RAINBOW RED OXIDIZER - Recorded Lies (Quark Records CATCH-2, 1980)
Rainbow Red Oxidizer - hinter diesem Namen verbarg sich eine wahre Supergroup, die leider nur kurze Zeit existierte, dafür bei mir aber umso nachhaltiger wirkte. Noch heute finde ich ihre einzige Platte schlicht phantastisch, denn sie verband damals, 1980, in genialer Weise drei zentrale Pfeiler meines Musikgeschmacks: Sie spielten Sixties-orientierten Rock, kredenzten diesen druckvoll in perfekter Power Pop-Manier und liessen es sich auch nicht nehmen, allen Stücken, die sie für die Platte wählten, einen frischen New Wave-Wind zu verpassen. Die Band bestand aus dem Leader und Sänger Rainbow Red Oxidizer, der in den 70er Jahren an der Seite von Sky "Sunlight" Saxon musizierte, der Gitarrist Mars Bonfire spielte bei Sparrow und ist der Komponist des weltberühmten Steppenwolf-Songs "Born To Be Wild", der zweite Gitarrist Leon Rubenhold kam von der Outlaw Blues Band, der Bassist Gary "Magic" Marker war bei den Rising Sons und spielte in Captain Beefheart's Magic Band mit und den Schlagzeuger Ed Cassidy kannte man vor allem als Drummer der legendären Band Spirit. Als musikalische Gäste wirkten die Girls der Band Nikki & The Corvettes mit, die als die weiblichen Ramones mit ihrem Bublegum Punk zu gefallen wussten.
Wie es der Titel der Platte schon andeutete, und weil es sich bei der Band letztlich wohl auch eher um ein Spassprojekt handelte, finden sich auf dieser absolut starken Platte etliche Cover-Versionen von relativ bekannten, aber mehrheitlich doch eher wenig bekannten Stücken. So zum Beispiel das als kerniger Power-Pop gerockte Rolling Stones-Stück "Play With Fire", das die Stones 1965 als B-Seite der erfolgreichen Single "The Last Time" veröffentlichten (später auch auf dem Album "Out Of Our Heads". Dabei war das Bemerkenswerte an dem Song, dass er als Komponist den Namen Nanker Phelge auswies - ein Pseudonym, das die Stones zumeist dann verwendeten, wenn sie ein Stück als gesamte Band geschrieben hatten. Dabei waren auf der Originalversion der Stones-Version nur Jagger und Richards zu hören. Phil Spector und Jack Nitzsche waren für die Einspielung der anderen Instrumente verantwortlich. Auch aus dem Country-Klassiker "Rawhide" kredenzten Rainbow Red Oxidizer einen kernigen Rock'n'Roll, genauso wie aus dem Klassiker "Wooly Bully" von Sam The Sham & The Pharaos.
"Elevator Girl" verströmt ein bisschen Surf-ähnlichen Spirit, was auch daran liegt, dass der new wave'ige Titel instrumental und von der Melodie her Surf-ähnliche Züge aufweist. Herrlich auch die Lennon/McCartney-Adaption von "A Hard Day's Night". Da bleibt definitiv kein Auge trocken. Es ist erstaunlich, dass sich mit den wenigen eigenen Ideen bei den Kompositionen trotzdem so viel Inspiration für fremdgeschriebene Titel vorhanden war. Diese LP macht definitiv Spass. Der New Wave-Anteil ist überschaubar und verhilft den im klassischen Stil des Power-Pop gespielten Rockern lediglich, einen gewissen zeitgeistigen Appeal zu entfalten. Aehnlich klangen zum Beispiel auch Platten etwa von Robert Johnson (dem Rhythm'n'Blues-Musiker, nicht der Blues-Legende selben Namens), der Fabulous Poodles oder einiger typischer Bands und Musiker des legendären Spliff Plattenlabels.
Daneben spielt die Band auch einige rockige Interpretationen von Songs aus den frühen 60er Jahren, darunter mit "Palisades Park" eine Nummer von Freddy Cannon, den im entsprechenden Garage-Stil gespielten eigenen Titel "Wild Beast Planet Ruler" (herrlich dieses Hundekläffer-Intro!) und "When You Walk Into The Room" von Jackie DeShannon aus dem Jahre 1963. Schliesslich macht die Band aus dem souligen Popsong "Do You Love Me" von The Contours (1962) ebenfalls ihre eigene Vorstellung dessen, was sie unter einem Liebeslied versteht.
Dass all das Spassige an diesem Album nicht für eine länger anhaltende Karriere würde ausreichen, war vermutlich allen Beteiligten klar. Dass sich speziell in Deutschland mit Uwe Tessnow's LINE-Label auch hierzulande ein Vertrieb für die Platte fand, ist wunderbar. Wieviele Freaks sich diese Platte allerdings zugelegt haben, weiss ich nicht. Viele können's aber nicht gewesen sein. Es sei denn, es gäbe mehr solch spinnerte Freaks wie mich als ich annehme.
Die Beteiligten waren auch nach Rainbow Red Oxidizer weiterhin äusserst aktiv. Leader Rainbow Red Oxidizer, der mit bürgerlichem Namen eigentlich Michael Neall heisst, aber Pseudonyme wie etwa Rainbow Starburst oder Rainbow Neal verwendet hat, liess Yahowa, resp. Ya Ho Wa 13 wieder aufleben, nachdem er dort bereits seit den 70er Jahren aktiv war. Mars Bonfire schloss sich der Band von Sky "Sunlight" Saxon an, wo er auch wieder auf Rainbow Neal stiess und an der Reunion von Saxon's legendärer Gruppe The Seeds beteiligt war. Ed Cassidy spielte sporadisch mit Spirit weiter, traf auf Merrell Fankhauser und gründete später mit ihm auch die Fankhauser Cassidy Band, welche jedoch nicht über ein Album hinaus kam. Der stets in schwarz gekleidete Musiker starb am 6. Dezember 2012. Ueber weitere Aktivitäten des Gitarristen Leon Rubenhold und des Bassisten Gary "Magic" Marker ist wenig bekannt. Rubenhold macht inzwischen Solomusik und arbeitet als Gitarren- und Mundharmonika-Lehrer und Marker arbeitete als Sessionmusiker, Toningenieur und Produzent, bevor er am 8. Dezember 2015 verstarb.
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