahme des Punks, immer stärker bombastischen und synthetischen
Spielereien hinzugeben pflegte, gaben Savoy Brown Gegensteuer und rockten
trocken, erdig und dadurch mit sehr viel Bodenhaftung durch ihre neuen Songs.
Von den fünf Songs aus
der gemeinsamen Feder von Kim Simmonds und Paul Raymond stach einer ganz
besonders heraus: Der Slow Blues "This Day Is Gonna Be Our Last", dem
es aufgrund der nicht vorhandenen Klangeleganz schwerfiel zu überzeugen. Hier
funktionierte die Reduktion aufs Wesentliche leider nicht, er wirkte statisch,
rollte nicht gut und das trotz schöner Melodieführung und feinem Songtext. Ganz
im Gegenteil zum Opener "Get On Up
And Do It": Dieser Song hatte in der Tat was von älteren Stones Sachen,
hier bumst es genauso, wie ein solcher Titel herüberkommen muss: Hölzern,
archaisch und unterhaltsam. "Part Time Lady" vermischte recht gekonnt
zwei Ebenen im Sound von Savoy Brown, die man so schon öfters in der
Vergangenheit hatte vernehmen können: Ein gut vorwärts treibender
Bluesrock-Beat mit einem Mittelteil, der sich schön ausbreitet und leichte
jazzige Untertöne beinhaltet, bevor sich der treibende Rock-Beat wieder
zurückmeldet. Eines meiner ganz persönlichen Highlights ist der einzige
Fremdtitel auf dem Album: Die aus der Feder von Russ Ballard stammende
Bluesnummer "She's The One". Russ Ballard war damals aus der Band
Argent ausgestiegen, um eine Solokarriere in Angriff zu nehmen, schrieb aber
auch als Songwriter Titel für andere Bands.
Eher etwas seltsam
wirkte schliesslich der Titelsong "Skin'N'Bone", der sich auf eigentümlich
Weise über fast acht Minuten ausbreitete, ohne sich stilistisch jedoch klar zu
definieren. Hier machten sich meiner Meinung nach schon erste Spuren einer
gewissen Orientierungslosigkeit bemerkbar, die in Ansätzen erkennen liess, dass
Kim Simmonds wohl schon bald an einem Punkt sein wird, an welchem er mit seiner
bisher immer sehr gut funktionierenden musikalischen Vielseitigkeit auf der
Stelle tritt. Als weiterer Aspekt kam hinzu, dass sich die Welt immer schneller
bewegte: Punk war da und schon bald wieder weg, was zahlreiche gute Rockbands
ohnehin schon ins Schleudern gebracht hatte. Doch genauso schnell kamen jetzt
junge, neue Bands und hantierten mit Synthetiksounds, es folgten die New Wave
und der Post Punk. Wo war da noch Platz für eine Bluesrock Band alter Schule ?
Und doch erkannte Kim Simmonds auch hier noch einmal eine kleine Nische, in
welcher er sich mit seinen Jungs festkrallen konnte: der Hard Rock. Doch dazu
später. Ich persönlich halte "Skin'N'Bone" bis heute als ein
unterschätztes Album, dem zwar etwas der Glanz früherer Produktionen fehlt,
dafür sehr bodenständig rockt und definitiv über grossartige Momente verfügt,
die sich anzuhören grossen Spass machen.
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