T. REX - Electric Warrior (Fly Records HIFLY 6, 1971)
"Electric Warrior" war das 1971 erschienene zweite offizielle Album der Band T. Rex um den Musiker Marc Bolan, die seit diesem ihren ursprünglichen Namen Tyrannosaurus Rex abkürzte und sich auch stilistisch hörbar veränderte vom bis anhin gespielten, noch relativ Folk-inspirierten Hippie-Sound zum sogenannten Glam Rock, zu deren eigentlichen Erfindern Marc Bolan schliesslich gezählt werden darf. T. Rex spielte ab 1967 unter dem Namen Tyrannosaurus Rex in der Besetzung Marc Bolan (Lead Vocal, Gitarre) und Steve Peregrin Took (Perkussion, Backing Vocals), wurde in London gegründet und widmete sich hauptsächlich dem typisch britischen Psychedelic Folk der ausgehenden 60er Jahre. 1970 kam die Reduktion im Bandnamen und bald schon vollzog sich ein markanter Stilwechsel, mit welchem auch ein grosser Erfolg einsetzte.
Nachdem der am 30. September 1947 in Hackney, Ost-London, geborene Marc Bolan (bürgerlich Mark Feld) seine nur einige Monate andauernde Mitgliedschaft bei der Underground-Combo John’s Children im Sommer 1967 aufgegeben hatte, machte er sich per Zeitungsannonce auf die Suche nach anderen Musikern, um seine eigene Band zu gründen. Ausser dem Schlagzeuger Stephen Ross Porter meldeten sich ein Gitarrist, ein Bassist und noch ein weiterer Musiker, von denen heute allerdings kaum etwas bekannt ist. Auf Bolan's Wunsch nahm Porter (geboren am 28. Juli 1949 in Eltham, Süd-London), in Anlehnung an den Namen eines Hobbits aus 'Der Herr der Ringe' den Künstlernamen Steve Peregrin Took an. Auch als Gruppennamen wählte Bolan den Namen eines Wesens, das gut zu seinem Faible für die Mythologie passte: die wissenschaftliche Bezeichnung des nach damaligem Wissensstand grössten landbewohnenden Raubtiers, das jemals auf der Erde gelebt hatte.
In dieser eilig zusammengestellten Besetzung, und nach nur wenigen Bandproben, gaben die fünf Musiker am 22. Juli 1967 im Electric Garden (wenig später umbenannt in Middle Earth) in London ein von Bolan schon vor der Bandgründung gebuchtes Konzert, das einem Desaster gleichkam, weil sie vom Publikum, wohl wegen der kaum geprobten und deshalb dürftigen Darbietungen ihrer Lieder, allenfalls Buh-Rufe ernteten. In direktem Anschluss an diesen Auftritt entliess Bolan drei seiner Mitmusiker wieder. Nur von Took's musikalischem Beitrag schien er überzeugt genug, um mit ihm zusammen auch weiterhin zu arbeiten. Den zweiten Rückschlag erfuhr die nun zum Duo geschrumpfte Gruppe, als die Plattenfirma, bei der John's Children unter Vertrag war, Anspruch auf Bolan's Elektrogitarre samt dem Verstärker erhob und er die Instrumente zurückgeben musste. Um über die Runden zu kommen und wenigstens den Bedarf des täglichen Lebens decken zu können, verkaufte Took zudem noch sein Schlagzeug-Set. Mit nunmehr einer akustischen Gitarre und einem Paar Bongos ausgestattet, gaben die beiden am 23. September 1967 im Middle Earth ihr Debüt als Duo und tingelten fortan zunächst noch weitgehend unbeachtet durch kleine Clubs. Auf der Bühne sassen die beiden Musiker dabei im Schneidersitz auf einem Teppich.
