STRING DRIVEN THING - Keep Yer 'And On It (Charisma Records CAS1112, 1975)
Eine stilistische Tour De Force hatte diese schottische Folkrock Band um den Geiger Graham Smith hinter sich, als sie 1975 dieses fünfte Album veröffentlichte. Ursprünglich als reines akustisches Folk-Unternehmen in England gestartet, entwickelte sich diese hervorragende Gruppe zu einer waschechten, stark amerikanisch gefärbten Rockgruppe, die gekonnt und akzentuiert Elemente aus Folk, hartem Rock und Beatles-orientiertem Pop zu eigenen Songs verbaute, die bis dahin auf keinem früheren Album so beseelt rockten. Die Band indes war seit dem Vorgänger "Mind Your Head" nicht mehr dieselbe wie zu Anfang: Das Ehepaar Chris & Pauline Adams, die eigentlichen Gründer der Band, waren weg, ebenso die Backing Band. Mit Graham Smith war nur noch eines der Originalmitglieder übrig geblieben. Die Gruppe präsentierte sich 1975 amerikanischer denn je, und dies nicht nur bezogen auf ihre Musik, sondern weil sie inzwischen ihre Aktivitäten stark auf den amerikanischen Markt konzentrierte, nachdem die beiden Vorgänger-Alben vor allem in ihrer Heimat England nicht sonderlich erfolgreich waren.
Ein Jahr zuvor drehte sich das Personalkarrussell bei der Band immer schneller. Aufgrund des langen Tourens verabschiedeten sich nach und nach die Originalmitglieder der Band. Als Ersatz kamen teils richtig gute Musiker mit interessantem musikalischen Background. So etwa der Schlagzeuger Colin Fairley, der von Beggars Opera kam, oder der Gitarrist Peter Woods, der von Sutherland Brothers & Quiver kam und auch bei Al Stewart in dessen Band mitgespielt hatte und kurz zuvor noch bei der legendären Band Curved Air engagiert war. Als danach auch das Ehepaar Adams ausschied, kamen mit dem Sänger Kim Beacon und dem Bassisten James Exel weitere neue Mitglieder in die Band, die somit bis zum Ausscheiden von Geiger Graham Smith eine völlig neue Gruppe war, in welcher keines der originalen Mitglieder mehr mit dabei war. Die Plattenfirma Charisma erhoffte sich durch die Neuzugänge, die sie selbst ausgewählt hatte, einen zusätzlichen Synergie-Effekt für die Band. Leider war das Gegenteil der Fall. Trotz einem letzten hervorragenden Album konnte die Gruppe keinen Mehrwert erzielen und löste sich nach diesem Album folgerichtig auf.
Dabei bewiesen die neu hinzugekommenen Musiker vor allem kompositorisch grosses Geschick und schrieben für die Band einige der besten Stücke überhaupt. Das forsche, von Graham Smith's Geige wundervoll getragene "Starving In The Tropics" etwa - geschrieben von Exel und Fairley, oder das rock'n'rollige "Call Out For Mercy" aus der gemeinsamen Feder von Roberts und Beacon. Die glänzende Rock-Ballade "Chains (I Wanna Be Just Like Stan Bowles)", das wiederum Exell und Roberts gemeinsam schrieben, genauso wie das forsche und treibende, das Album beschliessende "Stand Back In Amazement". Einer der Höhepunkte dieses Albums war die Lennon/McCartney-Covernummer "Things We Said Today". Sie erhielt ein mit Flöte und Geige wundervoll fluffig verpacktes, gegenüber dem Beatles-Original total neues musikalisches Gewand, das alle typischen Züge eines Jam Stücks trug. Es wurde herrlich perkussiv eingespielt und mit Drumsounds versehen, die wie in Watte eingepackt klangen. Ein grossartiges Stück mit Ueberlänge.
Nach der Veröffentlichung des Albums, welches das Letzte der Band String Driven Thing für lange Zeit war, tourte die neue Band intensiv, spielte unter anderem mit Lou Reed, fiel aber kurz darauf auseinander, als Colin Fairley die Band verliess und die Plattenfirma Charisma die Gruppe nicht mehr weiter unterstützen mochte. Fairley betätigte sich in der Folge als Studio Engineer und Produzent, unter anderem für Elvis Costello und die Gruppe The Bluebells, nebst zahlreichen anderen. Andy Roberts heuerte bei Jeff Beck und Steve Winwood als deren Gitarrentechniker an. Beacon sang auf Tony Banks' Soloalbum "A Curious Feeling". Der stilprägende Geiger Graham Smith seinerseits welchselte zu Van Der Graaf Generator und spielte auf einigen Alben von Peter Hammill mit, bevor er nach Island auswanderte, wo er sich dem Icelandic Symphony Orchestra anschloss und dort auch drei Soloalben veröffentlichte.
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