Jul 10, 2024


B.B. BLUNDER - Workers' Playtime (United Artists Records UAG 29156, 1971)

Als sich die Gruppe Blossom Toes Ende 1969 auflöste, zog es den Musiker Jim Cregan aus romantischen Gründen nach Italien. Damit war seine musikalische Kariere allerdings nicht beendet. In der Folgezeit spielte er unter anderem bei den Formationen Stud, Family, Cockney Rebel und in der Band von Rod Stewart. Der Schlagzeuger Barry Reeves ging nach Deutschland und wurde Mitglied im James Last Orchester, wo er zumindest noch bis in die 90er Jahre spielte. Als letztes gemeinsames Projekt fungierte die Gruppe als Begleitband auf Julie Driscoll’s Soloalbum "1969". Die Zusammenarbeit war so fruchtbar, dass Julie vorschlug, Mitglied der Band zu werden. Dieser Vorschlag kam nicht wirklich überraschend, denn sie war Brian Goddings Schwägerin. Brian war bereits mehrere Jahre mit Angie Driscoll verheiratet und gehörte quasi zur Familie. Da die Auflösung der Band kurz bevor stand, konnte Julie Driscolls Idee zunächst nicht in die Tat umgesetzt werden. Brian Godding und Brian Belshaw rekrutierten ihren alten Freund Barry Jenkins, der bei den Animals als Schlagzeuger engagiert war und so konnten doch noch einige kleine Auftritte gemeinsam mit Julie Driscoll absolviert werden. Dabei war der Auftritt im Roundhouse in London, organisiert von einem anderen alten Freund, Peter Swales, der beeindruckenste. Swales hatte zuvor mit den Rolling Stones gearbeitet und später Gypsy (Ex-Legay) aus Leicester gemanaged und dabei soviel Geld verdient, dass er drei Firmen gründete: Sahara Music (Verlag) Sahara Records (Tonträgerfirma) und Sahara Management.

Diese drei Firmen sollten zwar in erster Linie die Band Gypsy vermarkten, doch nach dem Zusammenbruch der beiden Plattenfirmen Marmalade und Paragon und der Auflösung der Blossom Toes, entschied sich Swales, in neue Projekte zu investieren. Höhepunkt des Roundhouse-Auftritts war eine spezielle Version von Brian Goddings Hymne "New Day", bei der die Band von einem Chor aus vorwiegend Schulkindern, den Swales zusammengestellt hatte, begleitet wurde. Die Blossom Toes hatten den Titel "New Day" bereits mehrfach aufgenommen. Als letzte Single geplant, deren Erscheinungsdatum für Oktober 1969 vorgesehen war, geriet sie jedoch nicht über das Stadium einer Testpressung hinaus (Marmalade Records 598022). Mit dem Ergebnis war die Band wieder nicht zufrieden. Kurze Zeit nach dem Roundhouse-Auftirr spielte die Band für Sahara Records im Advisions Studio deshalb eine weitere Version von "New Day" mit den Gastmusikern Mick Taylor und Brian Auger und einem grossen Chor (bekannt als der Combined Network Forces Choir) ein. Peter Swales war fest davon überzeugt, dass diese erste Aufnahme-Session zu einem Brian Godding Soloalbum führen würde. Brian dagegen blieb bei der unerschütterlichen Überzeugung, dass ein Soloalbum nie geplant war und diese Aufnahme-Session und alle folgenden Aufnahmen Gruppenleistungen waren, ganz egal, was jeder Einzelne dazu beigetragen hatte. Er wollte auf keinen Fall ein Soloalbum einspielen. Als der nächste Aufnahmetermin Ende März 1970 anstand, hatte Barry Jenkins die Band bereits wieder verlassen. Seinen Platz nahm Kevin Westlake ein, ein langjähriger Freund. 