Während dieser Zeit wurde der britische Radio-DJ John Peel auf die beiden aufmerksam und bot ihnen an, ihre Musik in seinen Sendungen bei Radio 1 einem grösseren Publikum vorzustellen. Peel's Begeisterung für die Gruppe führte schliesslich zu mehreren solcher Gastspiele, und der Name Tyrannosaurus Rex wurde allmählich überregional bekannt. Ende 1967 wurden sie von dem aus Brooklyn, New York stammenden Produzenten Tony Visconti im Kellerclub UFO in der Londoner Oxford Street entdeckt, der im Rahmen seiner Tätigkeit bei Essex Music beauftragt worden war, eine neue Gruppe für den Musikverlag zu engagieren. Wenige Tage danach nahm Regal Zonophone, ein Musiklabel von Essex Music, Tyrannosaurus Rex unter Vertrag. Tony Visconti begleitete sie bis zum Album "Zinc Alloy" (1974) und war massgeblich an der Entwicklung ihres Gruppensounds beteiligt. Bald darauf erschien die Single "Debora", die im Mai 1968 bis auf Platz 34 der offiziellen UK Hitparade kam. Das erste Album der Formation mit dem phantasievollen Titel "My People Were Fair And Had Sky In Their Hair... But Now They're Content To Wear Stars On Their Brows", welcher den beiden letzten Gesangszeilen der LP im Liedtext zu "Frowning Atahuallpa (My Inca Love)" entnommen ist, erreichte im Juli Platz 15 in den LP-Charts. Der als Suite aufgebaute Song enthielt auch ein von John Peel vorgelesenes Märchen. Die zweite Single "One Inch Rock" kam auf Platz 28. Schon drei Monate später folgte das zweite Album "Prophets, Seers and Sages - The Angels Of The Ages", das eine alternative Version der ersten Single samt ihrer Rückwärts-Wiedergabe mit dem Titel "Deboraarobed" beinhaltete.
Die einzelnen Musikstücke waren oft nur knapp 2 Minuten lang, oder nur wenig darüber. Stilistisch war eine gewisse Nähe zum damals sehr populären Psychedelic Rock zu hören. Ihre Musik war aber von Anfang an so eigenartig, dass sie kaum einem bestimmten Genre fest zugeordnet werden konnte. Der markante Gesangsstil Bolan's, in dem er nahezu jede Textzeile in einem Vibrato ausklingen liess, sowie stimmliche Improvisationen beider Musiker, verliehen ihren Darbietungen fast mystischen Charakter. Dieser Eindruck wurde durch Bolan's mit nur wenigen Ausnahmen selbstverfassten surrealistischen Texte noch verstärkt, die er in schwer verständlichem Akzent vortrug. Er sang von Elfen, Zauberern und Drachen, von Autos und fremdartigen Orchestern, goldenen Katzen, riesigen Seevögeln und anderen obskuren Figuren, die einem Paralleluniversum zu J.R.R. Tolkien's Herr der Ringe hätten entsprungen sein können. Das dritte Album mit dem Titel "Unicorn", auf dem wieder ein von John Peel gelesenes Märchen enthalten war, und auf welchem der Produzent Tony Visconti den Song "Cat Black" auf einem Piano begleitete, wurde der bis dahin grösste Verkaufserfolg für Tyrannosaurus Rex und kam bis auf Platz 12 in den britischen Album-Charts. Für die Produktion standen, dank der Einnahmen aus den bisherigen Veröffentlichungen, technisch hochwertigere Aufnahmegeräte als noch bei den Vorgängeralben zur Verfügung. Auch die verwendeten Instrumente waren deutlich abwechslungsreicher als bisher. Auf einigen Songs kamen Harmonium, Mundorgel, Strohgeige, Afrikanische Sprechtrommeln, Bass-Gitarre, Piano, Pixiephone, Schlagzeug-Elemente oder Gong zum Einsatz.
Kurz darauf begannen die Aufnahmesessions für eine neue Single. Auf "King Of The Rumbling Spires" spielte Bolan erstmals auf einer Tyrannosaurus Rex-Platte Elektrogitarre. Während der Aufnahmen entstanden noch eine Reihe anderer Songs, die aber erst viel später auf diversen Zusammenstellungen veröffentlicht wurden. Im Spätsommer 1969 unternahm die Gruppe ihre erste US-Tour, um sich auch auf dem dortigen Musikmarkt einen Namen zu machen. Aber das Publikum zeigte wenig Interesse an der Musik der beiden, und so wurde die Tournee schliesslich zum Flop. Zudem entwickelten sich erhebliche Differenzen zwischen Bolan und Took, wohl auch über die musikalische Zukunft der Band und deren Image. Während Bolan künstlerische Berühmtheit anstrebte und schon seit seiner Jugend davon überzeugt war, einst ein Superstar zu sein, wollte Took sich mit solchen Visionen nicht anfreunden. Zurück in England trennten sich die beiden Musiker, angeblich wegen Took's anhaltender Drogenprobleme und weil er sich politisch zunehmend links orientierte. Andere Quellen nennen auch Took's Ambitionen, seine selbst geschriebenen Songs mit ins Bandrepertoire aufzunehmen, womit Bolan aber nicht einverstanden war, als möglichen und entscheidenden Trennungsgrund.
