THE BEATLES - Let It Be (Parlophone Records P-PCS 7096, 1970)
"Let It Be" war das zwölfte und letzte Studioalbum der Beatles, das am 8. Mai 1970 in Grossbritannien und Deutschland veröffentlicht wurde. In Grossbritannien war es einschliesslich des Kompilationsalbums ihr 13. Album, in Deutschland war es einschliesslich der Kompilationsalben ihr 17. Album. In den USA erschien es am 18. Mai 1970, hier war es ihr 20. Album. Obwohl es zum grössten Teil bereits vor dem Album "Abbey Road" eingespielt wurde, erschien es erst danach, parallel zum gleichnamigen Film 'Let It Be'. Zu diesem Zeitpunkt existierte die Band bereits nicht mehr. Nach den Problemen und zahlreichen Streitigkeiten zwischen den Gruppenmitgliedern bei der Arbeit am Album "The Beatles", dessen letzte Aufnahmen Mitte Oktober 1968 fertiggestellt wurden, war es Paul McCartney, der als treibende Kraft nach einem Ausweg aus der Krise suchte. Ihm schwebte vor, die Gruppe wieder an ihre Ursprünge zurückzuführen, die Beatles als Live-Band zu reaktivieren. Seine Bandkollegen John Lennon und George Harrison zeigten sich wenig begeistert. Ein Konzert kam auf keinen Fall in Betracht, aber Harrison erklärte sich mit einem Film oder einer Fernsehshow einverstanden.
Der Produzent George Martin hierzu: "Die Beatles sagten: ‚Lass uns ein komplett neues Album machen, dessen Stücke noch keiner kennt und das vor Publikum.‘ Eine grossartige Idee, allerdings konnte man im Februar nirgendwo in England ein Open-Air-Konzert veranstalten, und es gab keinen Saal, um die Beatles und all ihr Gefolge aufzunehmen. Kalifornien kam uns in den Sinn, aber das war dann doch zu teuer. Wir überlegten nach Marrakesch zu gehen und die Leute einfach mitzunehmen. Aber der Vorschlag fiel ebenfalls durch. Am Ende standen wir trotz allem mit leeren Händen da. Also zogen sie in die Twickenham Film Studios, um dort ihre Stücke einzuspielen, und ich kam mit. Es gab viele Diskussionen und wenig Einigkeit. Zu jener Zeit kamen sie mir wie ein steuerloses Schiff vor. Die vier mochten sich nicht mehr besonders, und ständig kam es zu Reibereien zwischen ihnen". Ohne eine klare Vorstellung über das Projekt zu haben, fanden sich die Beatles am 2. Januar 1969 in den Twickenham Film Studios ein, um Stücke für einen eventuellen Live-Auftritt zu proben. Für die Tonaufnahmen waren George Martin und Glyn Johns verantwortlich. Da beschlossen worden war, die Arbeiten filmisch zu dokumentieren, wurde Michael Lindsay-Hogg als Regisseur engagiert. Die Spannungen innerhalb der Gruppe hielten allerdings an und erreichten einen Höhepunkt, als George Harrison nach wiederholten Meinungsverschiedenheiten mit John Lennon und Paul McCartney am 10. Januar 1969 seinen Abschied von den Beatles erklärte und vorübergehend seine Mitarbeit am Projekt beendete.
Nachdem Harrison nach einigen Tagen wieder zurückgekehrt war, wurde die Idee einer Live-Fernsehshow aufgegeben und stattdessen beschlossen, einen Dokumentarfilm über die Entstehung des neuen Beatles-Albums zu drehen. Die letzten Aufnahmen in Twickenham fanden am 16. Januar 1969 statt. Am 20. Januar 1969 zogen die Beatles in ihr eigenes Studio im Keller des Apple-Büros in der Londoner Savile Row um. Zwei Tage später begannen dort die ersten Aufnahmen, nachdem Studioequipment von den Abbey Road Studios hatte geliehen werden müssen, da sich das von Alex Mardas konstruierte Apple-Aufnahmestudio als völlig unbrauchbar erwiesen hatte. Der Produzent der Aufnahmen war wieder überwiegend George Martin, seine Produzententätigkeit wurde gleichberechtigt durch seinen Toningenieur Glyn Johns unterstützt, der im Gegensatz zu George Martin bei allen Aufnahmen zugegen war. George Martin sagte dazu: "Damals durchlebten sie gerade eine revolutionäre Phase und wollten unbedingt etwas Neues bringen, und vor allem wollten sie einen neuen Tontechniker. Mit Geoff Emerick ging es nicht mehr, und so kam Glyn Johns an Bord. Ich glaube, im Grunde suchten sie einen neuen Produzenten, aber niemand hat mir gegenüber so etwas auch nur angedeutet, und deswegen war ich immer noch dabei".
