FLYING COLORS - Third Degree (Music Theories Recordings MTR 7596 2, 2019)
Die Flying Colors sind eine Progressive Rock-Supergroup, die aus Casey McPherson (Alpha Rev), Steve Morse (Dixie Dregs, Deep Purple, Kansas), Neal Morse (Spock’s Beard, Transatlantic), Dave LaRue (Dixie Dregs, Planet X) und Mike Portnoy (Ex-Dream Theater, Transatlantic, Liquid Tension Experiment, OSI, Adrenaline Mob, The Winery Dogs) besteht. Im Jahre 2008 stellte der Produzent Bill Evans eine Liste der Personen zusammen, mit denen er seine Idee der Flying Colors verwirklichen wollte: Mike Portnoy, Steve Morse, Dave LaRue, Neal Morse und Produzent Peter Collins, der bereits mit Rush, Bon Jovi, Elton John und Jewel Kilcher zusammengearbeitet hatte. Nachdem die vier Musiker und Peter Collins zugesagt hatten, machten sich die beiden Produzenten auf die Suche nach einem Sänger, der die unterschiedlichen Musikstile der Band vereinen konnte. Evans und Collins waren bereits eine Liste von über hundert verschiedenen Sängern durchgegangen, als Schlagzeuger Mike Portnoy Casey McPherson vorschlug.
Nach fast einem Jahr Planung, wurde das erste, mit dem Bandnamen betitelte Album innerhalb von neun Tagen im Januar 2011 fertiggestellt. Im November 2011 wurde das Album von Michael Brauer, der bereits mit den Rolling Stones, Bob Dylan und Coldplay zusammengearbeitet hatte, abgemischt. "Flying Colors" wurde am 26. März 2012 veröffentlicht. Der Bandname stammte von Peter Collins. Er sagte zu den Musikern: "Gentlemen, you passed with flying colors". ("Leute, ihr habt mit Bravour bestanden"). Am 16. März 2013 kündigte die Band an, mit den Arbeiten an ihrem zweiten Studioalbum begonnen zu haben. Ausserdem wurde eine Live-DVD / Blu-ray angekündigt, die im Oktober 2013 erschien. Die weiteren Arbeiten umfassten schliesslich das zweite Studiowerk "Second Nature" (2014), sowie die zwei Live-Veröffentlichungen mit den Titeln "Live In Europe" (2013) und "Second Flight - Live At The Z7" (2015).
Es gibt mindestens fünf gute Gründe, sich auch das dritte Album der Flying Colors "Third Degree" zu kaufen: Steve Morse, Casey McPherson, Mike Portnoy, Neal Morse und Dave LaRue. Nach dem selbstbetitelten Debüt aus dem Jahre 2012 und "Second Nature" (2014) wird auch hier wieder Progressive Rock mit leicht zugängigen Melodien und hymnischer Stimmung geboten. Man muss mitunter an die Anfangsjahre der Gruppe Toto denken, wenn man sich die Flying Colors anhört. Nicht etwa, weil sich die Musik so ähnelte, sondern weil sich damals wie heute ein paar Weltklasse-Musiker, so etwas wie die Crème de la Crème, zusammengetan hatten, um mit ihrem wunderbaren Talent Musik zu machen, die zugleich Spass macht, sich aber auch als überaus intelligent und virtuos präsentiert.
Flying Colors steigen auch in ihr drittes Album gleich mit ihrer inzwischen ebenso bekannten wie geschätzten Signatur ein. "The Loss Inside" startet mit dem Gitarrentreiben, mit fetten Orgelklängen, bevor die Melodien einsetzen, sehr rockig, vorwärtstreibend und aufmerksamkeitsstark. "More", zu dem es auch ein ziemlich bunt beleuchtetes Schwarzlicht-Video gibt, wird zwar ebenfalls von schweren Gitarren und donnerndem Schlagzeug angetrieben, hier stand aber sicherlich die Band Muse Pate. Irgendwie sehr new proggig. In der Mitte streckt sich der Song mit einer süchtig machenden, keyboardlastigen Instrumentalbewegung aus, bevor ein leiser, stimmbeherrschender Abschnitt zu hören ist. Es schliesst sich natürlich der Kreis und der treibende Rock wird vor dem Ende zurückgebracht, mit der Zeit für eines von Neal's typischen, opulenen Keyboard-Solos und der Vokalharmonisierung, für welche die Band so bekannt ist.
