BLUE RIDGE RANGERS - Blue Ridge Rangers
(Fantasy Records F-9415, 1973)
Der amerikanische Sänger und Gitarrist John Fogerty hatte mit seiner Band Creedence Clearwater Revival in den 60er Jahren die Formel des Rockhits praktisch definiert. Seine Rolle wurde später und wohl auch bis heute immer noch unterschätzt. Vor 50 Jahren hatte der Sänger, Gitarrist und Songwriter Fogerty mit seiner Band die Rockwelt erobert und mit einer Reihe von Songs die Herzen seiner Fans erobert, die äusserst simpel war: ein knackiges Gitarren-Riff, zwei Akkorde, eine Ohrwurm-Melodie und eine Hammerstimme. Knapp, kompakt, einfach, direkt und eingängig - so lautete das erfolgreiche Rezept des stets mit dem obligaten Holzfällerhemd, den verwaschenen Jeans und den Cowboystiefeln ausgestatteten Musikers. Creedence Clearwater Revival, oder schlicht CCR wurden damals innert Kürze zur erfolgreichsten Rockband, und als sich die Beatles 1970 auflösten, wurden sie als die logische Nachfolgerband gehandelt. Der Frontmann und Komponist John Fogerty hatte einfach alles. Trotzdem wurde er nie in einem Atemzug mit anderen prägenden Figuren der Rockmusik wie Mick Jagger, Paul McCartney, Pete Townshend, Bob Dylan oder Brian Wilson genannt. Was war hier falsch gelaufen ? Der Hauptgrund: CCR und John Fogerty waren Opfer des Musikbusiness, Opfer von gierigen Plattenbossen. Noch vor dem Durchbruch hatte die Band einen Knebelvertrag mit dem Label Fantasy Records und dessen damaligen Besitzer Paul Zaentz abgeschlossen. So flossen die Profite der Welthits dem Plattenboss zu. Ein hässlicher und langwieriger Streit entbrannte. Die Band löste sich darüber auf und aus Frust verschmähte Fogerty siebzehn Jahre lang seine eigenen Songs.
John Fogerty war immer anders, scherte sich nie um Trends, sondern ging unbeirrt seinen Weg. Ende der 60er Jahre, als Hippiebands psychedelische Improvisationsorgien feierten, waren seine Songs das exakte Gegenteil. Schnörkellos und auf den Punkt. Da gab es keinen Ton zu viel. Während andere Musiker und Bands das Gesamtkunstwerk im Konzeptalbum anstrebten, eroberte Fogerty mit Ohrwürmern im Single-Format die Charts. Während sich die Hippies in die Zukunft stürzten, blieben Creedence Clearwater Revival stets traditionsbewusst, zelebrierten und bewahrten die Musik aus dem Süden: Rhythm & Blues und Country. Fogerty war auch ein Wegbereiter des Americana. Mit den Flower Power Utopien hatten die bodenständigen Vororts-Rocker nicht viel am Hut. Klar, auch Fogerty engagierte sich gegen Vietnam und schuf mit seinem Song "Fortunate Son" eine Antikriegs-Hymne. Doch Drogen- und Sex-Eskapaden gab es nicht. Der CCR-Auftritt am Woodstock-Festival gehörte ausserdem zu den Kuriositäten der Rockhistorie. Die Band spielte dort tatsächlich, war sogar als Hauptattraktion gebucht, doch niemand bemerkte es. Denn die Gruppe spielte nachts um 2.30 Uhr vor einer halben Million schlafender Hippies und blieb daher fast unbeachtet. Aus Frust über die Bedingungen vor Ort verweigerte John Fogerty später die Freigabe des Konzertmaterials. Auf der berühmten, ersten Film-Dokumentation fehlten CCR ebenso wie auf der Live-Platte des Mega-Anlasses.