Das war die Geburtsstunde der zweiten Inkarnation der Blossom Toes, mit Julie Driscoll als kurzzeitigem Mitglied. Kevin Westlake hatte Ende 1967 die Blossom Toes verlassen, aber den Kontakt zu Brian Godding und Brian Belshaw nie abreissen lassen. Er hatte seine Schlagzeugstöcke beiseite gelegt und sich auf Akustikgitarre, Gesang und Komposition konzentriert. Anfang 1968 hatte er sich mit Gary Farr zusammengetan, um eine Popsingle aufzunehmen. Diese erschien auf Marmalade Records im März 1968 und klang trotz des Schielens in Richtung Hitparade erstaunlich gut. "Green" war eine Komposition von Gary Farr und Kevin Westlake hatte die B-Seite "Everyday" geschrieben. Als Interpretenname hatte sich Marmalade The Lion And The Fish ausgedacht (in Anlehnung an die Sternzeichen, wobei Löwe und Fische noch nicht einmal die tatsächlichen Sternzeichen der beiden Musiker wiedergaben). Die Single war ein Flop, wurde aber später sehr gesucht und gilt inzwischen als begehrtes Sammler-Objekt. Die Beiden absolvierten einige Auftritte, die sie unter anderem auch nach Südfrankreich führten, wo ein Auftritt über den Fernsehsender 'Europe I' ausgestrahlt wurde. Dieser Auftritt geriet zum völligen Fiasko, als mitten im Titel "Green" Giorgio Gomelsky, der Tourmanager, Produzent und Manager der Blossom Toes völlig betrunken nur mit einem Tuch bekleidet, hüpfend "Green, ich möchte Green" schrie. Am nächsten Tag traf die Band Giorgio am Strand von Cannes und Gary übergoss ihn mit Bier. Die Tour war damit beendet, sie waren gefeuert und kehrten, ohne einen Cent in der Tasche, nach London zurück. 

Bei einem anderen Trip nach Cannes arbeiteten Kevin und Gary als Roadies für ihre Helden Captain Beefheart And The Magic Band. The Magic Band sollte beim berühmten Midem Festival auftreten. Da die Blossom Toes zum gleichen Zeitpunkt ebenfalls in Cannes spielten, stellten sie ihre Anlage der Magic Band zur Verfügung. Das Coverfoto auf der französischen Ausgabe von Captain Beefheart's Album "Safe As Milk" (und auf einer späteren englischen Wiederveröffentlichung) zeigte die Anlage am Strand von Cannes, wie sie Kevin und Gary aufgebaut hatten. Wie Kevin später berichtete, war der Midem-Auftritt ein voller Erfolg. Ende 1968 wurde Kevin von einem der Manager der Band Blue Cheer in die Vereinigten Staaten eingeladen, um der Band beim Songschreiben behilflich zu sein. Sein Aufenthalt endete, nachdem er die Band auf einer Tour kreuz und quer durch die USA begleitet hatte. Während dieser Tournee hatte Kevin auch den Platz des aktuellen Schlagzeugers bei Blue Cheer, Paul Whaley eingenommen, als dieser nicht aufgefunden werden konnte, obwohl er sich im selben Gebäude befand. Während der Tour hatte Kevin Leigh Stephens kennen gelernt und spielte, später wieder in England, auf dessen Album "Red Weather" mit. Das Album fand er schrecklich, aber er wurde gut dafür bezahlt.

