FREDDIE SALEM & THE WILDCATS - Cat Dance (Epic Records ARE 38018, 1982)
Die Geschichte von Freddie Salem und seinen Wildkatzen bietet alles, was eine gute musikalische Geschichte auszeichnet: Intrige, Spionage und eine Menge unerkanntes Talent. Es ist die Geschichte eines hervorragenden Gitarristen, der eine kleine ausgewählte Truppe aus seinem Bekanntenkreis um sich scharte, die ihrerseits allesamt Top-Musiker waren, mit ihnen eine kleine Handvoll hervorragender Rock Songs einspielte und diese auf einer Platte verewigte, die infolge einer völlig verfehlten Verkaufs- und Werbestrategie der Plattenfirma sang- und klanglos unterging.
Von 1977 bis 1983 war Freddie Salem Mitglied der berühmten amerikanischen Southern Rock Band The Outlaws, mit denen er während seiner Zeit in der Band den typischen, manchmal stark Country-orientierten Sound sehr straffte. Die Gruppe wurde rockiger, während er dabei war und die Outlaws-Platten "In The Eye Of The Storm", "Los Hombres Malo" oder "Ghost Riders" gehören zu den besten Werken der Band. Da Freddie Salem zu dem Zeitpunkt allerdings quasi vertragsloser Musiker innerhalb der Outlaws war, unterbreitete Epic Records ihm einen 1 Album-Vertrag an, den er selbstverständlich auch annahm, um im Jahre 1982, mitten während der Aufnahmen zum Outlaws-Album "Los Hombres Malo" sein einziges Solowerk mit den Wildcats in Angriff zu nehmen. Da Freddie Salem persönlich ein deutlich grösseres Interesse am klassischen Hard Rock hatte, als er dies in seiner Stammband einbringen und ausleben konnte, suchte er sich die Mitstreiter für dieses Album aus seinem Bekanntenkreis zusammen und griff nicht auf seine Bandkumpels der Outlaws zurück. Als er seine Wunschtruppe beieinander hatte, nahm er mit ihr 8 Songs auf, von denen Salem einige bereits für die Outlaws geschrieben hatte, die jedoch von der Plattenfirma abgelehnt worden waren. Er spielte die Songs nun deutlich härter ein als zuvor, denn sein Album sollte ein klassisches Hard Rock Album werden.
Das Line Up der Aufnahmen las sich dann wie folgt: Als Bassisten verpflichtete Salem Fernando Saunders, der zuvor schon die tiefen Töne zu Aufnahmen von John McLaughlin, Jeff Beck, Jan Hammer und Larry Young beisteuerte. Der Schlagzeuger Myron Grombacher wiederum stand in Diensten von Rick Derringer und Pat Benatar, und die beiden hochkarätigen Keyboarder David Jackson (Hoyt Axton, Gene Clark, Dillard & Clark) und Peter Wood (Natural Gas, Al Stewart, Roger Waters) vervollständigten die Studio-Mannschaft. Eingespielt wurde die LP von Michael Christopher, der in den 80er Jahren einige herausragende Werke unter anderem von Billy Joel, Aretha Franklin oder Soft Cell aufnahm.
In dieser Besetzung spielte die Gruppe perfekte Hard Rock Titel wie das aus der Feder von Todd Rundgren stammende "Open My Eyes" ein, und bis auf eine weitere Ausnahme im Falle des von Stephen Stills geschriebenen "Rock N' Roll Woman", welches Freddie Salem härtemässig einige Gänge höher schraubte als das Stills'sche Original aus Buffalo Springfield-Zeiten, fanden sich hier ausschliesslich Titel aus der Feder von Salem selbst, von denen etwa die Stadion Rock Hymne "Dark Horizon / London Town" oder "Evil For Evil" deutlich machten, dass hier ein Gitarrist mit viel Dampf am Werk war, der auch hervorragende Songs schreiben konnte.