John Fogerty glaubte immer an die Werte der unteren Mittelklasse: an ehrliche Arbeit, Fleiss und Rechtschaffenheit. Fogerty war der Anti-Hippie, und Jeans, Holzfällerhemd und Cowboystiefel wurden zur Uniform der rechtschaffenen Rock'n'Roller. Bruce Springsteen traf den Nagel auf den Kopf, als er diesbezüglich sagte: "In den späten 60er Jahren waren CCR nicht die hippste Band der Welt, aber die beste". Die Rockmusik zehrte immer schon von ihren Legenden und ihren Mythen. Es waren immer jene aussergewöhnlichen Persönlichkeiten, welche die Geschichte des Rock’n’Roll prägten, Musiker, die sich mit Herz und Seele hinzugeben wissten, sich verzehrten und mitunter auch zerbrachen an der Unvereinbarkeit von Kreativität und kommerziellem Kalkül. John Fogerty war einer, der in diesem Sumpf aus spielerischer Lust und kaltschnäuziger Geschäftigkeit fast zerbrochen wäre. Er hatte in den 60er Jahren gemeinsam mit seinem älteren Bruder Tom als Rhythmusgitarrist, dem Bassisten Stu Cook und dem Schlagzeuger Doug Clifford quasi eine neue Musikrichtug kreiert, den Countryrock. In einer Zeit, in der eher psychedelische Hippie-Experimente en vogue waren, verteidigte John Fogerty mit seinen Bandkumpels mit schlichter Bodenständigkeit amerikanische Musiktraditionen mit Zwei-, Drei-Minuten-Songs von unverschämter Eingängigkeit und volksmusikalischer Einfachheit. Creedence Clearwater Revival überliessen der Rockmusik schliesslich einige ihrer schönsten Klassiker: "Proud Mary" und "Born On The Bayou", "Bad Moon Rising" und "Green River", "Down On The Corner" und "Have You Ever Seen The Rain".
Zwischen 1968 und 1972 nahmen die vier Kalifornier sieben Alben auf, die sich mehr als 100 Millionen Mal verkauften. Und es war John Fogerty, der den Sound der Band mit seiner blues- und countrybetonten Gitarrenkunst und seiner emotional überbordenden, rauhen Stimme dominierte. Ende der sechziger Jahre waren er und Creedence Clearwater Revival in den USA zeitweilig berühmter als die Beatles. Der Bruch war 1972 umso schmerzhafter. Insbesondere für Fogerty selbst, der zwar der Urheber seiner Songs war, aber die Rechte nicht mehr besass, sie live aufzuführen, ohne dafür zu bezahlen. John Fogerty war eines der populärsten Beispiele dafür, wie jugendliche Unvernunft und vorsätzliches Unwissen im Musikbusiness eine ganze Karriere torpedieren konnten. Es gab immer diejenigen, welche die Ideen hatten und die, welche wussten, wie sich daraus Kapital schlagen liess. Im Falle von John Fogerty war es der US-Produzent Saul Zaentz, der seiner Entdeckung eine Unterschrift unter einem Vertrag abtrotzte, der ihm sämtliche Rechte an den Einnahmen aus dem Werk garantierte. Fogerty sah künftig keinen müden Cent für die Songs, die er geschrieben und eingespielt hatte. Wenn er sie live spielte, verdiente allein Zaentz daran. Also verweigerte sich Fogerty an die zwanzig Jahre konsequent seinem eigenen Werk, verbrachte die Zeit mit zermürbenden Gerichtsprozessen, die ihn Depressionen nahe brachten. Gerade mal fünf Platten hatte er in jenen Jahren veröffentlicht.
Ein Höhepunkt der bizarren Streitigkeiten war Mitte der 80er Jahre: John Fogerty hatte gerade den neuen Song "The Old Man Down The Road" veröffentlicht. Zaentz sah darin eine Kopie des Creedence Clearwarter Revival Hits "Run Through The Jungle" und verklagte Fogerty in einem Plagiatsstreit auf 140 Millionen Dollar. Wegen des angeblichen Plagiats eines Songs, den Fogerty selbst geschrieben hatte. Zaentz kam letztlich damit nicht durch, doch die Nerven lagen blank. Fogerty selbst sah sich für nahezu drei Dekaden im Kriegszustand mit seinem einstigen Entdecker. Nach seiner Zeit bei Creedence Clearwater Revival begann John Fogerty eine Solokarriere. 1973 erschien sein Album "The Blue Ridge Rangers", auf dem er alle Instrumente spielte. Sein Repertoire umfasste Gospelsongs wie "Have Thine Own Way Lord" oder "Working On A Building". Zwei Singles aus diesem Album, "Jambalaya (On The Bayou)" und "Hearts Of Stone", konnten sich in den Top 40 der Billboard Hot 100 platzieren. Eine weitere Single als Blue Ridge Rangers, "You Don't Owe Me" mit der B-Seite "Back In The Hills", erschien im Herbst 1973, blieb jedoch weitgehend unbeachtet.