Anfang 1970 lief es für Kevin musikalisch nicht so recht, obwohl er gelegentlich mit Gary Farr auftrat. Sie spielten unter anderem auch beim Auftritt der Blossom Toes Nr. 2-Band mit Julie Driscoll und waren auch Mitglieder im Combined Network Forces Choir bei "New Day". So war er glücklich auf seinen Schlagzeugschemel zurückkehren zu können, als ihn Brian Godding und Brian Belshaw baten, in die Band einzusteigen. Die ersten gemeinsamen Aufnahmen fanden in den Olympic Studios in London statt. Erste aufgenommene Titel waren das grossartige "Rise" und das Stück "Seed". Allen Beteiligten war klar, dass dies, gleich was ursprünglich geplant sein mochte, eine echte Band war. Die Aufnahmen verliefen reibungslos, die Beziehung zwischen den Musikern war äusserst harmonisch und das Ergebnis war aufregend und dynamisch. Die Aufnahmen zeigten insbesondere, wie sich Brian Godding als Gitarrist weiterentwickelt hatte, demonstrierten sein wachsendes Interesse an Gitarrensounds genauso, wie das einfache, unverfremdete Spiel. Einziges Problem bei den Aufnahmen war, wie Brian Godding berichtete, dass die Betreiber des Olympic Studios eine Dolby-Maschine installiert hatten, die niemand richtig zu bedienen wusste. Beim Abhören der Aufnahmen fragte Brian den Toningenieur nach den Spitzen und den Höhen, worauf der Toningenieur antwortete: "sie sind da, aber du denkst, dass du sie nicht hörst, weil das Dolby-System sie unterdrückt". Tatsächlich war die Anwendung des Dolby-Systems dafür verantwortlich, dass auf den Aufnahmen schlicht eine Menge Höhen fehlten. Offenkundig hatte niemand einen Plan, wie das Dolby-System ein- oder ausgeschaltet werden konnte. 

Da die gebuchte Zeit in den Olympic Studios abgelaufen war, wechselte die Band zu den Island Studios. Dort wurden in erster Linie Kevin Westlakes Songs aufgenommen. Unglücklicherweise lief dort einiges schief und die Band kehrte im Frühsommer 1970 wieder in die Olympic Studios zurück, wo die beiden weiteren Titel "Lost Horizons" und "Research" spontan und ohne grosse Vorbereitung aufgenommen wurden, angeblich als Soundtrack für einen französischen Avantgarde-Film, der allerdings nie gedreht wurde. Die Band war wieder auf Kurs und in den folgenden Monaten wurde der Rest des Albums eingespielt. Besonders auffällig war dabei das recht funky klingende "Sticky Living" mit Nick Evans (Posaune) und Marc Charig (Tompete). Beide zählten zur zeitgenössichen englischen Jazz-Szene, der sich Brian Godding, durch seine Verbindung zu Keith Tippett und nicht zuletzt zu Mike Westbrook, mit dem er nach wie vor zusammen spielte, nun zuwandte. Eine verkürzte und remixte Version von "Sticky Living" wurde (möglicherweise nur in Deutschland) als Single veröffentlicht (United Artists Records UA 35203 B), mit "Rocky Yagbag", aus unbekannten Gründen hier als "Rocky Yagbatee Yagbag" betitelt, mit Kevins herbem "Irish Sex Thriller" als B-Seite. Nach dem Abschluss der Albumaufnahmen mieteten Godding, Belshaw und Westlake ein Landhaus in Pembrokeshire, wo sie zwei Wochen lang non stop jammten. Anschliessend kehrten sie nach London zurück und nahmen weitere Brian Godding-Kompositionen (möglicherweise "Backstreet" und "Ever Since A Memory") auf. Diese Aufnahmen blieben jedoch unveröffentlicht. 