Der Gitarrist Steve Morse (Deep Purple, Dixie Dregs, Ex-Kansas), Schlagzeuger Mike Portnoy (Winery Dogs, Ex-Dream Theatre, Transatlantic), Keyboarder Neal Morse (Transatlantic, Ex-Spock’s Beard), Bassist Dave LaRue (Dixie Dregs, Ex-Joe Satriani) und Sänger und Songwriter Casey McPherson (Alpha Rev, The Sea Within) sind ein unglaubliches Team. "Cadence" ist eine hinreissende Komposition, die entfernt auch an ganz frühe Kompositionen von King Crimson erinnert, Progressive Rock mit Folk-Einkerbungen. Und was ist das für eine Basseinlage auf "Guardian" ? Ab diesem Stück bewegt sich das Album insgesamt ein bisschen mehr in Richtung Straight Progrock. Eines der Highlights des Albums ist das zehnminütige "Last Train Home", gesungen zunächst von McPherson, dann von Neal Morse und sicherlich auch von ihm musikalisch stark beeinflusst. Das Stück hat alles, was diese Band so grossartig macht, und es präsentert eine ganz starke Progrock-Gewichtung.
Inhaltlich geht es wohl um die Reise von Körper und Seele ins Jenseits (was thematisch natürlich erneut zum mit grossem christlichen Hintergrund versehenen Neal Morse passt) und beginnt langsam und melodisch. Dann werden die Dinge jedoch immer ausgefeilter, die Trommeln nehmen an Geschwindigkeit zu, die Tasten werden lauter und die Gitarre schwerer, bevor sie sich in ein vollwertiges Progressive Rock-Epos verwandelen, wie man dies beispielsweise auch von Genesis und Yes kennt. Passenderweise übernimmt dann Neal als Leadsänger eine Strophe. Seine Stimme verleiht dem Song eine neue emotionale Note, bevor ein Akustikgitarren Lead Jam mit Scat-Gesang in den nächsten Abschnitt des Songs übergeht. Casey übernimmt wieder den Gesang und singt: "Standing back you leave alone, don’t be sad you’re going home". Die Musik hebt den Gesang, und die das Stück abschliessenden Minuten sind immens kraftvoll und effektiv.
Die Ballade "You Are Not Alone" beginnt sehr sparsam instrumentiert, ein meditativerer Song über die vielen Prüfungen des Lebens. Steves Gitarre klingt leicht akustisch und zerbrechlich bis er mit einer segelnden E-Gitarre einsteigt. Die Keyboards übernehmen eine Streicher-Aufgabe. Sicherlich sehr effektiv, insgesamt vieleicht etwas zu bedächtig, weil es ziemlich an ähnliche Musik aus dem sogenannten Christian Rock Bereich erinnert. "Love Letter" schliesslich ist so etwas wie eine Beatles-Referenz, sehr eingängig und poppig. Ein Happy-Song. Aber keine Sorge. Es gibt mit "Crawl" einen 11-minütigen tollen Abschluss mit phantastischen Gesangs-Sequenzen, sehr starken Melodien und instrumentaler Exzellenz.
"Third Degree" baut erneut auf der tief verwurzelten Verbindung, die während der letzten beiden Alben zwischen den Bandmitgliedern entstanden ist. "Zwischen uns herrscht eine ganz besondere Chemie", merkt Mike Portnoy an. "Je vertrauter wir einander werden, desto besser werden wir als Musiker und auch die Musik selbst reift dadurch immer weiter". Und Steve Morse fügt hinzu: "Einer meiner Favoriten, "Geronimo", bietet eine optimistisch-jazzige, aber gleichzeitig auch schwer-melancholische Stimmung. Wir spielen das, was sich gut für uns anhört und uns zum Lächeln bringt. Wir fragen uns nicht, ob es Kritikern oder Programmchefs gefallen könnte. Es geht uns nur um die Musik". Auf "Third Degree" kam zum ersten Mal die branchenführende HPAR-Technologie (Harmonic Phrase Analysis and Restoration) zum Einsatz. Entwickelt vom Produzenten Bill Evans (der die fantastischen Fünf einst dazu anstiftete, die Band zu gründen), sorgt diese für eine noch nie dagewesene Klangtreue. Rich Mouser (The Neal Morse Band, Transatlantic), der eigentliche Produzent der Band, mischte die Songs daraufhin in seinem unnachahmlichen Stil ab.
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