SAVOY BROWN - Blue Matter (Decca Records SKL 4994, 1969)
War Chris Youlden anfangs noch der neue Sänger in der Band, eroberte er sich seinen Platz innerhalb der Band-Hierarchie allmählich auch beim Composing und den Arrangements als gleichwertiger Partner von Kim Simmonds. Und das bekam man auf der dritten Savoy Brown LP "Blue Matter" bereits zu hören. Denn mit dem Kompositions-Anteil von Chris Youlden erhielt der Bluesrock der Band eine neue, jazzig orientierte Note. War Chris Youlden zuvor in Shakey Vicks Band lediglich am Mikrophon geduldet, konnte er nun erstmals auch seine Leidenschaft für den Crooner-Jazz ausleben. Kim Simmonds verstand es ausgezeichnet, sich in bestimmten Kompositionen angenehm zurückzunehmen, und weil mit Bob Halls Pianospiel eine weitere leicht jazzig ausgerichtete Note in den Sound der Band kam, kann man beim Album "Blue Matter" durchaus vom ersten Savoy Brown BAND-Album sprechen, wo bei den Alben zuvor eigentlich vor allem gitarrenorientierte, auf Kim Simmonds zugeschnittener Sound zu hören war. Diese Bereicherung muss Kim Simmonds sehr inspiriert haben, denn in späteren Jahren, als sich das Personalkarrussell weiter wie wild drehte, liess er auch immer die jeweils beteiligten Musiker zu ihren Credits kommen, sei das im kompositorischen, wie auch im Arrangement-Bereich der Stücke.
Noch während der Aufnahmen zum Album "Blue Matter" drehte sich das Personalkarrussell erneut: Der eher jazzorientierte Bassist Rivers Jobe quittierte den Dienst, und Tony Stevens stieg bei der Band ein. Tony Stevens war wieder eher der knochentrockene Blues- und Rock-Bassist, der von filigranem Jazz-Spiel wenig hielt. So passierte es noch während der Aufnahmen, dass einerseits ein Rückfall in die "Getting To The Point" Atmosphäre stattfand, die jazzige Ausrichtung, vor allem durch den nun grösseren Einfluss von Chris Youlden, nebenher aber weiter lief. Dadurch entstand am Ende der Sessions so etwas wie ein Jazz-Blues Album, und das wiederum auch LP-seiten getrennt. Die Studioaufnahmen wirkten lässiger, jazziger, und die B-Seite der LP reflektierte Savoy Brown mit dem neuen Bassisten als Live-Band, denn die Tracks der B-Seite waren Konzertaufnahmen. Es wird oft übersehen, dass genau dies die Klasse von "Blue Matter" erst ausmacht: Diese zwei Seiten der Band, mal leicht jazzorientiert, mal knochentrocken bluesig.
"Blue Matter" wurde erneut von Mike Vernon produziert, allerdings diesmal schon als Co-Produktion zwischen ihm und Kim Simmonds. Eine Begründung dafür liefert vielleicht der Umstand, dass Kim Simmonds die Aufsicht hatte über die Live-Aufnahmen am City of Leicester College of Education, von welchem drei Stücke für die B-Seite der LP ausgesucht wurden. Mike Vernon produzierte die LP A-Seite. Interessant ist auch die Tatsache, dass der zuvor neu in die Band eingetretene zweite Gitarrist, Lonesome Dave Peverett, auf den Live-Aufnahmen den Gesang übernahm. Chris Youlden sang bei jenem Konzert nicht, da er zu der Zeit an einer Mandelentzündung litt, und diese auch behandeln musste. Leadgesang im Studio (Stücke der LP Seite A) übernahm aber Chris Youlden, noch bevor die Live-Aufnahmen aufgezeichnet wurden. Im Studio fungierte Lonesome Dave lediglich als Rhythmusgitarrist.
Der noch eher zaghafte Versuch, jazzorientierte Arrangements zu machen, beschränkte sich - und das war zu der Zeit höchst unüblich - auf den Beizug von vier Trombonen-Spielern: Terry Flannery, Keith Martin, Alan Moore und Brian Perrin.
Aufgenommen wurde die LP von Roy Thomas Baker, der Studiolegende, die auch Platten von den Stones, The Who, Santana, den Mothers Of Invention und vielen anderen aufgenommen hat. Dazu ist zu sagen, dass Roy Thomas Baker bereits im Alter von 17 Jahren bei Decca als Haus-Toningenieur eingestellt wurde, und zum Zeitpunkt dieser Savoy Brown Aufnahmen noch keine 20 Jahre alt war.
Tracklist:
1."Train to Nowhere" (Chris Youlden, Kim Simmonds) – 4:12
2."Tolling Bells" (Youlden, Simmonds) – 6:33
3."She's Got a Ring in His Nose and a Ring on Her Hand" (Youlden) – 3:07
4."Vicksburg Blues" (Youlden, Bob Hall) – 4:00
5."Don't Turn Me From Your Door" (John Lee Hooker) – 5:04
6."May Be Wrong" (Dave Peverett) – 7:50
7."Louisiana Blues" (Muddy Waters) – 9:06
8."It Hurts Me Too" (Mel London) – 6:53
Musiker:
Chris Youlden - Lead Vocal, Guitars, Piano
Kim Simmonds - Lead & Rhythm Guitar, Harmonica, Piano
"Lonesome" Dave Peverett - Lead & Rhythm Guitar, Vocal
Bob Hall - Piano
Rivers Jobe - Bass
Roger Earl - Drums, Percussion
Gastmusiker:
Terry Flannery, Keith Martin, Alan Moore, Brian Perrin: Trombone
Tone Stevens: Percussion & Bass (Live Tracks, B-Seite der LP)
Eine großartige Scheibe! Wunderbar! Wie so viele Scheiben von Savoy Brown. Chis Youlden, Dave Walker und Jackie Lynton sind absolute Ausnahmesänger!
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