CROSBY STILLS & NASH - Daylight Again (Atlantic Records SD 19360, 1982)
Crosby, Stills, Nash & Young waren eine sogenannte 'Supergroup', deren Mitglieder bereits in anderen Bands erfolgreich gewesen waren. David Crosby (The Byrds), Graham Nash (The Hollies) und Stephen Stills (Buffalo Springfield) gründeten Crosby Stills & Nash im Jahre 1968, nachdem sie im Haus von Mama Cass Elliot (The Mamas And The Papas) spontan zusammen gesungen hatten. Die drei beschlossen, ihre Nachnamen als Bandnamen zu wählen, weil sie von Anfang an Wert auf künstlerische Autonomie legten. Das erste Album der Gruppe, "Crosby, Stills & Nash", erschien 1969 und war ein durchschlagender Erfolg. Es erreichte Platz 6 der amerikanischen LP-Charts und traf mit Songs wie "Wooden Ships" das Lebensgefühl vieler Amerikaner zur Zeit des Vietnamkriegs. Für dieses Album wurden Crosby, Stills & Nash 1970 mit einem Grammy als beste neue Künstler ausgezeichnet. Da Stephen Stills fast alle Instrumente selbst eingespielt hatte, brauchten Crosby Stills & Nash weiteres Personal für ihre Live-Auftritte.
Sie fanden dieses zusätzliche Personal in dem Schlagzeuger Dallas Taylor, welcher zuvor bei der psychedelischen Folkband Clear Light tätig war und der bereits auf dem Debütalbum mitgespielt hatte, und dem Bassisten Greg Reeves, der als Sessionmusiker für das renommierte Soul-Plattenlabel Motown Records aktiv war. Als ständiges viertes Mitglied kam schliesslich auch Neil Young, der zuvor zusammen mit Stephen Stills bei Buffalo Springfield gespielt hatte, hinzu, um am bereits geplanten zweiten Album mitzuarbeiten. Der zweite Liveauftritt der nun komplettierten Formation fand beim legendären Woodstock-Festival statt. Die Bandmitglieder waren dementsprechend nervös und spielten zwei Sets. Den Anfang machte "Suite: Judy Blue Eyes", eine Suite von acht Minuten, die vom Ende der Liebesbeziehung zwischen Stephen Stills und Judy Collins handelte. Ausserdem spielten sie die Stücke "4 + 20", "Marrakesh Express", "Blackbird", "Long Time Gone", "Find The Cost Of Freedom" und "Wooden Ships". "4 + 20" erschien allerdings erst 1970 auf ihrem Album "Déjà Vu", das ein grosser Erfolg wurde. Es war das erste von drei aufeinanderfolgenden Alben, die den ersten Platz der Charts erreichten und die Gruppe als eine der weltweit führenden Rockbands etablierten. Vor allem der drei- und vierstimmige Satzgesang, die herausragenden Songwriter-Qualitäten aller vier Mitglieder sowie die beiden überragenden Leadgitarristen Stephen Stills und Neil Young trugen wesentlich zum Erfolg der Band bei.
Charakteristisch für die Band war das filigrane Gitarrenspiel voller überraschender Breaks und gekonnter Tempowechsel, bei kraftvollen Rhythmen. Zudem verfeinerten Crosby Stills Nash & Young zunehmend ihre an die Everly Brothers angelehnte Vokaltechnik mit Chorus-Variationen und durchaus komplizierten Zwischenstrophen, die bei den Vorgängerbands von Nash (The Hollies), sowie Stills und Young (Buffalo Springfield) bereits aufgekeimt waren. In eklektizistischer Manier bauten sie raffinierte Songkaskaden auf und liessen dabei folkloristische Elemente der Byrds (die Vorgängerband von Crosby) einfliessen. Die Songtexte waren häufig aus dem persönlichen Leben gegriffen und behandelten Themen wie eine Widmung an Joni Mitchell (in "Lady Of The Island") oder behandelten den Tod der Freundin bei einem Autounfall ("Guinnevere"); oder die Songtexte politisierten, wie etwa in "Chicago", "Ohio", "Long Time Gone": Titel, die sich jedoch meist in melancholischem Protest erschöpften. Oft wurden Crosby Stills Nash & Young als eine durch Countryklänge amerikanisierte Version der Beatles betrachtet, genossen gleichwohl durch den Zuspruch der Fans und die Zahl ihrer Nachahmer einen vergleichbaren Stellenwert.
