Jul 9, 2020


THE DUKES OF STRATOSPHEAR - 25 O'Clock (Virgin Records WOW1, 1985)

Als ich dieses Mini Album Mitte der Achtziger Jahre zum erstenmal hörte, war dies, nachdem ich mir die Platte alleine ihres phantastischen, herrlich psychedelischen Plattencovers wegen gekauft hatte. Ich erinnerte mich beim anhören gleich an einen CD-Sampler aus England mit dem Titel "The Great British Psychedelic Trip", einer Zusammenstellung relativ unbekannt gebliebener britischer Psychedelik-Bands aus den 60er Jahren. Eigentlich klang diese "neue" Platte einerseits sehr modern, was ihre Produktion betraf, andererseits aber auch völlig aus der Zeit und sehr authentisch nach End 60er Jahre Bands wie beispielsweise Syd Barrett's Pink Floyd, den "Sergeant Pepper"-Beatles oder wie The Zombies. Die Namen der Musiker fand ich - weil stilecht in die damalige Zeit transformiert - total klasse: Sir John Johns (Singing, Guitar, Brain Buds), The Red Curtain (Electric Bass, Song Stuff), Lord Cornelius Plum (Mellotron, Piano, Organ, Fuzz-Tone Guitar) und E.I.E.I. Owen (Drum Set). Produziert von John Leckie, Swami Anand Nagara and The Dukes. Für das Cover Artwork und die speziellen verwendeten Schriftarten zeigten sich Sir John Johns, The Technicolor Prophet Of Mars, The Serif Of Knotting 'Em und The Fontfinder General verantwortlich. Hier waren augenscheinlich Musiker mit viel Humor am Werk, die nebst spielerischem Können auch sehr viel dadaistisches Verständnis aufbrachten. Ich wusste lange Zeit gar nicht, wer sich hinter diesen Pseudonymen versteckt. Die Musikzeitschriften lieferten dann die für mich nicht mal allzugross überraschende Erklärung: Bei der Band handelte es sich um Musiker der Band britischen Band XTC. Da fühlte ich mich dann endlich bestätigt, weil ich schon seit einigen Jahren das Gefühl hatte, dass deren Platten manchmal klangen, als wären das die Beatles, würde es sie denn noch geben. Vor allem ihre Werke "English Settlement" und "Skylarking" bieten unzählige, deutlich hörbare Reminiszenzen an die Fab Four und ich malte mir immer aus, wie viele Hits die Pilzköpfe womöglich noch hätten landen können, wären sie nicht schon 1970 getrennte Wege gegangen und hätten sie in späteren Jahren einen Mix aus allen musikalischen Schattierungen ihrer ergo langen Karriere zusammengemixt.

So dürfte der einzige Makel, den dieses Album hat, derjenige sein, dass es nur ein Mini Album geworden war, mit lediglich 6 Songs - allerdings jeder davon eine absolute Perle. Die im richtigen Leben Andy Partridge, Colin Moulding, Dave Gregory und Ian Gregory heissenden Musiker veröffentlichten die Platte "25 O'Clock" am 1. April 1985 als Verneigung vor den grossen britischen Psychedelik-Bands der 60er Jahre und sie taten dies mit viel Verve: Alles klang locker-flockig und total unangestrengt, trotz all der psychedelischen Spielereien und schrägen Akkorden. "Bike Ride To The Moon" beispielsweise war ganz klar eine Hommage an Syd Barrett, während etwa "The Mole From The Ministry" den schrägen Humor von John Lennon in sich trug und glatt dem Beatles-Projekt "Magical Mystery Tour" hätte entsprungen sein können. Andy Partridge und Colin Moulding waren immer grosse Fans der Beatles und der psychedelischen Sounds der 60er Jahre, und auch wenn sie mit ihrer Band XTC ursprünglich dem Zeitgeist entsprechend recht punkige Musik gemacht haben, entwickelten sie sich zu einer der herausragenden britischen Alternative, resp. New Wave Bands mit grossem Hang zu den typischen Sounds und Melodiebögen der 60er Jahre.

Die Idee zu diesem Mini Album entstand kurz nach Beendigung der Aufnahmen zum XTC Album "Go 2". Bassist Dave Gregory meinte zu den anderen Bandmitgliedern, als sie sich das fertige Produkt zusammen anhörten, ob es vielleicht nicht mal interessant wäre, "to make an album of songs that sound like they might come from 1967". Doch der Zeitpunkt war schlecht. Die Band hatte keine Zeit für ein psychedelisches Album. Eine neue Platte, emsiges Touren, da blieb kaum eine Möglichkeit, sich ernsthaft mit dem Gedanken zu so einem Projekt auseinanderzusetzen. Doch einige Zeit später reifte auch in Andy Partridge die Idee, so ein Projekt an die Hand zu nehmen. Er griff die Idee von Dave Gregory wieder auf und fragte die anderen Musiker: "Why don't we pretend to be a band from 1967 and knock out some songs ? We can just improvise them." Nachdem Andy Partridge das Vorhaben sowohl mit Produzent John Leckie, als auch mit der Plattenfirma Virgin Records besprochen hatte, offerierte das Plattenlabel einen Vorschuss von 5'000 Pfund, um die Aufnahmen zu dem geplanten Projekt zu ermöglichen. Die Band mietete in der Folge das Chapel Lane Studio in Hereford (England) für einige Wochen und in Ermangelung einer Road Crew und grossen Transportern trafen sich die Musiker dort zu den Aufnahmen, kamen lediglich mit ihren Privatautos und hatten lediglich das wenige Equipment dabei, das halt eben in ihren Autos Platz fand. Speziell das Mellotron war eine Mager-Variante, die lediglich die Wahl zwischen "Augmented Brass", "Augmented Strings" und "Male Voice Choir" bot. In den Ford Capri des Schlagzeugers passten lediglich das kleine Drum-Set und er selber und auch sonst konnte die Band nicht viel mehr als ein reduziertes Live Set mit ins Studio nehmen. Vor Ort war immerhin ein Grand Piano, sodass auch Klaviersounds zum Einsatz kommen würden.

