Jan 9, 2018


MOTÖRHEAD - Overkill (Bronze Records BRON 515, 1979)

Die Geschichte von Motörhead ist untrennbar mit der des Sängers und Bassisten Ian 'Lemmy' Kilmister verbunden. Der am 24. Dezember 1945 in Stoke-on-Trent, Staffordshire, England geborene Ian Kilmister, Sohn eines Feldkaplans und einer Bibliothekarin, spielte seit 1971 Bass bei der britischen Space Rock Band Hawkwind. Während einer Nordamerika-Tournee wurde er an der Grenze der USA zu Kanada im Mai 1975 wegen Besitzes von Amphetaminen festgenommen. Die Band stellte die Kaution für Kilmister, flog ihn für den Auftritt nach Toronto ein, weil sie auf die Schnelle keinen Ersatz finden konnte, und feuerte ihn nach dem Konzert. Kilmister kehrte nach England zurück und begann sofort mit der Zusammenstellung einer neuen Band. Gitarrist Larry Wallis kannte er von gemeinsamen Auftritten mit UFO und den Pink Fairies, Schlagzeuger Lucas Fox wurde ihm von einer Freundin empfohlen. Kilmister spielte Bass und übernahm den Gesang. Ursprünglich sollte die Band Bastard heissen, allerdings hielt der damalige Bandmanager Douglas Smith den Namen nicht für medientauglich. Daraufhin wählte Kilmister Motörhead als Bandnamen. Die Bezeichnung stammt aus dem US-amerikanischen Slang, bedeutet 'speed freak' ('geschwindigkeitssüchtig') und steht als Synonym für Konsumenten amphetaminhaltiger Drogen. Zugleich ist "Motorhead" der Titel des letzten Liedes, das Kilmister für Hawkwind geschrieben hatte. Dieses Lied wurde ursprünglich als B-Seite der Hawkwind-Single "Kings Of Speed" veröffentlicht. Die Verwendung des in der englischen Sprache nicht gebräuchlichen Buchstabens ö im Bandnamen geht auf die Gruppe Blue Öyster Cult zurück. Das Motörhead-Logo mit diesem Umlaut stammte vom Grafiker Joe Petagno, der das Cover für das erste Album der Gruppe anfertigte. Dieser sogenannte Heavy Metal-Umlaut findet Verwendung bei den Spitznamen der Musiker sowie in verschiedenen Albumtiteln.

Am 20. Juli 1975 absolvierten Motörhead ihren ersten Auftritt im Londoner Roundhouse im Vorprogramm der Band Greenslade. Im Oktober 1975 eröffnete die Gruppe für Blue Öyster Cult im Hammersmith Odeon. United Artists, das Plattenlabel von Hawkwind, hatte Motörhead unter Vertrag genommen, und im Frühjahr 1976 ging die Band ins Tonstudio, um ihr erstes Album "On Parole" aufzunehmen. Bereits während der Aufnahmen kam es zu Spannungen mit Schlagzeuger Lucas Fox, der mit dem von übermässigem Konsum von Alkohol und anderen Drogen gekennzeichneten Lebensstil der übrigen Musiker nicht mithalten konnte. Durch einen gemeinsamen Freund lernte Kilmister Phil 'Philthy Animal' Taylor kennen. Nach einer Jamsession mit ihm wurde Lucas Fox gefeuert und durch Taylor ersetzt. In dieser Besetzung wurden die Aufnahmen fertiggestellt. Allerdings verhinderte das Plattenlabel die Veröffentlichung des Albums und einer Single, die Motörhead für ihr neues Label Stiff Records im Sommer 1976 aufgenommen hatte. Während dieser Zeit kam Kilmister auf die Idee, die Band mit Eddie Clarke um einen zweiten Gitarristen zu erweitern. Zur ersten gemeinsamen Probe erschien Larry Wallis mehrere Stunden verspätet und verliess danach die Band. Als Hauptgrund für seinen Weggang gab Wallis später an, dass er wegen der Probleme bei den Aufnahmen die Lust an Motörhead verloren und das Gefühl hatte, dass Clarke von Anfang an dazu gedacht war, ihn zu ersetzen.

