THE CRYSTAL VOYAGER BAND - Crystal Voyager
(Warm & Genuine Records 2907 010, 1973)
Crystal Voyager war eigentlich zweierlei: Sowohl die Band, als auch das Filmprojekt eines gewissen G. Wayne Thomas aus Neuseeland. Das Album, um das es hier geht, wurde 1973 veröffentlicht und dürfte längst vergessen sein. Weil es sich bei diesem Album aber um ein ebenso interessantes, wie hörenswertes Werk handelt, möchte ich es gerne näher vorstellen. Es gibt inzwischen viele interessante Momente in der Rockmusik, die dank umtriebigen und liebevollen kleinen Plattenlabels noch einmal das Licht der Welt erblicken, um eine späte Würdigung zu erhalten. Dabei kommt so manch verschollene Perle ans Tageslicht, von deren Existenz man kaum etwas gewusst hat, oder das vielleicht einem kleinen Kreis von Musikenthusiasten noch nach Jahrzehnten ein Begriff war und ist. Mir war dieses Werk absolut unbekannt, bis ich es vor einigen Wochen erstmals hörte und mich seit einigen Hördurchgängen nachhaltig zu beeindrucken vermag.
G. Wayne Thomas wurde in Auckland, Neuseeland, geboren und verbrachte seine frühen Jahre in Timaru im südlichen Teil der Insel. Aufgrund des schlechten Gesundheitszustands seiner Mutter zog die Familie später nach Christchurch, wo G. Wayne Thomas die Cashmere High School besuchte. Hier trat er der Schulband bei und spielte mit grosser Begeisterung auch Rugby in der Schulsport-Mannschaft. Mit seiner Schulband spielte er zumeist Coverversionen von in Neuseeland populären Pop- und Rocksongs. Sein erster Job war nicht im musikalischen Bereich nagesiedelt, sondern er wurde Produktionsassistent bei CHTV 3, einem Fernsehsender in Auckland. Einige Zeit später zog er mit einem Stipendium in der Tasche nach Australien, um Theaterproduktion am National Institute Of Dramatic Art (NIDA) zu studieren. Während dieser Zeit arbeitete er nachts als Stage Manager für Frank Strains Theatre Restaurants, bevor er eine Vollzeitstelle bei der damaligen Elizabethan Theatre Trust Company annahm, heute bekannt als Opera Australia.
Um 1972 herum begann G. Wayne Thomas damit, Songs zu schreiben, sich selbst und andere Musikbands zu produzieren und auch semiprofessionell zu singen. Während dieser ersten Phase in seiner Eigenschaft als Musiker und Produzent schuf er zahlreiche Fernseh- und Radiowerbespots für Australiens führende Werbeagenturen. Einer dieser Aufträge erforderte einen längeren Aufenthalt im Ausland, was schliesslich dazu führte, dass er für Warner Brothers einige lukrative Aufträge an Land ziehen konnte. Mit diesen wertvollen neuen Kontakten bestens für ein eigenes Musikprojekt ausgestattet, startete er die nächste Phase in seiner beruflichen Karriere.
Nach seiner Rückkehr nach Australien gründete er zusammen mit Jon English sein eigenes Plattenlabel namens Warm & Genuine Records, dessen Name eine Antithese zur Realität des Musik-, resp. Plattengeschäfts darstellen sollte. Seine Intention war es, Künstlern und Bands eine Möglichkeit zu schaffen, ihre Musik zu veröffentlichen, an der ansässige Plattenfirmen kein Interesse zeigten. So produzierte G. Wayne Thomas die erste Single seines Partners Joe English: "Turn The Page" schoss an die Spitze der australischen Charts. Es folgte Jon English's erstes Album "Wine Dark Sea", welches er auch produzierte. Diese Single und die nachfolgende LP wurden über das australische Polygram Label veröffentlicht, auf dem G. Wayne Thomas dann auch sein erstes Soloalbum "G. Wayne Thomas" herausbrachte. Es folgte noch im selben Jahr seine inzwischen dritte Single "Everything in You" mit der B-Seite "Call My Name" sowie die vierte Single, betitelt "Come Tomorrow Morning" mit einer Version von Kris Kristofferson's Song "I’ve Got To Have You" als Single-Rückseite: Ebendieser Titel wurde dann kurze Zeit später von Carly Simon ebenfalls gecovert und wurde zu einem grossen Hit.
Nun häuften sich die Auftragsangebote natürlich, und 1973 wurde G. Wayne Thomas von David Elfick gebeten, den Soundtrack für einen Film mit dem Titel 'Crystal Voyager' zu schreiben und zu produzieren. Zu diesem Zweck gründete Thomas kurzerhand eine reine Studio-Formation namens The Crystal Voyager Band, deren Mitglieder Bobby Gibbert (Keyboards), Mick Lieber (Gitarre, Ex-Python Lee Jackson, Ashton, Gardner & Dyke) und Rod Coe (Bass) hiessen. Als Schlagzeuger war John Proud mit an Bord und G. Wayne Thomas selbst steuerte die Akustikgitarre und den Gesang bei.
Der Film 'Crystal Voyager' basiert auf den Heldentaten des amerikanischen Surf Hippie-Kids Knee Boarder und des 'Inside The Wave'-Filmkamera-Manns George Greenough, der auch die treibende Kraft bei der Erfindung des heute weltberühmten Fish Eye-Kameraobjektivs (Fischauge) war. Der Film zeigte auch die Band Pink Floyd in den letzten Szenen, in denen George Greenough eine Kamera um seinen Kopf schnallte, um im Inneren des hohlen Abschnitts der Welle namens 'The Tube' zu filmen. Diese Sequenzen wurden berühmt und fanden bei der Gruppe Pink Floyd einige Jahre lang Zugang in deren Live-Auftritten. Die Szenen regten die Fantasie des europäischen Publikums an, als der Film über ein Jahr lang im Londoner West End als Double Feature mit dem Zeichentrick-Film 'Fantastic Planet' (La Planète Sauvage') von René Laloux lief.
Die Musik auf dem Soundtrack zum Film 'Crystal Voyager' ist ein bemerkenswert schöner Mix aus Byrds-ähnlichem Folk Rock, gepaart mit feinen psychedelischen Momenten und einigen progressiv klingenden Momenten. Da der hippieske Anteil am Gesamtsound jedoch dominierte, war das in sich sehr stimmige und unterhaltsame, exzellent aufgenommene und abgemischte Album zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 1973 wohl doch schon fast zu spät dran, um noch die buchstäblich hohen Wellen zu schlagen. Das Album geriet bald in Vergessenheit, bis es 2007 in Japan erstmals auch als CD veröffentlicht wurde - nur um auch da nur eine Fussnote zu bleiben. Schade: "The Crystal Voyager" ist auf jeden Fall eine Entdeckung wert.
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