Jul 22, 2021


STAMPEDERS - Hit The Road (MWC Quality Records MWCS-709, 1976)

Irgendwann im Sommer 1964 meldete sich der Schlagzeuger Kim Berly (geboren als Kim Meyer) auf eine Anzeige in einer Tageszeitung aus Calgary, um in eine Band einzugsteigen, die sich The Rebounds nannte und aus dem Leadgitarristen Rich Dodson, dem Bassisten Brendan Lyttle und dem Rhythmusgitarristen Len Roemer bestand. Berly brachte auch gleich seinen Bruder Al mit, der sich als Leadsänger vorstellte. Im Januar 1965 änderte die Band ihren Namen in Stampeders um, nachdem sie einen Vertrag unterzeichnen konnte mit Mel Shaw, der von nun an ihr Management besorgen wollte. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt stieg der Rhythmusgitarrist Len Roemer bereits wieder aus der Band aus, er wurde ersetzt durch Cornelius Van Sprang, der sich auf der Bühne allerdings Ronnie King nannte. Cornelius brachte auch seinen Bruder Emile mit, der sich den Künstlernamen Van Louis zugelegt hatte. Deren bis dato eigene Band The Echo Tones hatte sich kurz zuvor in Wohlgefallen aufgelöst. Die schliesslich sechsköpfige Gruppe trug bunt gemischte Denim-Outfits und Cowboyhüte mit der Idee, als Cowboys für Rock'n'Roll zu werben. Während ihres ersten Jahres als gefestigte Band in Calgary brachten es die Stampeders zunächst auf eine Single-Veröffentlichung auf dem Sotan-Label mit dem Titel "House Of Shake" mit der B-Seite "Do Not Look At Her". 

In der Hoffnung auf ein breiteres Airplay und eine grössere Anhängerschaft entschieden sich die Stampeders, 1966 nach Toronto zu ziehen. Auf eine Einladung des Bigland-Buchungsagenten Ron Scribner machten sie sich zusammen mit Mel Shaw und seiner Familie und mit 800 Dollar in der Tasche, in einem heruntergefahrenen 1962er Cadillac mitsamt Anhänger für das Bühnen-Equipment in Richtung Osten zu den 'big lights' von Toronto auf. Obwohl die meisten Bandmitglieder zu diesem Zeitpunkt noch unter dem gesetzlichen Mindestalter für Alkoholkonsum waren, gelang es ihnen immer wieder erfolgreich, sich durch betteln und borgen durch halb Kanada zu arbeiten, und in Bars und verschiedenen Clubs für Essen und Uebernachtung zu spielen. Nach ihrer Ankunft in Toronto wurde die westkanadische Band mit ihrem ungewöhnlichen Outfit mit Cowboystiefeln und -hüten zu einer waschechten Kuriosität in den folkloristischen Hippie-Clubs des Yorkville-Viertels. Obwohl das erste Jahr, das die Stampeders in Toronto verlebten, finanziell sehr dürftig war, konnte sich die Band bald einen guten Namen als hervorragende und unterhaltsame Live-Band erarbeiten.

Den Stampeders gelang schliesslich Ende 1968 der Durchbruch mit einer Single, die sie während eines Sightseeing-Trips nach New York aufgenommen hatten. Veröffentlicht auf Manager Mel Shaws' Music World Creations Independent Label und vertrieben von Caravan Music, wurde "Morning Magic" mit der B-Seite "All The Time" zwar nicht wirklich ein grosser Verkaufserfolg, aber die Musikkritiker zeigten sich begeistert und bewiesen ihre Anerkennung mit einem BMI (Broadcast Music Incorporated) Award für die 'beste neue Pop-Band'. Die erste Single, die dann bei einem grossen Plattenlabel erschien, war "Be A Woman" mit der Rückseite "I Do Not Believe". Sie kam 1968 auf dem MGM-Label nicht nur in Kanada, sondern auch in den USA auf den Markt. Obwohl die Platte mit einer Studio Rhythmusgruppe aufgenommen wurde und nur die Stimmen der Bandmitglieder enthielt, geriet die Single zu einem Achtungserfolg, sollte jedoch gleichzeitig auch die letzte Veröffentlichung als sechsköpfige Gruppe sein. Ende 1968 verliessen die drei ältesten Bandmitglieder Lyttle, Louis und Race Berly die Band und es blieb nurmehr ein Trio übrig: Rich Dodson, Kim Berly und Ronnie King. Die drei Musiker sollten zwar immer noch Cowboystiefel tragen, aber die farbigen T-Kay-Denim-Outfits und die Cowboyhüte wurden in den Schrank gelegt. Während dieser Zeit von, 1968 bis 1970, tourte das Trio durch Ontario und Quebec und entwickelte eine ganz eigene Bühnenshow. 