Nach einer Sommertournee im Jahre 1971 trennten sich die vier Musiker nach persönlichen Querelen, obwohl sie den Gipfel ihres Erfolges noch nicht erreicht hatten. Gleichwohl kam es nie zu einer formellen Auflösung des Quartetts. Das kurz darauf veröffentlichte Live-Doppelalbum "4 Way Street" erreichte wiederum Platz 1. In der Folge von "Déjà Vu" und "4 Way Street" konzentrierten sich alle vier Mitglieder auf Solo-Projekte: Am erfolgreichsten war Stephen Stills, der mit seinem gleichnamigen Debütalbum im Jahre 1970 Platz 3 der Charts erreichte. Neil Young belegte mit "After The Gold Rush", seinem bereits dritten Solowerk, Platz 8. Die Debütalben von Graham Nash ("Songs For Beginners", Platz 15) und David Crosby ("If I Could Only Remember My Name", Platz 12) schnitten demgegenüber etwas schlechter ab, beide hatten aber ab 1972 als Duo Crosby & Nash grossen Erfolg.
1974 kam die Band für eine internationale Stadion-Tournee erneut zusammen und plante, ein neues Album herauszubringen. Als dies erneut an persönlichen Differenzen scheiterte, brachte die Plattenfirma Atlantic Records die Platte "So Far" heraus, um von der Popularität der Band weiterhin profitieren zu können. Dass es sich bei "So Far" lediglich um eine Kompilation bereits veröffentlichter Titel ohne neues Material handelte, tat dem Erfolg keinen Abbruch: Auch dieses Album erreichte Platz 1 der Charts. Auch die Tournee war in kommerzieller Hinsicht ein phänomenaler Erfolg geworden, in deren Zuge erneut Soloalben von Stills und Young, sowie zwei neue Crosby & Nash-Werke erschienen. 1976 scheiterte der dritte Anlauf zu einem neuen gemeinsamen Album: Stills hatte Young für die Arbeit an einer Solo-LP gewinnen können, wobei Young vorschlug, auch Crosby und Nash mit an Bord zu holen. Einige Songs waren bereits eingespielt, als Crosby und Nash vertraglichen Verpflichtungen als Duo nachkommen mussten. Stills und Young löschten kurzerhand alle Vokalpartien von Crosby und Nash und brachten das Album "Long May You Run" unter dem Namen The Stills-Young Band heraus.
Trotz dieses Affronts taten sich Crosby und Nash 1977 erneut mit Stills zusammen und brachten - ohne Young, der sich mit Stills auf der 'Long May You Run'-Tournee wieder einmal zerstritten hatte - das Album "CSN" heraus. "CSN" erreichte Platz 2 der US-Charts und beehrte die Band mit ihrem ersten Top 10-Hit: "Just A Song Before I Go", geschrieben von Graham Nash, erreichte Platz 7 der Billboard Hot 100-Charts und wurde der bis heute grösste Single-Hit der Gruppe. Das Album bekam durchaus auch Spott ab. Weil die drei Musiker es mit dem Harmoniegesang in dieser Zeit deutlich übertrieben, sahen sich die Musikkritiker zur Warnung aufgerufen, das Album könne bei so viel unfreiwilliger Selbstparodie durchaus Diabetes auslösen. 1982 folgte das Album "Daylight Again", das immerhin Platz 8 der Charts erreichte und mit "Wasted On The Way" (Platz 9) sowie "Southern Cross" (Platz 18) zwei weitere erfolgreiche Singles beinhaltete.