Ende 1976 entliess United Artists die Band aus dem bestehenden Vertrag. Ohne gültigen Plattenvertrag beschlossen Motörhead im Frühjahr 1977, sich wegen Erfolglosigkeit aufzulösen und ein letztes Konzert zu geben. Während dieses Konzerts war Ted Carroll von Chiswick Records anwesend und bot den Musikern im Anschluss einen Plattenvertrag für eine Single an. Aus den Aufnahmen zur Single wurden Aufnahmen für ein vollständiges Album, das im September 1977 unter dem Titel "Motörhead" erschien. Eingespielt wurde es in der Besetzung Kilmister, Taylor und Clarke und bedeutete mit Platz 43 der britischen Albumcharts den ersten kommerziellen Erfolg der Band. Die 'Beyond the Tresholds of Pain' Tour zum Album mussten Motörhead nach fünf Auftritten abbrechen, weil Phil Taylor sich das Handgelenk gebrochen hatte. Nachdem es Mitte 1978 zum Bruch mit Bandmanager Tony Secunda gekommen war, weil dieser den Vertrag mit Chiswick Records gekündigt hatte, übernahm Douglas Smith wieder das Management und besorgte Motörhead einen Vertrag mit Bronze Records. Im Sommer 1978 nahmen Motörhead in den Wessex Studios in London eine Coverversion von "Louie Louie" und das eigene Stück "Tear Ya Down" auf. Die am 25. August 1978 veröffentlichte Single erreichte Platz 68 der Charts, sodass Bronze den Vertrag um ein Studioalbum erweiterte. Ende 1978 ging die Band für vierzehn Tage in das Roundhouse Studio in London, um das Album "Overkill" einzuspielen. Produziert wurde es von Jimmy Miller, der bereits "Exile On Main Street" und "Goats Head Soup" für die Rolling Stones produziert hatte. Die Titel "Damage Case", "No Class", "I Won't Pay Your Price" und "Tear Ya Down" hatte die Band bereits zuvor an Konzerten gespielt, der Rest der Stücke entstand während der Studioaufnahmen. Das Gitarrensolo zu "Capricorn" entstand zufällig, als Jimmy Miller das Aufnahmeband mitlaufen liess, während Eddie Clarke seine Gitarre stimmte. Den Song "Metropolis" schrieb Kilmister innerhalb von fünf Minuten, nachdem er sich den gleichnamigen Film angesehen hatte, der Text ergab keinen Sinn. Das bereits 1978 für die B-Seite der Single "Louie Louie" aufgenommene "Tear Ya Down" wurde nicht neu eingespielt, sondern gelangte in der Single-Version auf das Album.

Im März 1979 begann in Edinburgh die Tournee zum Album "Overkill" mit Girlschool als Vorband. Nach einem Auftritt beim Punkaharju-Festival im Juni 1979 in Finnland zerstörte die Band aus Wut über den misslungenen Auftritt die Bühnentechnik, zündete einen Wohnwagen an und versenkte ihn in einem See. Daraufhin wurden die Musiker und ihre Tournee-Crew verhaftet und nach einem viertägigen Gefängnisaufenthalt des Landes verwiesen. Jason Birchmeier von Allmusic hielt das Album "Overkill" für das erste einer Reihe von grossartigen Motörhead-Alben, möglicherweise sei es sogar das beste. Der bandtypische Sound habe sich mit dem Album vollständig herausgebildet, es enthalte mit dem Titelstück, "Stay Clean" und "No Class" drei der grossen Klassiker von Motörhead. Das Magazin Rock Hard wählte es auf Platz 340 der 500 stärksten Platten aller Zeiten, Götz Kühnemund schrieb, dass der Band mit "Overkill" der Durchbruch in Grossbritannien als härteste, dreckigste und hässlichste Band gelungen sei. Er wies darauf hin, dass der Titelsong des Albums wegen des Doublebass-Schlagzeugs als 'Speed Metal' bezeichnet wurde. Falk Kollmannsperger vom Onlinemagazin The Metal Observer erklärte das Album zum ultimativen Klassiker: 10 Songs, jeder einzelne ein Hit, die Gitarrenriffs, das Schlagzeug und jede Basslinie träfen volles Rohr auf die Zwölf. Nach Abschluss der Tournee zu "Overkill" nahmen Motörhead das nächste Album auf, das am 27. Oktober 1979 unter dem Titel "Bomber" erschien; es erreichte Platz 12 der britischen Albumcharts und ebenfalls Silber-Status. Damit erzielten die Musiker erstmals Einnahmen, von denen sie leben konnten, und sie investierten einen Grossteil der Tantiemen in die Ausrüstung der Band.

