TRIUMVIRAT - Illusions On A Double Dimple (Harvest Records 1C 062-29 491, 1974)
Die deutsche Rockband Triumvirat, beheimatet in Köln, galt in den frühen 70er Jahren als deutsches Pendant zur britischen Art Rock Szene, entwickelte aber relativ bald schon einen sehr eigenständigen und unverwechselbaren Stil. Ab 1976 konnte die von Beginn an in den USA gefeierte Band auch in ihrer Heimat sehenswerte Verkaufszahlen vorweisen. Triumvirat's kreativer und musikalischer Kopf war Hans-Jürgen Fritz, ein klassisch ausgebildeter Pianist, der die Band schon im Alter von gerade mal 16 Jahren gründete und sie mehr als zehn Jahre als wichtigster Ideengeber leitete. Sieben Studiowerke veröffentlichten Triumvirat in der Zeit zwischen 1972 und 1980, die wichtigsten von ihnen avancierten vor allem in Uebersee zu absoluten Topsellern, begleitet von gut besuchten Tourneen und regelmässigen Charts-Notierungen. Ursprünglich waren Triumvirat als reine Instrumentalband gestartet. Inspiriert durch die Musik von The Nice (Keith Emerson), entschied sich Fritz gemeinsam mit dem Bassisten Dick Frangenberg und dem Schlagzeuger Hans Bathelt eine eigene Gruppe zu gründen. Anfänglich beschränkte sich das Live-Repertoire von Triumvirat auf das Adaptieren von Fremdkompositionen, welche die Band bei Konzerten in und um Köln einem zunehmend grösser werdenden Publikum vorstellten.
Mit der Zielsetzung, einen Plattenvertrag zu erhalten, änderte sich ab Winter 1971 nicht nur die konzeptionelle Ausrichtung, sondern auch die Besetzung. Für Dick Frangenberg kam Hans Pape. zudem probten Triumvirat bis zu fünfmal pro Woche und feilten fortan ausschliesslich an eigenen Songs. Es wurden einige Demoaufnahmen im eigenen Probelokal aufgenommen, mit denen die drei Musiker das Interesse von Hartmut Priess (De Bläck Fööss) wecken konnten. Priess vermittelte der Band einen Termin beim Arrangeur und Komponisten Reinhard Pietsch, der seinerzeit als Produzent bei der Plattenfirma EMI Electrola in Köln arbeitete. Die Verantwortlichen von EMI hatten soeben als Gegenstück zu Metronome's Brain Label und auch als Pendant zu Bellaphon's Bacillus Label das auf deutsche Formationen ausgerichtete Harest-Label ins Leben gerufen, und waren auf der Suche nach einheimischen talentierten Bands und Musikern. Triumvirat überzeugte die Verantwortlichen von EMI Electrola sofort. Kaum durften sie dort ihre Probeaufnahmen spielen, kam es auch schon gleichentags zur Vertragsunterzeichnung mit Harvest Records. Innerhalb von nur drei Tagen wurde im Januar 1972 in den Kölner Electrola Studios das Debutalbum "Mediterranean Tales" eingespielt, welches drei Monate später veröffentlicht wurde. Mit der darauf enthaltenen, eine ganze Albumseiten füllenden Suite "Across The Waters", in welcher unter anderem ausgedehnte Mozart-Zitate zu hören waren, konnten Triumvirat ihren Anspruch, an The Nice erinnernde, an der Klassik orientierte Rockmusik zu spielen, erfüllen.
Nach einigen wenigen Konzerten und einem gefeierten Gastspiel beim Krefelder Deutsch Rock Festival gingen Triumvirat erneut ins Tonstudio, um ihr zweites Album "Illusions On A Double Dimple" einzuspielen. Für den in der Zwischenzeit wieder aus der Band ausgestiegenen Bassisten Hans Pape verpflichtete die Gruppe den Multi-Instrumentalisten Helmut Köllen. Gemeinsam mit einem Streicher-Ensemble des Kölner Opernhaus Orchesters, der Bläserabteilung der Kurt Edelhagen Band und einem Background Chor arbeiteten Triumvirat von Juni bis Oktober 1973, und damit deutlich länger als geplant, am neuen Songmaterial. Im März 1974 kam das Album dann in die Läden, gefolgt von einer Tournee, welche die Gruppe zusammen mit der Band Birth Control absolvierte. Nachdem Triumvirat nach dieser Tournee zurück nach hause kamen, nahm plötzlich auch die internationale Karriere ihren Lauf. Der Leiter der Exportabteilung von EMI Records hatte das Album seinem A&R-Kollegen Chan Daniels bei der amerikanischen Plattenfirma Capitol Records angeboten, der angesichts der musikalischen Darbietungen auf "Illusions On A Double Dimple" sofort Feuer und Flamme war. Da die Verantwortlichen von Capitol Records das Album für eine der besten Aufnahmen des Jahres hielten, sich aber insgesamt trotzdem nicht sicher waren, ob dies eine breite Veröffentlichung auf einem US Mayor Label rechtfertigen würde, liessen sie einige Kopien der LP an Radiostationen im ganzen Land zukommen, um deren Reaktionen zu testen. Die Reaktionen waren überwältigend. Ueberall riefen die Zuhörer an und fragten nach einer Bezugsmöglichkeit für diese tolle Musik.