Stephen Stills und Graham Nash begannen mit der Arbeit am Album "Daylight Again" im Frühjahr 1980. Ursprünglich sollte es ein Stills and Nash-Projekt werden. Für den mit massiven Drogenproblemen kämpfenden und daher kaum noch arbeitsfähigen David Crosby hatten sie als Sänger Art Garfunkel und Timothy B. Schmit vorgesehen. Die Plattenfirma Atlantic Records hatte jedoch nur Interesse daran, ein Crosby, Stills & Nash-Album herauszubringen und so baten sie 1982 David Crosby ins Studio. Crosbys Mitwirkung auf dem Album war durch seine Drogenprobleme sowie auch die damit verbundenen stimmlichen Schwächen sehr limitiert: Nur ein einziger Song, das allerdings wundervolle "Delta", stammte aus seiner Feder. Ein weiteres Stück, "Might As Well Have A Good Time", hatte er als Leadsänger eingespielt, auf allen anderen sangen Stills und Nash allein oder mit Timothy B. Schmit. Art Garfunkel half beim Titelstück "Daylight Again".
Das Album "Daylight Again" erschien schliesslich im Juni 1982 in den USA und kletterte in den Albumcharts bis auf den 8. Platz. Drei Singles wurden aus dem Album ausgekoppelt. Am erfolgreichsten war letztlich "Wasted On The Way", geschrieben von Graham Nash, das bis auf den 9. Platz der Singlecharts kletterte. Danach erschien Stephen Stills' Komposition "Southern Cross" als nächste Singleauskopplung, das bis auf Platz 18 kam. Erstmals veröffentlichte die Band auch Musikvideos. Beim Sender MTV liefen 1982 und 1983 die Videos zu den Singles "Wasted On The Way" und "Southern Cross". Beide Songs gehören heute zu Crosby Stills & Nash-Klassikern, wurden auf diversen Kompilationen veröffentlicht (zuletzt 2005 auf dem Album "Greatest Hits") und wurden immer wieder bei Konzerten gespielt. Dem Album folgte eine Tournee, die durch Crosbys schwankenden Gesundheitszustand teilweise unterbrochen werden musste. Als Konzertdokumente dieser Tournee erschienen 2007 das Album "Live In L.A." und die DVD "Daylight Again". Einige Live-Aufnahmen waren bereits 1983 auf "Allies" veröffentlicht worden. 1991 veröffentlichte die Band auf der 4 CDs umfassenden Box "Crosby Stills & Nash" eine Coverversion des Traffic-Klassikers "Dear Mr. Fantasy". Stills und Nash hatten das von Steve Winwood geschriebene Stück 1980 im Zuge der Arbeit an "Daylight Again" aufgenommen.
Erst 1988 spielte die Gruppe wieder ein Album mit Neil Young ein: "American Dream"; Young hatte versprochen, an einem Album mitzuarbeiten, falls Crosby seine Drogenprobleme in den Griff bekäme. Die Platte erreichte Platz 16 der LP-Charts und war nach den längeren Durststrecken aller vier Mitglieder in den 80er Jahren wieder ein Erfolg. Es folgten 1990 "Live It Up" und 1994 "After The Storm", die bei weitem nicht an frühere Erfolge anknüpfen konnten. Mit Young entstand 1999 das Album "Looking Forward", das zwar in den USA nicht über Platz 26 hinauskam, aber in Deutschland (Platz 10) ein grosser Erfolg wurde. Als die vier erneut vereinten Musiker daraufhin die 'CSNY2K'-Tour starteten, war dies ihre erste gemeinsame Tour seit 26 Jahren. 2004 erschienen ein neues Doppelalbum von Crosby & Nash sowie ein Konzert von 1982 auf DVD. "Looking Forward" wurde das letzte Studioalbum der Band. 1997 erfolgte die Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame. Seit 2010 waren alle vier Mitglieder zweimal in die Hall of Fame aufgenommen worden (Stills noch mit Buffalo Springfield 1997, Crosby mit den Byrds 1991, Nash mit den Hollies 2010, Young als Solokünstler 1995 und mit Buffalo Springfield 1997), allerdings nicht mit Crosby Stills & Nash. Mit der Gründung der 'Vocal Group Hall of Fame' im Jahre 1998 wurden Crosby Stills & Nash auch in diese aufgenommen. Alle vier sind auch Mitglieder der 'Songwriters Hall of Fame'.