Kurz nach "Bomber" und dem damit verbundenen kommerziellen Erfolg veröffentlichte United Artists Records im Herbst 1979 das bereits 1976 aufgenommene "On Parole". Da die Rechte an dem Album beim Plattenlabel lagen, benötigten sie dafür nicht das Einverständnis der Band. Während der Tournee zu "Bomber" wurden vier Titel live mitgeschnitten und erschienen im Mai 1980 als EP "The Golden Years", die mit Platz 8 die britischen Top Ten erreichte. Die Strapazen des Tourneelebens forderten ihren Tribut, als Kilmister nach einem Konzert in der Stafford Bingley Hall im Juli 1980 kollabierte. Nach einer kurzen Erholungsphase begann die Band Anfang August mit den Aufnahmen zu "Ace Of Spades", das am 8. November 1980 erschien. Das Album war der grösste Erfolg von Motörhead in Grossbritannien mit Platz 4 der Albumcharts und Gold-Status für mehr als 100000 verkaufte Einheiten. Die Single "Ace Of Spades" erreichte Platz 15 der britischen Top 40. Im November begann die 'Ace-Up-Your-Sleeve'-Tour durch Grossbritannien und Nordirland. Nach einem Auftritt in Belfast verletzte sich Phil Taylor an der Halswirbelsäule, sodass die für Anfang 1981 geplanten Auftritte in Europa verschoben werden mussten. Während dieser Zeit nahmen Motörhead gemeinsam mit Girlschool die EP "St. Valentine’s Day Massacre" auf, auf der sich mit "Please Don’t Touch" eine Coverversion von Johnny Kidd & the Pirates befand. Die EP erreichte Platz 5 der Charts. Im März 1981 wurde die Tournee fortgesetzt. Während der Auftritte in Leeds und Newcastle wurden die Aufnahmen gemacht, die auf dem im Juni 1981 veröffentlichten Live-Album "No Sleep ’Til Hammersmith" zu hören sind. Dieses Album stieg in der ersten Chartwoche auf Platz 1 der britischen Albumcharts ein. Für das Album erhielten Motörhead eine Goldene Schallplatte in Grossbritannien.

Nach Abschluss der USA-Tournee mit Ozzy Osbourne kehrten Motörhead nach Europa zurück und begann mit den Aufnahmen zum nächsten Album "Iron Fist". Während dieser Zeit kam es zu Differenzen zwischen dem Management und der Band, da die Mitglieder von Motörhead vermuteten, dass sie in finanzieller Hinsicht betrogen worden waren. Diese Probleme schlugen sich in den Aufnahmen nieder, weil das Management nicht die nötigen 10000 Pfund für die Produktion des Albums zur Verfügung stellte. Daraufhin entschied Kilmister, dass Eddie Clarke das Album produzieren sollte. Nachdem Kilmister während der laufenden Tournee zum "Iron Fist" Album Clarke dazu verpflichtet hatte, auch die Aufnahmen zur "Stand By Your Man" EP mit Wendy O. Williams zu produzieren, kam es im Studio zum offenen Streit zwischen beiden Musikern, in dessen Folge Clarke Motörhead verliess. Zwar spielte Clarke noch zwei ausstehende Shows in New York und Toronto, war aber zu dem Zeitpunkt kein offizielles Mitglied von Motörhead mehr.