Das Ergebnis waren schliesslich mehr als 180000 verkaufter Exemplare des Albums und auch die versammelte Musikpresse war sich ziemlich einig, dass Triumvirat zu den handwerklich versiertesten und kreativsten deutschen Formationen zählten. Ihre abwechslungsreiche, dynamische musikalische Konzeption baute auf der europäischen Musiktradition auf und liess sich am ehesten mit der von Genesis und stilverwandten Gruppen vergleichen. "Illusions On A Double Dimple" wurde gefeiert wie ein geschlossenes Musik-Konzept, das sich mehr oder weniger wie Emerson, Lake & Palmer's Werk "Tarkus" anhörte, mit weniger technischem Feuerwerk und etwas mehr klassischer Konstruktion und Ausstattung. Im September 1974 starteten Triumvirat auf eine grossangelegte und überaus erfolgreiche USA-Tournee, bei der die Gruppe insgesamt 43 Konzerte gemeinsam mit der Band Fleetwood Mac absolvierte. Das Album platzierte sich ausserdem unter den Top 40 der amerikanischen Billboard Charts, so hoch wie noch keine deutsche Band vor ihnen.
Mit dem zweiten Triumvirat-Album war zum ersten Mal der Bassist und Sänger Helmut Köllen mit von der Partie. Zusammen mit im Vergleich zum Debütalbum variantenreicheren Synthesizer-Einsätzen trugen seine geschmeidig-emotionalen Gesangslinien zu einem ausgewogeneren Klangbild bei, das bereits im die Platte eröffnenden Longtrack "Illusions On A Double Dimple" seinen Höhepunkt erfuhr. Jürgen Fritz verstand es hier - in den Fusstapfen von Keith Emerson wandelnd - dem Moog eine fanfarenartige Dynamik zu entfalten und in behutsamer Manier zusammen mit einer präzise und punktgenau agierenden Rhythmusgruppe für wohl dosierte Bombastschübe zu sorgen. Auch wenn die Musiker von Triumvirat das Rad des von Keyboardsounds dominierten Progressive Rocks nicht neu erfanden, geriet das ganze Klangbild doch sehr viel hymnischer und symphonischer als bei dem grossen britischen Vorbild, wobei der sporadisch auftauchende weibliche, recht lautmalerische Chorgesang im Hintergrund ein Beigewürz war, das nicht einmal nötig gewesen wäre. Die als positiv empfundene symphonische Melodieseligkeit wirkte über die gesamten rund 23 Minuten der ersten Plattenseite schön ausgejammt und mit wohlig-warmen Sounds versehen. Das erweckte den Anschein, als ob die Band ihren Keyboardprunk ein wenig auflockern wollte.
Im zweiten Longtrack "Mister Ten Percent" wurden noch mehr griffige Melodien und mainstreamartige Bläsereinsätze integriert. Bisweilen hatte das den Anschein einer pompös groovenden Rockoper, wozu einige dezente Streichereinsätze auch sehr gut passten. Die jeweils manchmal gesungenen, manchmal intrumental gehaltenen einzelnen Teile der Suite wirkten zusammenhängend und schlüssig, ohne irgendwo den durchgehenden Faden zu verlieren. Aehnlich gut verbaut klangen auch die verschiedenen einzelnen Teile beispielsweise auf Nektar's Werk "Remember The Future". "Illusions On A Double Dimple" geriet zu einem überaus ansprechenden, von Keyboardsounds dominierten Progressive Rockwerk. Es verwundert vielleichth, warum Triumvirat in ihren beiden Epen doch phasenweise auf airplayartige Mainstreamsequenzen setzten. Insgesamt kann man "Illusions On A Double Dimple" als ein progressives Meisterwerk deutscher Musikbands bezeichnen, auch wenn die Gruppe bereits ein Jahr später mit dem Konzeptalbum "Spartacus", dem 1976 erschienenen "Old Loves Die Hard" und dem erneuten Konzeptwerk "Pompeii" von 1977 dieselbe Klasse angediehen liessen und insgesamt betrachtet auf jeden Fall zu den qualitativ bedeutendsten deutschen Rockbands der 70er Jahre gezählt werden können.
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