Das B.B. Blunder-Album erschien schliesslich Anfang 1971 unter dem Titel "Workers’ Playtime". Die Gestaltung des Covers orientierte sich unter anderem an der Nachahmung des Programmschemas der 'Radio Times' mit Spezialprogrammen für die Arbeiterklasse. Hatte diese Idee damals einen bestimmten Reiz (besonders das Coverfoto, welches die Band in Heizungsmonteurklamotten, Bussuniformen und so weiter zeigte, so hat es heute doch seinen Charme eingebüsst. Zudem, wer erinnert sich heute noch an die Radiosendung 'Workers’ Playtime' ? Der Bandname B.B. Blunder war ebenfalls nicht unbedingt eine grossartige Idee. Er entstand während der nicht gerade erfolgreichen Aufnahme-Sessions in den Island Studios, als der Toningenieur auf die Tonbandhülle B.B. für Brian und Brian und Blunder (im Sinne von 'dummer Fehler', respektive 'vermasselt) schrieb. Da Bandname, Albumtitel und Coverdesign wenig über die Musik aussagten, wurde das Album von den meisten Leuten schlichtweg ignoriert. Richtig ist leider auch, dass das Album, ähnlich wie die zweite Blossom Toes LP, zu einer Zeit erschien, als diese Art von Musik einfach aus der Mode gekommen war. Angesagt waren Gruppen wie Yes, Electric Light Orchestra und Alice Cooper. Das B.B. Blunder-Album dagegen war eher eine Fortführung des zweiten Blossom Toes-Albums. Teils etwas mehr funky, mit leichten Jazzeinflüssen, anspruchsvoller, aber doch stets melodisch. Ähnlich wie bei den Blossom Toes Alben gelang es den Musikern wieder nicht, musikalische Qualität in Verkaufserfolge umzumünzen, obwohl das Album eines der besten der frühen 70er Jahre war. Mit Zustimmung aller Beteiligten wurde der Name B.B. Blunder für die Wiederveröffentlichung des Albums auf Vinyl im Jahre 1989 auf Charly Records vermieden und das Album als Blossom Toes ’70 unter dem Titel "New Day" veröffentlicht; berücksichtigend, was es tatsächlich darstellte, nämlich eine zweite Ausgabe der Blossom Toes. 

Gleichzeitig zur Veröffentlichung des Albums sollten auch Live-Auftritte stattfinden. Julie Driscoll hatte sich zwischenzeitlich verabschiedet und da Brian Godding nicht den Leadgesang übernehmen wollte, musste wieder ein alter Freund der Band herhalten. Diesmal war es Reg King, ein grossartiger Sänger, der zuletzt bei The Action gesungen hatte. Reg wurde ebenfalls vom Sahara Management unter Vertrag genommen. 1970, während der Aufnahme-Sessions zum B.B. Blunder-Album hatte Reg King eine Solo-LP aufgenommen ("Reg King", United Artists Records USA 29157), auf welchem Brian Godding, Brian Belshaw und Kevin Westlake bei den Titeln "Little Boy" und "10000 Miles" als Gastmusiker mitgewirkt hatten. Die beiden Titel wurden später als Single veröffentlicht unter dem Namen Reg King and B.B. Blunder (United Artists Records UP 35204). Auch wenn teilweise behauptet wird, dass diese Aufnahmen später entstanden seien, so sind sie doch LP-Auskoppelungen, allerdings mit einer neuen, erheblich verbesserten Abmischung. Wenn etwas am Reg King Album problematisch war, dann die schreckliche Abmischung, musikalisch aber war es auf jeden Fall exzellent. Mit Reg King und dem ebenfalls neu hinzugekommenen Keyboarder Nick Judd absolvierte die Band ihren ersten Auftritt im Frühsommer 1971 im Country Club in Hampstead. Dieser erste Auftritt in dieser Besetzung war dann auch schon wieder der letzte für Kevin Westlake, der von Sänger Reg's chaotischem Verhalten bei diesem Auftritt so genervt war, dass er die Band an diesem Abend verliess. Er ging zurück nach Wales und trat dort, nur begleitet von der Akustikgitarre, in Pubs auf. Wenig später gründete er zusammen mit Ronnie Lane die Slim Chance Band, die so erfolgreich war, dass sogar ein Auftritt bei Top of the Pops heraussprang. Nach etwa einem Jahr löste sich die Originalbesetzung der Band auf und Kevin Westlake war nur noch gelegentlich musikalisch unterwegs. 