Ersetzt wurde Clarke durch Brian Robertson (ehemals Thin Lizzy), den Kilmister bereits seit Jahren kannte. Weil er kurzfristig verfügbar war, liess die Band ihn von Europa nach Kanada einfliegen. Nach einer kurzen Probe spielte er das erste Konzert mit Motörhead in Detroit im Juni 1982. Es folgten weitere Auftritte in Japan und Europa, bevor im März 1983 die Aufnahmen zu "Another Perfect Day" begannen. Das Album galt wegen Robertsons Gitarrenarbeit als Motörhead-untypisch, weil es raffiniertere und extravagantere Melodien als die anderen Alben enthielt. Mit dem im Juni 1983 veröffentlichten Album begann der kommerzielle Erfolg von Motörhead nachzulassen, es erreichte nicht mehr die Top Ten der Albumcharts und erhielt keine Auszeichnung für die Anzahl der Verkäufe. Die Fans von Motörhead mochten "Another Perfect Day" zunächst nicht und warfen der Band vor, eher kommerzielle als musikalische Interessen zu verfolgen; heute gilt das Album als Geheimtipp. Die Zusammenarbeit mit Robertson währte bis zum Herbst 1983. Während der laufenden Tournee weigerte er sich zunächst, alte Motörhead-Lieder zu spielen. Zum Eklat kam es nach einem Konzert in Hannover, bei dem Robertson trotz Ermahnung durch Kilmister dreimal das Lied "Another Perfect Day" anstimmte. Daraufhin feuerte Kilmister ihn und sagte den Rest der Tour ab.

In einem Interview mit der Musikzeitschrift Melody Maker gab Kilmister bekannt, dass Motörhead auf der Suche nach einem neuen Gitarristen seien. Aus der Vielzahl der Bewerbungen wurden Phil Campbell und Michael 'Würzel' Burston ausgewählt. Um sich für einen entscheiden zu können, setzte Kilmister ein Vorspielen an, zu dem Schlagzeuger Taylor jedoch nicht erschien und stattdessen erklärte, aufhören zu wollen. Auf Vorschlag des Bandmanagers wurde er durch Pete Gill (ehemals Saxon) ersetzt, den Kilmister seit einer gemeinsamen Tour 1979 mit Saxon kannte. Weiterhin wurde entschieden, die Band mit zwei Gitarristen fortzuführen. In dieser Besetzung setzten Motörhead im Frühjahr 1984 die im Herbst 1983 unterbrochene Tournee fort. Zur Promotion der neuen Besetzung veröffentlichte Bronze Records im September 1984 das 'Best Of' Album "No Remorse", das neben bereits veröffentlichten Stücken vier in der aktuellen Besetzung aufgenommene neue Titel enthielt. Aufgrund von Problemen mit dem Label, das sich laut Kilmister nicht mehr für die Band interessierte, verliessen Motörhead Ende 1984 Bronze Records, waren aber wegen Rechtsstreitigkeiten bis auf weiteres daran gehindert, ein neues Album zu veröffentlichen. Während dieser Zeit bestritt die Band verschiedene Auftritte, unter anderem zum zehnjährigen Jubiläum im Juni 1985 im Hammersmith Odeon.

Im November 1985 war der Streit mit Bronze Records beigelegt, und Bandmanager Douglas Smith nahm Motörhead bei seinem eigenen Plattenlabel GWR Records unter Vertrag. Das Anfang 1986 aufgenommene Studioalbum "Orgasmatron" erschien am 6. August 1986, gefolgt von einer Tournee. Anfang 1987 fanden die Dreharbeiten zu Motörheads Cameo-Auftritt im Film 'Eat the Rich' statt. Während des Drehs wurde Pete Gill von Kilmister wegen persönlicher Differenzen gefeuert, und Phil Taylor kehrte zur Band zurück. Mit ihm nahmen Motörhead im Juni 1987 das nächste Album "Rock'n'Roll" auf, das im September des Jahres erschien. Die darauf folgende Tournee führte die Band 1988 im Vorprogramm von Alice Cooper in die USA. Im Juli 1988 wurde ein Konzert im finnischen Hämeenlinna beim Giants of Rock aufgenommen und als Live-Album "No Sleep At All" veröffentlicht. Nach einer kurzen Auszeit Anfang 1989 begann die Band mit dem Songwriting für das nächste Album. Dessen Veröffentlichung verschob sich allerdings erheblich, weil sich Motörhead im Herbst 1989 von ihrem Manager und damit auch von dessen Plattenfirma GWR Records trennten. Grund für die Trennung war der Verdacht finanzieller Unregelmässigkeiten, der schliesslich zu einem Vertrauensbruch zwischen Smith und Motörhead führte.

