KILLING JOKE - Pylon (Spinefarm Records SPINE 751358, 2015)
Der Sänger und Keyboarder Jaz Coleman und der Schlagzeuger Paul Ferguson schalteten am 24. Februar 1979 im britischen Musikmagazin Melody Maker eine Anzeige, über die der Gitarrist Geordie (Kevin Walker) und der Bassist Youth (Martin Glover) gefunden wurden und die somit neu gegründete Formation Killing Joke komplettierten. Ihr Debütkonzert gab die Band am 4. August 1979 in der Whitcombe Lodge in Colemans Heimatstadt Cheltenham als Vorgruppe von The Ruts und The Selecter. Bereits die erste, im Jahre 1979 auf dem von der Band mitgetragenenem Label Malicious Damage veröffentlichte Single "Turn To Red" wurde, nicht zuletzt durch die Unterstützung des Radio-DJs John Peel, ein grosser Underground-Hit. Ein durch diesen viel versprechenden Einstand gewonnener Plattenvertrag bei EG Records erlaubte die Produktion mehrerer Alben. Auch ein paar Singles, unter ihnen etwa "Follow The Leader", "Empire Song" und "Let's All Go (To The Fire Dances)" landeten in den Top 30 der britischen Charts.
Nach dem dritten Album verfiel der Sänger Jaz Coleman zunehmend der okkulten Mystik und glaubte 1982, dass der Weltuntergang unmittelbar bevorstünde, weshalb er sich nach Island zurückzog. Da die Apokalypse schliesslich doch auf sich warten liess, musizierte er auch dort weiter. Unter anderem entstanden drei Demo-Songs mit dem Projekt Niceland, bestehend aus Mitgliedern der Wave-Band Þeyr (Theyr), aus der sich dann die Sugarcubes formierten. 1983 spielten Killing Joke, nun mit Paul Raven anstelle von Youth am Bass, in London das vierte Album "Fire Dances" ein. Im Jahre 1985 stellte sich mit dem in den Berliner Hansa-Studios aufgenommenen, fünften Album "Night Time" und vor allem mit der Single-Auskopplung "Love Like Blood" der kommerzielle Erfolg ein. Der Titel erreichte bis heute als einziges Killing Joke Stück auch die deutschen Charts. Die Band veröffentlichte 1986 das Album "Brighter Than A Thousand Suns" mit einem kommerzielleren Sound, der unter Fans und Kritikern kontrovers diskutiert wurde. Killing Joke führten ihre erfolgreiche Tour bis Ende des Jahres fort.
1987 begann Coleman mit der Arbeit an andersartiger Musik als Soloprojekt, unter anderem als Ehrerbietung an den verstorbenen Conny Plank. Die Plattenfirma jedoch veröffentlichte 1988 die mit Geordies Unterstützung eingespielte Langspielplatte "Outside The Gate" unter dem vermeintlich verkaufsträchtigeren Bandnamen Killing Joke, um die aus dem Ruder gelaufenen Kosten wieder einzuspielen. Ferguson und Raven weigerten sich an dem Album mitzuwirken. Nach zunehmenden Spannungen wurden die beiden aus der Band gefeuert. Jimmy Copley übernahm für die LP das Schlagzeug, Jeff Scantlebury spielte Perkussion. Ende 1988 kamen Coleman und Geordie wieder zusammen, um Killing Joke als Live-Band zu reaktivieren. Mit Martin Atkins (Ex-Ministry, Ex-P.I.L.) am Schlagzeug und Dave 'Taif' Ball am Bass wurden im Dezember 1988 die ersten Konzerte nach fast zweijähriger Pause gegeben und 1990 das Studioalbum "Extremities, Dirt & Various Repressed Emotions" aufgenommen und veröffentlicht. Für die Studioaufnahmen konnte Paul Raven am Bass rekrutiert werden, John Bechdel von der Gruppe Prong stand hinter den Keyboards. Nach der Tour mit dem abschliessenden Konzert in London im Juni 1991 zerfiel die Band erneut.
