LINDISFARNE - Back And Fourth (Mercury Records 9109 609, 1978)
Im Dezember 1976 trafen sich die Originalmitglieder der Gruppe jedoch zu einem Reunion-Anlass, bestehend aus zwei Konzerten in der Newcastle City Hall, welchem aufgrund des grossen Erfolges in den darauffolgenden Monaten fünf weitere folgten. Die Musiker beschlossen, wieder zusammen zu musizieren und begaben sich auf die Suche nach einer neuen Plattenfirma, bei der sie unter Vertrag kommen könnten. Dazu nahmen sie neue Songs auf und ihr neuer Manager Barry McKay bemühte sich um entsprechende Kontakte. Vier Songs, welche die Band Anfang 1978 im renommierten Surrey Sound Tonstudio einspielte, dienten der Gruppe als Demo, mit welchem ihr Manager bei einigen Plattenfirmen anklopfte. Der weltberühmte Produzent Gus Dudgeon, einer der Besten der Welt, der schon etliche Alben-Klassiker unter anderem von den Rolling Stones, John Mayall's Bluesbreakers, den Zombies und David Bowie produziert hatte und als langjähriger Produzent von Elton John arbeitete, hörte diese vier Titel und war hell begeistert, sodass er sich sofort dazu entschloss, ein Album mit Lindisfarne zu produzieren, das dank seiner hervorragenden Kontakte im Musikbusiness bald ein Label fand, das die Finanzierung und die Produktion sicherte (Phonogram Records). Von den ursprünglichen vier Titeln des Demotapes wurden schliesslich zwei, nämlich "Juke Box Gypsy" und "Woman" neu eingespielt und auf das Album "Back And Fourth" gepackt. Die beiden anderen Demosongs konnte man später auf der Band-Kompilation "Buried Treasures" (1992) erstmalig hören.
Die Gruppe nahm nun weitere Songs auf, darunter "See How They Run" aus der Feder des zur Band zurückgekehrten Original-Mitglieds Si Cowe, "Stick Together", ebenfalls von Si Cowe und das von Ray Jackson und Charlie Harcourt komponierte "When It Gets The Hardest", welche beide später als B-Seiten von Singles veröffentlicht wurde, nicht jedoch einen Platz auf dem Album fanden. Dazu kam noch der von Alan Hull geschriebene Titel "Marshall Riley's Army", der es auf das Album schaffte. Diesen Song schrieb Alan Hull in Anlehnung und als Hommage zum sogenannten "Jarrow"-Marsch, einem Protest Marsch im Jahre 1936 gegen die damalige Arbeitslosigkeit und die extreme Armut, unter denen die Bevölkerung im damaligen Nordwesten Englands leiden musste. Der Songtext gehört zu den eindrücklichsten und schönsten, die Alan Hull geschrieben hat.
Der Produzent Gus Dudgeon war ein Perfektionist in allen Belangen. So geriten auch die Plattenaufnahmen zum bevorstehenden Album "Back And Fourth" für die Gruppenmitglieder immer wieder zu wahren Geduldsproben. Der Schlagzeuger Ray Laidlaw erinnert sich: He took two days just trying to get a snare sound. He had me up the wall!". Diese penible und langwierige Arbeitsweise führte dazu, dass sich die einzelnen, gerade nicht gebrauchten Musiker, die Zeit irgendwie totschlagen mussten. Als die Band eines Tages im Studio mit Arrangements beschäftigt war, setzte sich Alan Hull an sein Piano und spielte ein belangloses Thema vor sich hin, das er schon seit einiger Zeit öfters mal anspielte, aus dem aber bislang kein fertiger Song entstanden war. Gus Dudgeon wurde hellhörig und setzte sofort alles daran, diesen ihn begeisternden Song auszukomponieren und gleich aufzunehmen. Er hörte aus dem Grundthema bereits einen Hit heraus. Unglaublich! So entstand das Stück "Run For Home", das sich in der Folge zu einer der erfolgreichsten Singles von Lindisfarne entpuppen würde. Ray Laidlaw meinte später, Gus Dudgeon hätte diesen Titel für den perfekten Song gehalten, ihn als Single zu veröffentlichen und mit ihm gleichzeitig das Album zu pushen. Diese Rechnung ging in der Folge auch voll auf. "Run For Home" ist bis heute eines der bekanntesten Lieder von Lindisfarne geblieben und die Band schaffte mit dem Song den Sprung zurück in die britischen Hitlisten.
Auch das Album verkaufte sich recht gut, läutete vor allem auch ein Comeback für die Band ein, das - mit wenigen Unterbrüchen - bis heute anhält. So gesehen sind Lindisfarne damals, 1978, näher zusammengewachsen als zuvor, wo sie nur während knapp fünf Jahren existierten. Auch die beginnenden und alles auf den Kopf stellenden Punk-Jahre in England konnten der Band kaum etwas anhaben. Sie blieb relativ erfolgreich und konnte über all die vielen Jahre stets ein treues Publikum hinter sich scharen, das ihre Platten kaufte und ihre Konzerte besuchte. Zwischen 2004 und 2013 existierte die Gruppe nicht mehr, nachdem sie zuletzt noch als akustisches Trio in Erscheinung trat. Doch 2013 reformierten Ray Jackson und Charlie Harcourt die Gruppe erneut und so kann man Lindisfarne bis heute an Konzerten besuchen. Von den Nachfolge-Alben der "Back And Fourth" sind vor allem mit ihren Werken "The News", "Sleepless Nights", "Dance Your Life Away" und "Amigos" sämtliche in den 80er Jahren erschienenen Alben empfehlenswert. Das Werk "Elvis Lives On The Moon" von 1993 blieb relativ wenig bekannt, war aber ebenfalls ein hervorragendes und sehr schön gespieltes Album.
Ausserdem sehr empfehlenswert ist das Live-Doppelalbum "Magic In The Air", das im Dezember 1978 anschliessend an das Studioalbum "Back And Fourth" veröffentlicht wurde und das Lindisfarne in einer Konzertaufnahme in der Newcastle City Hall am Weihnachtsabend 1977 präsentierte. Bei diesem Auftritt präsentierte die Gruppe einen bunten Blumenstrauss ihres musikalischen Schaffens in den Jahren zuvor. Dieses Live-Dokument bildet eine perfekte Ergänzung zum Studiowerk "Back And Fourth" vom Jahr darauf.
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