FRANCIS CABREL - Des Roses & Des Orties
(Columbia Records 88697271472, 2008)
Francis Cabrel gehört seit vielen Jahren zu den modernen französischen Rock-Troubadouren, die eine individuelle Metamorphose vom anfänglich noch recht ausgeprägten Chanson Pop immer stärker hin zum Rock vollzogen haben. Vergleiche zu Jean Jacques Goldman's musikalischer Entwicklung kann man diesbezüglich durchaus erkennen. Der nahe seines Geburtsortes Astaffort lebende Sänger erfreut sich seit den 80er Jahren grosser Beliebtheit, nachdem ihm 1979 der Durchbruch mit dem Lied "Je l'aime à mourir" gelang. Durch seine eindrucksvolle Diskographie konnte er sich in der Folge bis heute einen festen Platz in der französischen Musikszene sichern. In der Reihenfolge der erfolgreichsten Alben in Frankreich seit 1968 steht sein dort 3,9 Millionen mal verkauftes Album "Samedi Soir Sur La Terre" auf Platz 2. Seine Musik zeichnet sich durch anspruchsvolle Harmonien und häufig einfühlsame Texte aus, denen er mit einer freundlichen, warmen Stimme und seinem typischen südfranzösischen Akzent Ausdruck verleiht. Aber auch Rock ’n’ Roll, Folk und Blues, die in seiner Jugend durch Musiker wie Neil Young, Leonard Cohen, Jimi Hendrix und insbesondere Bob Dylan ihren Einfluss nicht verfehlt haben, prägen bis heute sein Werk. So löste Dylans "Like A Rolling Stone" bei Francis Cabrel als Jugendlichem ein Hörerlebnis aus, das ihn veranlasste, seine erste Gitarre zu kaufen. Diese spielt bei seinen Rock- und Chansontiteln fast immer eine tragende Rolle, sei dies als akustische oder elektroische Gitarre, in jüngeren Jahren insbesondere auch das Dobro oder die Mandoline.
Seine Texte handeln stets vom Leben, einer bewusst traditionell ausgerichteten Lebensart und damit einhergehend ener gewissen Heimatverbundenheit, der Liebe und Freundschaft, üben aber auch oft soziale Kritik, wie zum Beispiel bezüglich Rassismus oder Stierkämpfen - zwei immer wieder aufgegriffenen Themen Cabrels. Seine Veröffentlichungen, spätestens seit des Millionen-Erfolges "Samedi Soir Sur La Terre" bestechen durch hervorragende Songs, perfekte Arrangements und einen hohen Qualitätslevel, weshalb seine Plattenfirma stets auch ziemlich hohe finanzielle Mittel zur Verfügung stellte für seine Produktionen. Einen solchen Millionenerfolg wie "Samedi Soir Sur La Terre" konnte der Musiker indes bis heute nicht mehr wiederholen, obgleich sich auch seine nachfolgenden, leider eher spärlichen Platten allesamt perfekt anhören und sehr abwechslungsreich und hervorragend produziert sind.
Zu Cabrel's bekanntesten Liedern gehört das seiner Frau Mariette gewidmete "Petite Marie", mit dem er 1974 den Musikwettbewerb einer französischen Radiostation gewann. Daraufhin erhielt er beim französischen Ableger von CBS Records einen ersten Plattenvertrag. "Je l'aime à mourir", das zunächst in französischer Sprache auf dem Album "Les Chemins de traverse" erschien, wurde von Cabrel unter dem Titel "La quiero a morir" auf dem 1980 in Kolumbien erschienenen Album "Algo más de amor" in einer spanischen Fassung veröffentlicht. Eine Version dieses Liedes wurde von der kolumbianischen Sängerin SHAKIRA zweisprachig gesungen. "La Corrida", ein Pamphlet gegen den Stierkampf von seinem Erfolgsalbum "Samedi Soir Sur La Terre", wurde vom Berliner Strassenmusiker Felix Meyer gesungen. Cabrel ist auch ein überaus beliebter Duettpartner, zum Beispiel - und das ist naheliegend - vom musikalischen Verwandten Jean-Jacques Goldman, aber auch von den in Frankreich sehr beliebten Künstlern Daniel Lavoie, France Gall, Maxime Le Forestier, Isabelle Boulay oder Roch Voisine. Francis Cabrel gehört ausserdem zur Stammbesetzung der ENFOIRÉS. Cabrel hat nie Lieder in englischer Sprache aufgenommen, aber gelegentlich englische Songs mit eigenen französischen Texten versehen. Von mehreren seiner Lieder singt er spanische und italienische Versionen in Konzerten und veröffentlichte sie auch auf CDs. Ausserdem schreibt er Chansons für andere sehr erfolgreiche Künstler, so etwa für Patricia Kaas und Johnny Hallyday.
Das 2008 veröffentlichte Werk "Des Roses & Des Orties" (übersetzt: Die Rosen und die Nesseln) präsentiert insgesamt 13 hervorragend arrangierte Songs, von denen 10 aus der Feder von Francis Cabrel stammen und "La Robe & L'Echelle", "Mademoiselle L'Aventure" und "Des Gens formidables" neben den anderen Stücken drei herausragende Kompositionen darstellen, wie sie in dieser Perfektion und Ausdruckskraft nur von recht wenigen französischen Künstlern präsentiert werden. Das ganze Album besticht durch seinen exquisiten Klang, für den Sébastien Bramardi und Ludovig Lanen als ausführende Tontechniker und James Farber und Matthias Froidefont als Mixing Engineers verantwortlich zeichnen. Den letzten klanglichen Feinschliff erhielt das Album in seinem finalen Mastering vom renommierten Greg Calbi von den weltberühmten Sterling Sound Studios in New York.
Das Album spielt mit vielen verschiedenen Grundstimmungen. Cabrel wechselt oft seine Gitarren, weshalb alle Songs sehr abwechslungsreich klingen, dabei jedoch stets zusammenhalten und ein wundervolles Ganzes bieten. Neben seinen klasse Eigenkompositionen präsentiert der Musiker hier auch drei Fremdkompositionen, die er textlich umgearbeitet hat und in französischer Sprache singt. Aus dem Klassiker "Born On The Bayou" von CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL wir so seine Variante "Né dans Le Bayou", aus J.J. CALE's Nummer "Mama Don't" wird Cabrel's Version "Madame n'aime pas" und schliesslich bedient er sich auch am Werk von BOB DYLAN, einem seiner grossen Vorbilder, von welchem er das Stück "She Belongs To Me" entlehnt und daraus "Elle m'appartient (C'est une Artiste)" entstehen lässt.
Cabrel bietet eine aussergewöhnlich breite Vielfalt an Instrumenten auf diesem Album und fast jeder Song erhält dadurch ein ganz individuelles, stets stimmiges Klangbild. Von Trompeten über das Akkordeon, diesem typischen Chanson-Instrument, hin zu verschiedensten Klangfarben von Gitarren und anderen Saiteninstrumenten und sogar, wie im Song "African Tour" präsentiert, einem grossen Orchester, dem Cabrel lediglich etwas Weniges an Perkussion und seine gefühlvolle Gitarre entgegenhält. Wenn der Musiker schliesslich im finalen "Elle m'appartient (C'est une Artiste)", der Dylan-Covernummer, mit seinem Dobro, einem sehnsüchtigen Akkordeon und einer Nylongitarre dieses wunderschöne Chanson-Flair versprüht, beendet er eine Platte, die rundum glücklich macht.
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