THE BEAU BRUMMELS - The Beau Brummels
(Warner Brothers Records BS 2842, 1975)
Nachdem die für meinen Geeschmack amerikanischste aller den Beatles angelehnten 3 Minuten Song-Bands zwischen 1965 und 1968 insgesamt 5 Langspielplatten und zahlreiche Singles, von denen einige sehr erfolgreich waren, veröffentlicht hatte, danach leider aber auseinanderfiel, war ich sehr überrascht, als es 1974 zu einer Reunion der Gruppe um den Songschreiber Ron Elliott kam. Noch überraschter war ich, als im folgenden Jahr auch eine Reunion-LP auf Warner Brothers erschien. Nicht einmal so sehr der Umstand, dass es eine der vielen, in den 60er Jahren erfolgreichen Bands, später noch einmal auf die Bühnen wagte, war das Besondere. Es war vielmehr die enorm hohe Qualität der Musik, mit der die Band nach sieben Jahren auf ihrem ersten Album seit 1968 überraschte. Eingeleitet von einem Remake eines ihrer Hits ("You Tell Me Why" von 1965), präsentierten die Jungs auf diesem aus heutiger Sicht leider viel zu kurz geratenen Album 10 absolute Songperlen, die in demselben melodieseligen Muster gestrickt waren, wie ihre in den 60er Jahren veröffentlichte Musik. Nun kam noch hinzu, dass das renommierte Produzenten-Team Lenny Waronker und Ted Templeman, das kurz zuvor das viel zu unterschätzte Album "Paradise & Lunch" von Ry Cooder hervorragend produziert hatte, diese Reunion-Platte der Beau Brummels ausgezeichnet und mit einer enorm klaren und druckvollen Einspielung in Szene gesetzt hatten. Natürlich hatten sich die qualitativen Möglichkeiten in den Tonstudios seit den 60er Jahren entscheidend weiterentwickelt, aber man konnte auch zu Mitte der 70er Jahre keine Hochglanz-Produkte veröffentlichen, wenn nicht schon die Songs an sich spitze sind. Die Technik diente damals wie heute lediglich dazu, perfekte Songs auch klanglich optimal aufzubereiten.
Die Beau Brummels wurden im Jahre 1964 in San Francisco als Antwort auf die sogenannte "Britische Invasion" gegründet. Damit war die Modewelle gemeint, die zu dieser Zeit massenhaft Beatbands aus Grossbritannien über den Atlantik in die USA schwappte. Gründungsmitglieder der Band waren der Songschreiber Ron Elliott und der Leadsänger Sal Valentino (eigentlich Salvatore Willard Spanpinato). Die erste Single der Beau Brummels erschien Ende 1964 bei der Plattenfirma Autumn Records und trug den Titel "Laugh Laugh". Produziert wurde die Single von Tom Donahue und Sylvester Stewart, der später als Sly Stone in die Musikgeschichte eingehen sollte. Der Song "Laugh Laugh" erreichte bei den Hot 100 von Billboard Platz 15 und war somit natürlich schon der perfekte Einstieg der Gruppe in den Musikmarkt. Die Rechnung, eine amerikanische Version der Beatles erfolgreich zu lancieren, schien bereits mit der erstne Singleveröffentlichung aufzugehen. Später wurde der Song in die Liste der 500 Songs, die den Rock & Roll am meisten geprägt haben, der "Rock & Roll Hall Of Fame" aufgenommen. Nach dieser Aufnahme musste der Gitarrist Declan Mulligan wegen arbeitsrechtlicher Schwierigkeiten die Gruppe verlassen und die Formation machte als Quartett weiter. Nach fünf Singles bei Autumn Records, mit denen es die Beau Brummels jeweils in die Hot 100 schafften, wechselte die Band 1966 zur Plattenfirma Warner Brothers, wo bis 1969 weitere sieben Singles produziert wurden. Von diesen Singles war der Titel "One Too Many Mornings" in den Charts am erfolgreichsten.