1990 fanden Motörhead mit Phil Carson einen neuen Manager, der bereits für Robert Plant gearbeitet hatte. Carson verschaffte Motörhead einen Plattenvertrag bei WTG Records, einem Sublabel von Sony Music. Der Sitz des Unternehmens war Los Angeles, weshalb Kilmister im Juni 1990 seinen Wohnsitz dorthin verlegte, während die übrigen Bandmitglieder in England blieben. Kurz darauf begannen die Aufnahmen zum Album "1916", das im Februar 1991 erschien. Es erreichte mit Platz 142 die bis dahin höchste Notierung in den US-amerikanischen Billboard 200 Albumcharts. Während der anschliessenden Tournee trennte sich Manager Carson von der Band, weil er ein besseres Angebot bekommen hatte. Das Management übernahm zunächst Sharon Osbourne, die allerdings finanzielle Unregelmässigkeiten während der Japan-Tour der Band anlastete und den Vertrag kündigte. Ohne Management gingen Motörhead auf Tour durch Australien. Darauf folgte die vom Sony-Konzern organisierte 'Operation Rock'n'Roll' Tournee durch Nordamerika. Neben Motörhead nahmen mit Alice Cooper, Judas Priest, Metal Church und Dangerous Toys insgesamt fünf Bands daran teil, die alle bei verschiedenen Labels des Sony-Konzerns unter Vertrag standen. Gegen Ende der Tour fanden Motörhead mit Doug Banker einen neuen Manager. Anfang 1992 begannen die Aufnahmen zum Album "March Ör Die", während der Schlagzeuger Taylor gefeuert wurde. Die Trennung hatte sich bereits abgezeichnet, endgültiger Auslöser war, dass Taylor zu den Aufnahmen erschien, ohne die neuen Stücke einstudiert zu haben.

Als neuer Schlagzeuger wurde der Schwede Mikkey Dee verpflichtet, den Kilmister von einer gemeinsamen Tour mit King Diamond kannte. Dee war erstmals auf "March Ör Die" zu hören, das im August 1992 erschien. Erneut wechselte Motörhead das Management, neuer Manager wurde Todd Singerman. Zu dieser Zeit zeichnete sich zudem der Bankrott des Labels WTG ab. Anfang 1993 wechselte die Band zu dem auf Dance-Musik spezialisierten deutschen Label ZYX Music, weil es das beste finanzielle Angebot machte. Im November 1993 erschien mit "Bastards" das nächste Studioalbum. Nach der Tour zum Album trennten sich Motörhead und ZYX und die Band wechselte zu CBH, dem Label ihres deutschen Promoters Rainer Hänsel. Für das im März 1995 veröffentlichte Album "Sacrifice" konnte mit CMC Records erst im Nachhinein ein Distributor für die Märkte ausserhalb Europas gefunden werden. Kurz darauf verliess Gitarrist Michael 'Würzel' Burston die Band, der gemeinsam mit seiner Ehefrau Lemmy Kilmister beschuldigte, ihn finanziell auszunehmen. Motörhead beschlossen, keinen Ersatz für Burston zu suchen, und war seitdem als Trio in der Besetzung Kilmister, Campbell und Dee aktiv. Nach einer Tournee erschien im Oktober 1996 das nächste Studioalbum "Overnight Sensation". Die dazugehörige Tournee führte die Band erstmals nach Russland, wo sie vier Auftritte in Moskau, Rostow und Sankt Petersburg bestritt. Im März 1998 erschien das Album "Snake Bite Love". Auf der anschliessenden Tournee wurde ein Auftritt in Hamburg mitgeschnitten und 1999 als Live-Album "Everything Louder Than Everyone Else" veröffentlicht. Ebenfalls im Jahre 1999 wurde während der Pausen der laufenden Tournee das fünfzehnte Studioalbum aufgenommen. Am 16. Mai 2000 erschien "We Are Motörhead", gefolgt von einer gut ein Jahr dauernden Tournee.

