Jul 23, 2020



YOUNG & MOODY - Young & Moody (Magnet Records MAG 5015, 1977)

Kaum hatte sich in England der Punk so richtig breitgemacht, servierten die beiden versierten Musiker Bob Young und Micky Moody einen vielfältig gewürzten Country Rock Eintopf, der sowas von hoffnungslos 'out of fashion' war, dass er zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von kaum Jemandem probiert wurde. Die LP gelangte quasi vom Presswerk direkt in die Grabbelbox, wo sie für ein bescheidenes Trinkgeld von so manchem Gourmet überhaupt erst entdeckt wurde. Auch mir erging es so. Mir waren die Namen der beiden Musiker durchaus geläufig: Bob Young als jahrelanger Tour-Manager von Status Quo, der auch in kompositorischer Hinsicht viel Prägendes für die Boogie Rocker geleistet hatte, sowie Mick Moody, der hervorragende Gitarrist, der zuerst bei Tramline und Juicy Lucy den progressiven Blues und Bluesrock ausgangs der 60er und anfangs der 70er Jahre zelebriert hatte, um danach mit Snafu vor allem in einem musikalischen Gemischtwarenladen unterwegs zu sein, dessen Grundausrichtung zwar der weisse Funkrock war, jedoch auch Country, Blues, Rock und gar Gospel im breitgefächerten Angebot hatte. Kennengelernt hatten sich die beiden Musiker anlässlich einer Tournee von Status Quo, bei welcher die Gruppe Snafu das Vorprogramm bestritt. Die Kontakte zwischen Bob Young und Mick Moody verstärkten sich, als der Gitarrist Moody mit seiner Band Snafu Schiffbruch erlitten hatte. So fanden die Zwei als grosse Fans des Blues und des countryesken Rock'n'Rolls zusammen und schrieben einige ganz prächtige, völlig unangestrengte und mit hohem Spassfaktor ausgestattete Lieder, für die sich später sogar eine Plattenfirma fand, nämlich jene, auf welcher auch der britische Musiker Chris Rea seine ersten Platten ablieferte: Magnet Records. Das Label, das ausserdem Künstler wie die Rockabilly Stars Matchbox, den Rock'n'Roller Alvin Stardust oder auch die Ska-Truppe Bad Manners unter Vertrag hatte, zeigte sich musikalisch betont offen und war stets auf der Suche nach neuen unverbrauchten Talenten, die später zumeist das Plattenlabel wechselten, nachdem sie Magnet Records quasi als Karriere-Sprungbrett genutzt hatten.

Bob Young war während mehr als zehn Jahren als Tour-Manager für die Band Status Quo tätig. Während dieser langen Zeit ist er auch als Komponist für die Boogie Rock Band tätig gewesen und hat einige der grössten Hits der Band mitgeschrieben, so etwa "Caroline", "Paper Plane" oder "Down Down" nebst vielen anderen. Ausserdem spielte er während dieser Zeit auch immer als Mundharmonika-Spieler bei Status Quo mit und wurde dadurch stets als so etwas wie ein inoffizielles Bandmitglied angesehen. Mick Moody wiederum dürfte vor allem als Gründungsmitglied und Lead Gitarrist von David Coverdale's Gruppe Whitesnake bekannt sein. Er hatte sich zuvor bereits lange Zeit als hervorragender Gitarrist in verschiedenen Combos einen Namen gemacht. Im Juni 1977 war es dann soweit, dass die beiden Musiker ihre LP "Young & Moody" veröffentlichten, auf welcher sie ihre ganz eigenen persönlichen Vibes und vor allem ihre stilistischen Gemeinsamkeiten präsentieren konnten.