Die Stimmung bei den Aufnahmen entspannte sich. Zum einen, weil die Beatles sich im eigenen Apple-Studio wohler fühlten als in der unpersönlichen Umgebung des Filmstudios, zum anderen, weil Billy Preston auf Einladung Harrisons am 22. Januar zur Gruppe stiess. Durch seine Anwesenheit bemühten sich die Beatles um einen freundlicheren Umgang miteinander. George Harrison über Billy Preston: "Billy kam mit mir in den Keller der Apple Studios, und ich sagte: ‚He, erinnert ihr euch an Billy ? Hier ist er in voller Lebensgrösse. Er könnte doch Klavier spielen.‘ Also setzte er sich ans elektrische Piano, und sofort verbesserte sich die Stimmung im Raum um 100 Prozent". Bis zum Ende des Monats entstanden zahlreiche Aufnahmen, die meisten allerdings wenig strukturiert, in spontanen Jam Sessions. Die Gruppe spielte dabei neben einigen neuen eigenen Liedern viele Coverversionen aus der Rock’n’Roll-Ära. Die abschliessenden Aufnahmen fanden am 30. und 31. Januar 1969 statt. Am 30. Januar begab sich die Gruppe, unterstützt von Billy Preston am Keyboard, auf das Dach des Apple-Gebäudes und spielte dort das sogenannte Rooftop Concert. Gespielt wurden die Titel "Get Back", "Don’t Let Me Down", "I’ve Got a Feeling", "One After 909" und "Dig A Pony", einige davon mehrfach. Am folgenden Tag wurden erneut die Songs aufgenommen, die für den Auftritt auf dem Dach nicht geeignet waren. Es handelte sich dabei um das akustische Gitarrenstück "Two Of Us" und die Klavierstücke "The Long And Winding Road" und "Let It Be". Am 5. Februar 1969 erfolgten die Abmischungen des Rooftop-Konzerts.
Anfang März 1969 übertrugen Lennon und McCartney Glyn Johns die Aufgabe, sich um die Fertigstellung des Albums zu kümmern. Johns stand vor dem Problem, aus den zahlreichen Stunden aufgenommener Sessions, viele davon chaotisch und wenig inspiriert, genügend Material zu finden, das für eine Veröffentlichung geeignet war. Johns erarbeitete mehrere Versionen, wobei er darum bemüht war, die Aufnahmen möglichst natürlich und unbehandelt klingen zu lassen. Zudem fügte er viel Studiogerede, das während der Aufnahmesitzungen mitgeschnitten worden war, zwischen die einzelnen Lieder, um die Atmosphäre bei den Studiosessions zu vermitteln. Die Abmischungen für das Album erfolgten in den Olympic Sound Studios vom 10. bis zum 13. März 1969. Am 7. April 1969 stellten Glyn Johns und Paul McCartney die Single "Get Back" / "Don’t Let Me Down" fertig, die dann vier Tage später in Grossbritannien (USA: 5. Mai, Deutschland: 21. April) veröffentlicht wurde, die Single erreichte in den drei Ländern die Nummer 1 Position der jeweiligen Charts und wurde ihr 16. Nummer 1 Hit in Grossbritannien und 17. in den USA, in Deutschland wurde es ihr neunter Nummer 1 Hit. Die Veröffentlichung der Single erfolgte unter der Interpretenbezeichnung The Beatles with Billy Preston, so wurde ein Gastmusiker der Beatles erstmals als Mitinterpret explizit erwähnt.
Für das Cover war ursprünglich geplant, das Motiv des ersten Albums "Please Please Me" nachzustellen. Als Fotograf wurde Angus McBean engagiert, der die Beatles bereits 1963 fotografiert hatte und posiert wurde am 13. Mai 1969 an gleicher Stelle des EMI-Bürogebäudes in London. Das Foto wurde allerdings nicht für das Album "Let It Be" verwendet, sondern diente später als Coverbild der Zusammenstellung "1967 - 1970". Das Album erschien mit verschiedenen Covergestaltungen, wobei sich das Vordercover im Wesentlichen an der Hülle der britischen Single "Let It Be" orientierte. Neben der am meisten verbreiteten normalen Albumhülle, die vier Einzelfotos der Beatles zeigt, gab es zwei Varianten: In den USA erschien das Album in einem Klappcover, in dessen Innenseiten Fotos vom Film zu sehen sind. In Grossbritannien und mehreren anderen Ländern, darunter in Deutschland, Frankreich, Kanada, Australien und Japan, wurde das Album 1970 in einer Box veröffentlicht, die neben dem Album das Buch 'Get Back' enthielt, das auf 164 Seiten Fotos und Dialoge des Films beinhaltete. Das Coverdesign wurde von John Kosh gestaltet, die Fotos stammen von Ethan A. Russell, der Begleittext des Buches ist von Jonathan Cott und David Dalton.
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