Einen Wendepunkt in kommerzieller Hinsicht stellte das im April 2002 veröffentlichte Album "Hammered" dar. Motörhead verkauften von der Platte innerhalb eines Monats mehr Exemplare als von den beiden vorangegangenen Alben bis dahin zusammen. Da die Band wieder für grössere Konzertveranstaltungen gebucht wurde, bedeutete dies einen finanziellen Aufschwung für die Musiker. Es folgte ein Plattenvertrag beim renommierten deutschen Independentlabel SPV und 2004 das Album "Inferno". Weiterhin nahmen Motörhead im Jahr 2004 das Stück "You Better Swim" für den SpongeBob Schwammkopf-Film auf. Für ihren Titel "Whiplash", eine Metallica Coverversion, erhielten Motörhead 2005 den Grammy Award in der Kategorie 'Best Metal Performance'. Am 16. Juni 2005 wurde im Hammersmith Apollo in London das 30-jährige Bandjubiläum gefeiert. Für Motörhead eröffneten die langjährigen Weggefährten von Saxon und Girlschool. Ebenfalls im Jahr 2005 spielten Motörhead auf dem Vaya-con-tioz-Abschiedsfestival der Böhsen Onkelz auf dem Lausitzring. Motörhead hatten seit 2000 mehrmals mit der amerikanischen Wrestling-Promotionsfirma World Wrestling Entertainment (WWE) zusammengearbeitet. So wurden drei Songs aufgenommen ("The Game", "Line In The Sand (Evolution)" und "King Of Kings"), die als Einzugsmusik für den Wrestler Triple H verwendet wurden. Auch waren die Titel auf den verschiedenen CDs der Promotion zu finden. Zudem hatten Motörhead Auftritte bei Wrestlemania 17 (1. April 2001) und Wrestlemania 21 (3. April 2005), wo sie Triple H's Einzüge live begleiteten.

Im August 2006 wurde das Album "Kiss Of Death" veröffentlicht, das erste seit dem Album "March Ör Die", das sich in den britischen Albumcharts platzieren konnte. In Deutschland stieg es in der ersten Chartwoche auf Platz 4 der Albumcharts ein. Im Jahr 2008 erschien das Album "Motörizer". Für einen Teil der Amerika-Tour 2009 wurde als Ersatz für Schlagzeuger Mikkey Dee, der wegen der Teilnahme an der schwedischen Ausgabe des Dschungelcamps nicht verfügbar war, der ehemalige Guns N’Roses Schlagzeuger Matt Sorum verpflichtet. Im Zuge der Vorarbeiten zum 20. Studioalbum "The Wörld Is Yours", das im Dezember 2010 anlässlich des 65. Geburtstages von Lemmy Kilmister und des 35-jährigen Bandjubiläums erschien, gründete die Band ein eigenes Plattenlabel unter dem Namen Motörhead Music. Während der Tournee zum Album "The Wörld Is Yours" wurde ein Auftritt in Santiago de Chile am 9. Juli 2011 mitgeschnitten und im November 2011 als DVD "The Wörld Is Ours Vol. 1: Everywhere Further Than Everyplace Else" veröffentlicht. Aufgenommen wurde das Konzert von Sam Dunns Produktionsfirma Banger Films. Seit 2011 boten Motörhead auch eine eigene Getränkekollektion an. Sie bestand aus dem Rotwein Motörhead Shiraz, einem Rosé und einem Wodka mit dem Namen Vödka. Daneben wurde verschiedenes Zubehör wie Wein- und Whiskygläser angeboten.