B.B. Blunder machten weiter, ersetzten Kevin Westlake durch Chris Hunt, der zuvor bei Thunderclap Newman am Schlagzeug gesessen hatte. Da die Band auch noch einen zweiten Gitarristen suchte, wurden mehrere Probesessions mit verschiedenen Gitarristen abgehalten, aber letztlich war der einzige, der mit der Band auftrat, Bam King, der ebenfalls wie Reg zuvor Mitglied bei The Action und deren Nachfolgeband, den fantastischen Mighty Baby, war. Da dem Album jedoch der erhoffte kommerzielle Erfolg versagt blieb, war es nur eine Frage der Zeit, wann das Ende von B.B. Blunder eingeläutet wurde. Die reformierte Besetzung trat noch bis Ende 1971 auf. Dann waren sämtliche Geldmittel erschöpft und die Band brach auseinander. Während bei den Blossom Toes die Auflösung das Ergebnis einer bewussten Entscheidung war, zerbrachen B.B. Blunder an den fehlenden finanziellen Mitteln. 

Brian Belshaw wurde nach der Auflösung der Band zeitweiliges Mitglied bei der zweiten Formation von Ronnie Lane's Slim Chance Band. Anschliessend verweigerte er sich dem professionellen Musikgeschäft und leitete den Früchte- und Gemüsegrosshandel seiner Familie. Gelegentlich wurde er zwar noch rückfällig. 1979 war jedoch endgültig Schluss. Brian Godding blieb der Musik treu. Hauptsächlich spielte er in Mike Westbrooks vielfältigen Jazz-Projekten, begleitete häufig Kevin Coyne, auf dessen Platten er auch zu hören war, sowie Eric Burdon. Wenn man der Meinung zuneigen könnte, dass die Geschichte der Blossom Toes und von B.B. Blunder nicht über die Bedeutung einer Fussnote in der Rockgeschichte hinaus ging, mochte dies einerseits richtig sein, aber andererseits hätte die Band mit ihrer faszinierend spannenden Musik ein besseres Schicksal verdient gehabt, als ihr zu jener Zeit vergönnt war. Sowohl die Blossom Toes wie auch der Nachfolger B.B. Blunder waren schlicht Garantfür hervorragende Rockmusik, die es noch immer verdient, entdeckt zu werden.




DON WILLIAMS - Country Boy (ABC Dot Records DO-2088, 1977)

Der amerikanische Countrysänger Don Williams begann bereits als Kind Gitarre zu spielen. Mit Lofton Kline und Susan Taylor gründete er 1964 die Pozo-Seco Singers, die eine Mischung aus Folk und Pop spielten. Ein Jahr später hatte die Band mit der Single "Time" einen ersten Hit. Nach einigen weiteren kleineren Erfolgen löste sich die Gruppe jedoch im Jahre 1971 auf. Don Williams kehrte daraufhin zunächst nach Texas zurück. Susan Taylor versuchte unterdessen eine Solo-Karriere, und Williams ging nach Nashville, um sie bei der Produktion ihres ersten Albums zu unterstützen. Eine zeitlang arbeitete er dort für Jack Clement, dem Produzenten von Susan Taylor, als Songwriter. 1973 spielte er bei dessen Label auch sein erstes eigenes Album mit dem schlichten Titel "Don Williams Volume I" ein. Eine kurz zuvor veröffentlichte erste Single verkaufte sich nur mässig, aber bereits seine zweite Single mit dem Titel "The Shelter Of Your Eyes" konnte sich in der Country-Hitparade platzieren. 1975 erreichte er mit einer weiteren Single "We Should Be Together" eine noch bessere Platzierung in den Chart: Position 5.

