Mar 4, 2021


THE LOAD - Load Have Mercy 
(The Laser's Edge LE1023, 2005 - Originalaufnahmen von 1977)

Ich persönlich würde die Symphonic Progressive Rock Band The Load als vergessene Perle der 70er Jahre betrachten, da nur sehr wenige diese wundervolle Gruppe überhaupt kannten. Selbst mir fiel diese Platte damals eher zufällig in die Hände, als ich sie in meinem bevorzugten Plattenladen sah und die info des Verkäufers erhielt, dass diese Platte damals, als sie aufgenommen wurde, aufgrund verschiedener negativer begleitumstände gar nicht offiziell veröffentlicht werden konnte - eine Tatsache, die sich angesichts der absolut herausragenden Qualität dieser Musik kaum nachvollziehen lässt. The Load waren eine Band, die im März 1973 in Columbus Ohio, gegründet wurde und ihre Karriere 1980 in Kalifornien nach einer langen Odyssee quer durch Amerika wieder beendeten. Sie waren mitfinanzierende Partner der Owl Recording Studios, was ihnen 1976 die Aufnahmen ihres ersten Albums "Praise The Load" ermöglichten, der einzigen offiziell erschienenen Platte während die Gruppe aktiv war. "Load Have Mercy" war dann das relativ kurz darauf aufgenommene zweite Album der Band, das erst im Jahre 2005 vom kleinen und feinen Prog-Label The Laser's Edge offiziell auf CD veröffentlicht wurde.

The Load präsentierten eine qualitativ hervorragende Mixtur aus Procol Harum, Uriah Heep, Emerson Lake & Palmer, Kansas und Rick van der Linden (Trace). Es waren streckenweise starke Einflüsse der klassischen Musik auf diesem Album auszumachen und als quasi Gegenpol klassische Rockmusik, die sich durchaus am progressiven Rock der frühen 70er Jahre orientierte. Diese Stileinflüsse verwoben The Load auf einzigartige Weise, weshalb ich diese leider viel zu unbekannt gebliebene Gruppe durchaus zu den Favoriten der damaligen Underground Tipps zählen würde. Die relativ spärlichen Käufer der damaligen LP wussten sofort um den Wert dieses Geheimtipps - leider waren es zu wenige, als dass sich das für The Load aber im Endeffekt zu wenige, weshalb die Gruppe diesen Geheimtipp-Status zwar hartnäckig behielt, jedoch nie los wurde durch einen etwaigen grösseren Bekanntheitsgrad.

Der Titel "Mobilised" eröffnete das Album mit einem exzellenten Rock-Instrumental mit elektrischer Gitarre, welche hier die Hauptrolle spielte, kombiniert mit Hammond Orgel und einem brillianten und sehr passenden Clavinet D6. Die Melodie begann mit der weichen Hammond Orgel von Sterling Smith, begleitet von akustischen Gitarren-Fill In's. Der Stil von Sterling war eine Mischung aus Ken Hensley und Matthew Fisher. Die Einbeziehung von Clavinet D6 Sounds in einigen Übergängen konnten diesen Opener absolut bereichern und gaben ihm eine völlig eigenständige und interessante stilistische Note. Die atemberaubende Gitarrenarbeit von Dave Hessler erinnerte ebenfalls an den Stil von Procol Harum, allerdings wesentlich rockiger und durchaus an Robin Trower erinnernd. Es gab gar ein kurzes Segment, in welchem man zum Beispiel auch den Einfluss von "I Want You" von den Beatles heraushören konnte. Insgesamt war dieser Opener ausgezeichnet und ein idealer Einstieg in dieses Album.

Es folgte mit "One Is Gone" ein sehr kurzer Song, der nicht einmal die 2-Minutenmarke erreichte, aber trotzdem sehr schön durchkomponiert wirkte. Er wurde in mittlerem Tempo mit kraftvollem Gesang und Backing Vocals in fröhlicher Stimmung dargeboten, die durch den Hammond-Sound ausgezeichnet hervorgehoben wurden. Das kurze Solo, das Hammond und Klavier kombinierte, klang sehr angenehm. Ausserdem folgte es keiner bekannten Prog-Note, sondern war einfach sehr eigen und sehr angenehm arrangiert. Die rein instrumental gehaltene "Something Suite" startete mit einem gemeinsamen Thema, das dem Hörer in den Ohren durchaus vertraut sein könnte, da es von vielen Bands gespielt wurde, etwa von Marillion bei der Eröffnung des Live-Tracks "Margaret". Danach nahm diese fulminante Suite rasch Fahr auf und präsentierte sich als eine Art Musikervorstellung, weil innerhalb der Suite jeder Musiker seine Solo-Fähigkeiten unter Beweis stellte. Die Hammond Orgel bekam in diesem langen Jam erneut eine grosse Fläche. Auch die Gitarre präsentierte ein wunderbares Solo. Am Ende dieses virtuosen Gitarrensolos präsentierte auch Tom Smith ein phantastisches Schlagzeug-Solo, das genauso überzeugen konnte.

Mit Versatzstücken aus der klassischen Musik und teilweise improvisiert wirkend konnte auch das nachfolgende "Richter Scale" absolut überzeugend. Auch hier gewann das Stück nach und nach an Dynamik, was in einem erneuten Schlagzeug-Solo gipfelte. Das instrumentale "Interstellar Debris" erinnerte stellenweise an die Band Babe Ruth, besonders an deren "First Base" Album. Ebenfalls instrumentals war "The Narrows", dass mit einem Bass-Solo startete, das im ersten Takt fast zur ersten Basslinie von "I Am A Camera" von Yes und deren Album "Drama" erinnerte. Das Clavinet-Solo während des Interludiums präsentierte hier jazzige Anleihen. Die Kombination von Schlagzeug und Gitarre war auch hier absolut phantastisch. Das nachfolgende "Choices" eröffnete mit einer Kirchenorgel, gefolgt von einer Stimme und Schlagzeug. "Choices" war wieder nur eine weitere Einleitung, die in das opulente "Too Much To Believe" mündete. 

"Too Much To Believe" war ein Epos, das mit einer sanften Orgeleinleitung begann, sich kontinuierlich steigerte und schliesslich stark an ähnliche Orgelspielereien des Uriah Heep Musikers Ken Hensley erinnerte. Stellenweise erinnerte der Titel auch an die Band Kansas. Wenn dann später auch noch ein von Orgel und Clavinet gespieltes Solo mit klassischen Einflüssen folgt, erinnert einen das zum Beispiel an die Arbeiten von Rick van der Linden (Trace). Ein in sich sehr stimmiges und sehr abwechslungsreiches Epos. Das instrumental gehaltene "Eitel's Lament" präsentierte eine sanfte Marsch-Trommel. Die nachfolgende Gitarrenarbeit erinnerte stark an Procol Harum's "Repent Walpurgis" und bedeutete ein eindrucksvolles Schlussbouquet dieser hervorragenden Platte, bei der ich mich seit ich sie kenne immer wieder fragte, warum die damals nicht veröffentlicht wurde. Gut, es war vielleicht 1977 nicht mehr die grosse Zeit des porogressiven Rock, aber aufgrund der Qualität der Songs und der Musiker hätte dieses Werk bestimmt viele Käufer gefunden. Schön, dass es später dann doch noch das Licht der Musikwelt erblicken durfte. Ein Album, das sich zu entdecken lohnt.




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