Wegen Kilmisters Gesundheitszustandes infolge einer Operation und eines Sturzes sagten Motörhead am 2. Juli 2013 alle folgenden Festivalauftritte des Jahres ab. Dennoch trat die Band beim Wacken Open Air 2013 auf; das Konzert wurde aber wegen Kilmisters Gesundheitszustandes nach 30 Minuten abgebrochen. Zuvor hatten sie schon zwei Auftritte absagen müssen. Die gesundheitlichen Probleme Kilmisters überschatteten zudem die Aufnahmen des 21. Studioalbums "Aftershock", das am 18. Oktober 2013 erschien. Wegen anhaltender gesundheitlicher Probleme musste die für den Winter 2013 geplante Europatour auf das Frühjahr 2014 verschoben werden. Auch diese Europatournee wurde im Januar 2014 abgesagt. Als Grund wurden wieder gesundheitliche Probleme von Lemmy Kilmister aufgrund seiner Diabeteserkrankung genannt. 2014 nahmen Motörhead gemeinsam mit Biff Byford den Song "Starstruck" für ein Ronnie James Dio Tribute Album auf. Es wurde am 1. April 2014 veröffentlicht und hiess "This Is Your Life". Im selben Jahr hatten sie ein Konzert in Birmingham, bei dem sie zum ersten Mal wieder mit Phil Taylor und Eddie Clarke auf der Bühne standen. Diese hatten bei "Ace Of Spades" einen Gastauftritt. Im September 2014 fand die erste Motörhead-Kreuzfahrt unter dem Titel 'The Motörboat Experience' statt.

In einem Interview mit dem Magazin Rock Hard kündigte Kilmister für 2015 ein neues Studioalbum an. Dieses wurde mit dem Titel "Bad Magic" am 28. August 2015 veröffentlicht. Es erreichte in der ersten Woche nach Veröffentlichung Platz 1 der deutschen Albumcharts und war damit das erste Nummer 1 Album der Band nach "No Sleep ’Til Hammersmith", das 1981 Platz 1 der britischen Albumcharts erreichte. Am Vorabend der Albumveröffentlichung mussten Motörhead ein Konzert in Salt Lake City abbrechen, weil Kilmister über Atemnot klagte, das Konzert in Denver am darauf folgenden Tag wurde aus diesem Grund abgesagt. Es folgten Anfang September 2015 weitere Konzertabsagen, begründet wurde dies mit der Höhenkrankheit, die sich Kilmister in Salt Lake City zugezogen haben soll. Am 8. September setzte Motörhead die begonnene Tour in St. Louis fort. Am 28. Dezember 2015 verstarb Lemmy Kilmister an einer Krebserkrankung, deren Diagnose er erst zwei Tage zuvor erfahren hatte. In einem Interview mit der schwedischen Zeitung Expressen sagte der Schlagzeuger Mikkey Dee, dass durch den Tod des Sängers die Band nicht mehr bestehen würde. Künftige Tourneen und neue Alben schloss er kategorisch aus, womit das Ende der Band offiziell besiegelt wurde. UDR Music gab bekannt, am 27. Mai 2016 mit "Clean Your Clock" ein Live-Album der Band veröffentlichen zu wollen. Das Album, welches Material von ihren letzten Shows am 20. und 21. November 2015 im Münchner Club Zenith zeigte, wurde als DVD, Blu-Ray-Disc, CD, Vinyl und als Boxset veröffentlicht.

Motörhead wird zu den Wegbereitern des Speed Metal gezählt. Das Billboard Magazine wies auf den weitreichenden Einfluss von Motörhead hin und schrieb, dass der überwältigende, laute und schnelle Heavy Metal der Band einer der wegweisendsten Stile der späten 70er Jahre war, die Musik der Band sei kein Punk-Rock, vielmehr war sie die erste Metal-Band, die dessen Energien gebündelt und damit den Grundstein für spätere Genres des Heavy Metal legte. So wurden Songs wie "Overkill" oder "Bomber" als Basis für den Thrash Metal angesehen. Dem Album "Overkill" wurde eine bedeutende Rolle für die Entwicklung der New Wave of British Heavy Metal zugesprochen, das 1980 erschienene Album "Ace Of Spades" als eines der wichtigsten Alben der Rock-Geschichte bezeichnet. Des Weiteren bereitete Motörhead mit der Kombination aus schnellem Tempo und Doublebass-Technik, die erstmals auf "Overkill" zu hören war, den Weg für spätere Schlagzeugtechniken wie den Blastbeat. Mit der Veröffentlichung von "Overkill" definierten Motörhead ihren Stil durch stark verzerrte, um einen Halbton tiefer gestimmte Gitarren, den verstärkten Einsatz der Doublebass-Schlagzeugtechnik, verbunden mit schnellen Sechzehntel-Rhythmen nach dem Vorbild von Gruppen wie Deep Purple neu. Die Musik basierte weitgehend auf zwei statt auf drei Akkorden.