Bolan machte sich sofort auf die Suche nach einem neuen Partner, und im makrobiotischen Restaurant Seeds machte ihn ein gemeinsamer Freund mit dem am 3. Juni 1947 in Thornton Heath, Surrey, England geborenen Mickey Finn (bürgerlich Michael Norman Finn) bekannt, der dort gerade mit einer Auftragsarbeit in Form eines psychedelischen Wandgemäldes beschäftigt war. Er hatte auch Erfahrung als Musiker und unter anderem in einer Band namens Hapshash And The Coloured Coat Congas gespielt. Bei einem gemeinsamen Essen einigten sich die beiden auf die Zusammenarbeit, und Finn wurde im Oktober 1969 das neue Bandmitglied. Nach Bolan's Aussage war Finn weder ein so guter Perkussionist wie Took, noch konnte er besonders gut singen, aber er sah gut aus und passte auch sonst gut zu Bolan's Vorstellung vom zukünftigen Werdegang der Gruppe. Mickey Finn war erstmals auf dem im März 1970 erschienenen, vierten Album "A Beard Of Stars" als Perkussionist zu hören. Zu einigen Titeln existierten allerdings schon Studioaufnahmen mit Steve Took, und so mussten Bolan und Visconti dessen Parts wieder herausnehmen. Da die Neuaufnahmen überwiegend Bolan selbst übernahm, und er beispielsweise auch die Bass-Gitarre spielte, war das Album im Ergebnis, von Tony Visconti einmal abgesehen, fast eine Soloplatte. Bei welchen Stücken Mickey Finn tatsächlich mitwirkte, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen.
Die einzelnen Songs waren im Wesentlichen akustisch, aber Bolan spielte, wie schon auf der letzten Single, nun auch Elektrogitarre, beim rockigen "Elemental Child" sogar ausschliesslich. Dadurch unterschied sich das Album erheblich von seinen Vorgängern und liess bereits erahnen, welchen musikalischen Weg Bolan und seine Band einschlagen sollten. Das sanfte "By The Light Of A Magical Moon" wurde kurz zuvor als Single ausgekoppelt. Kommerziell war "A Beard Of Stars" nicht so erfolgreich wie "Unicorn", und viele frühere Fans wandten sich zu dieser Zeit von der Gruppe ab. Da der erhoffte durchschlagende Erfolg bisher ausblieb, begann Bolan an seiner Musikerkarriere zu zweifeln, und er spielte mit dem Gedanken, sich künftig mehr auf das Schreiben von Gedichten zu konzentrieren. Seine Frau, und seit einiger Zeit auch Managerin, June Child, die er 1967 bei seiner damaligen Management-Firma Blackhill Enterprises kennengelernt hatte und im Januar 1970 heiratete, ermunterte ihn zu dieser Zeit jedoch immer wieder, weiterzumachen und neue Songs zu schreiben. So entstand eines Nachts ein einfaches, Kinderreim-ähnliches Lied mit einer eingängigen Melodie, das er "Ride A White Swan" nannte.
Im Sommer 1970 arbeiteten Bolan, Finn und Visconti an Aufnahmen für das nächste Album. Die Parts für die Bass-Gitarre und den Hintergrundgesang übernahmen diesmal alle drei. Für einige Lieder schrieb Visconti Streicher-Arrangements. Während der Aufnahmen zu "Seagull Woman" kamen Mark Volman und Howard Kaylan, die gerade mit den Mothers Of Invention auf Europa-Tournee waren, zu Besuch ins Studio. Bolan hatte die beiden ehemaligen Mitglieder der Turtles auf seiner ersten US-Tour kennengelernt, und er bat sie, Backing Vocals für das Lied zu singen. Dies war der Auftakt für eine jahrelange Zusammenarbeit, und auf künftigen Alben steuerten Volman und Kaylan, die auch als Flo & Eddie bekannt wurden, den gruppentypischen Hintergrundgesang bei. Tony Visconti hatte sich seit langem angewöhnt, auf Produktionspapieren den langen Bandnamen der Einfachheit halber in T. Rex abzukürzen, was Bolan bislang ärgerte. Er suchte aber nach Veränderungen, was auf den letzten Platten schon musikalisch durch die Verwendung der Elektrogitarre und in einfacheren Liedtexten zum Ausdruck kam. Wie Bolan selbst einmal sagte, war er es leid, mit gekreuzten Beinen auf der Bühne zu sitzen, und er wollte sein Image als Minnesänger der Hippie-Kultur loswerden, wofür nun Visconti's eigenwillige Schreibweise hervorragend geeignet zu sein schien. Diese kleine aber signifikante Änderung im September 1970 sollte schliesslich für den entscheidenden Wendepunkt in Bolans Karriere stehen.
