Jun 11, 2019


STEPPENWOLF - Monster (ABC Dunhill Records DS-50066, 1969)

Der Frontmann und Sänger John Kay wurde als Joachim Fritz Krauledat am 12. April 1944 in Tilsit (Ostpreussen) geboren. Als er vier Jahre alt war, floh seine Mutter mit ihm aus der sowjetischen Besatzungszone nach Hannover. Dieses Erlebnis wurde im Lied "Renegade" auf dem Album "Steppenwolf Seven" verarbeitet. Nach zehn Jahren in Westdeutschland, wo der junge Joachim über die Soldatensender BFN und AFN den Rock’n’Roll kennenlernte, emigrierte die Familie 1958 nach Kanada.

Kays erster Band The Sparrow, einer experimentierenden Folk-Gruppe im Torontoer Stadtteil Yorkville und später in San Francisco, war wenig Erfolg beschieden, und so formierte Kay die Band neu mit dem Schlagzeuger Jerry Edmonton, dem Keyboarder Goldy McJohn, dem 17-jährigen Nachwuchs-Gitarristen Michael Monarch und dem Bassisten Rushton Moreve. Andere Quellen benennen den ebenfalls deutschstämmigen Bassisten Nick St. Nicholas als Gründungsmitglied. Er war Mitglied bei The Sparrow und hatte die Band bereits verlassen, als aus ihr Steppenwolf wurde. Zu dieser Zeit spielte er bei T.I.M.E. Nach dem Weggang Moreves kehrte er zurück und ersetzte ihn. Der Name Steppenwolf wurde nach dem gleichnamigen Roman Hermann Hesses gewählt. In nur vier Tagen wurde 1968 das Debüt-Album "Steppenwolf" aufgenommen.

Der von dem ehemaligen Sparrow-Mitglied Dennis Edmonton, Bruder von Schlagzeuger Jerry Edmonton, als Mars Bonfire geschriebene Song "Born To Be Wild" (US No. 2 der Billboard Hot 100) wurde 1968 der erste Hit der Band. Als dieses Lied 1969 im Road Movie Easy Rider die Titelsequenz mit den über die Colorado-Brücke und die Route 66 fahrenden Harley-Davidson-Motorrädern begleitete, wurde die Band schlagartig weltberühmt. Im Film wurde ausserdem mit Steppenwolfs "The Pusher" ein Drogendeal untermalt, dessen Gewinn in Form von Dollar-Noten symbolträchtig in dem mit der US-Flagge bemalten Benzintank versteckt wird. Das Lied stammt im Original vom Country-Sänger und Schauspieler Hoyt Axton; es richtet sich gegen den profitorientierten Drogenhandel, verteidigt jedoch das individuelle Recht auf Drogenkonsum. Auch in Live-Auftritten, wie etwa im Musikladen, verkörperte John Kay das Image des grimmigen Rockers und Outlaws in schwarzem Leder mit dunkler Sonnenbrille. Die Brille trägt er allerdings aufgrund einer angeborenen Achromatopsie; er gilt als legally blind (blind nach gesetzlicher Regelung, seine Sehstärke liegt bei 21 %) und darf somit auch keinen Führerschein erwerben.

Die Band hatte weitere Erfolge mit den Liedern "Magic Carpet Ride" (US 3), "Hey Lawdy Mama" (US 35), "Rock Me" (US 10) und "Monster" (US 39), mit dem das Amerika der Nixon-Ära kritisiert wurde. "Monster" hiess auch das vierte Studioalbum der Band. Das Album wurde im November 1969 von ABC Dunhill Records veröffentlicht. Es war ihre erste LP mit dem neuen Leadgitarristen Larry Byrom anstelle von Michael Monarch. Das Album war das politischste von Steppenwolf und bezog sich auf wichtige Themen wie den Vietnamkrieg. Das Werk war auch das erste Steppenwolf-Album, das keinen US Top Ten-Hit enthielt, obwohl zwei Singles aus dem Album die Top 40 knackten: "Move Over" und das auf Singles-Länge zurückgestutzte "Monster", das im LP-Original als dreiteiliger Song, bestehend aus den Untertiteln "Monster", "Suicide" und "America" bestand und über 9 Minuten lang war.

Die Kritiker-Bewertungen für das Album "Monster" waren im Allgemeinen negativ. Die Zeitschrift Rolling Stone bemerkte, dass das Spiel der einzelnen Interpreten zwar erstklassig zu nennen sei, aber dass die Song-Arrangements schlampig und plump geworden seien, da die frühen Zappa-Texte ständig mit der Musik kollidieren würden. AllMusic beurteilte das Album in einer retrospektiven Rezension und bemerkte, dass diese schwerfälligen Hardrock-Songs kein wirksames Mittel waren, um wichtige politische Themen politisch oder musikalisch glaubwürdig herüberzubringen. Der Village Voice-Kritiker Robert Christgau hingegen lobte das Album. Christgau bewertete das Album mit B + und nannte es ein exzellentes Comeback, obwohl er der Meinung war, dass die predigenden Texte das Endergebnis etwas beeinträchtigten.

1972 brach die Gruppe Steppenwolf nach turbulenten Jahren mit mehreren Umbesetzungen auseinander. Kay begann eine Solo-Karriere (Alben "Forgotten Songs And Unsung Heroes" von 1972 und "My Sportin' Life" von 1973). Mitte der 70er Jahre traten Steppenwolf noch einmal im Rahmen einer Tour auf, um sich dann nach der Veröffentlichung dreier weiterer Studioalben zwischen 1974 und 1976 abermals zu trennen. John Kay brachte 1978 ein weiteres Soloalbum mit dem Titel "All In Good Time" heraus. Nachdem einige der vielen ehemaligen Bandmitglieder den Namen für eigene Projekte genutzt hatten, sicherte sich Kay die Rechte und tritt seither als John Kay and Steppenwolf auf. Die verschworene Anhängerschaft der Band bezeichnet sich als Wolf Pack (Wolfsrudel). Im Jahr 2012 feierten John Kay & Steppenwolf das 45-jährige Bandbestehen.

Im Jahre 1974 traf sich ein Fragment der Gründungsmitglieder, bestehend aus John Kay, Jerry Edmonton und Goldy McJohn, mit dem Bassisten George Biondo und dem Leadgitarristen Bobby Cochran in John Kays Privatstudio Sound Factory und nahm die Tracks zur LP "Slow Flux" auf. Da Kay die Band nach dem Roman Hermann Hesse's benannt hatte, lud Hesse's Geburtsstadt Calw ihn 2002 zum Internationalen Hermann-Hesse-Festival ein, bei dem auch andere von Hesse inspirierte Gruppen, wie zum Beispiel Anyone’s Daughter, auftraten.






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