Der grossgewachsene Texaner, der von seinen Fans liebevoll auch 'The Gentle Giant' genannt wurde, hatte den Durchbruch geschafft. Mit seiner warmen, tiefen Stimme erschloss er sich eine Anhängerschaft, die weit über die Country-Szene hinausging. Nur wenige Künstler aus diesem musikalischen Genre verkauften in den 70er Jahren mehr Platten als er. Don Williams füllte die Lücke, die der frühe Tod von Jim Reeves gerissen hatte. Mit Songs wie "Amanda" (1973), "Some Broken Hearts Never Mend" (1977), "Tulsa Time" (1978) oder "I Believe In You" (1980) eroberte er weltweit die Spitzenpositionen in den Hitparaden. Besonders erfolgreich war er in England, wo er 1978 die Alben-Bestsellerlisten anführte und 1976 mit dem Song "I Recall A Gipsy Woman" einen Single-Hit hatte. In den USA war Tommy Cash mit demselben Song erfolgreich. Im Jahre 1978 gewann Don Williams den CMA Award Country Vocalist Of The Year. Im gleichen Jahr trat er zusammen mit Eric Clapton, der sich selbst als Don Williams-Fan bezeichnete, bei einem Konzert auf. Vor der Show spielte Williams dem Blues-Mann den kürzlich von Danny Flowers geschriebenen Titel "Tulsa Time" vor und Clapton war so begeistert, dass sie den Song wenig später zusammen im Studio einspielten. "Tulsa Time" erreichte die Spitzenposition der US Country Charts und wurde schliesslich zur Single des Jahres gekürt. Eric Clapton war 1980 mit seiner eigenen Interpretation des Titels ebenfalls erfolgreich. 1982 erschien das Album "Listen To The Radio" mit der gleichnamigen Single, die bei Erscheinen Platz 3 der Country Charts belegen konnte und mit den Jahren zu einer oft gespielten Radio-Hymne avancierte.

1977 veröffentlichte Don Williams ein erstes Album unter dem Titel "Visions", dem später im selben Jahr das Album "Country Boy" folgte. Auf "Visions" fand sich der bis dato grösste Hit des Countrysängers, "Some Broken Hearts Never Mend", mit welchem einige Jahre später hierzulande vor allem der singende Schauspieler Telly Savalas einen kleinen Hit verbuchen konnte. Das nachfolgende Album "Country Boy" profitierte vom Erfolg des Vorgängers und verkaufte sich ähnlich gut, obwohl es keinen vergleichbaren Hit abwerfen konnte. Trotzdem wurden aus dem Album nicht weniger als vier Singles ausgekoppelt, die allesamt in den Country Hitlisten Einzug hielten: Das Titelstück des Albums "I'm Just A Country Boy" war dabei das Erfolgreichste und auch dasjenige, welches am Radio weltweit am häufigsten gespielt wurde und noch immer gespielt wird. Dieser Single folgten in relativ kurzen Abständen "I've Got A Winner In You", "Rake And Ramblin' Man", sowie in der speziellen Veröffentlichungsreihe 'Goldies' auch eine weitere Single, die als A-Seite seinen Hit "Some Broken Hearts Never Mend" noch einmal präsentierte, gekoppelt mit der B-Seite "I'm Just A Country Boy" seiner aktuellen Platte. Das Album "Visions" wurde in England bereits am Tag seiner Veröffentlichung vergoldet. Sein "You’re My Best Friend" wurde ebenfalls in England zur besten Country-Produktion aller Zeiten erkoren. 1978 befanden sich nicht weniger als sechs Alben von Don Williams gleichzeitig in den britischen Charts.

Es folgten weitere Nr. 1 Singles wie "Tulsa Time", "It Must Be Love", "Love Me Over Again", "I Believe In You", "Lord I Hope This Day Is Good", "If Hollywood Don’t Need You", "Love On A Roll", "Stay Young" bis zu "That’s The Thing About Love" im Jahre 1984. Ebenfalls einer seiner grossen Erfolge war das zärtliche, einfühlsame Duett mit Emmylou Harris "If I Needed You", geschrieben von Townes Van Zandt. Damit nicht genug, waren seine Alben stets prall gefüllt mit weiteren brillanten Songs, die allerdings nicht alle als Singles ausgekoppelt wurden. Stellvertretend dürfte man dabei aber unbedingt das wunderschöne "Where The Arkansas River Leaves Oklahoma" erwähnen. Möglich wurden diese Erfolge vor allem auch dadurch, dass Don Williams eine feste Crew um sich aufgebaut hatte, man verstand sich blind untereinander. Neben Garth Fundis waren dies seine Songwriter Kollegen Wayland Holyfield, Bob McDill, Allen Reynolds (der auch für Waylon Jennings etliche Hits mitkomponierte), die Studiomusiker und seine eigene Band. Don Williams wusste genau, was er wollte und was er nicht wollte, er brauchte ein berufliches wie privates Umfeld, das intakt war, Menschen, auf die er sich in jeder Beziehung verlassen konnte. Williams sagte diesbezüglich: "Ich wollte für Jahre eine feste Studiocrew, Musiker, die ohne viel Anweisungen oder Erklärungen meine Ideen und Vorstellungen umsetzen können. Über viele Jahre arbeitete ich mit Joe Allen (Bass), Lloyd Green (Pedal Steel Guitar), Kenny Malone (Schlagzeug), Shane Keister und Charles Cochran (beide Keyboards), Billy Sanford (Gitarre), Dave Kirby (Gitarre), später mit Jimmy Colvard (Gitarre) sowie Buddy Spicher (Fiddle). Auch die Band, mit der ich unterwegs zu Konzerten war, blieb lange unverändert. Dazu gehörten Danny Flowers (er schrieb das populäre Stück "Tulsa Time") als Leadgitarrist, Pat McInerny (Schlagzeug), Biff Watson (Keyboards) und David Pomeroy am Bass.

