ROBERT WYATT - Shleep (Hannibal Records HNCD 1418, 1997)
Bereits 1970 veröffentlichte Robert Wyatt das neben seiner Bandmitarbeit entstandene Soloalbum "The End of an Ear". Im Herbst 1971 trennte sich Robert Wyatt von Soft Machine und gründete sein eigenes Projekt Matching Mole. Der Name dieser neuen Formation war eine Anspielung auf die französische Übersetzung von Soft Machine, 'Machine Molle'. Nach dem zweiten Album, das von Robert Fripp produziert wurde und zu dem Brian Eno die Synthesizer beisteuerte, löste er die Band jedoch wieder auf. Zur damaligen Zeit galt Robert Wyatt als einer der besten Schlagzeuger des Jazzrock und wurde beispielsweise auch zu Festivals und Schallplattenproduktionen nach Deutschland eingeladen (New Violin Summit mit Jean-Luc Ponty, Michal Urbaniak und Terje Rypdal).
1973 stürzte Wyatt bei einer Party aus dem Fenster eines mehrstöckigen Hauses. Er blieb seitdem querschnittgelähmt. Noch im Krankenhaus begann er, die Stücke für sein nächstens Album "Rock Bottom" zu komponieren. Trotz der Vorbehalte von TV-Verantwortlichen konnte er bald wieder seine Auftritte in Musikshows des Fernsehens fortsetzen. Die meisten seiner Stücke vermittelten ein düsteres, intensives Hörerlebnis. Die Kritik sprach von wärmenden Outsider-Balladen. Wyatt setzte seine zerbrechliche, mehrere Oktaven umfassende Stimme nicht nur zur Wiedergabe seiner assoziativen Texte ein, er zeigte sich auch experimentierfreudig im Gebrauch seines Gesangs als Instrument. Durch Verfremdung oder Mehrfachspuren wurden neue Klangwelten konstruiert.
Für seine Soloalben konnte er zahlreiche namhafte junge Musiker aus der Canterbury-Szene gewinnen, darunter den 19-jährigen Mike Oldfield, der als Gitarrist auf Wyatt's 1974er-Veröffentlichung "Rock Bottom" zu hören war, und Fred Frith. Produziert wurde das Album von Pink Floyd's Schlagzeuger Nick Mason. Einen besonderen Erfolg erzielte Wyatt mit einer Coverversion des Monkees-Hits "I’m a Believer", mit der er auf Platz 29 der britischen Single-Charts gelangte. Der Multi-Instrumentalist bekannte sich zur marxistischen Linken, coverte diverse politische Lieder und Befreiungshymnen, spielte Singles zur Unterstützung der Namibia-Hilfe und der streikenden britischen Bergleute ein. 1983 kommentierte er den Falkland-Krieg mit dem von Elvis Costello geschriebenen Song "Shipbuilding".
1993 schrieb Wyatt für das Album "United Kingdoms" der Electronica-Band Ultramarine drei Stücke und steuerte für zwei auch den Gesang bei. Eines der Stücke, die ausgekoppelte Single "Kingdom", erreichte die britischen Charts. Der Komponist und Trompeter Michael Mantler holte Wyatt regelmässig als Sänger zu Aufführungen seiner Werke. Als Sänger war Wyatt auch am Album Nick Mason’s Fictitious Sports beteiligt. Wyatt's Soloalbum "Shleep" aus dem Jahre 1997 wurde von Brian Eno mitproduziert. Für Pascal Comelade sang er Kurt Weill's "Septembersong".
2001 ergab sich eine Zusammenarbeit mit dem französischen Regisseur Jacques Perrin, zu dessen Dokumentarfilm 'Nomaden der Lüfte - Das Geheimnis der Zugvögel' Wyatt einige Stücke komponierte und sang. Am 22. Juni 2001 trat er während eines Konzerts von David Gilmour in der Royal Festival Hall in London auf. Er übernahm einen Gesangspart des Stücks "Comfortably Numb". 2004 folgte eine Zusammenarbeit mit Björk. 2006 spielte er Kornett bei einem Konzert von David Gilmour in der Londoner Royal Albert Hall bei dem Stück "Then I Close My Eyes". Auf dem Deutschen Jazzfestival Frankfurt 2008 kuratierte er einen Abend, an dem Gruppen um Max Nagl, John Greaves, Hélène Labarrière und Annie Whitehead seine Songs interpretierten. 2009 trat er mit dem Liberation Music Orchestra in der Royal Festival Hall auf.
Im Mai 2009 veröffentlichte das französische Orchestre National de Jazz das Doppelalbum "Around Robert Wyatt" mit 15 älteren Songs von Wyatt, bei dem er auf sechs Stücken als Sänger mitwirkte. Robert Wyatt lebte einige Jahre in Spanien, später dann allerdings wieder in Lincolnshire. Er ist verheiratet mit Alfreda Benge, welche die Cover-Illustrationen der meisten seiner Soloalben malte sowie gelegentlich Texte zu seinen Liedern beisteuert. Auf seinem achten Soloalbum" Comicopera" (2007) sang sie auch gemeinsam mit ihm.
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