Die Probleme bei den Aufnahmen indes waren immens. Schon kurz nach Beginn der Basic Tracks stellte sich heraus, dass der Glyn Johns-Protegée Sean Fullan, der schon die Rolling Stones aufnahm, und das Album eigentlich produzieren sollte, mit der Situation überfordert war, auf die Musiker nicht eingehen konnte und es nicht schaffte, sie einer gemeinsamen Arbeitsweise zuzuführen. Da die Produktion der LP schon angelaufen war und man sich schon inmitten der Studioaufnahmen befand, war keine Zeit, einen neuen Produzenten zu suchen, weshalb Freddie Salem diese Aufgabe gleich selbst übernahm. Letztlich war aber auch das vorhandene Budget relativ knapp, und eine Verzögerung und spätere Neu-Anmietung eines Studios hätte dieses Budget gesprengt. In Don Wershba hatte Salem einen Toningenieur, der sein Handwerk zwar gut verstand, jedoch sagte er später, mit einem fähigen Produzenten hätte aus den Songs doch noch so einiges herausgeholt werden können. Salem war also Gitarrist, Sänger und Produzent in einer Person und musste daher einen strikten Aufgaben- und Zeitplan aufstellen, der allerdings den Songs letztlich gottseidank nicht im mindesten geschadet hat, was natürlich besonders für das hohe Qualitätslevel der Songs spricht.
Ein weiteres Problem war in diesem Zusammenhang, dass Freddie Salem zeitgleich neben seiner Arbeit am Soloalbum in New York auch in Chicago mit den Outlaws die Platte "Los Hombres Malo" einspielen musste, weshalb er gezwungenermassen hin und her pendelte zwischen den beiden Städten, was arg belastend war und zur Folge hatte, dass der Musiker einen strikten Zeitplan einhalten musste. Dass darunter weder die Outlaws-, noch seine eigenen Songs gelitten haben, spricht für sich und beweist zusätzlich die grosse Klasse dieses Musikers. Dies bestätigten auch Gregg Geller und Doreen Courtwright, zwei zu der Zeit prominente A&R Mitarbeiter von Epic Records, die immer wieder im Studio auftauchten und sich die Arbeiten anhörten. Irgendwann kam dann Jemand der Plattenfirma auf die Idee des Namen "Freddie Salem & Ther Wildcats" für das Solo-Projekt, was Salem sehr gefiel und auch gleich den Titel des Albums nachschob: "Cat Dance".
Das grösste Problem für die Platte kam dann schliesslich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, als Epic Records weltweit 6000 Arbeitsplätze strich und dadurch etliche gute Platten, auch von weitaus bekannteren Bands und Musikern praktisch nicht mehr promotet werden konnten. Diesem Radikalschnitt fiel auch Freddie Salem's Werk zum Opfer, sodass am Ende eine herausragende Hard Rock LP frisch aus dem Presswerk praktisch sofort in den Grabbelboxen der Plattenläden landete, weil für das Album schlicht kaum Werbung gemacht wurde. Ein weiteres Problem bestand auch darin, dass Freddie Salem selbst mit den Outlaws ein neues Album fertig hatte, und damit auf Tournee ging. Die Outlaws waren zu dem Zeitpunkt natürlich weitaus bekannter und wurden entsprechend promotet.
Doch das alles war noch nicht der Höhepunkt der Probleme rund um dieses Album. Das Seltsamste an diesen Aufnahmen war, dass Freddie Salem einen weiteren Song aufgenommen hatte, und zwar einen Coversong aus der Feder von Roy Orbison, nämlich dessen Welt-Hit "Pretty Woman", dem er ein hartes Rock Gewand verpasste. Salem's damaliger Manager Charlie Brusco fragte den Gitarristen, wen er auf dieser Aufnahme am liebsten als Leadgitarristen verpflichten würde, nachdem dieser das Demo angehört hatte. Spontan sagte Salem: Eddie Van Halen! In der Folge kontaktierte Brusco Eddie Van Halen und schickte ihm fatalerweise Freddie Salem's Demo zum anhören! Das Resultat war, dass Eddie Van Halen für das Stück nicht sein Gitarrenspiel beisteuerte, sondern den Titel gleich selber mit seiner Band im Studio einspielte, als rockige Variante wie von Freddie Salem ausgedacht, den Song als Single veröffentlichte und der Gruppe Van Halen den bis dato grössten Single-Erfolg beschied, nämlich Platz 12 in den US-Charts.
Freddie Salem blieb nichts anderes übrig, als das für sein Soloalbum vorgesehene "Pretty Woman" zu kippen. Wer weiss, wie seine weitere Solokarriere verlaufen wäre, hätte der Gitarrist und Sänger diese Single selbst veröffentlicht. Das lässt sich natürlich nicht abschätzen. Allerdings hätte es bestimmt dem Album genützt, um etwas mehr Bekanntheit zu erlangen. So bleibt unter dem Strich leider nur ein hervorragendes Hard Rock Album, das von Anfang an unter einem ungünstigen Stern stand und das es verdient gehabt hätte, bekannter zu werden. Das Werk gilt bis heute als einer der grossen unbekannt gebliebenen Geheimtipps in diesem musikalischen Bereich.
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