Die einzige Veröffentlichung der Stampeders im Jahre 1969 in der Trio-Besetzung war "Cross-Walk" mit der B-Seite "I Don't Know Where I Am". Die Single erschien beim Label Melbourne, das von London Records, dem amerikanischen Decca-Pendant, vertrieben wurde. Schon bald interessierte sich die kanadaweit operierende Plattenfirma Quality Records für die Band. Doch erst im Frühjahr 1970 arbeiteten The Stampeders schliesslich in einem Tonstudio an ihrem ersten Album. "Carry Me", die erste Single aus dieser Session, erreichte schnell die Spitze der kanadischen Charts und brachte der Band ihre erste goldene Schallplatte ein. Die Single wurde auf Polydor Records auch in den USA veröffentlicht und erhielt reichlich Airplay, schaffte es jedoch nicht, die Charts zu entern. Der kanadische Erfolg ermöglichte es der Band jedoch, das Album mit Terry Brown als auführendem Produzenten anzuschliessen, einem der damals angesagten und begehrten kanadischen Musikproduzenten. Die entstandene erste LP "Against the Grain" wurde zeitgleich mit der nächsten Single "Sweet City Woman" veröffentlicht. Im Sommer 1971 wurde die Single "Sweet City Woman" auf allen Radiostationen in ganz Kanada gespielt, wurde dort zum Sommer-Hit und landete schliesslich auf Platz 1 der kanadischen Charts, was die Aufmerksamkeit des amerikanischen Labels Bell Records auf sich zog. Die Band wurde sofort unter Vertrag genommen und Bell veröffentlichte die Single in den USA. "Sweet City Woman" erklomm die Billboard-Charts und erreichte am 11. September 1971 Platz 8. Bell Records nannte das Album "Sweet City Woman" für die USA Markt, um den Erfolg der Single zu nutzen, gab dem Album auch ein leicht verändertes Plattencover.



Als nächstes erhielten die Stampeders ganze vier Juno Awards in den Kategorien "Beste Vocal Instrumental Group", "Bester Produzent", "Beste Single" und "Bester Komponist". Im Jahre 1972, auf Wunsch ihres britischen Labels EMI Records, tourten The Stampeders durch das Vereinigte Königreich und Europa. Bei ihrer Ankunft entdeckten sie, dass ihr amerikanischer Hit "Sweet City Woman" bereits von der hierzulande sehr populären Dave Clark Five gecovert worden war. Zu den Terminen gehörten der Marquee Club in London, das Hard-Rock Theatre in Manchester und Auftritte beim BBC Radio und in der TV-Sendung 'Top of the Pops'. In Holland erhielten The Stampeders zusammen mit Ry Cooder und Beach Boy Carl Wilson, den prestigeträchtigen Edison Award in der Kategorie 'Most Promising Group". Während dieses Besuchs genossen die Stampeders das Privileg, mit den Eagles im Amsterdamer Hotel Weichman zu übernachten. 1972 führte die Stampeders auch nach Los Angeles, um im legendären Whiskey A Go-Go aufzutreten und ihre Auftritte bei 'Don Kirshner's Rock Concert' und 'The Dating Game' aufzunehmen. Während seiner Zeit im Troubadour in Hollywood traf Ronnie King auf Keith Moon, den Schlagzeuger von The Who. Moon lud die Band am nächsten Abend zu seiner Geburtstagsparty ins Wiltshire Hotel in Beverly Hills ein, wo The Stampeders mit Hollywood's Rockelite, darunter Keith Moon, zusammen jammen konnten.

Die Stampeders unterzeichneten 1971 bei der amerikanischen Bookingagentur Premier Talent einen Management-Vertrag, was zu mehreren amerikanischen Tourneen zusammen mit Black Oak Arkansas, Santana, Joe Cocker, Steve Miller, der James Gang, Robin Trower, Steely Dan und Sonny & Cher ebenso führte wie zu gemeinsamen Auftritten mit den Beach Boys, ZZ Top, den Eagles, Earth Wind And Fire, Mountain, America, Tower Of Power, Blood Sweat & Tears und Genesis. Wo immer die Stampeders auch auftraten, und ganz egal, wie gemischt das Publikum war: Die Stampeders konnten immer begeistern, was ihre Popularität kontinuierlich steigerte, insbesondere in den USA. Sie spielten schliesslich überall von New York bis Hawaii, einschliesslich Disneyland und auf der begehrten 'Southern College Row' in den Südstaaten. Grosses Airplay und ausgedehnte Tourneen, gepaart mit vielen Gastauftritten in den populären kanadischen TV-Shows dieser Zeit (Anne Murray, Miss Teen Canada, Kenny Rogers' 'Rollin 'On The River' und The Ian Tyson Show), führten schliesslich zu einem eigenen CBC TV-Special mit dem Titel 'A Short Visit On Planet Earth'. 1972 erschien ihr zweites Album mit dem Titel "Carryin 'On" mit der Single "Devil You". Obwohl es die letzte in den USA auf Bell Records veröffentlichte Platte war, wurde das Album in Europa auf Regal Zonophone veröffentlicht. Es präsentierte mit dem Titel "Wild Eyes" auch erstmals einen recht harten Rocksong. Der inzwischen prall gefüllte Terminkalender der Stampeders brachte sie in diesem Jahr auch nach Rio de Janeiro und Sao Paulo, Brasilien. Sie wurden ausgewählt, das Land Kanada vor einem Live-Publikum von 30000 Fans und einem Fernsehpublikum von geschätzten 90 Millionen Menschen beim 'Rio de Janeiro Song Festival' zu vertreten.

