Mar 8, 2018


WEEPING WILLOWS - Endless Night (Grand Recordings 7243 8 48423 2 1, 1999)

Die Weeping Willows sind eine im Jahre 1995 gegründete schwedische Pop Rock Gruppe, deren Alben in Schweden regelmässig Top Ten-Platzierungen erreichen. Ihr Sänger Magnus Carlson und der Perkussionist Thomas Sundgren spielten ab 1993 in einer Coverband Countrymusik und Rockabilly. Die Begleitband Stefan Sundströms, Apache, lud die beiden zur Zusammenarbeit ein und daraus entwickelte sich ein richtiges Seitenprojekt, das Lieder von Elvis Presley, Roy Orbison, Johnny Cash, Scott Walker, The Righteous Brothers und anderen Sängern jener Zeit im Repertoire hatte. Als sich mit der Zeit ein richtiges Bandgefüge entwickelte, gab man ihm den Namen Weeping Willows nach der in Johnny Cash's Songtext von "Big River" vorkommenden Trauerweide. Magnus Carlson und Thomas Sundgren standen fortan der Gitarrist Ola Nyström, der Bassist Stefan Axelsen, der Schlagzeuger Anders Hernestam, sowie der Keyboarder Mats Hedén zur Seite und nach einiger mit Liveauftritten verbrachten Zeit ausserdem der zweite Gitarrist Niko Röhlcke.

Das 1997 erschienene Debütalbum "Broken Promise Land" wurde vom Rebecka Törnqvist-Förderer und Produzenten Pål Svenre im Stockholmer Atlantis Studio produziert. Er spielte darauf ausserdem Klavier. Dass auch Per 'Texas' Johansson an Klarinette, Flöte und Saxophon und der Trompeter Peter Asplund mitwirkten, war Svenres erstrangigen Verbindungen in die schwedische Musikszene zu verdanken. Des Weiteren wurden aufgeboten: Mikael Anderfjärd und Ole Holmquist (beide Posaune, Letzterer zeitweilig bei James Last), Håkan Nyqvist (Jagdhorn), Arsa Forsberg (Cello), Hans Åkesson und Ulf Forsberg (beide Viola) sowie Josef Cabrales-Alin, Sarah Edin und Torbjörn Bernhardsson (alle Violine). Die CD verkaufte sich in Schweden, Norwegen und Deutschland gut. Auftritte bei Festivals und in TV-Shows festigten die Bekanntheit der Band. Prinzipiell bestand die Auftrittsgarderobe aus schwarzen Anzügen und gefüllten Whiskeygläsern als Accessoires. Auf dem Nachfolgealbum "Endless Night" (1999) verordnete man sich einen moderneren Stil und nahm sich Depeche Mode und Morrissey zum Vorbild. Dieses schlug bei den Popliebhabern wieder ein, wurde aber von Kritikerseite nicht für so gelungen befunden wie der Vorgänger.

"Endless Night" geriet zu so etwas wie einer ultimativen Herz-, Schmerzplatte, denn auf dem Album befanden sich ein Dutzend brillanter Songs, die sich nur um Liebe und Leid in all ihren Formen drehten. Beim Blick auf das Plattencover wurde der Hörer zunächst einmal stutzig. Stach hier doch der Cover-Abdruck der Kultplatte "London Callling" der Punkrock-Institution The Clash ins Auge. Das verwunderte etwas, da die beiden Bands musikalisch nichts miteinander verband. Das Einzige, was das schwedische Sextett mit den Punkmeistern gemeinsam hatte, war die Radikalität. Während The Clash in ihren Songs konsequent ihre politische Einstellung vertraten, gaben sich die Weeping Willows mit ihrer Musik radikal traurig und schafften sogar das schier unglaubliche Kunststück, noch melancholischer zu klingen als die Tindersticks.