Coleman interessierte sich nun für orientalische Musik und veröffentlichte mit Anne Dudley von The Art Of Noise das ägyptisch anmutende Album "Songs From the Victorious City", Youth wurde vorübergehend Bassist bei Godflesh und gründete das Goa-Label Dragonfly, Raven ging zu Prong. Atkins verliess die Band, um das All Star Indie Projekt Pigface zu gründen. Der Wahlneuseeländer Coleman ging seinen weitgefächerten musikalischen Interessen nach und wurde Komponist und Dirigent des neuseeländischen Symphonie Orchesters und veröffentlichte seine, noch in Island geschriebene "Symphony No. #1". Während er mit klassischer Musik beschäftigt war, gründete der Rest der Band mit weiteren Gästen das Projekt Murder Inc., das ein Album und eine EP hervorbrachte. Erst 1994 kam es zu einer neuen Zusammenkunft von Coleman und Youth, die Killing Joke reaktivierten und das kommerziell erfolgreiche Album "Pandemonium" aufnahmen. Dieses und das zwei Jahre später erschienene Album "Democracy" präsentieren beide sehr zeitgemässe Rocksongs mit starken Einflüssen aus Metal und Industrial. Inhaltlich befassten sich die dramatisch inszenierten Stücke mit eher dunklen Aspekten des Lebens. AIDS, Medikamentenmissbrauch und immer wieder Korruption und faschistoide Tendenzen in der Politik spielten eine Rolle. Auch Religion wurde metaphorisch verarbeitet. Die Gesangsspur zu dem Song "Exorcism" wurde illegal in der grossen Grabkammer der Cheopspyramide aufgenommen. Beide Alben wurden von Kritikern in höchsten Tönen gelobt. Im Folgenden gab es diverse Kompilationen (Remixes, Raritäten) und Wiederveröffentlichungen von Live-Mitschnitten. Aus Murder Inc. wurde währenddessen The Damage Manual.
Mit wahlweise den Prager oder Londoner Symphonikern spielte Coleman nebenbei und zwischendurch Orchesterversionen von Bands wie Led Zeppelin ("Kashmir"), The Doors ("Concerto", mit Nigel Kennedy), The Rolling Stones, Pink Floyd ("Us And Them") oder The Who ("Who's Serious") ein, zu denen Youth bisweilen Goa-Mixe anfertigte. Coleman arbeitete unter anderem auch als Arrangeur des Violinisten Nigel Kennedy. 2002 wurde die Band von Coleman, Geordie and Youth erneut reaktiviert und mit Dave Grohl am Schlagzeug ein im Jahre 2003 veröffentlichtes, neues Studioalbum eingespielt, das eine Rückkehr zu den musikalischen Wurzeln der Band darstellte und dementsprechend auch einfach "Killing Joke" betitelt wurde. Die Mitarbeit Grohls überraschte viele aufgrund der Differenzen zwischen dessen ehemaliger Band Nirvana und Killing Joke, da "Come As You Are" von Nirvana stark an das Intro von Killing Jokes "Eighties", einem Kultsong der 80er Jahre, angelehnt war. Allerdings hatte sich Grohl zuvor bereits mehrmals als Fan von Killing Joke geoutet, unter anderem auch mit einer Coverversion des Songs "Requiem".
Zum 25. Jubiläum der Band erschien ein Live-Album mit entsprechender DVD. Im Jahre 2006 folgte ein in Prag aufgenommenes neues Studioalbum "Hosannas From The Basements Of Hell". Am 20. Oktober 2007 starb Bassist Paul Raven an einem Herzinfarkt. Ihm zu Ehren hatte die Band das Stück "The Raven King" auf dem Album "Absolute Dissent" (2010) geschrieben. Killing Joke teilten am 29. Februar 2008 mit, dass sich die Band in Originalbesetzung wieder zusammengetan hätte und ein neues Studioalbum vorbereite. Bei den Wiedervereinigungskonzerten im September und Oktober 2008 wurden vor allem die Stücke aus den Anfangsjahren 1979 bis 1981 und aus dem 94er Album "Pandemonium" präsentiert. 2009 trat die Band auf diversen Festivals auf. Ihr ursprünglich für April angekündigtes dreizehntes Studioalbum "Absolute Dissent" erschien am 27. September 2010, begleitet von einer Tour durch Europa. 2012 veröffentlichte die Band das nächste Studioalbum "MMXII" und ging wieder auf Europa-Tournee. Im Oktober 2015 veröffentlichten Killing Joke ihre nächstes Studioalbum "Pylon" und starteten eine Tournee durch das Vereinigte Königreich und die USA. 2016 folgte dann der Nachfolger "The Great Gathering".
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