1973 gab es sogenannte 'Cross-Canada' Touren, gepaart mit der Veröffentlichung ihrer Alben "Rubes, Dudes And Rowdies" und "From The Fire". In Kanada erreichten die Singles "Oh My Lady" und "Minstrel Gypsy" Goldstatus, während die Nachfolgesingles "Running Wild" und "Johnny Lightning" ebenfalls ein grosses Airplay verbuchen konnten und weitere Nominierungen für JUNO Awards erhielten. Die Veröffentlichung des fünften, wiederum mit Goldstatus versehenen Albums "New Day" brachte den nächsten grossen Radiohit "Ramona" hervor. Ihr Live-Album "Backstage Pass" wurde am Ontario Place in Toronto vor einer ausverkauften Menge von 17000 Fans aufgenommen. Bald darauf folgte das Werk "Steamin", das eine Cover-Version von "New Orleans" und "Hit The Road Jack" enthielt, mit einem besonderen Auftritt des legendären Diskjockeys Wolfman Jack. Die Stampeders trafen Wolfman Jack persönlich und wurden in der Folge gute Freunde, während sie 1975 ein Fernseh-Special für NBC am 'Saratoga Springs Song Festival' aufnahmen. Am 4. April 1976 enterte die Single "Hit the Road Jack" die Top 40 in den USA und erreichte Platz 1 in Kanada. Der Erfolg der Single führte zur Veröffentlichung von The Stampeders letztem Gold-Album "Hit The Road" und einer weiteren Nominierung für den JUNO Award. Trotz anhaltendem Erfolg verliess Rich Dodson 1977 die Band, um ein eigenes 24 Spur-Aufnahmestudio zu eröffnen und das eigene Independent Plattenlabel Marigold Records zu gründen. Die letzten drei Singles mit Dodson, alle vom Album "Hit The Road" ausgekoppelt - "Playing In The Band", "Sweet Love Bandit" und "San Diego" wurden noch 1976 veröffentlicht und waren allesamt in Kanada veritable Hits, die jedoch den Mega-Erfolg der Single "Hit The Road Jack" nicht annähernd erreichen konnten. 

Mit der Veröffentlichung von "Platinum" im Jahre 1977 umfasste das Line-Up der Band nach Rich Dodson's Abgang die ursprünglichen Mitglieder Ronnie King und Kim Berly sowie die neu rekrutierten zusätzlichen Musiker Gibby Lacasse (Schlagzeug und Perkussion), Ian Kojima (Tenor- und Baritonsaxophon, sowie Flöte), David Norris-Elye (Tenor- und Sopransaxophon), Doug Macaskill (Gitarre) und Gary Scrutton (Gitarre und Gesang). Nach "Platinum" veröffentlichte das kanadische Label TeeVee International ein "Best Of The Stampeders" Hit-Paket. Das Scheitern der neuen, jazzigeren, funkig klingenden Stampeders, eine kritische und kommerzielle Akzeptanz zu bekommen, zusammen mit den erhöhten Kosten für die Unterstützung der grossen Band, führte schliesslich zum Ausstieg des Schlagzeugers Kim Berly. Ebenfalls weg war der Plattenvertrag der Band mit Quality Records. Ronnie King versuchte, die Hit-Rakete mit einem neuen Album namens "Ballsy" auf Apex Records noch einmal zu zünden. Die neue Besetzung umfasste Ronnie's jüngsten Bruder Roy Van Sprang, Bob Allwood und Gary Storin. Mangelnde Verkaufszahlen und enttäuschte Fans führten 1980 jedoch zur endgültigen Trennung der Band, dies nach dem Ausscheiden von Manager Mel Shaw. Rich Dodson nahm weitere Platten auf, Kim Berly wurde 1979 als Kimball Fox unter der Leitung einer neuen Band namens The Cry bei Orient / RCA Records verpflichtet. Im Jahre 1992 kam es zur Reunion der Stampeders, die das ursprüngliche Trio vereinigt sah, das ein weiteres Album veröffentlichte und als sogenannter 'New Country-Act' auf Tournee ging, jedoch ohne nennenswerte Akzente zu setzen oder einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.




No comments:

Post a Comment