1966 zerfiel die Gruppe zum ersten Mal. In der Besetzung Elliott, Valentino und Meagher versuchten The Beau Brummels mit den beiden komplexeren, sich vom Beat-Format hörbar lösenden Alben "Triangle" (1967) und "Bradley's Barn" (1968) ein Comeback. Obwohl beide Platten sowohl bei den Kritikern, wie den Kennern der Szene gut aufgenommen wurden und auch heute noch als Referenzplatten gelten, blieben die Verkaufszahlen im Keller und die Band trennte sich erneut. Erst 1975 kamen die Beau Brummels, diesmal in Originalbesetzung noch einmal für das schlicht "The Beau Brummels" betitelte Reunion-Album zusammen. Aber das Dilemma wiederholte sich ein weiteres und diesmal leider letztes Mal: trotz wohlwollender Kritiken blieb der Erfolg aus. Die ganze aufwändige und perfekte Produktion, die wundervollen Songs und die hervorragende instrumentale Qualität nützte letztlich nichts. Das Album ging unter. Schuld daran könnte höchstens der Musikmarkt an sich gewesen sein. 1975 war nicht mehr viel Raum vorhanden für eine Band, die zwar noch vielen bekannt war aus den 60er Jahren. Aber inzwischen war in den USA eher die Disco-Welle erfolgreich, und bald darauf sollte der Punk noch die letzten, am Folkrock orientierten Beat- und Pop-Bands hinweg fegen.
Mit dem Reunion-Album "The Beau Brummels" bewies die Gruppe allerdings noch einmal eindrücklich ihre hohe Qualität. Ausser dem noch einmal eingespielten "You Tell Me Why" präsentierte Songschreiber Ron Elliott neun neue Songs, die zwar noch immer den Geist der seligen 60er Jahre in sich trugen, jedoch auch an damals aktuellen, besonders dem US-amerikanischen Folkrock entlehnten Elementen orientiert waren. Typischstes Merkmal auch dieser neuen Songs war, dass sie allesamt mitsingbar waren, sehr bemerkenswert eingängige Melodien präsentierten und hervorragend arrangiert waren. Ganz bestimmt hatten die ausführenden Produzenten Lenny Waronker und Ted Templeman entscheidenden Einfluass auf den finalen "Sound" der neuen Beau Brummels genommen, denn die Platte trug die typische Handschrift der beiden Klang-Perfektionisten, die es ausgezeichnet verstanden, Ron Elliott's an sich eher simplen Melodien eine gewisse Erhabenheit, einen hörbaren Glanz zu verleihen, indem sie die Songs einerseits sehr transparent arrangiert (weniger ist mehr!) und andererseits instrumental schon fast audiophil abgemischt hatten.
Highlights sind nebst dem bereits erwähnten herrlich flockigen und mitsingbaren "You Tell Me Why" auf die Songs "Wolf" mit einem vorwärts treibenden Westcoast-Rhythmus mit tollem Chor-Arrangement, das sehr leise, trist-traurige "Down On The Bottom", dem durch die hervorragende Gitarre des Gastmusikers Ronnie Montrose ein ganz spezieller Glanz verleiht wird, das countryeske "First In Line" und vor allem auch das recht melancholische "Goldrush". Der "Singing Cowboy" war kein Country-Song, sondern wiederum ein sehr schöner flockiger und folkrockiger Westcoast-Song mit viel Sonne und dem Feeling von Cabriofahren an der kalifornischen Küste, der schon fast das typische lockere Steely Dan Flair erreichte. Insgesamt auf jeden Fall ein absolut tolles Werk, das es verdient gehabt hätte, mehr Käufer zu finden. Allerdings darf man sagen, dass die Platte später doch noch von vielen Fans nachträglich entdeckt wurde, als es die Band allerdings schon längst nicht mehr gab. Die gab nämlich endgültig auf, nachdem sich auch dieses Reunion-Album nur schlecht verkaufte.
Ron Elliott verdingte sich später als Musiker bei Van Morrison, Randy Newman oder den Everly Brothers, bevor ihn eine Diabetes-Erkrankung zwang, seine musikalische Karriere weitestgehend zu beenden. Sal Valentino sang einige Jahre bei der Gruppe Stoneground, später in lokalen Bands und veröffentlichte erst im Jahre 2006 ein Solo-Album ("Come Out Tonight"), das ebenfalls nur wenige Käufer fand.
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