Dennoch gehören die Schweden nicht in die Abteilung depressiver Verrückter, denn ihr Weltschmerz war keineswegs morbider Natur, wie ihn beispielsweise Ville Valo und seine Band Him zelebrieren, sondern er ist vielmehr romantischen Ursprungs und in seiner poetischen Verklärung durchaus lebensbejahend. Solch grosse Gefühle erfordern natürlich auch grosse Musik. Und genau das ist das Metier von Sänger Magnus Carlson und seinen Mitstreitern. Ihre Songs sind pure Melancholie in Moll, eingegossen in wunderschöne Melodien und Refrains, die die Tränensäcke unter den Augen zum Platzen bringen. "There's no trust. Not anymore" lauten gleich die ersten Zeilen aus dem Opener "While I'm Still Strong" und in dem Stil sind alle Texte gehalten. "At the end of the rainbow I found my broken heart. I was a dreamer and you were my dream. Why did you leave ?" fleht Carlson sehnsuchtsvoll ins Mikrophon und der hagere Mann, der in Schweden mit seinen Band längst ultstatus erreicht hat, kann einem schon richtig leid tun. Eingebettet sind die fragilen Texte in opulent arrangierte Song-Epen, die sich auch als stimmungsvolle Unterstreichung für Shakespeare-Dramen eignen würden. Die Weeping Willows malen eindringliche Klangbilder in den Himmel, der an all den wehklagenden Geigen, den leise dahintutenden Bläsern, den sanften Pianoklängen und betörenden weiblichen Background-Gesängen manchmal zu zerbrechen droht. Aber die Band versteht es, gerade noch die Kurve zu kriegen, sodass die Songs zu keinem Zeitpunkt überladen wirken.

Natürlich ist "Endless Night", kritisch gesehen, nichts anderes als Kitsch. Simple Botschaften, die in zwar kunstvolle, aber auch überaus ohrenfreundliche Musik eingepackt wurden, zumal die Band in ihrem Sound gelegentlich Reminiszenzen an Altmeister wie Johnny Cash oder Elvis Presley einfliessen lässt. Aber in all dieser Einfachheit steckt nun mal auch mehr als nur ein Körnchen Wahrheit drin und deshalb funktioniert die Musik der Weeping Willows so wunderbar. Die Texte und Melodien graben sich tief in Gehör und Kopf ein, und lassen sich nur schwer wieder vertreiben. Ausserdem: Was ist schon Schlimmes dabei, sich ab und zu hemmungslos romantischen Tagträumereien hinzugeben ? In der Folge
gab Magnus Carlson im Jahre 2001 zunächst sein Solodebüt. Noch einen Tick mehr in eine eher rockige Richtung fiel das dritte Bandalbum "Into The Light" aus. Massgeblichen Anteil hatte daran Produzent Johan Forsman, der zuvor für Poprock-Bands wie The Soundtrack Of Our Lives verantwortlich zeichnete. Es erschien im November 2001 in Schweden, im restlichen Europa Anfang April 2002. Erst 2004 wurden die Album-Veröffentlichungen mit "Presence" fortgesetzt. Es dauerte wiederum drei Jahre bis "Fear & Love" erschien. Danach gab es eine richtig lange Pause bis 2014. Auf dem im März 2016 erschienenen Album "Tomorrow Became Today" spielte Per 'Rusktrask' Johansson, das Saxophon.Die aktuelle Weeping Willows Kernbesetzung lautet: Magnus Carlson (Gesang), Ola Nyström (Gitarre), Niko Röhlcke (Gitarre, Keyboard) und Anders Hernestam (Schlagzeug).

Die Internet-Plattform Allmusic beschreibt den Stil der Weeping Willows als sentimentalen, weinerlichen Rock mit einem gehörigen Anteil an Streicher- und Bläser-Einsätzen. Die Musik sei geeignet für Fans von Chris Isaak und der frühen K.D. Lang, hiess es im Billboard-Magazin. Eine dank Sänger-Schluchzen und Twang-Gitarre gegebene stilistische Verwandtschaft zu Chris Isaak sah auch der kulturnews-Rezensent. Bezüglich der episch-melancholischen Streicherarrangements fügte er an: "Sie spielen Mädcheneroberungs-Musik mit viel Schmalz und Schmelz, sie balancieren nah am Engtanzkitsch und stürzen doch nicht ab". Christof Nikolai meinte auf plattentests.de zu "Endless Night", kritisch betrachtet sei die Musik Kitsch, sich auf sie einlassend Romantik, auf jeden Fall aber zeitlose Melancholie. Das Intro sah kein Versinken in übermässigem Pathos und Kitsch. Die musikalische Formel wurde als Pulp plus Roy Orbison geteilt durch Chris Isaak definiert. Den opulent-schwelgerischen Retro-Sound behielt die Band auch auf späteren Alben bei.



 

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