MUDDY WATERS - Hard Again (Blue Sky Records PZ 34449, 1977)
Das erste Werk in einer Serie von vier Alben, die Muddy Waters zusammen mit Johnny Winter ab Oktober 1976 bis März 1980 aufnahm und ihm weiteren Ruhm und vier Grammy-Awards einbrachten, erschien am 10. Januar 1977 und brachte den weltweit bekannten Bluesmusiker Waters zurück ins Gedächtnis der Musikfans. Zudem machte ihn die Zusammenarbeit mit Johnny Winter einem breiteren Rockpublikum bekannt. Johnny Winter produzierte dieses sowie weitere drei Alben, aufdenen er auch als Gitarrist mitspielte. Muddy Waters unterzeichnete 1976 beim neuen Plattenlabel Blue Sky Records von Johnny Winter's Manager Steve Paul einen Vertrag, nchdem seine jahrzehntelange Bindung zum legendären Blueslabel Chess Records zu Ende ging.
Johnny Winter erhielt von seinem Manager Steve Paul den Auftrag, ein Album mit Muddy Waters aufzunehmen, was schon seit vielen Jahren ein inniger Wunsch von Winter gewesen war. Der sagte damals "Ich habe Muddy Waters immer geliebt. Es war, als ob ein Traum wahr geworden wäre, mit ihm bei einer Platte zusammenarbeiten zu könenn, ein neues Album mit diesem Grossmeister des Blues einzuspielen. Dabei lief es bezüglich des musikalischen Erfolgs für Johnny Winter zu jenem Zeitpunkt gerade besonders gut, schon seit inigen Jahren spielte er als topbezahlter Rockstar in riesigen Stadien mit seiner höchst erfolgreichen Band um Floyd Radford (Gitarre), Richard Hughes (Schlagzeug) und Randy Jo Hobbs (Bass). Diese Band hatte sich immer besser und virtuoser als Rock- und Bluesband entwickelt und hätte angesichts der nicht endenden Nachfrage nach Konzertauftritten allein in den USA immer weiter touren können. Ein entsprechendes Konzertdokument in Form der Veröffentlichung "Captured Live" ist ein diebezügliches Zeugnis von Johnny Winter's hervorragender Livemusik. Leider löste Johnny Winter die Band jedoch wegen seines bevorstehenden Engagements mit und für Muddy Waters von heute auf morgen auf und mit der Rockmusik war es für Johnny Winter an genau diesem Punkt für alle Zeit vorbei. Ab sofort würde er sich nur noch mit Bluesmusik beschäftigen, was er dann auch bis zu seinem Tod gemacht hat.
Muddy Waters suchte zusammen mit Johnny Winter für die Sessions zu "Hard Again" die passenden Mitmusiker und die beiden rekrutierten die Topmusiker James Cotton an der Mundharmonika, den bereits damals legendären Klavierspieler Pinetop Perkins, den jungen und extrem talentierten Gitarristen Bob Margolin, der später selber als Solist grosse Erfolge feiern konnte, den Bassisten Charles Calmese, sowie den Schlagzeuger Willy "Big Eye" Smith. Die Aufnahmen fanden im Privatstudio "The Schoolhouse" von Multi-Instrumentalist Dan Hartman in Westport, Connecticut statt. Dass Muddy Waters im Alter von immerhin bereits 64 Jahren schliesslich ein so beeindruckendes Comeback feiern konnte, daran war vor allem Johnny Winter schuld. Es schrieb letztlich dem gestandenen Bluesmusiker ein Chicago Blues Album auf den Leib, wie man es in dieser Intensität, dieser kraftvollen Umsetzung und dieser Originalität bis dahin noch nie von einem der alten Meister des Blues gehört hatte. Muddy Waters hatte viel früher schon grossartige Chicago Blues Alben veröffentlicht, aber dieses hier rockte auch enorm und die Chemie in der Band dürfte absolut gestimmt haben, denn die Musiker spielten und fühlten hier den Blues nicht nur, sie waren buchstäblich der Blues.