Die im Oktober 1970 nun als T. Rex veröffentlichte Single "Ride A White Swan" wurde von Radiosendern zunächst nur wenig gespielt. Aber die Plattenläden verzeichneten eine beständig steigende Nachfrage, und so kletterte der mit einem markanten Gitarrenriff gespielte und mit Streichern untermalte Song langsam in die britische Single-Hitparade und erreichte nach 13 Wochen im Januar 1971 schließlich seine Höchstnotierung auf Platz 2. Das erste Album der Gruppe, das schlicht "T. Rex" betitelt wurde, erschien im Dezember 1970 und erreichte Platz 7 der Album-Charts. In vielerlei Hinsicht dem Vorgänger "A Beard Of Stars" ähnlicher als künftigen Veröffentlichungen, war das Album stilistisch gesehen eher die fünfte und letzte Tyrannosaurus Rex-LP, denn die erste, wegen der Namenskürzung vermeintliche T. Rex-Platte. So waren etwa Neuaufnahmen von "One Inch Rock" und der frühen Single "The Wizard" enthalten. Neben der Hymne "The Children Of Rarn" aus einem geplanten Konzeptalbum, das nie zur Vollendung kam, wurde dies auch im Songtext zu Suneye deutlich: "Tree wizard puretongue, the digger of holes, the swan king, the Elf lord, the eater of souls, Lithon the black, the rider of stars, Tyrannosaurus Rex, the eater of cars".
Um die neuen Songs live vorstellen zu können, wurde Ende 1970 der Bassist Steve Currie engagiert. Für die Aufnahmen der nächsten Single Anfang 1971 komplettierte Bolan die Band zum Quartett mit dem Schlagzeuger William Fifield, der sich auf Bolan's Vorschlag hin, und in Anlehnung an den Namen seiner vorigen Band Legend, fortan Bill Legend nannte. Im Februar 1971 veröffentlicht, belegte "Hot Love" sechs Wochen lang die Spitzenposition der britischen Single-Hitparade und stand in Deutschland sieben Wochen lang auf Platz 3. Für einen Auftritt in 'Top of the Pops' im März 1971 klebte Chelita Secunda, Frau von Tony Secunda, dem Manager der Gruppe The Move und kurzfristige Betreuerin von T. Rex, Bolan einige glitzernde Sternchen unter die Augen. Dieser Auftritt steht nach weit verbreiteter Ansicht für die Geburtsstunde des Glam Rock, der in Form einer Jugendbewegung, sowie künstlerisch und kommerziell in den nächsten Jahren die populäre Rock- und Popmusik in Europa dominierte. Ähnlich der Beatlemania in den 60er Jahren sprach man in Grossbritannien aufgrund des grossen Medienrummels, den Bolan und seine Band auslösten, von T.Rextasy. Spätestens ab diesem Zeitpunkt drehte sich dort die gesamte Medienaufmerksamkeit allein um Bolan. Sein Image wurde in seinem Heimatland vergleichbar mit den damaligen Teenager-Stars David Cassidy und Michael Jackson verkaufsträchtig vermarktet.
Auch die Nachfolgesingle "Get It On" erreichte Platz 1 und wurde, etwas später in den USA in "Bang A Gong (Get It On)" umbenannt, um Verwechslungen mit einem anderen gleichnamigen Song der Gruppe Chase zu vermeiden, zum Top Ten Hit. Das erste in der Besetzung einer klassischen Rockband mit Elektrogitarre, Bass und Schlagzeug eingespielte und im September 1971 veröffentlichte Album "Electric Warrior" enthielt mit "Jeepster" einen weiteren Top Hit. Neben Mickey Finn's Conga-Spiel, das vor allem bei "Jeepster" und "Mambo Sun" prominent zu hören war, und Tony Visconti's Streicher-Arrangements, wie zum Beispiel bei "Cosmic Dancer", wurden einige Songs zudem mit Saxophon ("Rip Off"), Piano ("Get It On") oder Flügelhorn ("Girl") angereichert. Den Hintergrundgesang steuerten Howard Kaylan und Mark Volman bei, wie auf "Planet Queen" oder "Monolith". Das Album "Electric Warrior" gilt bis heute als der Klassiker der Gruppe und war auch ihr grösster kommerzieller Erfolg.
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