Eines der schönsten Zugeständnisse an den Sound der 60er Jahre war die Abmachung der Musiker untereinander, dass keinerlei Instrumente oder Verstärker zum Einsatz kommen sollten, die später als 1969 gebaut wurden. Der Sound sollte ausschliesslich mit Instrumenten und Verstärkern eingespielt werden, die man 1967 überall käuflich erwerben konnte. Lediglich das im Studio verwendete Mellotron stammte von 1970. Gitarren und Bässe wurden ältere verwendet, sofern die Band überhaupt solche alten Instrumente besass. Dabei waren zwei Rose-Morris Rickenbacker Gitarren von 1964, wie sie auch beispielsweise John Lennon gespielt hatte, eine Fender Stratocaster von 1966, eine Schecter Tele-Style Electric, die jener Fender Esquire vom Sound her am nächsten kam, mit welcher Syd Barrett in den 60er Jahren gespielt hatte und eine Kinkade Gitarre, ebenfalls aus den 60er Jahren. Verstärkt wurdeen die Insstrumente vorwiegend über einen 1963er Fender Super Combo Amplifier und allerlei Vintage Effektgeräte. Ein stilechter 1965er Fender Precision Bass, sowie eine alte Hasmmond B3 Orgel rundeten das old fashioned Equipment zusammen mit einem Schlagzeug des Typs Ludwig Super Classic Kit von Anfang der 60er Jahre ab.

Ein spezieller Hingucker war auch das Plattencover, desgined von Sir John Johns, alias Anmdy Partridge, der dabei vor allem dem Coverdesigner Martin Sharp huldigte, der die weltberühmten Plattencovers der LPs "Disraeli Gears" und "Wheels Of Fire" von Cream, Rolling Stones' "Their Satanic Majesties Request" oder auch das Artwork von "The 5000 Spirits Or The Layers Of The Onion" der Incredible String Band schuf. Mighty Baby's Erstling und das Debutalbum von Ginger Baker's Airforce gehörten ebenfalls zu seinen Arbeiten.

Die Songs des Mini Albums klingen allesamt hervorragend, sind auch zeittypisch abgemischt und versprühen daher enormes 60s Feeling. Trotzdem sind die Musiker von XTC für ihren Perfektionismus bekannt, weshalb sie auch hier bei diesem "Dukes" Projekt bis ins kleinste Detail mit kleinsten Arrangement-Spielereien experimentierten und lange an den Songs herumtüftelten, bevor sie die Arbeiten daran beendeten. Am Ende standen sechs hervorragende Kompositionen, die allesamt authentisches Hippie-Psychedelik Feeling verströmten. Das Titelstück "25 O'Clock" erinnerte dabei an schräge Bands wie The Electric Prunes oder The Mode, welche damals mit klassischen Elementen und/oder indischer Musik experimentierten. "Bike Ride To The Moon" ist ganz klar eine Hommage an Syd Barrett. Das Stück könnte passgenau von ihm selber geschrieben worden sein. Die Yardbirds standen Pate beim Song "My Love Explodes", die Troggs bei "Your Gold Dress", Zager & Evans bei "What In The World ??". Das meiner Meinung nach grandioseste Stück ist aber der das Mini Album abschliessende Titel "The Mole From The Ministry", das sich in seiner Komplexität wie ein Medley des gesamten vorangegangenen Programms anhört. Kompositorisch und inhaltlich eine Verbeugung vor der relativ unbekannten britischen 60s Band The Moles, die mit ihrer Single "We Are The Moles" einen der besten psychedelischen Songs überhaupt schrieben. Und bei allem Faible für diese Art von Musik, die sich die XTC-Truppe bei diesem Projekt zu eigen machte, darf man nicht vergessen, dass sie selbst auch bereits in den 60er Jahren mit einer psychedelischen Popband reüssierten: XTC waren zuvor unter dem Namen Simon Dupree & The Big Sound unterwegs und schufen mit ihrem Single-Hit "Kites" ebenfalls eine Psychedelik-Nummer für die Ewigkeit.

Und mit "Kites" schliesst sich der Kreis für mich dann wieder, denn eben dieses Stück findert sich auch auf dem Sampler "The Great British Psychedelic Trip", den ich eingangs erwähnt hatte. 

Zwie Jahre später entschlossen sich die Musiker dazu, auch noch ein Full Time Album aufzunehmen, denn überraschenderweise verkaufte sich diese Mini LP erstaunlich gut. Das wiederum vom anpsychedelisierten Sound der 60er Jahre geprägte Album war allerdings dann stärker auf die "Sergeant Pepper"-Phase der Beatles fixiert, bot aber eine genauso tolle Hommage an die flippigen Zeiten damals. Mit dem Song "Vanishing Girl" findet sich auf dem Album (der Song wurde später auch die B-Seite der Single-Adaption "You're A Good Man Albert Brown") auch ein Titel, der exakt die Zutaten eines Beatles Hit in sich vereinte: Brilliante Gitarrenarbeit, eine Melodie, die man nicht mehr aus dem Kopf kriegt und der typische mehrstimmige Gesang, für den die Beatles noch heute so geliebt werden.



 

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