Die Musiker waren immer auch für ihre politischen Songs wie zum Beispiel "Wooden Ships", "Ohio", "Find The Cost Of Freedom", "War Games" und ihren Protest gegen den Vietnamkrieg bekannt, was wesentlich zu ihrer Popularität in den späten 60er- und frühen 70er-Jahren beitrug. 1989 flogen Crosby, Stills und Nash anlässlich des Mauerfalls spontan nach Berlin, wo sie am 20. November am Brandenburger Tor ein Konzert gaben. 2006 gingen sie auf 'Freedom of Speech'-Tour, um gegen den Irakkrieg zu protestieren. Die anlässlich der anstehenden Kongresswahlen stattfindende Tournee wurde von heftigen Protesten begleitet. In dieser 'Freedom of Speech'-Konzertreihe sang die Band unter anderem Songs von Neil Youngs kriegskritischem Album "Living with War" als Protest gegen die Bush-Regierung und den Irak-Krieg der USA. Weite Teile der Show stand ein schief liegendes Peace-Zeichen auf der Bühnenleinwand, am Schluss des Auftritts zeigte die Band Fotos von mehreren Tausend gefallenen US-Soldaten. Nicht zufällig benannte Neil Young seinen Dokumentarfilm über die Tour und das dazugehörige Live-Album (2008) nach einem ihrer frühen Hits: "Déjà Vu". Es sollte das letzte Crosby Stills Nash & Young-Album mit aktuellem Material bleiben. Crosby Stills & Nash veröffentlichten als Trio anschliessend noch eine Platte mit Demo-Aufnahmen (2009) sowie ein Konzert von 2012. Die finale Veröffentlichung der Band bildete das von der Kritik hoch gelobte Box Set "CSNY 1974" mit Aufnahmen von der berühmten Stadion-Tournee von 1974.
Crosby Stills Nash & Young traten nach 2006 nur noch gelegentlich zu viert auf, zuletzt im Oktober 2013 beim Bridge School Benefit Concert, das jährlich von Neil Young und seiner damaligen Frau Pegi veranstaltet wird. Das Ende der Band kam dennoch überraschend – und auf Raten. Nach abfälligen Bemerkungen von David Crosby über die neue Freundin Neil Youngs, Daryl Hannah, verkündete Young bei einem Solokonzert im Oktober 2014, dass er nie wieder mit den anderen drei Musikern zusammenarbeiten werde. Crosby entschuldigte sich später für seine Bemerkungen. Als Trio gingen Crosby Stills & Nash noch gemeinsam auf Tour, zuletzt spielten sie im Dezember 2015 bei einem nationalen Grossereignis: Dem Einschalten der Weihnachtsbeleuchtung des National Christmas Tree durch US-Präsident Barack Obama. Im März 2016 verkündete allerdings Graham Nash das definitive Ende der Band. Auch er führte seine deutlich verschlechterte Beziehung zu David Crosby als Grund an. Stephen Stills hatte sich in dieser Angelegenheit nicht zu Wort gemeldet, war aber im Mai 2016 wie schon im Jahr zuvor zusammen mit Neil Young beim 'Light Up The Blues Concert', einer Benefiz-Veranstaltung, die Stills und seine Frau Kristen jährlich zugunsten autistischer Kinder organisieren, aufgetreten und dankte in den Liner Notes seines ebenfalls im Mai 2016 erschienenen Albums "Pierced Arrow" (zusammen mit Kenny Wayne Shepherd und Barry Goldberg) Graham Nash und Neil Young, nicht aber David Crosby.
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