Selbst in seinem bereits hohen Alter hatte MuddyWaters' Stimme nichts von ihrer Strahlkraft eingebüsst, und auch wenn der kommerzielle Erfolg des Albums nicht gerade überwältigend war, so sorgte sie doch für ziemlich hoe Wellen, die darin gipfelten, dass der Altmeister des Chicago Blues sogar einen Grammy dafür verliehen erhielt. Neben den allesamt sehr guten Eigenkompositionen fand sich auf dem brilliant klingenden Album auch eine Coverversion des von Willie Dixon geschriebenen Klassikers "I Want To Be Loved", ein Stück, das 1963 die B-Seite der Debutsingle einer englischen Band namens The Rolling Stones war. Die wiederum waren in der Disziplin Blues ja nun durchaus versiert, aber als Sie Muddy Waters' Version 1977 dann vielleicht hörten, müssten ihnen wohl die Tränen ins Gesicht geschossen sein, denn Waters zeigte den Rolling Stones schlicht, wie dieses Stück wirklich zu klingen hatte. Als Verbeugung vor ihrem Namensgeber coverten Sie draufhin dann dessen ebenfalls auf diesem Album enthaltenen Titel "Mannish Boy" auf ihrer 1977er Tournee, das auf der "El Mocambo-Side" des "Love You Live" Albums zu finden war. Das machten sie gar nicht schlecht, aber Mick Jagger's Stimme konnte jener von Muddy Waters natürlich auf keinen Fall das Wasser reichen.
Die Platte "Hard Again" widerspiegelte den urbanen Blues so, wie er geklungen haben muss, als die Musiker der grossen Generation, Ende der 40er Jahre, aus dem Süden an die South- und Westside von Chicago zogen und damit begannen, in den Clubs ihre Instrumente über Verstärker laufen zu lassen: Derb, laut, und dissonant. Es dröhnte und schepperte aus den Lautsprechern, und es war phänomenal abgemischt, dieses Album. Da wurde mächtig Druck gemacht, allerdings schon bei den originalen Aufnahmen und nicht erst künstlich durch irgendwelche späteren Studiogimmicks. Selten habe ich eine so dermassen druckvoll spielende Bluesband gehört, bis heute steht "Hard Again" für mich einzigartig da als eine powervolle, urwüchsig-archaische raue Bluesplatte, die ganz gehörig rockt. Alleine Waters' Neueinspielung seines Klassikers, des legendären "Mannish Boy", die Eröffnungsnummer auf "Hard Again" lohnt im Grunde die Anschaffung dieser Platte. Wer aber bei dem herrlich schrägen "Can't Be Satisfied" keine Freudentränen weint, hat den Blues nicht verstanden. Und so geht es einfach immer weiter: Der "Bus Driver", dieses wundervolle Spass-Stück, spricht Bände: Das ist die pure Spielfreude, zeigt Muddy Waters in einer unglaublich ausgelassenen Stimmung und die Begleitband spielt sich in einen wahren Taumel. Muiddy Waters selbst sagte in seiner anzüglichen Art über diese Songs später: "This stuff is so good, it makes my pee pee hard again" (Dieses Zeug ist so gut, dass es meinen Pillermann wieder hart werden lässt). So erhielt das Album letztlich auch seinen Namen "Hard Again". Wunderbar.
"Hard Again" ist ein unglaublich gutes Blues Album, aus meiner Sicht ganz bestimmt eines der besten, das in den letzten 50 Jahren erschienen ist und auch wenn die drei nachfolgenden Alben "I'm Ready" (1978), "Mississippi Muddy Waters Live" (1979) und "King Bee" (1981), welche ebenfalls unter den Fittichen von Johnny Winter eingespielt und veröffentlicht wurden, nicht mehr ganz diese Qualität erreichten, so zeigte Muddy Waters insgesamt mit seinem Spätwerk allen Nachgeborenen eindrücklich, wer der unbestrittene Herr im Blueshaus war. Für dieses Werk erhielt Muddy Waters im Folgejahr nach der Veröffentlichung 1978 einen Grammy in der Kategorie "Best Ethnic Or Traditional Recording". Es war der vierte Grammy von insgesamt sechs, die dieser unsterbliche Bluesmusiker erhalten hat.
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