Sep 30, 2016

CIRCUS - Circus (Hemisphere Records KS 6679, 1974)

Die Gruppe Circus entstand im Jahre 1969 als SOUND STREET in Stevens Point, Wisconsin. Sie absolvierte Auftritte in Musik Bars und College Dancehalls, dies praktisch ausschliesslich in ihrem Heimatstaat Wisconsin und schuf sich mit ihrer spielerisch äusserst kompetenten und manchmal recht ungewöhnlichen Mixtur aus Blues und Rock kontinuierlich eine grosse Fangemeinde. Die Band SOUND STREET setzte isch zusammen aus dem Keyboarder Fred Omernik, dem Bassisten. Wayne Kostroski, den beiden Gitarristen Gary Konkol und Randy Glodowski, sowie Al Crowe am Schlagzeug. Zwei ihrer typischen musikalischen Merkmale waren die sogenannten "Twin Guitar Sounds", welche Jahre später durch die Formation Wishbone Ash weltberühmt werden sollte, sowie die ausgezeichneten und sehr harmonisch klingenden mehrstimmigen Gesangsarrangements von vier der fünf Musiker, die nicht selten an die Vokalarbeiten von Jefferson Airplane oder Crosby Stills Nash & Young erinnerten. Mit dem Wechsel des Bandnamens zu CIRCUS gelangte das Quintett auch zu einem Plattenvertrag mit der Firma North Central Productions, die später unter dem neuen Namen McMillan & Clary Talent amerikaweit bekannt wurde. CIRCUS rekrutierten den Schlagzeuger Ray Cyr als Ersatz für den ausgeschiedenen Al Crowe und zogen um nach Madison Wisconsin, um ein breiteres Publikum zu erreichen und um ihre professionelle Arbeit als Musiker, verbunden mit ersten Plattenaufnahmen, zu erweitern.

Schon kurz nach dem Umzug nach Madison begann die Gruppe, regelmässig in den lokalen Bars und Konzerthallen zu spielen, wie etwa im Snoopy's Dewey's, oder dem sehr populären Church Key Club. Anfangs spielte die Band noch öfters als Supporting Act für bekanntere Gruppen und Interpreten wie etwa die James Gang, die Rotary Connection, Ben Sidran, die Siegel-Schwall Band, Ted Nugent und Muddy Waters, später dann auch als Headliner, da ihre Popularität kontinuierlich wuchs und sie bald auch ausserhalb von Wisconsin auftrat. CIRCUS spielten einen sehr erfolgreichen Gig beispielsweise am Lola Rock Fest 1971, welches so etwas wie Wisconsin's Antwort auf Woodstock war, daher auch bekannt war unter dem Namen "Woodtick Nation". CIRCUS spielten dabei unter anderem mit wahren Grössen wie Ravi Shankar, Buddy Rich, Iggy Pop, Terry Reid und der Siegel Schwall Band zusammen. CIRCUS war auch eine der ersten Bands, die konstant am publikumswirksamen "Milwaukee's Summerfest" auftrat.

Als die Band immer bekannter wurde, begann sie, auch Florida, Colorado, Massachusetts, Maine, Georgia, Tennessee und den gesamten Mittleren Westen der USA zu bereisen. Sie traten überall auf, wo sich eine Chance für einen Auftritt bot, egal ob in Bars, Colleges, Militärkasernen (!), Riverboats, Band Wettbewerben oder auch grösseren Auditorien. 1972 erlitt ihre Popularität jedoch einen ersten empfindlichen Dämpfer, als bei ihrem Gitarristen und Sänger Gary Konkol eine äusserst seltene und sehr aggressive Art von Krebs diagnostiziert wurde und er in der Folge ersetzt werden musste. Sein Tod Anfang 1973 riss ein sowohl musikalisches, wie auch emotionales Loch in die Gruppe, das in der Folge nicht mehr richtig geschlossen werden konnte. Die Musiker waren eben auch sehr gute Freunde, eine eingeschworene Truppe, die schon seit längerem gemeinsam jede Durststrecke zurückgelegt hatte.

Der in Wisconsin recht populäre Musiker Mike Richson stieg darauf als Ersatz in die Band ein, und CIRCUS begannen einmal mehr mit Konzertreisen quer durch Amerika. Der Rocker Gunnar Antell ersetzte Mike Richson für kurze Zeit, als die Band nach einer weiteren Perfektionierung ihres Sounds suchte. Doch erst mit dem Hinzukommen von Brett Peterson an der Gitarre nahm die Gruppe ihr Album im Jahre 1973 in den American Music Studios in Sauk City mit dem legendären Corky Siegel (The Siegel-Schwall Band) als ausführendem Produzenten auf. Das Album wurde anschliessend in den Paragon Studios in Chicago abgemischt und schliesslich im Frühjahr 1974 veröffentlicht. Die Band ging daraufhin auf ausgedehnte Tournee, um ihr Album entsprechend zu promoten. Es zeigt sich, dass das Album besonders im Süden, Westen und Südwesten der Vereinigten Staaten recht erfolgreich war und sich gut verkaufte. Jim Ash ersetzte noch während der laufenden Tournee Ray Cyr am Schlagzeug und Terry Knoll ersetzte Brett Peterson später an der Gitarre.

In nunmehr leicht veränderter Besetzung spielte die Gruppe im Frühling 1975 zwei Songs ein, die als Single-Veröffentlichung gedacht waren und den Grundstein für ein zweites Album legen sollten. Dazu ging die Gruppe in ein Tonstudio in Schaumburg Illinois, nahm dabei auch einige Demo-Songs zusätzlich zu den zwei fest eingeplanten Songs auf. Gleichzeitig standen die Musiker auch immer wieder auf den Rockbühnen, unter anderem zusammen mit Styx, B.B. King, Ted Nugent & The Amboy Dukes, Eric Carmen And The Raspberries, Hot Tuna, John Sebastian, Firefall, Bonnie Bramlett und die Amazing Rhythm Aces, jeweils als deren Opening Acts. Dies pushte zwar das erste Album, die Verkaufszahlen blieben aber weit hinter den Erwartungen des Managements, der Plattenfirma und letztlich auch der Band selber zurück. Schliesslich stand die Gruppe Anfang 1976 ohne Vertrag da und managte sich selbst, buchte auch eigene Konzerte, war damit aber heillos überfordert. Ausserdem sah die Band keine Möglichkeit mehr, ein zweites Album unter professionellen Bedingungen aufzunehmen, zumal sich für weitere Aufnahmen letztlich kein Geldgeber mehr fand.

Im November 1976 spielte die Gruppe schliesslich ihre letzten beiden Konzerte an der University of Wisconsin und den finalen Gig in der Bronco Bar in Chanhassen, Minnesota. Wer sich dafür interessiert, wie aus einer eher traditionell agierenden Blues- und Rockband eine Gruppe entstand, die eine klassische Hammond Orgel zugunsten von Clavinet und Moog Synthesizer im Keller verstaute, die grossartige Songs komponierte und mit exzellentem mehrstimmigem Gesang überzeugte, der sollte sich die leider einzige Platte von CIRCUS einmal anhören. Die Gruppe spielte sehr virtuos und mit viel Raffinesse und brauchte sich hinter weitaus bekannteren Bands aus diesem musikalischen Bereich nicht zu verstecken. Es gibt noch so viele unbekannt gebliebene Perlen aus vergangenen Tagen zu entdecken. CIRCUS gehören da unbedingt mit dazu.


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