Die erste unter seinem Namen erschienene Single war dann der Country Rock Titel "Comin’ Down The Road", der auf keinem regulären Album enthalten war. Diese Single erreichte Anfang 1974 Platz 37 in den deutschen Singlecharts. Das Album "John Fogerty" kam 1975 heraus, mit eher mässigem Erfolg. Darauf waren etwa die beiden wohlbekannten Titel "Rockin’ All Over The World" und "Almost Saturday Night" zu hören. Die nächsten Jahre waren weniger durch musikalische Veröffentlichungen geprägt, sondern mehr durch den fortwährenden Rechtsstreit mit dem Label Fantasy Records und Saul Zaentz, die John Fogerty nachwievor nicht aus dem Plattenvertrag entlassen wollten. Dies lähmte die Schaffenskraft des Musikers. John Fogerty rächte sich später mit eindeutig zweideutigen Songs wie "Mr. Greed" und "Zanz Can’t Danz", der nach weiteren Rechtsstreitigkeiten schliesslich in "Vanz Can’t Danz" umbenannt werden musste. Zu Mitte der 80er Jahre gelang John Fogerty schliesslich das lange ersehnte Comeback. Das Album "Centerfield" mit den Hits "The Old Man Down The Road" und "Rock And Roll Girls" kam 1985 auf Platz 1 der Billboard Pop Album Charts. Auch dieses Album spielte Fogerty als One Man Band ein. 1986 war "The Eye Of The Zombie" weit weniger erfolgreich. 1997 erschien das Album "Blue Moon Swamp" und 1998 das Live-Album "Premonition", das viele alte CCR-Songs sowie seine grössten Soloerfolge enthielt.
Als Grenzgänger nahm Fogerty immer wieder Titel im Country-Sound auf: Im Jahre 2004 wurde das Album "Déjà Vu (All Over Again)" veröffentlicht; das Titelstück war ein Protestsong gegen den Irakkrieg. Das Album enthielt neben weiteren typischen Fogerty-Nummern auch ein Duett mit Mark Knopfler. Während dieser Zeit wurde auch die politische Einstellung Fogertys deutlich, da er an der von Bruce Springsteen organisierten Vote for Change Tour 2004 teilnahm, deren Ziel es war, John Kerry in dessen Wahlkapmf um die Präsidentschaft zu unterstützen. Während der Tour absolvierte Fogerty seinen Auftritt ohne eigene Band. Vielmehr spielte er mit Springsteens E Street Band, beispielsweise das Titelstück der seinerzeit neuen CD, aber auch ältere Lieder wie "Centerfield" oder "Travellin' Band". Ende 2005 erschien das Best Of-Album "The Long Road Home", nachdem sich John Fogerty mit dem zwischenzeitlich unter neuem Management agierenden Label Fantasy nach 30 Jahren wieder geeinigt hatte. Das Album enthielt einen Abriss über das Gesamtwerk von Fogerty aus der Zeit mit Creedence Clearwater Revival und seinen Soloplatten, ausserdem vier Live-Aufnahmen, jedoch keine neuen Songs. Unter demselben Titel war im Juni 2006 eine Konzert-DVD erschienen, die im September 2005 im Wiltern Theatre in Los Angeles mitgeschnitten wurde.
Im Oktober 2007 erschien mit "Revival" Fogertys erstes Studioalbum nach drei Jahren. Im Rahmen seiner Revival-Tournee 2008 wurde während des Konzerts in der Royal Albert Hall in London am 24. Juni ein Konzert mitgeschnitten, das unter dem Namen "Comin’ Down The Road" am 11. Dezember 2009 auf DVD veröffentlicht wurde. John Fogerty tourte nahezu jährlich durch Europa. Seine Band bestand neben Fogerty selbst (Gesang, Gitarre und Mundharmonika) aus James Intvelt (Gitarre), Hunter Perrin (Gitarre), David Santos (Bass), Kenny Aronoff (Schlagzeug), Michael Webb (Keyboard und Gitarre) und Jason Mowery (Fiddle und Gitarre). Ebenfalls im Jahre 2009 veröffentlichte John Fogerty ein zweites Album unter dem Namen The Blue Ridge Rangers ("The Blue Ridge Rangers Rides Again"), das noch einmal die Idee von 1973 aufnahm und sich am reichen Fundus des Americana bediente. Neben eigenen Songs spielte darauf auch Coversongs wie "Never Ending Song Of Love" oder "Garden Party" und wurde instrumental unterstützt von den Ex Eagles Musikern Glenn Frey und Timothy B. Schmitt und Bruce Springsteen.
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