Auf diese Weise war es Don Williams gelungen, seine ganze aktive Zeit über einen Sound zu entwickeln, an dem er sofort erkannt werden konnte, noch ehe er selbst zu singen begann. Ein Sound, der perfekt auf seine so angenehme Stimme abgestimmt war. Etwas, was Don Williams ganz besonders auszeichnete war, dass er es stets vermied, von negativen Dingen zu singen. Auch bei dieser künstlerischen Tätigkeit hatte er seine Prinzipien. Don Williams vermied Songs, in denen es um 'lying, cheating, drinking' ging, also um lügen, betrügen und trinken. Nicht nur, dass er solche Lieder selbst nicht schrieb, er hatte sie auch nicht aufgenommen. Dazu meinte Williams: "Ich fühle mich für das, was ich sage, verantwortlich. Ich würde Dinge dieser Art nie fördern. Selbst wenn ich sie anprangern würde, wäre das eine Art von Förderung. Das hat etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun. Ich finde es herrlich, wenn die Menschen mich mit dem identifizieren, über das ich singe. Es gibt genug andere Sänger, die diese Thematik in ihren Songs verarbeiten. Da bleiben für mich andere, angenehmere Themen übrig".

Williams Erfolgssträhne hielt auch in den 80er Jahren an. Aufgrund von verstärkten Rückenproblemen und einer folgenden Operation im Jahre 1987 zog er sich mehr und mehr auf seine in der Nähe von Nashville gelegene Ranch zurück. Seinen letzten Hiterfolg konnte er 1992 mit "Lord Have Mercy On A Country Boy" feiern. Alles in allem gesehen war Don Williams in den Popcharts in England und in Deutschland wesentlich erfolgreicher als in den USA. Obwohl erstaunliche 17 Nummer 1 Hits in den Billboard Country Charts auf sein Konto gehen, konnte sich nur der Titel "I Believe In You" aus dem Jahre 1980 auch in den US Pop Charts platzieren (Höchstposition: 24). 2004 erschien erstmals ein Konzertfilm von Don Williams. Die DVD mit dem Titel "Into Africa" zeigte ein 1997 in Simbabwe aufgezeichnetes Konzert, bei welchem Williams 16 seiner grössten Hits präsentierte. Dass der Countrysänger auch in Afrika eine breite Fangemeinschaft hatte, bestätigte die grosse Freude des Publikums über seinen ersten Besuch in ihrem Land. Am 19. Juni 2012 erschien weltweit "And So It Goes", Don Williams’ erstes Studioalbum nach acht Jahren. Nach einer Abschiedstournee 2006 stand Williams ab 2010 wieder auf der Bühne, bevor er im März 2016 nach einer Hüftoperation zunächst alle geplanten Termine verschob und dann absagte, um sich ins Privatleben zurückzuziehen. Er starb am 7. September 2017.