Als typisch für Motörhead wurde der Klang des E-Bass bezeichnet, der weitestgehend eine zweite Gitarre ersetzte. Beim Spielen wurde durchgehend eine Leersaite angeschlagen, die in Kombination mit gegriffenen Saiten einen Klang erzeugte, der den E-Bass die Rolle der Rhythmusgitarre übernehmen liesst. Ein weiteres stilistisches Merkmal war dabei, dass viele Lieder mit einem markanten Bassriff eröffnet wurden. Dies war beispielsweise der Fall bei "Motörhead", "Stone Dead Forever", "Ace Of Spades" und "Overnight Sensation". Die Klangfarbe der Gitarren wurde als stark verzerrt beschrieben und verzichtete ausser bei Soli auf klangformende Effekte wie Wah Wahs. Dadurch war die Klangfarbe der Musik von Motörhead deutlich basslastiger als die vergleichbarer Bands wie etwa AC/DC. Der Schlagzeugklang war unverzerrt und erzeugte durch eine 'Wall of Sound' eine klangliche Konzertsituation. Ausgangspunkt des Schlagzeugspiels war stets ein Backbeat. Der rauhe Gesang von Lemmy Kilmister hatte seinen Ursprung im Shouting, wie es im traditionellen Blues verwendet wurde. Obwohl die Stimmlage Kilmisters als Tenor anzusehen war, wirkte sie durch die gutturalen Elemente tiefer. Motörhead adaptierte seit Bandgründung Elemente der Biker-Szene. Während zeitgenössische Gruppen wie Judas Priest die Verbindung durch das Tragen von Lederkleidung mit Nieten und Ketten dokumentierten, äusserte sich die Verbindung bei Motörhead durch die Adaption des Ethos des Verlierers in den Liedtexten. Durch diese eher einfache und bescheidene Sichtweise erschienen Motörhead wesentlich bodenständiger als andere Bands und sicherten sich so die Sympathien der Punk-Bewegung der späten 70er Jahre.

Lemmy Kilmister schrieb den überwiegenden Teil der Songtexte, die Themen waren breit gefächert. So wurde das Titelstück des Debütalbums "Motörhead" als Rock'n'Roll-Ode an die Droge Amphetamin bezeichnet. Als weiteres Thema fand sich in Songtexten wie "Born To Lose" das Image des Verlierers und Outlaws. Aber auch das Textkonzept gesamter Alben wie "Ace Of Spades" beruhte auf diesem Thema. Auch Kilmisters Faszination für Militärgeschichte spiegelte sich in den Texten wider. So handelte "Bomber" vom Einsatz einer Bomber-Besatzung im Zweiten Weltkrieg, "1916" thematisiert die Schlacht an der Somme im Ersten Weltkrieg und "Marching Off To War" handelte von der empfundenen Sinnlosigkeit des Krieges. Kritik brachten Kilmister einige seiner Texte über Frauen wie "Jailbait" oder "I’m So Bad" ein, die als sexistisch und frauenverachtend angesehen wurden. In einigen Texten übte Kilmister Kritik an Missständen in der Gesellschaft und besonders an Religionen ("(Don’t Need) Religion", "God Was Never On Your Side"). Ein besonderer Songtext war jener von "(We Are) The Roadcrew", den Kilmister zu Ehren der Roadies von Motörhead schrieb. Ian 'Lemmy' Kilmister gilt bis heute als die ehrlichste Rock'n'Roll-Haut aller Zeiten.











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