Dies war nicht nur eine fruchtbare Zusammenarbeit, sondern auch eine ultraschnelle. Es ist überliefert, dass die beiden versierten Musiker für das Komponieren und Arrangieren der originalen 9 Songs der Platte gerade einmal sechs Tage benötigten. Als die beiden die Songs im Tonstudio zusammen mit dem Keyboard spielenden Bassisten Graham Preskett (Mott The Hoople, Slapp Happy, Metro) und dem Schlagzeuger Terry Stannard (The Grease Band, Kokomo) plus einigen Gästen für den mehrstimmigen Gesang eingespielt hatten, fertigten sie von den Aufnahmen eine Cassette an und überreichten sie dem gemeinsamen Freund und Deep Purple-Bassisten Roger Glover, der aufgrund seiner eigenen musikalischen Präferenzen sofort Feuer und Flamme für die Musik der beiden war und ihnen in der Folge den Plattendeal mit dem Label Magnet Records verschaffte. Er war es auch, der die finalen Versionen der Songs, so wie sie später auf der LP klingen würden, schliesslich in den Central Sound Studios in London in nur acht Tagen produzierte.

Da beide Musiker zum Zeitpunkt des Erscheinens des Albums auch live ziemlich stark engagiert waren (mit Status Quo und Whitesnake), kam es leider zu keinerlei Live-Konzerten als Promotion für das Album. Bob Young bedauerte dies später: "We never actually went out on the road as a band which is something we always regretted". Leider führte dies auch dazu, dass die Platte kaum wahrgenommen wurde und nur sehr schlecht verkauft werden konnte. Dabei verbergen sich auf dem Album wahre Perlen, die auch heute noch problemlos funktionieren, will heissen: Die Titel sind überhaupt nicht gealtert in all den Jahren und könnten in der Form genauso auch im Hier und Jetzt entstanden sein. Zeitlose Musik nennt man das, und dies verdanken die Stücke vor allem ihrer instrumentalen Grundausrichtung, die niemals streng und anspruchsvoll wirkt, sondern auf hohen Spassfaktor und einfache Strukturen setzt. Diese Musik versteht Jeder. Sie ist einfach, grundsolide und von aussergewöhnlich positiver Lebensfreude durchflutet.

Der Opener "You Make It Roll" ist ein wundervoller, sehr zurückhaltend gespielter Schleicher, der so viel Lässigkeit und Coolness verströmt, als wäre es ein verschollenes Stück von J.J. Cale. Eine jammernde Slide-Gitarre und ein wehmütiges Grundfeeling, das Ganze dazu noch wunderbar relaxed in einer gebremsten, fast zeitlupenartigen Art und Weise vorgetragen, lädt geradezu ein, die Seele baumeln zu lassen. Das nachfolgende "I'll Be Back" präsentiert urbritisches Folkrock-Feeling, und das auch als Single veröffentlichte "Chicago Blue" ist eine Reminiszenz an den Blues der gleichnamigen Stadt. Robert Johnson's Bluesklassiker "Four Until Late" wird dann auch gleich nachgeschoben. Das Stück hatte Mick Moody schon seit vielen Jahren stets in seinen verschiedensten Formationen im Gepäck gehabt, und auch später, als er mit seiner eigenen Gruppe, der gemeinsam mit dem Gitarristen Bernie Marsden gegründeten Moody Marsden Band unterwegs war, kam das Stück immer ins Live-Repertoire mit hinein. Das forcierte "Young & Moody", ein wiederum folkrockiges "Too Young To Feel This Way" und ein beseeltes "Just Close Your Eyes" zeigten die grossen kompositorischen Fähigkeiten der beiden Musiker, die mit Ausnahme von zwei Coversongs alle Stücke des Albums gemeinsam geschrieben hatten. Mit dem wunderschönen "Someone Else's Door" und der von Elizabeth Cotton verfassten Nummer "I'm Going Away" beschlossen Bob Young und Mick Moody dieses stimmungsvolle Album.

Aus der Sicht des Musikhörers ist es sicherlich schade, dass die beiden Künstler dieses Werk nicht als Ausgangspunkt für eine gemeinsame musikalische Karriere gesehen haben. Mangelnde Aktivitäten, das Werk zu promoten liessen es leider untergehen. Dennoch ist Bob Young stolz auf die Aufnahmen, denn er sagte abschliessend über die Platte: "We didn't do it to launch our careers, but we just had to do it and we were both very proud of the results". Dank der Plattenfirma Repertoire Records kann man das Album auch heute noch als CD erwerben und eine Entdeckung dieser kleinen musikalischen Kostbarkeiten lohnt sich, auch nach fast 40 Jahren, auf jeden Fall.









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