PERRO - The Planet Earth Rock And Roll Orchestra
(Respect Recordings 60230 861661, 2014 / Originalaufnahmen von 1971)
Es hätte eine neue Supergroup entstehen können, damals 1971, als sich einige der brilliantesten Musiker der amerikanischen Westküste im Wally Heider Tonstudio in San Francisco zu gemeinsamen Sessions-Aufnahmen trafen. Mit von der Partie waren Jerry Garcia, Phil Lesh, Mickey Hart und Bill Kreutzmann von GRATEFUL DEAD, Paul Kantner, Grace Slick, Jorma Kaukonen, Jack Casady und David Freiberg von JEFFERSON AIRPLANE, sowie David Crosby und Graham Nash von Crosby, Stills, Nash & Young.
Nach über 40 Jahren sind diese Aufnahmen nun endlich ausgegraben worden, sauber klanglich neu aufbereitet und als Doppel-CD erschienen. Das Grundmotto der Aufnahmen lautete so in etwa "let's sit around and jam on something and see if it's any good". Was dabei herauskam, war schon wesentlich besser als was man hätte erwarten können, doch leider fand sich kein Plattenlabel, das diese Aufnahmen fertig bearbeiten und veröffentlichen wollte, was sicherlich auch daran lag, dass es eine Band im eigentlichen Sinne nicht gab, weil sämtliche involvierten Akteure anderweitige Verpflichtungen hatten und das Ganze wohl eher als Spass verstanden. Für einen Fan indes ist so eine Platte natürlich von unschätzbarem Wert, zeigt sie doch auch, was für kreative Möglichkeiten sich ihren Lieblingen boten, wenn sie mal einfach loslassen durften und ihren Säften freien Lauf lassen konnten.
Und so klingen diese Songs, von denen einige in mehreren verschiedenen Varianten zu hören sind, oftmals frei von jedwelchen musikalischen Fesseln, zum Teil frei improvisiert, dann auch wieder klar strukturiert und aufgebaut (so etwa der wunderschöne "The Mountain Song") und es ist erstaunlich kreativ, was die beteiligten Musiker sich hier zusammen erarbeitet haben.
Die ersten paar Songs auf CD 1 beispielsweise reflektieren auf angenehme Weise den Stil der Band Crosby, Stills, Nash & Young, wenn sich David Crosby sehr frei und losgelöst, dabei ausnehmend sanft durch Songs wie "Is It Really Monday" oder "Under Anesthesia" singt. Bei einer weiteren von Crosby gesungenen Nummer gesellt sich dann Jerry Garcia dazu, und drückt dem herrlich hippiesken "Loser" seinen Stempel auf. Die Violine, gespielt von Papa John Creach, jenem Strassenmusiker, der von Jefferson Airplane Musikern entdeckt und gefördert, ja gar in ihre eigene Band integriert wurde, gibt weitere sehr schöne Nuancen in den Song. Der Titel erinnert auf angenehme Weise an Sachen von Grateful Dead, etwa an das Stück "Deal". "Over Jordan" dann ebenfalls ein Stück als Kollaboration zwischen Garcia und Crosby. Der schönste Song der Session ist für mich "The Mountain Song", der hier in mehreren "Arbeits"-Versionen zu hören ist. Jeweils mit Jefferson Airplane Sängerin Grace Slick am Klavier, Paul Kantner am Banjo (das er hervorragend spielen kann*), David Crosby, Jack Casady, Mickey Hart und wiederum Jerry Garcia sind sämtliche einzelnen Teile des Stücks hörenswert, weil sie sich zum Teil grundsätzlich voneinander unterscheiden, da einmal gesangsbezogen, dann wiederum rein instrumental ausgerichtet.
Die zweite CD beginnt mit einer grandiosen Jam Session mit dem Titel "Wild Turkey" mit einem tollen Zusammenspiel von Gitarrist Jorma Kaukonen und Bassist Jack Casady als treibende Instrumentalisten. Dieser Song fand später eine endgültige Fassung in einer weiteren Studioaufnahme und wurde auf dem Album "Bark" von Jefferson Airplane veröffentlicht. Eine weitere improvisierte Jam Session mit dem Titel "Jerry & Jorma Jam 1" wiederum zeigen Jerry Garcia und Jorma Kaukonen mit gefühlvollen Gitarren-Interaktionen. Das weitere Programm besteht aus angehängten weiteren Jam Sessions, die allesamt ziemlichen Grateful Dead Charakter haben und den Hippie-Zeitgeist auf schöne Weise einfangen, nur einmal unterbrochen durch einen weiteren Song-orientieten Titel von Graham Nash und David Crosby ("Wall Song"), der später von den beiden auch für ein gemeinsames Album berücksichtigt wurde.
Alles in allem ein ganz tolles musikalisches Projekt, das endlich auch offiziell erschienen ist und Gelegenheit bietet, einigen hochkarätigen Musikern aus der Hippie-Aera bei der Arbeit zuzuhören. Einer Arbeit, die wohl mehr Spass als Ernst gewesen ist, was sich in der Relaxtheit der Aufnahmen manifestiert und diese Relaxtheit kann man als Hörer in jedem Jam und jedem Song spüren und heraushören.
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